S. 113 / Nr. 15 Kompetenzausscheidung zw. Zivil- und Militärgerichtsbarkeit
(d)

BGE 61 I 113

15. Urteil vom 10. April 1935 i.S. Hagenbuch gegen Eidgenössisches
Militärdepartement.


Seite: 113
Regeste:
Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der bürgerlichen
Gerichtsbarkeit. Legitimation des Angeschuldigten zur Anrufung des
Bundesgerichts gemäss Art. 223 Mil.StrG. Zeitliche Schranken für die
Beschwerdeführung nach diesem Artikel. Kompetenzausscheidung zwischen der
militärischen und der bürgerlichen Gerichtsbarkeit in Bezug auf
Ehrverletzungsdelikte.

A. - Mitte Oktober 1934 erhielten Nationalrat Schneider in Basel, Redaktor der
Basler «Arbeiterzeitung», und Nationalrat Reinhard in Bern, Mitarbeiter der
«Berner Tagwacht», je ein anonymes Schreiben folgenden Inhalts: «Freiburg, den
14. Oktober. Sehr geehrter Herr Nationalrat, Ich hätte da etwas für Sie, resp.
für Ihre Zeitung. Der Brief, dessen Abschrift ich Ihnen vorlege, ist
ausserordentlich aufschlussreich; die darin gemachten materiellen Angaben sind
absolut zutreffend und übrigens leicht feststellbar. Der Grund, der mich zu
dem für einen Offizier merkwürdigen Schritt veranlasst, ist sehr einfach.
Nous, les Suisse à l'ouest de la Sarine, nous n'en voulons pas, nous refusons
de nous plier sous la cravache germanique de Wille II. Man muss handeln et le
limoger, ehe es zu spät ist...»
Am Schluss des Schreibens war gesagt, der Schreibende könne natürlich weder
seinen Namen, noch den Namen des Briefverfassers nennen; der Brief stamme von
einem

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Generalstabsoffizier und sei an einen Freund gerichtet. Sowohl das Schreiben
an Schneider, als dasjenige an Reinhard standen auf militärischem Dienstpapier
mit vorgedrucktem Briefkopf «Schweizerische Armee». Beigelegt war je eine
angebliche Abschrift des genannten Briefes (ohne Namensunterschrift). Er
unterzieht die politische Haltung von Oberstkorpskommandant Wille einer
scharfen Kritik, bespricht dessen Beziehungen zu massgebenden Kreisen des
«Dritten Reiches» eingehend und unter Verwendung abschätziger Ausdrücke
(«Konspirieren mit Nazihäuptlingen») und erhebt ferner den Vorwurf, Wille habe
vom Begriff der Neutralität keinen «Hochschein», sei kein Eidgenosse usw.
Nationalrat Reinhard gab der an ihn gerichteten Zuschrift keine Folge. Dagegen
machte Nationalrat Schneider den Brief zum Gegenstand einer «Kleinen Anfrage»
an den Bundesrat und veröffentlichte diese mit dem vollständigen Text des
«Generalstäblerbriefes» und einem verkleinerten Faksimileabdruck der
Vorderseite des Begleitschreibens (d. h. soweit es soeben im Wortlaut
wiedergegeben wurde) in der Basler Arbeiterzeitung vom 17. Oktober 1934.
Kurz nachher stellte sich heraus, dass sowohl das Begleitschreiben an die
beiden Redaktoren, als auch der «Generalstäblerbrief» von Dr. jur. Hermann
Hagenbuch, Oberleutnant in der Füs. Kp. II/59 und im Zivilleben Journalist,
verfasst worden waren. Das Eidgenössische Militärdepartement wies darauf am
24. Oktober 1934 den Untersuchungsrichter des Divisionsgerichts 4 an, in der
Angelegenheit eine vorläufige Beweisaufnahme gemäss Art. 108 der
Militärstrafgerichtsordnung von 1889 (MStGO) durchzuführen. In diesem
Verfahren bestätigte Hagenbuch, der Urheber der fraglichen Schreiben zu sein;
er habe sie am 14. Oktober 1934 an seinem Wohnort Baden verfasst und am
folgenden Tag in Zürich zur Post gebracht. Auf Antrag des
Untersuchungsrichters vom 5. November verfügte das Militärdepartement am

Seite: 115
13. November 1934 die Eröffnung der Voruntersuchung gegen Hagenbuch (Art. 110
MStGO). Die Untersuchung wurde wieder vom Untersuchungsrichter der 4. Division
geführt und am 13. Dezember 1934 abgeschlossen.
B. - Schon am 2. November 1934 hatte Hagenbuch den Bundesrat gestützt auf Art.
113 MStGO ersucht, die Militärgerichte zur Durchführung des eingeleiteten
Verfahrens als unzuständig zu erklären. Der Bundesrat beschloss am 13.
November 1934, auf das Gesuch nicht einzutreten, aus folgender Erwägung: Seit
dem Inkrafttreten des Militärstrafgesetzes von 1927 (MStG) falle die
Entscheidung über Kompetenzkonflikte zwischen militärischer und bürgerlicher
Gerichtsbarkeit nicht mehr wie früher unter Art. 8 MStGO in die Zuständigkeit
des Bundesrates, sondern gemäss Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG in diejenige des Bundesgerichts.
Demnach könne sich das eingereichte Begehren nicht mehr auf Art. 113 MStGO
stützen, «indem dieser jetzt, seit der Aufhebung von Art. 8, den Entscheid dem
Bundesrat nur mehr in denjenigen Fällen überträgt, wo nicht die grundsätzliche
Zuständigkeit der Militärgerichte im allgemeinen, sondern nur die
Zuständigkeit eines bestimmten Gerichtes unter diesen Militärgerichten in
Frage steht».
C. - Am 6. Dezember 1934 hat Hagenbuch eine Beschwerde an das Bundesgericht
als Kompetenzkonfliktshof gemäss Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG erhoben und folgende Begehren
gestellt:
1) Das Bundesgericht wolle die Unzuständigkeit der militärischen
Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über die dem Rekurrenten zur Last gelegten
Delikte aussprechen.
2) Die gegen den Rekurrenten angehobene militärgerichtliche Untersuchung sei
daher aufzuheben, eventuell einzustellen.
In der Beschwerdebegründung wird dann aber bemerkt: «Der vom Beschwerdeführer
geltend gemachte Kompetenzkonflikt bezieht sich nicht auf die unberechtigte
Verwendung eines Armeeblocks mit dem

Seite: 116
Armeebriefkopf, für welchen Disziplinarfehler, eventuell Dienstverletzung der
Rekurrent sich der Beurteilung der militärischen Disziplinar- oder eventuell
Gerichtsbehörden unterzieht».
Die Ausführungen der Beschwerde lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die eingeleitete militärische Voruntersuchung habe zum Ziel, festzustellen, ob
sich der Rekurrent gegenüber Oberstkorpskommandant Wille einer Ehrverletzung
im Sinne der Art. 145
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 145 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.
3    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiter verbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
4    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
5    Nimmt der Täter seine Äusserungen als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
6    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht, oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
7    ...269
/48
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 48 - 1 Wird der Täter wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen oder unter Annahme verminderter Schuldfähigkeit verurteilt, so kann das Gericht den Ausschluss aus der Armee anordnen.
1    Wird der Täter wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen oder unter Annahme verminderter Schuldfähigkeit verurteilt, so kann das Gericht den Ausschluss aus der Armee anordnen.
2    Der Ausschluss kann vom Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen weggefallen sind.
MStG schuldig gemacht habe. und ausserdem, ob ihm
eine Dienstpflichtverletzung gemäss Art. 72
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 72 - 1 Wer vorsätzlich ein Reglement oder eine andere Dienstvorschrift nicht befolgt, wird mit Geldstrafe bestraft.128
1    Wer vorsätzlich ein Reglement oder eine andere Dienstvorschrift nicht befolgt, wird mit Geldstrafe bestraft.128
2    Handelt der Täter fahrlässig, so kann auf Busse erkannt werden.
3    In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.
4    In Kriegszeiten kann auf Freiheitsstrafe oder auf Geldstrafe erkannt werden.
MStG vorgeworfen werden könne. Da
er sich zu der Zeit, als er die Briefe verfasste und absandte, nicht im
Militärdienst befunden habe, frage es sich lediglich, ob die Kompetenz der
Militärjustiz auf Art. 2 Ziff. 4
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG gestützt werden können, wonach
Dienstpflichtige ausserhalb des Dienstes mit Bezug auf ihre militärische
Stellung und ihre dienstlichen Pflichten dem Militärstrafrecht unterstünden.
Das sei (abgesehen vom eben erwähnten Vorbehalt hinsichtlich der
unberechtigten Verwendung von Dienstpapier) nicht der Fall.
Der Rekurrent habe sich allerdings in seinem Begleitschreiben an die beiden
Redaktoren als «Offizier» bezeichnet und die Richtigkeit dieser Bezeichnung
durch die Verwendung von Armeepapier darzutun gesucht. Er habe so den
Schreiben ein besonderes Gewicht geben wollen, damit ihnen nicht, wie das bei
anonymen Zuschriften üblich sei, die Aufnahme ohne weiteres verweigert werde.
Keineswegs aber habe er beabsichtigt, der Öffentlichkeit gegenüber auf seine
militärische Stellung Bezug zu nehmen. Das Begleitschreiben sei nicht zur
Veröffentlichung bestimmt gewesen, und er habe mit dessen Wiedergabe in der
Zeitung nicht rechnen müssen. Dafür, dass die Arbeiterzeitung trotzdem einen
Teil davon in Faksimileabdruck veröffentlicht habe, sei nur sie selber
verantwortlich.
Im angeblichen «Brief eines Generalstabsoffiziers» habe der Rekurrent das
politische Verhalten von Oberst Wille

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kritisiert, ohne dessen militärische Amtsführung zu berühren. Ein solcher
Artikel stehe unter dem Schutz der Pressefreiheit. Der Rekurrent habe die
darin enthaltene Meinungsäusserung nicht aus seiner militärischen Tätigkeit
heraus, sondern in seiner zivilen beruflichen Stellung als Journalist getan.
D. - Der Oberauditor der Armee beantragt Nichteintreten auf die Beschwerde,
eventuell Abweisung.
Der Kompetenzkonflikt nach Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG könne nach richtiger Auffassung nur
von den beteiligten Behörden, nicht aber vom Angeschuldigten anhängig gemacht
werden. Früher, als der Bundesrat noch Kompetenzkonfliktbehörde bei
Streitigkeiten zwischen der militärischen und der bürgerlichen Gerichtsbarkeit
gewesen sei (Art. 8 MStGO), habe allerdings nach Art. 113 MStGO die
Möglichkeit bestanden, bei vorhandenen Zweifeln über die sachliche, wie über
die örtliche Zuständigkeit der Militärgerichte den Entscheid des Bundesrates
einzuholen. Seit dem Inkrafttreten des neuen MStG gelte aber Art. 113 MStGO
nur noch für Fragen der örtlichen Zuständigkeit von Militärgerichten, und eine
entsprechende Bestimmung über Anrufung des Bundesgerichts bei Zweifeln über
die sachliche Kompetenz der Militärgerichtsbarkeit sei nicht geschaffen
worden. Der Angeschuldigte könne, wenn ein Kompetenzkonfliktsverfahren vor
Bundesgericht nicht durchgeführt worden sei, die Zuständigkeit der
Militärjustiz bei Eröffnung der Hauptverhandlung vor Divisionsgericht
bestreiten und nötigenfalls auf dem Wege der Beschwerde an das
Militärkassationsgericht die Aufhebung des divisionsgerichtlichen Urteils
wegen sachlicher Inkompetenz der Militärgerichte beantragen (Art. 188 Ziff. 3
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.

MStGO). Ebenso stünden ihm, wenn er die Zuständigkeit der bürgerlichen
Gerichte nicht anerkennen wolle, die Rechtsmittel des bürgerlichen
Strafprozesses zur Verfügung. Es sei nicht anzunehmen, dass ihm der
Gesetzgeber daneben noch das Recht zur Anhebung des Kompetenzkonflikts beim
Bundesgericht habe geben

Seite: 118
wollen. Die Anerkennung eines solchen weiteren Rechtsmittels neben den ohnehin
bestehenden hätte mannigfache praktische Unzukömmlichkeiten zur Folge.
In der Sache selber sei die Zuständigkeit der Militärjustiz nicht nur, wie der
Rekurrent annehme, für die Beurteilung der Dienstverletzung, begangen durch
missbräuchliche Verwendung von Dienstpapier, gegeben, sondern auch für die
Beurteilung der Ehrverletzung gegenüber Oberstkorpskommandant Wille. Für beide
Vergehen treffe die Voraussetzung von Art. 2 Ziff. 4
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG zu, wie sie im
Urteil des Militärkassationsgerichtes vom 2. Juli 1934 i. S. Wullschleger und
Kons. ausgelegt werde. Der Rekurrent habe durch die Betonung seiner
Wehrmannseigenschaft und des Offiziersgrades seinem Angriff gegen
Oberstkorpskommandant Wille - der übrigens als Kommandant des II. Armeekorps
sein dienstlicher Vorgesetzter sei - ein besonderes Gewicht geben wollen.
Damit sei die Beziehung zur militärischen Stellung und zu den dienstlichen
Pflichten im Sinne von Art. 2 Ziff. 4
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG hergestellt. Dies umsomehr, als in
der Art, wie Hagenbuch vorgegangen sei, zugleich eine Verletzung der aus Ziff.
24 des Dienstreglements sich ergebenden militärischen Pflicht liege, «auch
ausser Dienst Anstand und Pflichtgefühl zu beweisen und für die Armee und
seinen Truppenteil Ehre einzulegen».
Sollte aber das Bundesgericht zur Beurteilung der begangenen Ehrverletzung die
Militärgerichte grundsätzlich als unzuständig betrachten, so müsse doch bei
deren unbestrittener Kompetenz in Bezug auf die Dienstverletzung (Missbrauch
von Dienstpapier) die Befugnis des Bundesrates vorbehalten werden, nach Art.
221
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 221 - Ist jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, die teils der militärischen, teils der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, so kann der Bundesrat deren ausschliessliche Beurteilung dem militärischen oder dem zivilen Gericht übertragen.
MStG die Beurteilung aller, auch der bürgerlichen Delikte dem
Militärgericht zu übertragen.
E. - Das Eidgenössische Militärdepartement hat sich dem Antrag des
Oberauditors und der von ihm gegebenen Begründung angeschlossen.
E. - Oberstkorpskommandant Wille hat dem

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Bundesgericht mitgeteilt, dass er sich als am vorliegenden Verfahren nicht
beteiligt betrachte.
G. - Aus den Akten geht hervor, dass sich bisher noch kein bürgerliches
Strafgericht mit der Angelegenheit befasst hat.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- ...
2.- Bis zum Inkrafttreten des Militärstrafgesetzes von 1927 waren nach Art. 8
der Militärstrafgerichtsordnung von 1889 Kompetenzanstände zwischen
bürgerlichen und militärischen Gerichtsbehörden vom Bundesrat zu entscheiden.
Art. 113 MStGO bestimmte: «Bestehen Zweifel über die Zuständigkeit des
Gerichts oder tritt einer der in den Art. 8 und 51 vorgesehenen Fälle ein, so
ist der Entscheid des Bundesrates einzuholen». Aus diesen Bestimmungen wurde
gefolgert, dass die Kompetenzkonfliktsbeschwerde im Sinne von Art. 8 MStGO
nicht nur den beteiligten Behörden, sondern auch dem Angeschuldigten offen
stehe, dass im besondern derjenige, der die Zuständigkeit der
Militärgerichtsbarkeit zur Durchführung eines gegen ihn eröffneten
Strafverfahrens bestreiten wolle, den Entscheid des Bundesrates anrufen könne
(FLEINER, Bundesstaatsrecht, S. 221 Anm. 25, S. 234; aus der Praxis des
Bundesrates: SALIS, Bundesrecht Bd. III Nr. 1257; hiezu KIRCHHOFER, Der
Kompetenzkonflikt zwischen militärischer und bürgerlicher Gerichtsbarkeit, in
der Schweiz. Zeitschrift für Strafrecht, Bd. 46 (1932) S. 22 Anm. 1, wo gesagt
ist, dass es sich in dem genannten, vom Bundesrat entschiedenen Fall nicht
etwa um eine Disziplinarbeschwerde gehandelt habe).
Bei der Ausarbeitung des neuen Militärstrafgesetzes bestand zunächst die
Absicht, das in Art. 8 MStGO vorgeschriebene Konfliktsverfahren beizubehalten
und lediglich die Befugnis des Bundesrates zur Aufhebung auch bereits
ergangener Strafurteile noch ausdrücklich festzulegen (Art. 221 des
bundesrätlichen Entwurfs vom

Seite: 120
26. November 1918.) In der Bundesversammlung erhoben sich Bedenken dagegen,
dem Bundesrat die Kompetenz zur Kassation rechtskräftig gewordener
Strafurteile zuzuerkennen. Darauf wurde bei Bereinigung der Differenzen
zwischen den beiden Räten beschlossen, den Bundesrat als
Kompetenzkonfliktsbehörde durch das Bundesgericht zu ersetzen
(Stenographisches Bulletin 1926, Ständerat S. 256/7, Nationalrat S. 796). Der
fragliche Artikel erhielt folgende endgültige Fassung: «(Abs. 1:) Anstände
über die Zuständigkeit der militärischen und der bürgerlichen Gerichtsbarkeit
werden vom Bundesgericht endgültig entschieden. (Abs. 2:). Das Bundesgericht
hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der bürgerlichen in die
militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die bürgerliche
Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.
(Abs. 3:). Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf
eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet». Die
Bestimmung wurde als Art. 223 unter dem Randtitel «Kompetenzkonflikte» in das
am 13. Juni 1927 erlassene Gesetz aufgenommen.
Durch die Übertragung der Kompetenzkonfliktsentscheidung vom Bundesrat an das
Bundesgericht verlor neben Art. 8 MStGO (s. Art. 233
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 233
MStG) auch die Vorschrift
von Art. 113 MStGO ihre Geltung, soweit sie die Anrufung des Bundesrates durch
den Angeschuldigten bei Streitigkeiten über die Kompetenzabgrenzung zwischen
bürgerlicher und militärischer Gerichtsbarkeit vorsah (vgl. den
bundesrätlichen Nichteintretensbeschluss vom 13. November 1934 in der Sache
Hagenbuch, sowie die vorliegende Vernehmlassung des Oberauditors; ferner
KIRCHHOFER, l.c. S. 14 Anm. 1). Hieraus folgt jedoch nicht, dass damit
überhaupt die Möglichkeit einer Erhebung der Kompetenzkonfliktsbeschwerde
durch den Angeschuldigten dahingefallen wäre. Vielmehr ist davon auszugehen,
dass der Angeschuldigte, wie früher beim Bundesrat nach Art. 8 und 113 MStGO,
so heute gemäss Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.


Seite: 121
MStG beim Bundesgericht Beschwerde zu führen legitimiert ist (vgl. in diesem
Sinne die Ausführungen von KIRCHHOFER, 1.c. S. 29 ff.; zustimmend GIACOMETTI,
Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 132 Anm. 9; a. A. GUISAN, Le champ
d'application du Code pénal militaire, in Schweizerische Zeitschrift für
Strafrecht, Bd. 41 (1928) S. 268):
a) Bei den Beratungen der eidgenössischen Räte, die zur Übertragung der
Kompetenzkonfliktsentscheidung vom Bundesrat an das Bundesgericht führten, war
nach den Protokollen nie die Rede davon, dass die prozessuale Stellung des
Angeschuldigten (oder Verurteilten) gegenüber dem bisherigen Rechtszustand
verschlechtert werden solle. Zur Begründung der Neuerung wurden im
wesentlichen staatsrechtliche Bedenken gegen die Betrauung des Bundesrates mit
einer Kompetenz, die sogar zur Aufhebung rechtskräftiger Gerichtsurteile
führen kann, geltend gemacht. Es darf daher angenommen werden, dass es zum
mindesten nicht in der Absicht der das Gesetz ausarbeitenden Behörde lag, dem
Angeschuldigten die Möglichkeit zur, Erhebung der Konfliktsbeschwerde zu
entziehen.
b) Eine solche Einschränkung des Rechtsschutzes wäre aber auch sachlich nicht
gerechtfertigt. Wohl hat der Angeschuldigte, der die Kompetenz der
bürgerlichen oder der militärischen Gerichte bestreiten will, je die
Rechtsmittel der betreffenden Gerichtsbarkeit zu seiner Verfügung, bei den
Militärgerichten die Unzuständigkeitseinrede am Beginn der Hauptverhandlung
(Art. 142
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStGO, s. auch Abs. 2 dieser Bestimmung) und die Beschwerde an das
Militärkassationsgericht (Art. 188 Ziff. 3
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStGO). Gerade in dem praktisch
wichtigen Fall aber, da sich der Angeschuldigte gegen die Unterstellung unter
die Militärgerichtsbarkeit wehrt und seine Aburteilung durch ein kantonales
bürgerliches Gericht verlangt, wird die Entscheidung der Streitfrage durch das
Militärkassationsgericht, d. h. durch eine Instanz der vom Betroffenen
abgelehnten Gerichtsbarkeit, nicht das gleiche Gewicht

Seite: 122
besitzen wie das Urteil des unbeteiligten Bundesgerichtes. Die Zuerkennung des
Beschwerderechts an den Angeschuldigten entspricht denn auch insofern dem Art.
58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
BV, als dadurch der Grundsatz, dass niemand seinem verfassungsmässigen, d.
h. dem natürlichen, ordentlichen Richter entzogen werden soll, im Verhältnis
des Bürgers zur Militärgerichtsbarkeit erst eine vollwertige Garantie erhält
(vgl. KIRCHHOFER, l.c. S. 30).
c) Die praktischen Unzukömmlichkeiten, die der Oberauditor als Folge des
Nebeneinanderbestehens ähnlicher Rechtsmittel befürchtet, fallen nicht
entscheidend in Betracht. Der Gefahr einer Behinderung militärischer
Untersuchungen durch missbräuchliche Anrufung des Bundesgerichts kann durch
Zurückhaltung beim Entscheid über das Sistierungsbegehren begegnet werden.
Ferner wird dem Angeschuldigten die Erhebung der Konfliktsbeschwerde
möglicherweise nicht bis zum Ende des fraglichen militärgerichtlichen oder
bürgerlichen Strafprozesses, sondern nur bis zu einem frühern Zeitpunkt
gestattet werden können (in diesem Sinne schon unter der Herrschaft von Art. 8
MStGO: FLEINER, Bundesstaatsrecht S. 234 Anm. 21; heute: KIRCHHOFER, l.c. S.
36 ff.). Im übrigen lässt sich ein Zwischen verfahren wie dasjenige von Art.
223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG ganz unabhängig vom engern oder weitern Kreis der
Beschwerdelegitimierten nie ohne gewisse praktische Schwierigkeiten
durchführen. Sie sind als Folge jedes Kompetenzkonfliktsverfahrens in Kauf zu
nehmen.
d) Die Zuerkennung des Beschwerderechts gemäss Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG an den
Angeschuldigten bedeutet freilich eine Abweichung gegenüber der Regel, die für
den Kompetenzkonflikt zwischen dem Bund und den Kantonen nach Art. 113 Ziff. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.

BV gilt (vgl. darüber, dass die Legitimation zum Konflikt nach Art. 113 Ziff.
1 auf den Bund einerseits und die Kantone anderseits beschränkt ist:
BURCKHARDT, Kommentar, S. 776). Doch kann jene Regel für das Verfahren nach
Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG schon deshalb nicht

Seite: 123
ohne weiteres massgebend sein, weil der Kompetenzkonflikt nach Art. 113 Ziff.
1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
BV eine bundesstaatliche Streitigkeit ist, eine Streitigkeit, bei der
ausschliesslich über die Zuständigkeiten von Bund und Kantonen gestritten
wird, während bei Konflikten nach Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG die Ausscheidung der
eidgenössischen und der kantonalen Kompetenzen zurücktritt gegenüber der
Grenzziehung zwischen der militärischen Gerichtsbarkeit einerseits und der
bürgerlichen, sei sie kantonal oder bundesrechtlich, anderseits. Aus dieser
Unterscheidung kann sich sehr wohl eine abweichende Behandlung der
Legitimationsfrage ergeben.
e) Der Wortlaut von Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG spricht keineswegs derart eindeutig für die
Auffassung des Oberauditors, dass dadurch die angeführten gegenteiligen
Erwägungen entkräftet würden. Zuzugeben ist zwar, dass der französische und
der italienische Text des Artikels: «en cas de conflit de compétence entre la
juridiction ordinaire et la juridiction militaire»,«i conflitti di competenza
fra la giurisdizione militare e la giurisdizione ordinaria» auf ein Verfahren
hinzudeuten scheinen, bei welchem sich die Behörden ohne Beteiligung einer
Privatperson über ihre Kompetenzen auseinandersetzen. Der Kompetenzkonflikt
des Art. 223 könnte darnach nur entstehen, wenn in Bezug auf einen Streitfall
sowohl die militärische als die bürgerliche Gerichtsbarkeit je ihre Kompetenz
bejahen oder verneinen (sog. aktueller Konflikt), und nicht, wie das bei
Zuerkennung des Beschwerderechts an den Angeschuldigten im Sinne der obigen
Erwägungen notwendig der Fall ist, schon dann, wenn der Angeschuldigte die
sachliche Kompetenz der gegen ihn vorgehenden Gerichtsbarkeit ohne Rücksicht
auf das Verhalten der andern bestreiten will. Neben dem französischen und
italienischen steht aber der deutsche Text, in welchem von «Anständen über die
Zuständigkeit der militärischen oder der bürgerlichen Gerichtsbarkeit» die
Rede ist. Ein solcher Anstand liegt auch vor, wenn der Angeschuldigte
lediglich

Seite: 124
geltend macht, er sei der Gerichtsbarkeit, die gegen ihn tätig geworden ist,
nicht unterstellt. Ebenso steht der Randtitel «Kompetenzkonflikte» mit diesem
weiteren Begriff der fraglichen Anstände insofern nicht in Widerspruch, als
der Angeschuldigte, der die Zuständigkeit der einen Gerichtsbarkeit
bestreitet, in der Regel wenn nicht auf ein positives Vorgehen der andern, so
doch auf deren theoretische Zuständigkeit (Jurisdiktionsgewalt in thesi)
verweisen kann, womit der Tatbestand des «virtuellen Konfliktes» geschaffen
ist (vgl. über den Begriff des virtuellen Konfliktes: KIRCHHOFER, l.c. S. 7
und besonders S. 18/19).
3.- Es mag dahingestellt bleiben, ob die Anhebung des Kompetenzkonflikts stets
schon von der ersten gegen den Angeschuldigten gerichteten Handlung der
militärischen, bezw. bürgerlichen Gerichtsbarkeit an zulässig ist oder ob
nicht unter Umständen zugewartet werden muss, bis die Untersuchung eine
Übersicht über die in Frage kommenden Straftatbestände erlaubt. Im heutigen
Fall ist diese Übersicht bei Einreichung der Konfliktsbeschwerde, am 6.
Dezember 1934, bereits möglich gewesen. Umgekehrt erscheint die Beschwerde
aber auch nicht als verspätet. Die Anwendung der dreissigtägigen Frist von
Art. 178 Ziff. 3
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
OG auf die Beschwerde nach Art. 223
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 223 - 1 Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
1    Anstände über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit werden vom Bundesstrafgericht endgültig entschieden.376
2    Das Bundesstrafgericht hebt Verfahren oder Urteile auf, die einen Übergriff der zivilen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die zivile Gerichtsbarkeit enthalten. Es trifft nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen.377
3    Die infolge des aufgehobenen Urteils vollzogene Strafe wird auf eine infolge des andern Urteils zu erstehende Strafe angerechnet.
MStG ist vom
Bundesgericht schon in einem Urteil vom 22. Mai 1931 abgelehnt worden (BGE 57
I 125
), und die zeitliche Schranke, die statt dessen für die Anrufung des
Bundesgerichts durch den Angeschuldigten möglicherweise gelten muss, kann
selbst in dem für ihn ungünstigsten Fall nicht die Meinung haben, dass eine
Beschwerde, mit welcher wie hier die militärgerichtliche Zuständigkeit noch
vor Abschluss der militärischen Voruntersuchung bestritten wird, bereits nicht
mehr rechtzeitig wäre.
4.- Nach Art. 1
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
der Militärstrafgerichtsordnung von 1889, welche Bestimmung
bis 1927 in Kraft stand (Art. 233
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 233
MStG), waren der Militärstrafgerichtsbarkeit
und dem

Seite: 125
Militärstrafgesetz des Bundes u. a. unterworfen: Ziff. 5 «militärpflichtige
Personen ausserhalb des Dienstes mit Bezug auf ihre dienstlichen Pflichten».
Aus der seinerzeit erlassenen bundesrätlichen Botschaft vom 10. April 1888
geht hervor, dass von dieser Vorschrift z. B. die Vernachlässigung der Pflicht
zur Erhaltung der Militäreffekten, die Unterlassung der Anzeige des
Wohnungswechsels, Fehler im Rapportwesen ausser Dienst getroffen werden
sollten; «dagegen wollten wir nicht unter das Militärgesetz stellen kritische
Meinungsäusserungen, zu welchen Wehrpflichtige ausserhalb des Dienstes und
ausserhalb ihrer dienstlichen Beziehungen zu militärischen Vorgesetzten und
Behörden sich etwa veranlasst sehen, indem es uns daran liegt, jeden Schein zu
vermeiden, als ob der Freiheit der Meinungsäusserung zu nahe getreten werden
dürfe» (Bundesblatt 1888 II S. 348; SALIS, Bundesrecht Bd. III S. 545 Nr.
1254). Am 4. November 1890 erliess der Bundesrat über die Interpretation von
Art. 1 Ziff. 5
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 233
MStGO folgenden Beschluss: «Der Art. 1 Ziff. 5 ist nicht
anwendbar auf solche Fälle, in welchen militärische Obere oder militärische
Behörden sich durch Zeitungsartikel, welche ausserhalb des Dienstes publiziert
werden, beschimpft oder verleumdet glauben; die Beleidigten haben vielmehr in
solchen Fällen den Weg der Klage vor den bürgerlichen Gerichten zu
beschreiten» (Bundesblatt 1890 IV S. 748; SALIS, Bundesrecht Bd. II Nr. 383,
III Nr. 1254). Diese Interpretation wurde in der bundesrätlichen Praxis zu
Art. 1 Ziff. 5 stets festgehalten und über das Gebiet der Zeitungsartikel
hinaus auch auf andere, ähnlich geartete Beleidigungen angewendet (Bundesblatt
1893 IV S. 38; 1894 I S. 930; 1895 II S. 362; 1899 II S. 128; 1900 II S. 124;
SALIS Bundesrecht Bd. III Nr. 1255). Als der Militärgerichtsbarkeit
unterstehend wurden lediglich Ehrverletzungen betrachtet, die zwar ausserhalb
des Dienstes, aber im dienstlichen Verkehr begangen wurden (Entscheid des
Bundesrates vom 22. Juni 1903, erwähnt in Schweiz.

Seite: 126
Zeitschrift für Strafrecht, Bd. 23 (1910) S. 318/19; BGE 25 I S. 4 ff;
entsprechend die Urteile des Militärkassationsgerichts in der vom Oberauditor
der Armee herausgegebenen Sammlung 1915/25 Nr. 63 und 151). Über die damalige
Rechtslage vgl. MARTIN, L'article 65 de la loi fédérale sur la justice pénale
pour les troupes fédérales, in Schweiz. Zeitschrift für Strafrecht, Bd. 23
(1910) S. 313 ff.; STOOSS, Kommentar zur MStGO, S. 8; EUGSTER, Die persönliche
und sachliche Zuständigkeit der schweizerischen Militärgerichte, S. 75/76.
Die Praxis des Bundesrates war nicht unbestritten geblieben (s. EUGSTER, l.c.
S. 73), und bei der Ausarbeitung des Militärstrafgesetzes von 1927 herrschte
die Auffassung vor, es sollten durch eine Neuformulierung der massgebenden
gesetzlichen Vorschriften die ausserdienstlichen Ehrverletzungen in einem
weiteren Umfang als bis dahin der Militärgerichtsbarkeit unterstellt werden.
Die vorberatende Expertenkommission beschloss zunächst, über die
Ehrverletzungen folgende Sonderbestimmung in Art. 2
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG aufzunehmen: Ziff. 6:
«Für die Vergehen der Verleumdung, der üblen Nachrede und der Beschimpfung
unterstehen die Militärpersonen diesem Gesetz nur, wenn der Täter und der
Verletzte gleichzeitig sich im Dienst befinden oder wenn die Beleidigung das
dienstliche Verhältnis der Beteiligten berührt oder sich auf dienstliche
Vorgänge bezieht oder wenn der Täter in Uniform auftritt». Im weitern Verlauf
der Beratungen (s. das Protokoll vom November 1917) liess die Kommission diese
Vorschrift wieder fallen, da sich das darin Gesagte bereits aus den übrigen
Bestimmungen von Art. 2 ergebe; «berührt die Beleidigung das dienstliche
Verhältnis, so genügt Ziff. 3» (heute Ziff. 4). Um zum Ausdruck zu bringen,
dass die militärgerichtliche Zuständigkeit in Bezug auf ausserdienstliche
Ehrverletzungen in dem genannten Sinne gegenüber der bisherigen
bundesrätlichen Praxis erweitert werden solle, erhielt dann die heutige Ziff.
4 die zum Gesetz gewordene endgültige

Seite: 127
Fassung: (Dem Militärstrafrecht unterstehen:) Ziff. 4 «Dienstpflichtige
ausserhalb des Dienstes mit Bezug auf ihre militärische Stellung und ihre
dienstlichen Pflichten».
Bei der Untersuchung, ob Art. 2 Ziff. 4 auf den vorliegenden Fall zutrifft,
darf die geschilderte Entstehungsgeschichte nicht ausserachtgelassen werden,
zumal sie im Vergleich zu der sehr unbestimmten Formulierung der Vorschrift
eine konkretere, engere Begrenzung der militärgerichtlichen Zuständigkeit
nahelegt und bei der Kompetenzausscheidung zwischen einer
Sondergerichtsbarkeit, wie sie die Militärjustiz darstellt, und der
gewöhnlichen Gerichtsbarkeit die Unklarheit des Gesetzestextes sich im
allgemeinen zu Gunsten der letzteren auszuwirken hat.
Hievon ausgehend ist die erforderliche Beziehung zwischen der angeblich
ehrverletzenden Handlung Hagenbuchs einerseits, «seiner militärischen Stellung
und seinen dienstlichen Pflichten», bezw. «dem dienstlichen Verhältnis oder
dienstlichen Vorgängen» anderseits als nicht vorhanden zu betrachten. Der
Artikel Hagenbuchs stand weder hinsichtlich seiner Veranlassung, noch seines
Inhalts in einem Zusammenhang mit der Eigenschaft des Verfassers als eines
schweizerischen Offiziers. Die streitigen Darlegungen bezogen sich auf eine
allgemeine, ebensosehr politische wie militärische Angelegenheit, zu welcher
jeder andere Schweizer, ob dienstpflichtig oder nicht, seine Meinung hätte
äussern können. Wollte man einen Offizier, der sich ausserdienstlich zu einer
solchen Frage öffentlich vernehmen lässt, für die dabei allenfalls begangenen
Ehrverletzungen der Militärgerichtsbarkeit unterstellen, so würde der Eigenart
der schweizerischen Milizarmee zu wenig Rechnung getragen. Dem
Dienstpflichtigen, auch dem Offizier, soll nach beendetem Dienst grundsätzlich
wieder die Ausübung der vollen bürgerlichen Rechte gewahrt sein. Dazu gehört,
dass er für Meinungsäusserungen der hier streitigen Art nicht vor den
Militärgerichten, sondern wie ein Nicht-Dienstpflichtiger nur im gewöhnlichen
Ehrverletzungsprozess soll zur Verantwortung gezogen

Seite: 128
werden können. Allerdings ergibt sich diese Folgerung nicht, wie Hagenbuch
anzunehmen scheint, ohne weiteres aus dem Grundsatz der Pressfreiheit (vgl.
BGE 25 I S. 11 Erw. 3). Massgebend für die Kompetenzabgrenzung zwischen
militärischer und bürgerlicher Jurisdiktion sind allein die Art. 2 ff
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
. MStG.
Soweit aber diese Bestimmungen eine klare Antwort auf die Frage der
Kompetenzgrenze vermissen lassen, darf bei der Auslegung sehr wohl auf die
verfassungsmässige Garantie jenes Freiheitsrechtes Rücksicht genommen werden.
Dass der Rekurrent dem angegriffenen Oberstkorpskommandanten dienstlich
unterstellt ist, tritt demgegenüber an Bedeutung zurück. Ebenso wird durch die
im Begleitschreiben enthaltene Berufung auf die Offizierseigenschaft und durch
die Verwendung militärischen Dienstpapiers für jenes Schreiben die Beziehung
zur militärischen Stellung und zu den dienstlichen Pflichten Hagenbuchs nicht
in dem Masse hergestellt, dass die militärischen Behörden aus diesem Grunde
für die Beurteilung der angeblich begangenen Ehrverletzung als zuständig
betrachtet werden dürften. Es erscheint nach den Akten als möglich, dass sich
Hagenbuch nur der Redaktion gegenüber, nicht aber vor der Öffentlichkeit als
Offizier ausgeben wollte. Dass sodann die Unterschiebung, der fingierte Brief
sei von einem Generalstabsoffizier geschrieben worden, die Voraussetzung von
Art. 2 Ziff. 4
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG nicht zu erfüllen vermag, steht angesichts der Tatsache,
dass Hagenbuch selber gar nicht Generalstabsoffizier ist, ausser Frage.
Die Folgerungen, die der Oberauditor aus dem Urteil des
Militärkassationsgerichts vom 2. Juli 1934 i. S. Wullschleger und Kons. für
den heutigen Fall ziehen will, sind schon abgesehen davon, dass das
Bundesgericht an die Gesetzesauslegung jener Instanz nicht gebunden wäre,
keineswegs zwingend. Es handelte sich dort nicht um eine Ehrverletzung,
sondern um Untergrabung der militärischen Disziplin, bei welchem Vergehen die
Frage

Seite: 129
nach der Beziehung zur militärischen Stellung und zu den dienstlichen
Pflichten sich nicht notwendig gleich wie bei Ehrverletzungen stellt. Zudem
hatten sich Wullschleger und Konsorten in wesentlich anderer Weise als
Hagenbuch auf ihre Wehrmannseigenschaft berufen.
Der Oberauditor nimmt schliesslich an, die Beziehung zwischen der
Handlungsweise Hagenbuchs einerseits, seiner militärischen Stellung und seinen
dienstlichen Pflichten anderseits sei deshalb gegeben, weil der Rekurrent
durch die Art seines Vorgehens die militärische Pflicht, auch ausser Dienst
Anstand und Pflichtgefühl zu beweisen und für die Armee Ehre einzulegen,
verletzt habe (Ziff. 24 des Dienstreglements für die Schweizerische Armee).
Betrachtet man nur den Wortlaut von Art. 2 Ziff. 4
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG, so könnte man sich
allerdings fragen, ob nicht diese Auffassung tatsächlich zutreffe. Die oben
geschilderte Entstehungsgeschichte von Art. 2 Ziff. 4 zeigt aber, dass damit
der wahre Sinn der Bestimmung verkannt würde. Hätte der Ausdruck «Bezug auf
dienstliche Pflichten» tatsächlich die genannte weitgehende Bedeutung, so wäre
auch unter der Herrschaft von Art. 1
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStGO, wo dieser Ausdruck bereits
verwendet wurde, d. h. von 1889 bis 1927, die Beurteilung der in Frage
stehenden ausserdienstlichen Ehrverletzungen in grossem Umfang den
Militärgerichten zugekommen, hätte doch schon damals in vielen Fällen dem
Täter ein Verstoss gegen die Dienstpflicht in dem umfassenden Sinne, wie sie
heute Ziff. 24 des Dienstreglements umschreibt, zum Vorwurf gemacht werden
können. Der Bundesrat hat aber in seiner erwähnten Praxis eine so weite
Auslegung von Art. 1 Ziff. 5
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 233
MStGO stets abgelehnt. Die Neufassung der
Bestimmung in Art. 2 Ziff. 4
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
MStG sodann hatte nach den betreffenden
Protokollen nicht die Meinung, es solle von nun an der Begriff der
«dienstlichen Pflichten» eine weitere Auslegung erhalten, sondern man wollte
durch Hinzufügung der Worte «militärische Stellung» eine Ausdehnung der
militärgerichtlichen Kompetenz in dem

Seite: 130
Umfang herbeiführen, wie er in der seinerzeit formulierten und hernach als
unnötig fallen gelassenen Ziff. 6 festgelegt war. Nach jener Umschreibung
fällt die Handlungsweise Hagenbuchs, soweit sich das Bundesgericht heute mit
ihr zu befassen hat, wie dargetan nicht unter die Zuständigkeit der
Militärgerichte.
Vorbehalten bleibt die unbestrittene Zuständigkeit der militärischen Instanzen
zur Ahndung des Missbrauchs von Dienstpapier. Ob im Hinblick hierauf eine
Anwendung von Art. 221
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 221 - Ist jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, die teils der militärischen, teils der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, so kann der Bundesrat deren ausschliessliche Beurteilung dem militärischen oder dem zivilen Gericht übertragen.
MStG durch den Bundesrat in Frage kommt, hat das
Bundesgericht nicht zu entscheiden.
Die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit, die Frage zu prüfen, ob nicht
der Rekurrent wegen unwürdiger Lebensführung von der Erfüllung der
Dienstpflicht auszuschliessen sei (Art. 16 der Militärorganisation), bleibt
vom vorliegenden Entscheid unberührt (vgl. BGE 57 I S. 120 ff).
5.- Die Beschwerde ist daher im Sinne der Erwägungen gutzuheissen, d. h. die
Militärgerichtsbarkeit ist zur Verfolgung der dem Rekurrenten zur Last
gelegten Ehrverletzung als unzuständig zu erklären, unter den in den
Erwägungen angeführten Vorbehalten. Dagegen ist die militärgerichtliche
Untersuchung nicht einfach aufzuheben, da sie insoweit gerechtfertigt war, als
erst ermittelt werden musste, ob Hagenbuch mit Bezug auf seine militärische
Stellung und seine dienstlichen Pflichten gehandelt hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen
gutgeheissen.