S. 101 / Nr. 30 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 101

30. Entscheid vom 24. Juli 1936 i. S. Lüscher.

Regeste:
Eine ausgeschlagene Erbschaft, deren Liquidation durch das Konkursamt wegen
Nichtleistung der erforderlichen Kostenvorschüsse als nicht statthaft erklärt
wurde, kann nicht betrieben werden.
Art. 49
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 49 - Die Erbschaft kann, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.
, 193
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 193 - 1 Die zuständige Behörde benachrichtigt das Konkursgericht, wenn:
1    Die zuständige Behörde benachrichtigt das Konkursgericht, wenn:
1  alle Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben oder die Ausschlagung zu vermuten ist (Art. 566 ff. und 573 ZGB363);
2  eine Erbschaft, für welche die amtliche Liquidation verlangt oder angeordnet worden ist, sich als überschuldet erweist (Art. 597 ZGB).
2    In diesen Fällen ordnet das Gericht die konkursamtliche Liquidation an.
3    Auch ein Gläubiger oder ein Erbe kann die konkursamtliche Liquidation verlangen.
und 230
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 230 - 1 Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
1    Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
2    Das Konkursamt macht die Einstellung öffentlich bekannt. In der Publikation weist es darauf hin, dass das Verfahren geschlossen wird, wenn nicht innert zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt und die festgelegte Sicherheit für den durch die Konkursmasse nicht gedeckten Teil der Kosten leistet.418
3    Nach der Einstellung des Konkursverfahrens kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden.419
4    Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach der Einstellung des Konkurses wieder auf. Die Zeit zwischen der Eröffnung und der Einstellung des Konkurses wird dabei für alle Fristen dieses Gesetzes nicht mitberechnet.420
SchKG. Art. 573 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 573 - 1 Wird die Erbschaft von allen nächsten gesetzlichen Erben ausgeschlagen, so gelangt sie zur Liquidation durch das Konkursamt.
1    Wird die Erbschaft von allen nächsten gesetzlichen Erben ausgeschlagen, so gelangt sie zur Liquidation durch das Konkursamt.
2    Ergibt sich in der Liquidation nach Deckung der Schulden ein Überschuss, so wird dieser den Berechtigten überlassen, wie wenn keine Ausschlagung stattgefunden hätte.
ZGB.
On ne peut poursuivre une succession répudiée, dont la liquidation par voie de
faillite a été interrompue, faute par les créanciers d'en avancer les frais.
Art. 49, 193, 230 LP.; 573 al. 2 CC.
Non si può escutere una successione ripudiata la cui liquidazione in via
fallimentare non ebbe luogo perché i creditori rifiutarono d'anticipare le
spese.
Art, 49, 193, 230 LEF; 573 cp. 2 Cc.

Der Rekurrent beschwert sich darüber, dass das Betreibungsamt Bern seinem
Begehren um Betreibung der Verlassenschaft eines (angeblichen) Schuldners
nicht stattgeben will. Diese Verlassenschaft ist von sämtlichen Erben
ausgeschlagen worden, und der Konkursrichter hat am 27. Mai 1936 verfügt, von
der Durchführung der konkursamtlichen Liquidation sei abzusehen, weil auf die
öffentlich bekanntgemachte Aufforderung an allfällige Gläubiger, zur
Durchführung einer solchen Liquidation einen Kostenvorschuss zu leisten,
widrigenfalls die Liquidation nicht werde angeordnet werden, keine Anmeldung
und keine Vorschussleistung eingegangen war. Das Konkursamt hält dafür, dass
mit Rücksicht auf diese Art der Erledigung die Erbschaft nicht mehr betrieben
werden könne, zumal sie von niemandem vertreten sei, dem die
Betreibungsurkunden zugestellt werden könnten. Demgegenüber ist der

Seite: 102
Beschwerdeführer der Meinung, die Verlassenschaft bestehe als solche fort;
Zustellungen seien allenfalls an einen behördlich zu bestellenden Beistand
vorzunehmen.
Von der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 7. Juli 1936 abgewiesen
mit der Begründung, zufolge der Verfügung des Konkursrichters sei eine
Betreibung der Erbschaft nicht mehr möglich, hat er die Sache an das
Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Fehlt einem Vermögen die nötige Verwaltung, so kann freilich nach Art. 393
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 393 - 1 Eine Begleitbeistandschaft wird mit Zustimmung der hilfsbedürftigen Person errichtet, wenn diese für die Erledigung bestimmter Angelegenheiten begleitende Unterstützung braucht.
1    Eine Begleitbeistandschaft wird mit Zustimmung der hilfsbedürftigen Person errichtet, wenn diese für die Erledigung bestimmter Angelegenheiten begleitende Unterstützung braucht.
2    Die Begleitbeistandschaft schränkt die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person nicht ein.
ZGB
ein Beistand als Vertreter bestellt werden, der auch zur Entgegennahme von
Zahlungsbefehlen befugt wäre. Der Rekurrent verkennt jedoch, dass, nachdem die
konkursamtliche Liquidation gemäss Art. 230
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 230 - 1 Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
1    Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
2    Das Konkursamt macht die Einstellung öffentlich bekannt. In der Publikation weist es darauf hin, dass das Verfahren geschlossen wird, wenn nicht innert zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt und die festgelegte Sicherheit für den durch die Konkursmasse nicht gedeckten Teil der Kosten leistet.418
3    Nach der Einstellung des Konkursverfahrens kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden.419
4    Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach der Einstellung des Konkurses wieder auf. Die Zeit zwischen der Eröffnung und der Einstellung des Konkurses wird dabei für alle Fristen dieses Gesetzes nicht mitberechnet.420
SchKG als undurchführbar erklärt
worden ist, eine Erbmasse, die betrieben werden könnte, gar nicht mehr
besteht. Eine solche Betreibung ist nach Art. 49
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 49 - Die Erbschaft kann, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.
SchKG nur zulässig, «solange
die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet
oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist». Durch eine
konkursamtliche Liquidation im Sinne von Art. 193
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 193 - 1 Die zuständige Behörde benachrichtigt das Konkursgericht, wenn:
1    Die zuständige Behörde benachrichtigt das Konkursgericht, wenn:
1  alle Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben oder die Ausschlagung zu vermuten ist (Art. 566 ff. und 573 ZGB363);
2  eine Erbschaft, für welche die amtliche Liquidation verlangt oder angeordnet worden ist, sich als überschuldet erweist (Art. 597 ZGB).
2    In diesen Fällen ordnet das Gericht die konkursamtliche Liquidation an.
3    Auch ein Gläubiger oder ein Erbe kann die konkursamtliche Liquidation verlangen.
SchKG wird sie ebenso
ausgeschlossen wie durch eine amtliche Liquidation gemäss Art. 593 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 593 - 1 Jeder Erbe ist befugt, anstatt die Erbschaft auszuschlagen oder unter öffentlichem Inventar anzunehmen, die amtliche Liquidation zu verlangen.
1    Jeder Erbe ist befugt, anstatt die Erbschaft auszuschlagen oder unter öffentlichem Inventar anzunehmen, die amtliche Liquidation zu verlangen.
2    Solange jedoch ein Miterbe die Annahme erklärt, kann dem Begehren keine Folge gegeben werden.
3    Im Falle der amtlichen Liquidation werden die Erben für die Schulden der Erbschaft nicht haftbar.
. ZGB.
Hier ist die Liquidation allerdings nicht angeordnet worden. Die Verfügung,
dass sie wegen Nichtleistung der erforderlichen Kostenvorschüsse zu
unterbleiben habe (im Sinne von Art. 230
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 230 - 1 Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
1    Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
2    Das Konkursamt macht die Einstellung öffentlich bekannt. In der Publikation weist es darauf hin, dass das Verfahren geschlossen wird, wenn nicht innert zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt und die festgelegte Sicherheit für den durch die Konkursmasse nicht gedeckten Teil der Kosten leistet.418
3    Nach der Einstellung des Konkursverfahrens kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden.419
4    Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach der Einstellung des Konkurses wieder auf. Die Zeit zwischen der Eröffnung und der Einstellung des Konkurses wird dabei für alle Fristen dieses Gesetzes nicht mitberechnet.420
SchKG), tritt jedoch an die Stelle
des Liquidationsverfahrens selbst. Es ist gleich zu halten, wie wenn das
Verfahren eröffnet, dann aber ohne weitere Massnahmen auf Beschluss der
Gläubiger geschlossen worden wäre, weil sich die Durchführung ja doch nicht
lohne. Sind allenfalls Erbschaftsaktiven vorhanden, so bilden sie daher kein
Sondervermögen mehr, wie es zunächst zufolge der Ausschlagung der Fall war,
sondern sie fallen gemäss Art. 573 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 573 - 1 Wird die Erbschaft von allen nächsten gesetzlichen Erben ausgeschlagen, so gelangt sie zur Liquidation durch das Konkursamt.
1    Wird die Erbschaft von allen nächsten gesetzlichen Erben ausgeschlagen, so gelangt sie zur Liquidation durch das Konkursamt.
2    Ergibt sich in der Liquidation nach Deckung der Schulden ein Überschuss, so wird dieser den Berechtigten überlassen, wie wenn keine Ausschlagung stattgefunden hätte.
ZGB an die Erbberechtigten, wie wenn
keine

Seite: 103
Ausschlagung stattgefunden hätte. Nachdem den Gläubigern Gelegenheit geboten
war, das Konkursverfahren zu veranlassen, ist also ihr Recht auf Betreibung
der Erbschaft untergegangen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.