S. 181 / Nr. 32 Handels- und Gewerbefreiheit (d)

BGE 59 I 181

32. Urteil vom 25. November 1933 i. S. Aeberhard gegen Regierungsrat des
Kantons Thurgau.


Seite: 181
Regeste:
Im Kanton Thurgau, welcher die Ausübung der Hebammentätigkeit zu einem
öffentlichen Amt erhoben und den Gemeindehebammen übertragen hat, darf die
ausnahmsweise Zulassung von Privathebammen vom Nachweis des Bedürfnisses
abhängig gemacht werden.

A. - Frau Rosa Aeberhard-Hänni, seit einiger Zeit wohnhaft in Romanshorn,
beabsichtigte, dort neben den beiden Gemeindehebammen als Privathebamme tätig
zu sein. Die thurgauischen Behörden, in letzter Instanz der Regierungsrat,
verweigerten ihr die hiefür erforderliche Bewilligung. Sie erklärten, dass die
thurgauische Gesetzgebung die Hebammentätigkeit grundsätzlich der
Gemeindehebamme vorbehalte: daneben könnten allerdings nach § 7 der geltenden
Hebammenordnung Privathebammen zugelassen werden; doch müsse dabei im
Interesse der Erhaltung eines tüchtigen und ausreichend besoldeten
Gemeindehebammenstandes die Bedürfnisfrage geprüft werden; in Romanshorn seien
die dortigen beiden Gemeindehebammen bereits ungenügend beschäftigt, und die
gleiche Erscheinung treffe man in andern thurgauischen Gemeinden an; deshalb
komme die Zulassung von Frau Aeberhard als Privathebamme nicht in Frage.
B. - Gegen den Entscheid des Regierungsrates hat Frau Aeberhard die
staatsrechtliche Beschwerde ergriffen mit dem Antrag:
Er sei aufzuheben und es sei damit der Rekurrentin die Berufsausübung als
Hebamme im Kanton Thurgau und speziell in Romanshorn zu bewilligen, bezw. es
sei

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der Regierungsrat anzuhalten, die Bewilligung nach Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen zu erteilen.
Es wird ausgeführt:
Die Rekurrentin habe eine sorgfältigere Ausbildung erhalten und sie sei für
ihren Beruf besser qualifiziert als die thurgauischen Gemeindehebammen. Die
Bewilligung sei ihr verweigert worden, um die Gemeindehebammen vor einer
unangenehmen Konkurrenz zu schützen. Rechtlich verstosse der Entscheid gegen
Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
und 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV.
Im Sanitätsgesetz von 1850 finde sich keine Bestimmung, welche die Ausübung
des Berufs einer Hebamme der sogenannten Gemeindehebamme reservieren würde.
Das Gesetz dürfe daher nicht im Sinne eines Monopols der Gemeindehebamme
ausgelegt werden, ganz abgesehen von der Frage, ob dies mit dem Grundsatz der
Gewerbefreiheit vereinbar wäre. Aus allen Hebammenordnungen seit 1865 gehe
hervor, dass es neben den Gemeindehebammen auch Privathebammen gebe, die vom
Sanitätsdepartement patentiert werden können (so auch im Entwurf einer neuen
Hebammenordnung, in dessen § 3 vorgesehen sei, dass von der Anstellung einer
Gemeindehebamme Umgang genommen werden könne, wenn genügend Privathebammen
vorhanden seien). Die Hebamme sei also ein Privatberuf, der neben dem «Amt»
der Gemeindehebamme im Kanton immer bestanden habe und anerkannt worden sei.
Eine gegenteilige Auslegung des Gesetzes und der Ausführungsbestimmungen wäre
willkürlich und würde der jahrzehntelangen Auslegung und Handhabung des
Gesetzes widersprechen. Bei dieser Sachlage brauche die Frage nicht weiter
untersucht zu werden, ob der Beruf der Hebamme in einem Kanton überhaupt als
reines Amt ausgestaltet werden könnte. Ein Interesse hieran bestehe nur
solange, als nicht ein gut qualifizierter Berufsstand von Hebammen existiere.
Wenn auch die Verordnung sage, dass das Sanitätsdepartement qualifizierten
Personen das Hebammenpatent erteilen «könne» so dürften dabei doch nur solche

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Erwägungen massgebend sein, die vor Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV standhalten. Das treffe nicht
zu für die vom Regierungsrat als entscheidend angeführte Bedürfnisfrage
(Schutz der klagenden Gemeindehebammen), die auf dem Boden der Gewerbefreiheit
nicht angerufen werden dürfe.
C. - Der Regierungsrat hat die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Wie der Beruf anderer Medizinalpersonen, so ist auch der Hebammenberuf
geeignet, ein freies Gewerbe zu sein, das unter dem Schutz des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV
steht. Die Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege werden freilich
rechtfertigen und verlangen, dass die Ausübung dieses Berufes von einem
Befähigungsausweis abhängig gemacht wird. Da es sich aber nicht um einen
wissenschaftlichen Beruf handelt (Urteil BASS vom 18. Oktober 1929, Erw. 3 i.
f.; SALIS II Nr. 822 S. 635 f.), folgt die Befugnis der Kantone, einen solchen
Befähigungsausweis aufzustellen, nicht aus Art. 33
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
1    Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
2    Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
, sondern aus Art. 31e
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
1    Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
2    Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
BV.
Aus dem Prinzip der Gewerbefreiheit ergibt sich dann, dass abgesehen vom
Befähigungsausweis der Beruf der Hebamme der freien Konkurrenz offen steht und
dass insbesondere eine Beschränkung nach dem Bedürfnis unzulässig ist (vgl.
BGE 47 I 40 ff.; 57 I 168 ff.).
2.- Die Kantone können indessen den Hebammenberuf zu einem öffentlichen Amt
erheben und damit dem Wirkungsbereich der Gewerbefreiheit entziehen. Hiefür
mögen zutreffende Gründe des öffentlichen Wohls, d. h. der öffentlichen
Gesundheitspflege, sprechen, die Sorge dafür, dass überall, auch den weniger
bemittelten Kreisen, tüchtige und erfahrene Hebammen jederzeit zur Verfügung
stehen. Diese Gründe sind ohne Frage mindestens ebenso einleuchtend, wie
diejenigen, gestützt auf welche bei gewissen andern Berufszweigen die
Verleihung in Form eines Amtes als zulässig erachtet wird (BGE 38 I 52;
BURCKHARDT BV 3 231: für den

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Hebammenberuf hat das Bundesgericht bereits in dem erwähnten Urteil BASS, S.
10, anerkannt, dass er zu einem öffentlichen Amt gemacht werden kann).
3.- Im Kanton Thurgau hat die Hebamme in der Tat den Charakter eines
Gemeindebeamten nach der vom Sanitätsgesetz (SG) und den Hebammenordnungen
(HO) seit 1865 (die heute geltende, welche diejenige von 1907 nur inbezug auf
die Taxen ändert, datiert vom 24. Dezember 1919) getroffenen Ordnung dieses
Zweiges des Gesundheitswesens.
Die Hebammen werden von den Gemeinden gewählt aus dem Kreis der tauglichen
Personen (SG § 59). Jede Gemeinde von bestimmter Grösse hat eine
Gemeindehebamme zu wählen; kleinere Gemeinden haben sich mit angrenzenden zu
verständigen (HO § 1). Die gewählten Personen werden nach Verfügung des
Sanitätsdepartementes auf öffentliche Kosten ausgebildet (HO § 4); nachher
haben, sie an Repetitionskursen teilzunehmen, wobei sie Taggelder und
Reisegeld erhalten (HO § 9). Die Hebammen beziehen von der Gemeinde eine
jährliche Entschädigung, Wartegeld genannt (SG § 59); daneben können sie
gewisse Taxen erheben (HO § 14). Sie sind verpflichtet, den Gebärenden in der
Gemeinde beizustehen und zwar in erster Linie vor Frauen anderer Gemeinden (SG
§ 61, HO § 12). Sie haben das Handgelübde für gewissenhafte Ausübung ihrer
Pflichten und Befolgung der Vorschriften abzulegen (HO §§ 6, 8). Sie haben
eine Präsenzpflicht: sie dürfen sich nicht über 24 Stunden von der Gemeinde
entfernen ohne Vorwissen des Gemeindeammanns (HO § 12). Die Gemeindehebamme
kann nicht über das 65. Altersjahr hinaus ihren Beruf ausüben; sie wird vorher
entlassen, wenn sie untauglich geworden ist oder wegen tadelhaftem
Lebenswandel (HO § 15). Im übrigen ist der Rücktritt nur unter erschwerenden
Bedingungen gestattet (HO § 16). Die zurückgetretene Gemeindehebamme erhält in
der Regel eine Pension (HO § 15).

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Diese ganze Ordnung zeigt, dass man es bei der Gemeindehebamme im Kanton
Thurgau nicht nur mit einer weitgehenden polizeilichen Regelung eines
grundsätzlich freien Berufes, der Verleihung einer gewerblichen Tätigkeit,
sondern überwiegend mit einer amtlichen Funktion zu tun hat. An dem ganz
überwiegenden öffentlichen Charakter ändert auch der Umstand nichts, dass die
Gemeindehebamme für ihre Bemühungen von der Klientin feste Taxen beziehen
darf: dass ein kantonaler oder Gemeindebeamter ganz oder zum Teil durch Taxen
(Sporteln) entlöhnt wird, ist ja eine nicht seltene Erscheinung (die Regelung
des Hebammenwesens ist im Kanton Thurgau wesentlich anders als im Kanton
Graubünden- Falls Bass-, wo lediglich Wartegeldverträge der Gemeinden oder
Frankenkassen mit Hebammen vorgesehen sind).
Nach der thurgauischen Ordnung des Hebammenwesens sind freilich neben den
Gemeindehebammen auch Privathebammen vorgesehen, zwar nicht durch das SG, aber
die HO seit 1889. Die geltende HO bestimmt:
§ 7: «Personen, welche auf eigene Kosten in einer schweizerischen
Hebammenlehranstalt die Hebammenkunst erlernt haben, sowie solche, die
anderswo amtlich als Hebammen patentiert wurden und sich über den Besitz der
in § 3 vorgeschriebenen Eigenschaften ausweisen, können vom
Sanitätsdepartement patentiert werden, wenn ihre Berufsbildung der hier
vorgeschriebenen gleichwertig erscheint und durch ein Zeugnis über
wohlbestandene Prüfung nachgewiesen ist.»
§ 11 Abs. 2: «Privathebammen haben sich auf eigene Kosten mit allem
Vorgeschriebenen zu versehen.»
Neben den Gemeindehebammen können also Privathebammen vorhanden sein, die
ihren Beruf nicht als Amt, sondern als Gewerbe ausüben.
4.- Die Frage, ob die Zahl dieser Privathebammen beschränkt werden darf, ist
gemäss der Begründung der Beschwerde zunächst nach kantonalem Recht und
abgesehen von Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV zu untersuchen.

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§ 7 HO gibt der Privathebamme, welche die dortigen Voraussetzungen erfüllt,
noch keinen Anspruch auf die Bewilligung. Der Wortlaut («können») spricht für
administratives Ermessen. Als entscheidenden Ermessensgesichtspunkt macht der
Regierungsrat die Bedürfnisfrage geltend eine Privathebamme soll nur
zugelassen werden, wenn und soweit das amtlich organisierte kommunale
Hebammenwesen den Bedürfnissen nicht genügt.
Eine solche Beschränkung hat in der Tat etwas einleuchtendes. Amtliches System
und freies Gewerbe schliessen sich grundsätzlich aus. Es hat keinen Sinn, eine
sonst gewerbliche Tätigkeit aus Gründen des öffentlichen Wohls zu einem Amte
zu machen, weil mit der Überlassung der Tätigkeit an die freie gewerbliche
Konkurrenz den öffentlichen Interessen nicht Genüge geschieht, und dann doch
neben der amtlichen Ausübung die freie gewerbliche unbeschränkt zuzulassen. Es
mögen Erwägungen dafür sprechen, die eigentliche volle Konsequenz der
amtlichen Organisation, den gänzlichen Ausschluss der Privattätigkeit, nicht
strikte zu ziehen: aber die Zulassung der letztern kann denn doch nur als eine
begrenzte, als eine Art Ergänzung der amtlichen Tätigkeit gemeint sein, da wo
eine solche Ergänzung wünschbar ist, nicht aber dort, wo sie mangels
Bedürfnisses neben der amtlichen Berufsausübung nicht erwünscht ist. Was
speziell das Hebammenwesen anlangt, so wäre die freie Tätigkeit der
Privathebammen geeignet, die Gemeindehebammen in ihrer Stellung zu
beeinträchtigen, sie tatsächlich von der Berufsausübung zu verdrängen und
ihnen dadurch die Möglichkeit zu nehmen, sich durch die Praxis auf der Höhe
der Aufgabe zu erhalten.
Vom Standpunkt des kantonalen Rechtes aus ist daher gegen eine solche
Auslegung der HO (die übrigens vom Bundesgericht in diesem Zusammenhang nur
auf Willkür nachzuprüfen wäre) nichts einzuwenden.
5.- Die fragliche Beschränkung ist aber auch zulässig auf dem Boden des Art.
31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV.

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Nach der ständigen Praxis der Bundesbehörden ist die Bedürfnisklausel für
einen Gewerbezweig mit der Gewerbefreiheit nicht vereinbar (s. z. B. BGE 47 I
40
ff., 57 I 168 ff., abgesehen vom Wirtschaftsgewerbe, BV Art. 32quater).
Daraus möchte man hier vielleicht schliessen: der Kanton Thurgau ist zwar
bundesrechtlich nicht gehalten, neben den Gemeindehebammen Privathebammen
zuzulassen: wenn er sie aber überhaupt zulässt, so muss er sie, abgesehen von
Beschränkungen im Sinne von Art. 3l e , unbeschränkt zulassen und er darf die
Zulassung namentlich nicht vom Bedürfnis abhängig machen.
Eine solche Folgerung würde aber dem Sinn und Geist der Gewerbefreiheit und
der wahren Bedeutung jener die Bedürfnisklausel ausschliessenden Praxis doch
nicht gerecht werden. Denn man hat es hier mit einem ganz eigenartigen
Verhältnis und Problem zu tun: Gewerbebetrieb neben amtlicher Funktion für die
gleiche Verrichtung, womit notwendig die Frage der Grenzziehung verbunden ist.
Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass, wie schon bei der Auslegung des
kantonalen Rechtes ausgeführt wurde, die private Betätigung neben der
amtlichen mehr nur einen Ausnahmecharakter haben kann als eine Art Ergänzung
jener. Sie wird damit selber auch in den Kreis und die Ordnung des amtlichen
Systems gewissermassen hineingezogen, wobei sich der Bedürfnisgesichtspunkt
nach der ganzen Sachlage aufdrängt.
Dabei handelt es sich in Wahrheit gar nicht um eine Regelung und Beschränkung
der freien Konkurrenz, als welche die Bedürfnisklausel nach Art. 31 unzulässig
erscheint, nicht um eine ungleiche Behandlung von Gewerbegenossen, von denen
die einen durch Ausschluss der andern vom Wettbewerbe begünstigt werden,
sondern um die Stellung und Befugnisse von Amtspersonen, die mit ihrer
Tätigkeit überhaupt und grundsätzlich ausserhalb des freien gewerblichen
Wettbewerbes stehen. im

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Verhältnis zu Personen, welche dieselben Verrichtungen gewerbsmässig besorgen.
Die Beschränkung der Privathebammen nach dem Bedürfnis ist keine
wirtschaftspolizeiliche Massnahme, die das Spiel der freien wirtschaftlichen
Kräfte im Gebiet eines bestimmten Gewerbes berichtigen soll, sondern eine
solche der sanitärischen Fürsorge, die als geboten erscheint, damit die
amtliche Organisation des Hebammenwesens ihre Aufgabe richtig erfüllen kann.
Freilich bezweckt auch eine Regelung oder Verfügung, die weitere
Gewerbegenossen vom Betrieb eines Gewerbes ausschliesst, vielfach nicht sowohl
den Schutz der zugelassenen vor störender Konkurrenz, sondern will den
Interessen der Allgemeinheit dienen (z. B. Bekämpfung des Alkoholismus beim
Wirtschaftsgewerbe, s. auch 57 I 1691 i. f.). Aber dem Wesen und der Wirkung
nach ist es doch eine wirtschaftspolizeiliche Massregel, indem sie im Umfang
eines Gewerbes, im Verhältnis der Personen, die Gewerbegenossen sind oder es
werden möchten, die Konkurrenz limitiert und reguliert; es ist ein Eingriff in
das freie Spiel der wirtschaftlichen Kräfte, wobei die eine Gewerbeperson als
begünstigt, die andere als benachteiligt erscheint. Die Beziehung von
Amtspersonen und Gewerbetreibenden gehört einem ganz andern Gebiet an. Die
Gemeindehebamme wird nicht in einer wirtschaftlichen Stellung, wie sie dem
Gewerbetreibenden eignet, sondern in ihrer amtlichen Funktion geschützt. Die
Privathebamme freilich wird in ihrer gewerblichen Tätigkeit beschränkt, aber
nicht gegenüber Konkurrenten, sondern gegenüber Amtspersonen. Das Verhältnis
beider ist seinem Wesen nach der Wirkung des Art. 31 überhaupt entzogen,
sodass die Aufwerfung der Bedürfnisfrage hier nicht aus der Gewerbefreiheit
beanstandet werden kann. Wenn ein Kanton bundesrechtlich befugt ist, ein
Gewerbe zu einem Amt zu machen und demgemäss die entsprechende Privattätigkeit
auszuschliessen, wie das beim Hebammenberuf der Fall ist, muss er folgerichtig
auch befugt sein,

Seite: 189
die Privattätigkeit nur beschrankt zuzulassen, eben als Ergänzung der
amtlichen Tätigkeit und nach Massgabe der neben ihr noch bestehenden
Bedürfnisse (vgl. BGE 41 I Nr, 53, wo bei einem Gemeindeelektrizitätswerk die
in sachlicher Weise beschränkte Zulassung der Konkurrenz privater
Installateure neben demjenigen des Werkes im Interesse eines richtigen
Betriebes als zulässig erklärt wurde; s. dagegen BGE 39 I Nr. 33: unzulässige
Beschränkung der Zahl der Installateure aus Gründen der Wirtschaftspolizei) .
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.