S. 80 / Nr. 19 Obligationenrecht (d)

BGE 61 II 80

19. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. März 1935 i. S. Süess
gegen Achermann

Regeste:
Mäklervertrag.
1. Bemessung des Mäklerlohnes beim Zusammenwirken mehrerer, unabhängig
voneinander beauftragter Mäkler. Art. 413
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 413 - 1 Le courtier a droit à son salaire dès que l'indication qu'il a donnée ou la négociation qu'il a conduite aboutit à la conclusion du contrat.
1    Le courtier a droit à son salaire dès que l'indication qu'il a donnée ou la négociation qu'il a conduite aboutit à la conclusion du contrat.
2    Lorsque le contrat a été conclu sous condition suspensive, le salaire n'est dû qu'après l'accomplissement de la condition.
3    S'il a été convenu que les dépenses du courtier lui seraient remboursées, elles lui sont dues lors même que l'affaire n'a pas abouti.
OR. Erw. 3.
2. Ermässigung eines unverhältnismässig hohen Mäklerlohnes durch den Richter
nach Art. 417
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 417 - Lorsqu'un salaire excessif a été stipulé soit pour avoir indiqué une occasion de conclure un contrat individuel de travail ou une vente d'immeuble, soit pour avoir négocié l'un de ces contrats, il peut être, à la requête du débiteur, équitablement réduit par le juge.
OR, Begriff der Unverhältnismässigkeit. Erw. 4 u. 5.

A. - Der Beklagte Hans Süess beauftragte den Kläger Leo Achermann am 11. Juni
1932, den Verkauf seines Hotels zum «Schwanen» in Sursee zu vermitteln, und
versprach ihm für die Vermittlung eine Provision von 2% auf der Verkaufssumme.
Den gleichen Auftrag erteilte der Beklagte in der Folge auch noch den
Liegenschaftsagenten Theiler und Huwiler.

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Sowohl der Kläger wie Theiler und Huwiler gelangten im Verlaufe ihrer
Bemühungen an Xaver Troxler in Kriens und bearbeiteten ihn für den Kauf des
«Schwanen».
Der Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und Troxler kam am 29. Juli 1932
zustande mit einem Kaufspreis von 200000 Fr.
B. - Auf diesem Kauf hat der Kläger mit der vorliegenden Klage eine
Vermittlungsprovision von 4000 Fr. beansprucht, gleich den im Mäklervertrag
vereinbarten 2% des Kaufpreises.
Der Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt mit der Begründung, der Verkauf
an Troxler sei nicht durch den Kläger, sondern durch Huwiler und Theiler
zustande gekommen.
Im Beweisverfahren hat der Käufer Troxler als Zeuge ausgesagt, er sei zuerst
durch Huwiler auf den «Schwanen» aufmerksam gemacht worden. Wer ihn zum Kauf
bestimmt habe, sei «bös» zu sagen. Die Angaben Kaufmanns können zum Entschluss
etwas mitbestimmend gewesen sein; am meisten haben aber Huwiler und Theiler
dazu beigetragen.
C. - Die Klage ist vom Bezirksgericht Zofingen bis zum Betrage von 1000 Fr.,
vom Obergericht des Kantons Aargau durch Urteil vom 22. September 1934 in
vollem Umfange gutgeheissen worden.
D. - Das Bundesgericht als Berufungsinstanz hat auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen des Obergerichtes, wonach die Bemühungen des Klägers für den
Kaufsentschluss Troxlers mitbestimmend gewesen sind, den Provisionsanspruch
grundsätzlich ebenfalls geschützt, dagegen mit dem Bezirksgericht auf den
Betrag von 1000 Fr. ermässigt, aus folgenden
Erwägungen:
3.- Bei der Bemessung des Anspruches ist davon auszugehen, dass - auch nach
der Annahme der Vorinstanz - der Erfolg nicht ausschliesslich auf der
Tätigkeit des

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Klägers beruht, sondern zum Teil auf derjenigen der Agenten Huwiler und
Theiler, im gesamten also auf dem Zusammenwirken mehrerer, unabhängig
voneinander beauftragter Mäkler. Die Vorinstanz erklärt, das sei gleichgültig;
in einem solchen Falle habe eben ein jeder Anspruch auf den vollen Mäklerlohn.
REICHEL, Die Mäklerprovision, S. 184, bezeichnet diese Ansicht als die in der
Praxis vorherrschende, und hält sie de lege lata auch für richtig. Dabei hat
er augenscheinlich nicht nur das deutsche, sondern auch das schweizerische
Recht im Auge, indem er vornehmlich auf schweizerische Entscheidungen abstellt
(Anmerkung 10 auf S. 184): BGE 36 II 10 ff., Blätter für handelsrechtliche
Entscheidungen 1896 S. 9 und 119, wo die Urteile des zürcherischen
Obergerichts und des Bundesgerichts i. S. Blinde c. Fritschi abgedruckt sind
ferner Blätter für handelsrechtliche Entscheidungen 1895 S. 38 mit einem
Urteil des zürcherischen Obergerichts.
Diese Entscheidungen müssen aber auf den ihnen zugrunde liegenden Tatbestand
etwas näher untersucht werden. Sie fallen alle, was nicht zu übersehen ist, in
die Zeit vor der detaillierten Regelung des Mäklervertrages durch das
revidierte OR (siehe a. OR Art. 405).
a) In BGE 36 II 10 ff. handelte es sich um die Konkurrenz zwischen der
Mäklertätigkeit der Kläger Rusillon und Degrange einerseits und eines Notars
Fricker anderseits. Den Klägern wurde das vorwiegende Verdienst. am
Zustandekommen des Geschäftes zuerkannt und daher die volle Provision
zugesprochen: «Or, en l'espèce la situation due à l'activité des demandeurs
était telle que la conclusion de la vente du domaine... avec Mercier (dem
Käufer) aurait pu avoir lieu aussi sans l'entremise du notaire Fricker». Im
Gegensatz hiezu dürfte im vorliegenden Falle, besonders wenn man die Auskunft
des Käufers Troxler beachtet, die Tätigkeit des Klägers kaum die vorwiegende
genannt werden.
b) Im Falle Blinde c. Fritsche hat der Auftraggeber den

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Kaufvertrag selber abgeschlossen, aber in Anwesenheit des klagenden Mäklers.
«Im weitern ist festgestellt» heisst es im bundesgerichtlichen Urteil (Bl. f.
h. E. S. 121), «dass der Käufer zwar vorgängige Mitteilungen durch N. (den
Dritten) erhalten, jedoch daraufhin mit dem Beklagten nicht in Verbindung
getreten ist, sondern das Kaufsobjekt erst nach seiner Unterhandlung mit dem
Kläger besichtigt, und darauf gleich am folgenden Tag den Kauf abgeschlossen
hat». Also auch hier war der Einfluss des klagenden Mäklers nicht nur
mitbestimmend für den Abschluss des Geschäftes, sondern ausschlaggebend.
c) Bl. f. h. E. 1895 S. 38. Hier hat das Gericht der klagenden Mäklerin gar
nicht die volle Provision zugesprochen, sondern nur die Hälfte, «da die
Tätigkeit derselben sich im wesentlichen darauf beschränkte, den Käufer auf
das Kaufsobjekt aufmerksam und mit den Kaufsbedingungen bekannt zu machen,
während der Verkaufsabschluss unter den Parteien direkt stattgefunden hat».
Angesichts dieser Entscheidungen geht die Ansicht Reichels, wenn mehrere
Mäkler selbständig beauftragt worden seien und jeder eine fördernde Tätigkeit
entwickelt habe, so sei die Provision nach der Praxis von jedem voll verdient,
zum mindesten für das schweizerische Recht zu weit. Die schweizerische Praxis
wägt vielmehr die Tätigkeiten der verschiedenen Mäkler gegeneinander ab und
bestimmt darnach die Lohnansprüche. Diese Lösung deckt sich schon mit der
logischen Erwägung, dass der Mäkler, dem bei mehreren tatsächlich vorhandenen
Ursachen nur ein Anteil am Erfolg zuerkannt werden kann, auch nur auf einen
Teil der Entschädigung anspruchsberechtigt sein soll. Sie entspricht aber auch
allein der Billigkeit, auf die Reichel a.a.O. S. 186 selber zu sprechen kommt.
Er tut dieses Bedenken ab mit der Erwägung, dass der Auftraggeber eben die
Folgen tragen müsse, die eine mehrfache Auftraggebung nach sich ziehe. Es gilt
jedoch auch wieder zu unterscheiden. Wo der Auftraggeber von Anfang an,
ungefähr gleichzeitig mehrere Mäkler zur Verfolgung

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seines Zieles in Bewegung setzt, da mag man nichts dagegen empfinden, dass
solche Mehrspurigkeit sich konsequenterweise auch im Momente der Bezahlung
auswirke. Aber ganz anders ist die Sachlage dann, wenn zunächst nur ein Mäkler
beauftragt worden ist, und erst nachträglich, weil auf Grund jenes Auftrages
der Erfolg sich nicht einstellen will, noch weitere beigezogen werden. In
einem solchen Falle kann jedenfalls der Erstbeauftragte nicht Anspruch auf den
vollen Mäklerlohn erheben. - Der genannte Tatbestand liegt hier offensichtlich
vor: Als erster erhielt der Kläger den Vermittlungsauftrag, der Erfolg aber
wurde, wie der Käufer Troxler bestätigt, zur Hauptsache erst durch die Agenten
Theiler und Huwiler herbeigeführt.
4.- Haben die von Reichel zitierten Entscheidungen schon an sich einen andern
Inhalt, als er aus ihnen herausliest, so kommt dazu, dass damals die
gesetzliche Vorschrift des heutigen Art. 417
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 417 - Lorsqu'un salaire excessif a été stipulé soit pour avoir indiqué une occasion de conclure un contrat individuel de travail ou une vente d'immeuble, soit pour avoir négocié l'un de ces contrats, il peut être, à la requête du débiteur, équitablement réduit par le juge.
OR mit der Ermächtigung des
Richters, einen unverhältnismässig hohen Mäklerlohn herabzusetzen, noch nicht
bestanden hat.
Die Vorinstanz will für die Verhältnismässigkeit oder Unverhältnismässigkeit
nur die am Erfüllungsort üblichen Provisionen als Massstab gelten lassen. Auf
den Umfang der im einzelnen Fall entwickelten Mäklertätigkeit dürfe wegen des
aleatorischen Charakters des Mäklervertrages nicht abgestellt werden. Das ist
eine petitio principii.
Der aleatorische Charakter der Mäkelei bedeutet, dass der Anspruch auf den
Mäklerlohn besteht, ohne Rücksicht auf das Mass der aufgewendeten Tätigkeit,
und es also nur darauf ankommt, ob das Geschäft infolge der Vermittlung
zustandegekommen ist oder nicht. Wo aber gerade diese Voraussetzung nur zum
Teil zutrifft und die Vermittlung nicht durch den einen Mäkler allein
stattgefunden hat, sondern sich auf eine Mehrheit verteilt, so vermöchte sich
der aleatorische Charakter nur dann restlos auszuwirken, wenn gemäss der
Auffassung Reichels jeder zum vorneherein Anspruch auf das Ganze hätte. Diese
Auffassung

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ist indessen, wie oben erörtert wurde, für das schweizerische Recht
abzulehnen. Daraus folgt, dass das Ermässigungsrecht des Richters nach Art.
417 auch dann Platz greift, wenn der vereinbarte Mäklerlohn in Hinsicht auf
den Anteil des Klägers am Erfolg als unverhältnismässig hoch erscheint (vgl.
bundesgerichtliche Urteile vom 3. Februar 1935 i. S. Zermatten c. Rudaz und
vom 8. Oktober 1929 i. S. Lang c. Eigenmann).
5.- In Anwendung seines Ermässigungsrechtes hält das Bundesgericht mit der
ersten Instanz dafür, dass das Verdienst des Klägers am Zustandekommen des
Geschäftes mit 1000 Fr. angemessen belöhnt ist.