S. 61 / Nr. 20 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 57 III 61

20. Entscheid vom 30. Mai 1931 i. S. Gautschi.


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Regeste:
Eigentumsvorbehalt. - Keine Nichtigkeit, sondern nur Anfechtbarkeit des
Eintrages im Register der Eigentumsvorbehalte, der nicht am Wohnort des
Erwerbers erfolgte.
Kein Anspruch des Erwerbers auf schriftliche Mitteilung von der Eintragung.
(Art. 2 der Verordnung betr. die Eintragung der Eigentumsvorbehalte, vom 19.
Dezember 1910.)
Réserve de propriété. - N'est pas nulle, mais simplement attaquable
l'inscription du pacte de réserve de propriété sur un autre registre que celui
du domicile de l'acquéreur.
L'acquéreur n'a pas le droit d'exiger un avis écrit de l'inscription.
(Art. 2 ord. du 19 déc. 1910, concernant l'inscript. des p. de rés. de propr.)
Patto di riserva della proprietà. - L'iscrizione d'un patto di riservata
proprietà in un registro che non è quello del domicilio dell'acquirente è
impugnabile, ma non radicalmente nulla.
L'acquirente non ha il diritto d'esigere d'essere avvertito per iscritto
dell'iscrizione.
(Art. 2 reg. 19 dicembre 1910 concernente l'iscrizione dei patti di riserva
della proprietà.)

A. - In der Zeit vom 4. Februar 1930 bis 26. September 1930 trug das
Betreibungsamt Uznach auf Begehren verschiedener Lieferanten des Rekurrenten
vier Eigentumsvorbehalte in das einschlägige Register ein.
Mit Beschwerde vom 29. Januar 1931 verlangte der Rekurrent Nichtigerklärung
und Löschung dieser Einträge mit der Begründung, er sei nie in Uznach, sondern
zuerst in Lachen und jetzt in Tuggen wohnhaft gewesen. Schon im Herbst 1930
habe er sich beim Betreibungsamt Uznach über den Bestand von Eintragungen
erkundigt und deren Löschung verlangt; er habe nie zugegeben, in Uznach zu
wohnen.
B. - Die Beschwerde wurde von beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, von der
obern mit Entscheid vom 30. April 1931, im Wesentlichen mit der Begründung,
der

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Beschwerdeführer sei nach eigenem Zugeständnis spätestens seit November 1930
über den Bestand der Eintragungen und ebenso darüber informiert gewesen, dass
der Betreibungsbeamte seinem Löschungsbegehren nicht entsprechen wolle. Die
Beschwerde vom 29. Januar 1931 sei daher verspätet.
C. - Diesen Entscheid zog der Rekurrent rechtzeitig an das Bundesgericht
weiter mit dem Antrag auf Gutheissung der Beschwerde.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Zu Unrecht nimmt der Rekurrent den Standpunkt ein, der nicht am Wohnort
des Erwerbers erfolgte Eintrag des Eigentumsvorbehaltes sei nichtig und diese
Nichtigkeit könne jederzeit geltend gemacht werden. Wohl ist nach Art. 2 der
Verordnung betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte der Beamte
verpflichtet, von Amtes wegen Erhebungen über seine Zuständigkeit, d. h.
darüber, ob der Erwerber in seinem Amtskreis wohne, anzustellen und, wenn er
sich hernach nicht für zuständig hält, die Eintragung nur provisorisch
vorzunehmen und ein Beschwerdeverfahren über die Frage der Zuständigkeit zu
veranlassen. Daraus folgt aber keineswegs die Nichtigkeit des an einem andern
als dem Wohnort erfolgten Eintrages. Der Eintragung wohnt keine positive
Wirkung in dem Sinn inne, dass sie der Frage nach der materiellen Gültigkeit
des Eigentumsvorbehaltes präjudizieren würde, vielmehr bleibt es dem Erwerber
unbenommen, diese Frage jederzeit vor den ordentlichen Richter zu bringen
(vgl. BGE 47 III S. 20 und dortige Zitate). Daher besteht kein Anlass, in
einem solchen Fall ein zeitlich unbeschränktes Beschwerderecht anzuerkennen.
Den Interessen des Erwerbers wird hinreichend Rechnung getragen, wenn ihm das
Recht gewahrt wird, gegen einen am unrichtigen Ort erfolgten Eintrag binnen
der Beschwerdefrist aufzutreten. Wenn vom Gläubiger der sich mit der Ablehnung

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der Zuständigkeit durch das Amt nicht abfinden will, Beschwerdeführung binnen
10 Tagen verlangt wird (Art. 2 der Verordnung), so kann und muss dem Erwerber
im entgegengesetzten Fall, wo das Amt seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht,
das Gleiche zugemutet werden. Dabei genügt es, dass der Erwerber auf irgend
eine Weise vom Eintrag Kenntnis erlangt hat (Art. 18
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 18 - 1 Der Entscheid einer unteren Aufsichtsbehörde kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung an die obere kantonale Aufsichtsbehörde weitergezogen werden.
1    Der Entscheid einer unteren Aufsichtsbehörde kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung an die obere kantonale Aufsichtsbehörde weitergezogen werden.
2    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann gegen eine untere Aufsichtsbehörde jederzeit bei der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden.
SchKG in Verbindung mit
Art. 21 der Verordnung); dass ihm schriftlich Kenntnis von der erfolgten
Eintragung zu geben sei, schreibt die Verordnung mit Absicht nicht vor.
2.- Im vorliegenden Fall hat der Rekurrent nach seinem eigenen Zugeständnis
schon im November 1930 von den angefochtenen Einträgen Kenntnis erhalten. Die
Vorinstanz hat daher seine erst 2 Monate später eingereichte Beschwerde mit
Recht als verspätet erklärt.
Dieses Ergebnis verhindert indessen, wie bereits ausgeführt wurde, den
Rekurrenten auch heute nicht daran, vor dem Richter die materielle
Unwirksamkeit dieser Eigentumsvorbehalte geltend zu machen, sofern die
Einträge nicht der Vorschrift von Art. 715
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist.
1    Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist.
2    Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen.
ZGB entsprachen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.