S. 53 / Nr. 14 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 55 III 53

14. Auszug ans dem Entscheid vom 25. Juni 1929 i S. von Rodich.

Regeste:
SchKG. Art. 88 Abs. 2. - Die Frist für die Stellung des Pfändungsbegehrens
wird um die Dauer des Aberkennungsprozesses verlängert. (Änderung der
Rechtsprechung.)
Art. 88 al. 2 LP. - Le délai pour requérir la saisie est prolongé de la durée
du procès en libération de dette. (Modification de la jurisprudence.)
Art. 88 capoverso 2 LEF. - Il termine per chiedere il pignoramento è
prolungato della durata dell'azione di disconoscimento del debito.
(Cambiamento di giurisprudenza).

A. - In der Arrestprosequierungsbetreibung der Creditanstalt in Luzern vom 25.
April 1927 erhob die (nicht der Konkursbetreibung unterworfene) Rekurrentin
auf die provisorische Rechtsöffnung hin am 17. August 1927 rechtzeitig
Aberkennungsklage, welche dann durch Urteil des Bundesgerichtes vom 21.
September 1928 abgewiesen wurde. Als die Gläubigerin anfangs April 1929 das
Fortsetzungsbegehren stellte, führte die Rekurrentin Beschwerde mit der
Begründung, die Betreibung sei längst erloschen, weil nicht vor Ablauf eines
Jahres seit der Zustellung des Zahlungsbefehles provisorische Pfändung
verlangt worden sei.

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B. - Durch Entscheid vom 31. Mai 1929 hat die Schuldbetreibungs- und
Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern die Beschwerde
abgewiesen.
C. - Diesen Entscheid hat die Rekurrentin an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der angefochtene Entscheid setzt sich in Widerspruch mit den - von der
Rekurrentin freilich nicht angerufenen und von der Vorinstanz nicht
diskutierten - Präjudizien in BGE 29 I S. 354 (= Sep.-Ausg. 6 S. 190) und 46
III S. 15. Allein die erneute Prüfung führt dazu, diese Präjudizien - das
zweitangeführte immerhin nur, soweit es sich auf die Betreibung auf Pfändung,
nicht auf Konkurs bezieht - aufzugeben und im Sinne der Vorinstanz zu
entscheiden. Art. 88 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 88 - 1 Ist die Betreibung nicht durch Rechtsvorschlag oder durch gerichtlichen Entscheid eingestellt worden, so kann der Gläubiger frühestens 20 Tage nach der Zustellung des Zahlungsbefehls das Fortsetzungsbegehren stellen.
1    Ist die Betreibung nicht durch Rechtsvorschlag oder durch gerichtlichen Entscheid eingestellt worden, so kann der Gläubiger frühestens 20 Tage nach der Zustellung des Zahlungsbefehls das Fortsetzungsbegehren stellen.
2    Dieses Recht erlischt ein Jahr nach der Zustellung des Zahlungsbefehls. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so steht diese Frist zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens still.
3    Der Eingang des Fortsetzungsbegehrens wird dem Gläubiger auf Verlangen gebührenfrei bescheinigt.
4    Eine Forderungssumme in fremder Währung kann auf Begehren des Gläubigers nach dem Kurs am Tage des Fortsetzungsbegehrens erneut in die Landeswährung umgerechnet werden.
und 166 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 166 - 1 Nach Ablauf von 20 Tagen seit der Zustellung der Konkursandrohung kann der Gläubiger unter Vorlegung dieser Urkunde und des Zahlungsbefehls beim Konkursgerichte das Konkursbegehren stellen.
1    Nach Ablauf von 20 Tagen seit der Zustellung der Konkursandrohung kann der Gläubiger unter Vorlegung dieser Urkunde und des Zahlungsbefehls beim Konkursgerichte das Konkursbegehren stellen.
2    Dieses Recht erlischt 15 Monate nach der Zustellung des Zahlungsbefehls. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so steht diese Frist zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still.330
SchKG lauten übereinstimmend:
«Dieses Recht (dort: das Pfändungsbegehren, hier: das Konkursbegehren zu
stellen) erlischt mit Ablauf eines Jahres seit der Zustellung des
Zahlungsbefehls. Ist ein Rechtsvorschlag erfolgt, so fällt die Zeit zwischen
der Anhebung und der gerichtlichen Erledigung der Klage nicht in Berechnung.»
Nach der bisherigen Rechtsprechung soll eine derartige Fristverlängerung durch
Aberkennungsklage nur herbeigeführt werden, wenn die Betreibung durch
Konkursandrohung bzw. Konkursbegehren, nicht auch, wenn sie durch Pfändung
fortzusetzen ist, weil nämlich letzterenfalls ein Bedürfnis hiezu nicht
bestehe, da der Gläubiger ungeachtet des Schwebens des Aberkennungsprozesses
die provisorische Pfändung verlangen kann, die dann durch Abweisung der
Aberkennungsklage ohne weiteres in definitive Pfändung umgewandelt wird (Art.
83 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 83 - 1 Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
1    Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
2    Der Betriebene kann indessen innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen.161
3    Unterlässt er dies oder wird die Aberkennungsklage abgewiesen, so werden die Rechtsöffnung sowie gegebenenfalls die provisorische Pfändung definitiv.162
4    Zwischen der Erhebung und der gerichtlichen Erledigung der Aberkennungsklage steht die Frist nach Artikel 165 Absatz 2 still. Das Konkursgericht hebt indessen die Wirkungen des Güterverzeichnisses auf, wenn die Voraussetzungen zu dessen Anordnung nicht mehr gegeben sind.163
SchKG). Diese Unterscheidung läuft darauf hinaus, dass der Gläubiger
sein Recht auf provisorische Pfändung ausüben muss, um dem Auslaufen seiner
Betreibung während des Schwebens des Aberkennungsprozesses entgegenzutreten.

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Nun wird ihm dieses Recht aber doch nur zu dem Zweck eingeräumt, um den
Schuldner in der Verfügung über sein Vermögen zu hindern und bezw. mit dessen
übrigen Gläubigern (durch Teilnahme an deren Pfändung) in Konkurrenz zu
treten. Glaubt er, einer solchen Sicherung entraten zu können - was gerade bei
vorausgegangenem Arrest auf keinerlei Bedenken stossen kann -, so soll es ihm
freistehen, dies zu tun, ohne sich deswegen nach ganz anderer Richtung einem
Nachteil auszusetzen. Einerseits werden dadurch Kosten erspart, die sich
jedenfalls als unnütz erweisen, wenn die Aberkennungsklage zugesprochen wird,
möglicherweise auch, wenn sie abgewiesen wird, und anderseits soll der
betriebene Aberkennungskläger nicht geradezu zwangsläufig der Pfändung für
eine behauptete Forderung ausgesetzt werden, von der sich noch herausstellen
kann, dass sie in Wahrheit gar nicht besteht. Dieses Ziel wird erreicht,
sobald Art. 88 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 88 - 1 Ist die Betreibung nicht durch Rechtsvorschlag oder durch gerichtlichen Entscheid eingestellt worden, so kann der Gläubiger frühestens 20 Tage nach der Zustellung des Zahlungsbefehls das Fortsetzungsbegehren stellen.
1    Ist die Betreibung nicht durch Rechtsvorschlag oder durch gerichtlichen Entscheid eingestellt worden, so kann der Gläubiger frühestens 20 Tage nach der Zustellung des Zahlungsbefehls das Fortsetzungsbegehren stellen.
2    Dieses Recht erlischt ein Jahr nach der Zustellung des Zahlungsbefehls. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so steht diese Frist zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens still.
3    Der Eingang des Fortsetzungsbegehrens wird dem Gläubiger auf Verlangen gebührenfrei bescheinigt.
4    Eine Forderungssumme in fremder Währung kann auf Begehren des Gläubigers nach dem Kurs am Tage des Fortsetzungsbegehrens erneut in die Landeswährung umgerechnet werden.
SchKG in gleicher Weise ausgelegt wird, wie der wörtlich
gleichlautende Art. 166 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 166 - 1 Nach Ablauf von 20 Tagen seit der Zustellung der Konkursandrohung kann der Gläubiger unter Vorlegung dieser Urkunde und des Zahlungsbefehls beim Konkursgerichte das Konkursbegehren stellen.
1    Nach Ablauf von 20 Tagen seit der Zustellung der Konkursandrohung kann der Gläubiger unter Vorlegung dieser Urkunde und des Zahlungsbefehls beim Konkursgerichte das Konkursbegehren stellen.
2    Dieses Recht erlischt 15 Monate nach der Zustellung des Zahlungsbefehls. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so steht diese Frist zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still.330
SchKG in BGE 46 III S. 15 ausgelegt worden ist
und aus den dort angegebenen Gründen notwendigerweise ausgelegt werden muss.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.