S. 115 / Nr. 33 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 61 III 115

33. Entscheid vom 17. August 1935 i. S. Kull.

Regeste:
Wohnt der Schuldner im eigenen Haus, so ist in der Betreibung für die
Hypothekarzinsen die pfändbare Lohnquote einerseits unter Hinzuzählung des
Arbeitserwerbes der Ehefrau, anderseits unter Abzug des Mietwertes der Wohnung
zu bestimmen (Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG).
Lorsque le débiteur habite dans sa propre maison, le montant saisissable de
son salaire dans une poursuite en paiement d'intérêts hypothécaires doit être
fixé en y ajoutant, d'une part, le revenu du travail de la femme du débiteur
et en en déduisant, d'autre part, le montant correspondant à la valeur
locative du logement (Art. 93 LP).
Ove il debitore abiti un appartamento in casa propria, l'importo pignorabile
del suo stipendio (salario ecc.) in un'esecuzione in pagamento di interessi
ipotecari sarà determinato aggiungendovi, da un canto, il provento del lavoro
della moglie e diffalcando, dall'altro, un importo equivalente al valore di
locazione dell'appartamento.

Der Rekurrent ist Eigentümer eines Hauses mit zwei Wohnungen, von denen er die
eine selbst benützt, während die andere bis kurz vor der Pfändung vermietet
war und auf die Pfändung der Liegenschaft hin vom Betreibungsamt wieder
vermietet wurde. In der (gewöhnlichen) Betreibung der Allg. Aargauischen
Ersparniskasse bezw. ihres zahlenden Bürgen für die unbezahlt gebliebenen
Hypothekarzinsen des letzten Jahres von 734 Fr. 50 Cts. ordneten die
Aufsichtsbehörden auf Beschwerde des Gläubigers hin eine

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Lohnpfändung von 1 Fr. 50 Cts. pro Arbeitstag an, wobei sie davon ausgingen,
dass die Ehegatten zusammen monatlich 305 Fr. Lohn verdienen, während ihr
Existenzminimum ohne Wohnungskosten 265 Fr. betrage.
Den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vom 10. Juli 1935 haben
die Rekurrenten an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag auf
Aufhebung jeglicher Lohnpfändung.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 192 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 192 - Tritt Gütertrennung ein, so gelten für die güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des bisherigen Güterstandes, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
ZGB hat die Ehefrau ihren Arbeitserwerb, soweit
erforderlich, für die Bedürfnisse des Haushaltes zu verwenden. Ein derartiges
Bedürfnis ist die Benützung einer Wohnung, und die Ehefrau hat daher ihren
Arbeitserwerb, soweit erforderlich, auch für das Entgelt der Familienwohnung
zu verwenden, gleichgültig, ob dieses in Gestalt von Mietzins oder
Hypothekarzinsen geschuldet werde. Im letzteren Falle darf freilich nicht
unbeachtet bleiben, dass beim Wohnen im eigenen Hause nicht ohne weiteres die
ganze Hypothekarzinsschuld Haushaltungsschuld ist, sofern das Haus nicht
ausschliesslich dem Eigentümer als Wohnung dient.
Grundsätzlich ist daher der Vorinstanz darin beizustimmen, dass für die
Bemessung der Lohnpfändung gegen den Ehemann zunächst dem Lohneinkommen des
Ehemannes der ganze Arbeitserwerb der Ehefrau zuzuzählen ist (BGE 57 III 54
und 102). Dagegen war es unter zwei Gesichtspunkten unrichtig, von dieser
Summe das ohne Einbeziehung irgendwelcher Wohnungskosten berechnete
Existenzminimum abzuziehen und die ganze Differenz pfändbar zu erklären.
Erstens wurde dadurch die Ehefrau dem Risiko ausgesetzt, dass ihr
Arbeitserwerb schlechthin für den Hypothekarzins in Anspruch genommen werde,
nicht nur für den Gegenwert der eigenen Wohnung. Zweitens wurde ein Teil des
Existenzminimums der Pfändung unterworfen, was jedoch auch nicht zulässig ist
zugunsten solcher Forderungen, welche eigentlich aus dem

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Existenzminimum hätten bezahlt werden sollen, wie schon die blosse Überlegung
zeigt, dass das Existenzminimum aus dem gegenwärtigen Notbedarf des Schuldners
besteht, also nicht vergangene, sondern nur die laufenden Wohnungskosten
umfasst, gleichgültig, ob er im eigenen Hause wohnt oder aber anderswo, in
welch letzterem Fall ihm natürlich über die als Existenzminimum festgestellten
265 Fr. hinaus auch noch der für die Bezahlung des laufenden
Wohnungsmietzinses unumgängliche Betrag gelassen werden müsste (BGE 59 III
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).
Richtigerweise ist die pfändbare Lohnquote einfach dadurch zu ermitteln, dass
von der Summe des gemeinsamen Einkommens der Ehegatten das unter Einrechnung
der wirklichen Wohnungskosten zu ermittelnde Existenzminimum abgezogen wird.
Letztere dürfen für die eine der beiden Wohnungen unbedenklich in der Höhe der
Hälfte der schuldigen Hypothekarzinsen angenommen werden, wie die Rekurrenten
eventuell selbst zugestanden haben. Diese Hälfte macht jährlich rund 360 Fr.,
monatlich rund 30 Fr. aus. Werden zu dem von der Vorinstanz verbindlich
festgestellten Existenzminimum ohne Wohnungskosten von 265 Fr. noch 30 Fr.
hinzugezählt, so bleibt die Differenz von 295 Fr. bis auf 305 Fr. pfändbar,
also 10 Fr. Mit der blossen Berücksichtigung der von der Allgemeinen
Ersparniskasse geforderten Hypothekarzinsen, unter Ausserachtlassung aller
anderen Lasten, insbesondere auch einer (verzinslichen?) neuesten Hypothek von
900 Fr. zugunsten des Armengutes, wird doch keinesfalls zu knapp zum Nachteil
der Rekurrenten gerechnet, weil die andere Wohnung zum monatlichen Zins von 40
Fr. vermietet ist. Auch wird durch diese Lohnpfändung lange nicht einmal die
Hälfte der Betreibungssumme gedeckt.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird teilweise dahin begründet erklärt, dass in Abänderung des
angefochtenen Entscheides die Lohnpfändung auf monatlich 10 Fr. herabgesetzt
wird.