S. 193 / Nr. 33 Familienrecht (d)

BGE 58 II 193

33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Juni 1932 i. S.
Bonati gegen Wüest

Regeste:
Vaterschaftsklage. Art. 314
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB. Gibt der Beklagte zu (oder ist bewiesen),
dass er mit der Klägerin-Mutter an einem bestimmten, in die kritische Zeit
fallenden Datum geschlechtlich verkehrt hat, so kann er die darauf gegründete
Vaterschaftsvermutung durch den Nachweis von Tatsachen entkräften, die an der
damals erfolgten Konzeption erhebliche Zweifel rechtfertigen; der Klägerschaft
bleibt es dann überlassen, die Vaterschaftsvermutung dadurch
wiederherzustellen, dass sie noch weitern (Geschlechtsverkehr innerhalb der
kritischen Zeit nachweist.

... Wenn demnach nicht bewiesen ist, dass der Geschlechtsverkehr der Parteien
erst um den 24. April

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herum - auf welchen Zeitpunkt der Beklagte den Anfang setzt - begonnen, so
stellt anderseits die Vorinstanz nicht fest, dass ein Geschlechtsverkehr schon
vor diesem Datum stattgefunden habe, sondern sie entscheidet gegen den
Beklagten, weil er den Beweis für den von ihm behaupteten Anfangstermin nicht
geleistet habe. Diese Verteilung der Beweislast stützt die Vorinstanz zu
Unrecht auf Art. 314
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB. Hiernach ist allerdings die Vaterschaft des
Beklagten zu vermuten. wenn er in der kritischen Zeit mit der Mutter des
Kindes verkehrt hat, allein die Vermutung entfällt, wenn Tatsachen
nachgewiesen sind, welche erhebliche Zweifel an der Vaterschaft rechtfertigen.
Dahin gehört die Tatsache, dass nach dem Reifegrad des Kindes die Konzeption
nicht im betreffenden Zeitpunkt erfolgt sein kann. Die Vaterschaft des
Beklagten ist also, weil sein zugegebener Verkehr in die kritische Zeit fällt,
zunächst zu vermuten, aber die Vermutung wird widerlegt mit dem Nachweis, dass
ein am 25. November mit allen Zeichen des Ausgetragenseins geborenes Kind
nicht erst um den 24. April herum gezeugt worden sein kann. Dieser Nachweis
kann dem Beklagten auferlegt werden; ihm aber den Beweis dafür, dass kein
früherer Geschlechtsverkehr stattgefunden hat, zuzumuten, hiesse die
Beweislastverteilung von Art. 314 Abs. 1 umkehren; denn wenn der zugegebene
Geschlechtsverkehr gemäss Art. 314 Abs. 2 ausser Betracht fällt so muss eben
die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 durch Nachweis eines weiteren
Geschlechtsverkehrs in der kritischen Zeit wiederhergestellt werden, und
dieser Nachweis liegt, wie immer der Nachweis der Beiwohnung, der Klägerschaft
ob. Es ist auch nicht möglich, mit den von der Vorinstanz angestellten
Überlegungen prozessualer Natur zu ihrem Resultat zu gelangen; denn die
Beweislastverteilung ist bundesrechtlich geordnet und kann durch die
kantonalen Prozessgesetze nicht abgeändert werden. Dagegen wäre natürlich die
Vorinstanz frei gewesen, auf Grund des Zugeständnisses eines spätern
Geschlechtsverkehrs im Zusammenhang mit

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den aus den vorgelegten Briefen sich ergebenden Anhaltspunkten auf
Geschlechtsverkehr schon erheblich vor dem zugegebenen Datum zu schliessen.
Damit wäre sie im Rahmen der ihr zustehenden Beweiswürdigung geblieben. Allein
diesen Beweisschluss hat die Vorinstanz nicht gezogen, sondern sie stellte
darauf ab, dass der Beklagte den Beweis für die erst spätere Beiwohnung nicht
erbracht habe; dabei liess sie die Anhaltspunkte aus jenen Briefen lediglich
in dem Sinne mitsprechen, dass ihm angesichts derselben die Beweislast noch
umso eher zugemutet werden könne, was allerdings ein untaugliches Argument
ist.