S. 27 / Nr. 7 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 59 III 27

7. Entscheid vom 16. Februar 1933 i. S. Dr. P.

Regeste:
Nachlassvertrag.
Bestätigung der Praxis, wonach die Aufsichtsbehörden die örtliche oder
sachliche Zuständigkeit der homologierenden Behörde nicht überprüfen können
(Erw. 1).
Mit Bestätigung des Nachlassvertrages erlöschen gemäss Art. 312
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 312 - Jedes Versprechen, durch welches der Schuldner einem Gläubiger mehr zusichert als ihm gemäss Nachlassvertrag zusteht, ist nichtig (Art. 20 OR557).
SchKG auch die
Betreibungen, welche an einen Arrest anschliessen, sofern die Arrestobjekte
nicht schon vor der Stundungsbewilligung verwertet worden sind (Erw. 2).
Eine arrestierte oder gepfändete Forderung gilt mit Bezug auf die vom
Drittschuldner an das Betreibungsamt bezahlten Beträge als verwertet, auch
wenn der betreibende Gläubiger in Zeitpunkt der Zahlung ein
Verwertungsbegehren weder gestellt hat noch hätte stellen können (Erw. 2).
Art. 116
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 116 - 1 Der Gläubiger kann die Verwertung der gepfändeten beweglichen Vermögensstücke sowie der Forderungen und der andern Rechte frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, diejenige der gepfändeten Grundstücke frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Pfändung verlangen.
1    Der Gläubiger kann die Verwertung der gepfändeten beweglichen Vermögensstücke sowie der Forderungen und der andern Rechte frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, diejenige der gepfändeten Grundstücke frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Pfändung verlangen.
2    Ist künftiger Lohn gepfändet worden, und hat der Arbeitgeber gepfändete Beträge bei deren Fälligkeit nicht abgeliefert, so kann die Verwertung des Anspruches auf diese Beträge innert 15 Monaten nach der Pfändung verlangt werden.
3    Ist die Pfändung wegen Teilnahme mehrerer Gläubiger ergänzt worden, so laufen diese Fristen von der letzten erfolgreichen Ergänzungspfändung an.
und 312
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 312 - Jedes Versprechen, durch welches der Schuldner einem Gläubiger mehr zusichert als ihm gemäss Nachlassvertrag zusteht, ist nichtig (Art. 20 OR557).
SchKG.
Concordat.
Confirmation de la jurisprudence selon laquelle les autorités de poursuite
n'ont pas qualité pour examiner la compétence ratione loci ou materiae de
l'autorité qui a homologué le concordat (consid. 1).
L'homologation du concordat fait également tomber, en application do l'art.
312 LP, les poursuites consécutives à un séquestre, à moins que les objets
séquestrés n'aient été réalisés avant l'octroi du sursis (consid. 2).

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Une créance séquestre ou saisie doit être considérée comme réalisée
relativement aux sommes payées par le tiers débiteur à l'office des
poursuites, môme si au moment du payement le créancier poursuivant n'avait pas
encore requis la réalisation -ou n'aurait même pas pu la requérir (consid. 2).
Art. 116 et 312 LP.
Concordato.
Conferma del principio di giurisprudenza secondo cui la autorità di esecuzione
non hanno veste per esaminare la competenza ratione loci o materiae
dell'autorità che ha omologato il concordato (consid. 1).
In applicazione dell'art. 312 LEF, l'omologazione del concordato rende caduche
le esecuzioni consecutive a sequestro, a meno che i beni sequestrati non siano
stati realizzati prima della moratoria (consid. 2).
Un credito sequestrato o pignorato è da ritenersi realizzato relativamente
alle somme versate dal sequestratario all'ufficio anche se, al momento di tali
versamenti, il creditore istante non aveva ancora chiesto o non poteva
chiedere la realizzazione (consid. 2).
Art. 116 e 312 LEF.

A. - Am 5. Januar 1932 arrestierte das Betreibungsamt Bern-Stadt auf Grund
eines vom Rekurrenten gegen den Schuldner M., Beamten des Schweizerischen
Konsulates in Besançon, für eine Forderung von 4000 Fr. erwirkten Arrestes vom
Monatslohn des Schuldners einen Betrag von je 400 Fr.; in der darauffolgenden
Arrestbetreibung wurde der Arrest am 3. Mai in eine Pfändung umgewandelt. Am
9. Mai erlangte der Schuldner in Bern eine Nachlasstundung, und am 6. Oktober
wurde der von ihm vorgeschlagene Nachlassvertrag (Stundungsvergleich)
gerichtlich bestätigt; der Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen. Auf Grund
des Arrestes bezw. der Pfändung hat der Arbeitgeber des Schuldners dem
Betreibungsamt folgende Beträge abgeliefert: am 13. Mai und am 13. Juni je 608
Fr. 70 Cts. und am 10. Oktober 2382 Fr. 60 Cts., zusammen 3600 Fr. Hievon hat
das Betreibungsamt dem Rekurrenten 3 Monatsbetreffnisse = 1200 Fr. ausbezahlt.
B. - Am 18. Oktober 1932 stellte der Rekurrent beim Betreibungsamt das Gesuch
um Aushändigung auch des

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Restes der Lohneingänge, eventuell um Vornahme einer neuen Pfändung, eventuell
um Erlass eines neuen Zahlungsbefehls, und führte, als das Amt diese Begehren
abwies, dagegen Beschwerde mit folgenden Anträgen:
1. es sei das Amt anzuweisen, ihm die verbleibenden 2382 Fr. 60 Cts.
herauszugeben und den Arbeitgeber des Schuldners aufzufordern, weiterhin
monatlich 400 Fr. bis zur Tilgung der Arrestforderung samt Kosten abzuliefern,
2. eventuell, wenn angenommen würde, die Pfändung sei gemäss Art. 312
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 312 - Jedes Versprechen, durch welches der Schuldner einem Gläubiger mehr zusichert als ihm gemäss Nachlassvertrag zusteht, ist nichtig (Art. 20 OR557).
SchKG
dahingefallen, sei das Amt anzuweisen, dem am 18. Oktober gestellten
Fortsetzungsbegehren zu entsprechen und die Pfändung zu vollziehen sowohl auf
die bereits eingegangenen Beträge, als auch auf die infolge des Arrestes noch
abzuliefernden Betreffnisse,
3. weiter eventuell, wenn angenommen würde, dass auch die Arrestbetreibung
dahingefallen sei, habe das Amt dem ebenfalls vorsorglich gestellten
Betreibungsbegehren zu entsprechen,
4. sei das Amt in jedem Fall zu verpflichten, ihm das der Zeit vom 1. April
1932 bis zur Stundungsbewilligung (8. Mai) entsprechende Lohnbetreffnis
auszubezahlen.
Der Rekurrent stellte sich auf den Standpunkt, der Nachlassvertrag sei nichtig
und daher ohne Einfluss auf die Arrestbetreibung, weil der Schuldner in der
Schweiz keinen Wohnsitz habe und daher auch keinen Nachlassvertrag
abschliessen könne. Auf jeden Fall gehöre der Ertrag des Arrestes bis zur
Bestätigung des Nachlassvertrages dem Rekurrenten.
C. - Mit Entscheid vom 16. Januar 1933 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die
Beschwerde im Sinn der Motive abgewiesen. In den letztern wurde dem
Rekurrenten lediglich ein Anspruch auf Behandlung seines am 18. Oktober
gestellten neuen Betreibungsbegehrens vorbehalten.
D. - Diesen Entscheid zog der Rekurrent rechtzeitig an das Bundesgericht
weiter mit dem Antrag, die Beschwerde gutzuheissen.

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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Keine Rede kann davon sein, den rechtskräftig gewordenen Nachlassvertrag
wegen Unzuständigkeit der homologierenden Behörde als nicht vorhanden zu
betrachten. Das Fehlen der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit der
Nachlassbehörde hätte den Rekurrenten allenfalls berechtigt, den
Bestätigungsentscheid an die obere kantonale Instanz weiterzuziehen; für die
Betreibungs- und Aufsichtsbehörden macht dagegen der einmal rechtskräftig
gewordene Entscheid Regel (vgl. BGE 33 I 444 = Sep. Ausg. 10 S. 110).
2.- Nach Art. 312
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 312 - Jedes Versprechen, durch welches der Schuldner einem Gläubiger mehr zusichert als ihm gemäss Nachlassvertrag zusteht, ist nichtig (Art. 20 OR557).
SchKG und der Auslegung, welche diese Bestimmung durch das
Bundesgericht erhalten hat, fallen infolge der Bestätigung des
Nachlassvertrages nicht nur die Pfändungen, sondern die Betreibungen selbst
(BGE 39 I 455 = Sep. Ausg. 16 S. 157) dahin mit Bezug auf alle
Pfändungsobjekte, die nicht schon vor der Stundung verwertet worden sind. Das
gilt mit Ausnahme der Pfandverwertungsbetreibungen (vgl. Art. 311
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 311 - Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages fallen alle vor der Stundung gegen den Schuldner eingeleiteten Betreibungen mit Ausnahme derjenigen auf Pfandverwertung dahin; Artikel 199 Absatz 2 gilt sinngemäss.
SchKG und
BGE 22 S. 689) für alle Betreibungen, auch für solche, die sich an einen
Arrest anschliessen. Eine Gleichstellung der letztern mit den
Pfandverwertungsbetreibungen kommt nicht in Frage. Die Arrestbetreibung ist
eine gewöhnliche Betreibung für eine unversicherte Forderung; durch den Arrest
wurde lediglich die spätere Pfändung bestimmter Objekte gesichert; ein
zivilrechtliches Vorrecht auf Befriedigung aus bestimmten Aktiven, das einzig
jene Sonderbehandlung rechtfertigt, wurde dadurch nicht geschaffen.
Unbehelflich ist sodann der Hinweis des Rekurrenten darauf, dass nach Art. 56
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.

SchKG auch während der Stundung Arreste erwirkt und vollzogen werden können:
Das Dahinfallen der Betreibungen, die schon vor der Stundung zur Pfändung
geführt haben, ist für den Fall der Bestätigung des Nachlassvertrages eine
Notwendigkeit, um zu verhindern, dass einzelne Gläubiger

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mehr als die vertragliche Dividende erhalten. Damit ist die Zulassung von
Arresten für die Sicherung neuer Betreibungen, die erst nach Bestätigung des
Nachlassvertrages einsetzen können, durchaus vereinbar; denn hier ist der
Schuldner ohne weiteres in der Lage, die Fortsetzung der Arrestbetreibung nur
für die Dividende zuzulassen.
Ein Weiterbestand der Betreibungen wird in Art. 312
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 312 - Jedes Versprechen, durch welches der Schuldner einem Gläubiger mehr zusichert als ihm gemäss Nachlassvertrag zusteht, ist nichtig (Art. 20 OR557).
SchKG nur vorgesehen mit
Bezug auf Pfändungsobjekte, die schon vor der Stundung verwertet worden sind.
Massgebend ist daher der Moment der Stundungsbewilligung und nicht, wie der
Rekurrent es haben möchte, derjenige der Bestätigung des Nachlassvertrages. Am
9. Mai 1932 bestand nun unbestrittenermassen lediglich die kurz vorher an die
Stelle des Arrestes getretene Pfändung; eine Verwertung war dagegen noch nicht
erfolgt: Weder hatte der Rekurrent damals schon das Verwertungsbegehren
gestellt - er wäre dazu noch gar nicht in der Lage gewesen, Art. 116
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 116 - 1 Der Gläubiger kann die Verwertung der gepfändeten beweglichen Vermögensstücke sowie der Forderungen und der andern Rechte frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, diejenige der gepfändeten Grundstücke frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Pfändung verlangen.
1    Der Gläubiger kann die Verwertung der gepfändeten beweglichen Vermögensstücke sowie der Forderungen und der andern Rechte frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, diejenige der gepfändeten Grundstücke frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Pfändung verlangen.
2    Ist künftiger Lohn gepfändet worden, und hat der Arbeitgeber gepfändete Beträge bei deren Fälligkeit nicht abgeliefert, so kann die Verwertung des Anspruches auf diese Beträge innert 15 Monaten nach der Pfändung verlangt werden.
3    Ist die Pfändung wegen Teilnahme mehrerer Gläubiger ergänzt worden, so laufen diese Fristen von der letzten erfolgreichen Ergänzungspfändung an.
SchKG -
noch hatte der Arbeitgeber des Schuldners bis dahin auf Grund der mit der
Pfändungsanzeige verbundenen Zahlungsaufforderung (vgl. Formular No. 10)
irgendeinen Betrag abgeliefert (was allerdings als Verwertung zu betrachten
gewesen wäre und ein Verwertungsbegehren überflüssig gemacht hätte). Die
sämtlichen Lohnquoten, auf die der Rekurrent heute Anspruch erhebt, sind erst
während der Stundung beim Betreibungsamt eingegangen. Sie hätten daher nur
dann dem Rekurrenten ausgehändigt werden dürfen, wenn der Nachlassvertrag
verworfen worden wäre und seine Betreibung damit ihren Fortgang hätte nehmen
können. Nachdem aber die Arrestbetreibung infolge der Bestätigung des
Nachlassvertrages erloschen ist, fehlt jeder Titel, auf welchen der Rekurrent
seinen Anspruch stützen könnte. Jene Lohnbeträge stehen daher wieder zur
Verfügung des Schuldners.
Die Vorinstanz hat daher mit Recht die Beschwerde abgewiesen, soweit dieselbe
auf Grund der bisherigen

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Arrestbetreibung die Ablieferung von Geld oder Vornahme
von Fortsetzungshandlungen verlangt hatte.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.