S. 12 / Nr. 4 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 12

4. Entscheid vom 18. Februar 1936 i. S. Faust.

Regeste:
Art. 32 SchKG ist auf Zahlungen an ein Betreibungsamt zu Handen des
betreibenden Gläubigers nicht anwendbar.
Als pünktliche Leistung im Sinne von Art. 123 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 123 - 1 Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagzahlungen an das Betreibungsamt, so kann der Betreibungsbeamte nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung um höchstens zwölf Monate hinausschieben.244
1    Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagzahlungen an das Betreibungsamt, so kann der Betreibungsbeamte nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung um höchstens zwölf Monate hinausschieben.244
2    Bei Betreibungen für Forderungen der ersten Klasse (Art. 219 Abs. 4) kann die Verwertung um höchstens sechs Monate aufgeschoben werden.245
3    Der Betreibungsbeamte setzt die Höhe und die Verfalltermine der Abschlagszahlungen fest; er hat dabei die Verhältnisse des Schuldners wie des Gläubigers zu berücksichtigen.
4    Der Aufschub verlängert sich um die Dauer eines allfälligen Rechtsstillstandes. In diesem Fall werden nach Ablauf des Rechtsstillstandes die Raten und ihre Fälligkeit neu festgesetzt.246
5    Der Betreibungsbeamte ändert seine Verfügung von Amtes wegen oder auf Begehren des Gläubigers oder des Schuldners, soweit die Umstände es erfordern. Der Aufschub fällt ohne weiteres dahin, wenn eine Abschlagzahlung nicht rechtzeitig geleistet wird.247
SchKG kann dennoch eine
am Verfalltage auf die Postcheckrechnung des Betreibungsamtes gemachte
Einzahlung gelten, die dem Amt erst später gutgeschrieben worden ist. Ermessen
der Vollstreckungsbehörden bei Anwendung dieser Bestimmung.
L'art. 32 LP est inapplicable aux paiements faits à l'office pour éteindre la
créance en poursuite.
Néanmoins, par versement «ponctuel» selon l'art. 123, al. 3 LP, il faut aussi
comprendre le versement fait le jour de l'échéance au compte de chèque postal
de l'office, encore que celui-ci n'en ait été bonifié que plus tard. - Pouvoir
d'appréciation des autorités de poursuite qui appliquent cette disposition.
L'art. 32 LEF non è applicabile ai pagamenti fatti all'ufficio per estinguere
il debito oggetto dell'esecuzione.
Quale versamento puntuale ai sensi dell'art. 123 cp. 3 LEF s'intende però
anche il versamento fatto il giorno della scadenza al conto chèques postali
dell'ufficio, benché questo ne sia stato accreditato solo più tardi. Facoltà
d'apprezzamento delle autorità d'esecuzione chiamate ad applicare questa
norma.

Die vom Rekurrenten betriebene Schuldnerin, der ein Verwertungsaufschub gegen
die Verpflichtung zu monatlichen Abschlagszahlungen bewilligt worden ist, hat
den am 2. November 1935 fällig gewordenen Betrag an diesem Tage um 18 Uhr auf
die Postscheckrechnung des Betreibungsamtes

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einbezahlt, worauf das Amt einige Tage später die Gutschriftsanzeige erhielt.
Der Rekurrent hält diese Zahlung für verspätet und demzufolge den
Verwertungsaufschub für dahingefallen. Nach Ablehnung eines beim
Betreibungsamt gestellten Begehrens um sofortige Vornahme der Verwertung und
nach Abweisung der daraufhin angehobenen Beschwerde durch die kantonalen
Aufsichtsbehörden hat er die Sache an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der Rekurrent beruft sich auf Art. 36 des Postverkehrsgesetzes und BGE 55 II
202
, wonach eine auf Postscheck geleistete Zahlung erst mit der Gutschrift auf
der Postscheckrechnung des Adressaten (oder mit der Anzeige des Eintreffens an
ihn oder endlich mit einer durch ihn selber getroffenen Verfügung) vollzogen
ist. Demgegenüber glaubt die Vorinstanz für Zahlungen an ein Betreibungsamt
eine abweichende Regel herleiten zu sollen aus der in Art. 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG
aufgestellten Bestimmung, dass Mitteilungen (an eine Amtsstelle; auch
Beschwerden und Klagen) als fristgerecht zu gelten haben, sofern nur die
Aufgabe zur Post vor Ablauf der Frist stattgefunden hat. Allein Zahlungen
werden durch diese Bestimmung nicht betroffen, und eine analoge Anwendung
drängt sich ebenfalls nicht auf, wenigstens nicht bei Zahlungen, die für den
durch das Betreibungsamt bloss vertretenen Gläubiger bestimmt sind. Solange
das Verfügungsrecht nicht vom Absender (Geldauftraggeber) auf den Adressaten
übergegangen ist, ist die Zahlung nicht vollzogen.
Dagegen rechtfertigt sich die Abweisung der Beschwerde des Gläubigers aus dem
zweiten von der Vorinstanz angeführten Grunde. Art. 123 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 123 - 1 Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagzahlungen an das Betreibungsamt, so kann der Betreibungsbeamte nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung um höchstens zwölf Monate hinausschieben.244
1    Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagzahlungen an das Betreibungsamt, so kann der Betreibungsbeamte nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung um höchstens zwölf Monate hinausschieben.244
2    Bei Betreibungen für Forderungen der ersten Klasse (Art. 219 Abs. 4) kann die Verwertung um höchstens sechs Monate aufgeschoben werden.245
3    Der Betreibungsbeamte setzt die Höhe und die Verfalltermine der Abschlagszahlungen fest; er hat dabei die Verhältnisse des Schuldners wie des Gläubigers zu berücksichtigen.
4    Der Aufschub verlängert sich um die Dauer eines allfälligen Rechtsstillstandes. In diesem Fall werden nach Ablauf des Rechtsstillstandes die Raten und ihre Fälligkeit neu festgesetzt.246
5    Der Betreibungsbeamte ändert seine Verfügung von Amtes wegen oder auf Begehren des Gläubigers oder des Schuldners, soweit die Umstände es erfordern. Der Aufschub fällt ohne weiteres dahin, wenn eine Abschlagzahlung nicht rechtzeitig geleistet wird.247
SchKG, wonach
der Verwertungsaufschub dahinfällt, «wenn die Abschlagszahlungen nicht
pünktlich erfolgen», verlangt nicht, die Verwirkung unbedingt eintreten zu
lassen, sobald

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eine Zahlung am Verfalltage noch nicht in die Verfügungsgewalt des
Betreibungsamtes gelangt ist. Vielmehr ist dem Ermessen der
Vollstreckungsbehörden Raum gelassen, bei Beurteilung der Pünktlichkeit die
Art und Weise der Leistung billig zu berücksichtigen. Nun hat es die
Vorinstanz mit Recht abgelehnt, die am Verfalltage auf das Postscheckkonto des
Betreibungsamtes vorgenommene Einzahlung als unpünktlich zu bezeichnen und
nicht mehr als wirksame Erfüllung der Aufschubsbedingungen gelten zu lassen.
Eine solche Zahlung verdient noch als pünktlich angesehen zu werden,
vorausgesetzt natürlich, dass sie dem Betreibungsamt dann auch ungehindert
zugekommen ist, wie es hier zutrifft.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.