S. 250 / Nr. 58 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 250

58. Entscheid vom 28. September 1928 i.S. Schweizer.

Regeste:
SchKG Art. 72, Vollziehungsverordnung Nr. 1 zum Postverkehrsgesetz § 31:
Der durch rekommandierten Brief zugestellte Zahlungsbefehl ist aufzuheben,
wenn der Betriebene geltend macht, er (persönlich) habe ihn nicht erhalten, es
wäre denn, dass das Gegenteil bewiesen würde.
LP art. 72. Ordonnance d'exécution sur le service des postes § 31.
Le commandement de payer, envoyé sous pli chargé au lieu d être notifié dans
les formes légales, doit être annulé lorsque le débiteur allègue ne l'avoir
pas reçu personnellement, à moins que la preuve du contraire ne soit
rapportée.
LEF art. 72. Ordinanza d'attuazione della legge federale sul servizio postale
§ 31.
Il precetto esecutivo notificato per lettera raccomandata anziche nelle vie
legali e da annullarsi, quando il debitore pretende di non averlo ricevuto,
salvo prova contraria.

A. - In der von N. Holzer in Zuzwil (Amtsbezirk Fraubrunnen) gegen A.
Schweizer «in Zuzwil» angehobenen Betreibung fertigte das Betreibungsamt
Fraubrunnen am 3. Juli 1928 den Zahlungsbefehl aus. Die Zustellung konnte
jedoch nicht mehr in Zuzwil erfolgen, da Schweizer, angeblich am 2. Juli,
weggezogen war, und zwar nach Bramberg (Neuenegg) im Amtsbezirk Laupen, wo er
am 3. Juli seine Ausweisschriften hinterlegte, sondern nach Feststellung der
Vorinstanz wurde der Zahlungsbefehl dem Betriebenen durch eingeschriebenen
Brief dorthin nachgesandt.
Als Holzer anfangs August die Pfändung vollziehen liess, führte Schweizer
«gegen die Pfändung» Beschwerde. Er bestritt, einen bezüglichen Zahlungsbefehl
erhalten zu haben, und schloss: «Ich... möchte Sie höflichst

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bitten mir Gelegenheit zu geben Rechtsvorschlag zu erheben, dass mir zuerst
ein Zahlungsbefehl zugestellt wird und nicht Pfändung.» In seiner Einvernahme
gab der Beschwerdeführer an: «Erst nachdem mir durch den
Betreibungsgehülfen... die Pfändungsankündigung zugestellt wurde, fand ich den
Zahlungsbefehl zu Hause. Er muss in meiner Abwesenheit abgegeben worden sein,
da ich immer von zu Hause abwesend bin. Der Zahlungsbefehl... wurde uns mit
eingeschriebenem Brief, in verschlossenem Couvert übergeben.
B. - Durch Entscheid vom 31. August 1928 hat die Aufsichtsbehörde in
Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern die Beschwerde «im Sinne
der Motive abgewiesen» mit der Begründung: «Auf dem Beschwerdeweg kann dem
Schuldner nicht geholfen werden, da die Betreibung ordnungsgemäss eingeleitet
worden ist»; er hätte im Sinne des Art. 77
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP)
LP Art. 77 - 1 Si le créancier change au cours de la procédure de poursuite, le débiteur poursuivi peut former opposition jusqu'à la distribution des deniers ou jusqu'à la déclaration de faillite.
1    Si le créancier change au cours de la procédure de poursuite, le débiteur poursuivi peut former opposition jusqu'à la distribution des deniers ou jusqu'à la déclaration de faillite.
2    Le débiteur poursuivi doit former opposition devant le juge du for de la poursuite par des conclusions écrites et motivées dans les dix jours à compter de celui où il a eu connaissance du changement de créancier en rendant vraisemblables les exceptions opposables au nouveau créancier.
3    Le juge saisi de cette opposition peut ordonner la suspension de la poursuite; il statue sur la recevabilité de l'opposition après avoir entendu les parties.
4    Si l'opposition est admise mais qu'une saisie a déjà été exécutée, le préposé assigne au créancier un délai de dix jours pour ouvrir action en constatation de sa créance. Si le délai n'est pas utilisé, la saisie devient caduque.
5    L'office avise le débiteur de tout changement de créancier.
SchKG beim Richter nachträglich
Rechtsvorschlag erheben sollen.
C. - Diesen Entscheid hat Schweizer an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Die Entscheidungsgründe der Vorinstanz lassen nicht erkennen, inwiefern sie
die Beschwerde nicht schlechthin, sondern nur mit einer Einschränkung
abgewiesen habe, worauf die Fassung des Dispositivs hinzuweisen scheint.
Indessen kommt hierauf nichts an, da der angefochtene Entscheid ohnehin
unhaltbar ist. Art. 72
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP)
LP Art. 72 - 1 La notification est opérée par le préposé, par un employé de l'office ou par la poste.145
1    La notification est opérée par le préposé, par un employé de l'office ou par la poste.145
2    Celui qui procède à la notification atteste sur chaque exemplaire le jour où elle a eu lieu et la personne à laquelle l'acte a été remis.
SchKG schreibt vor, dass die Zustellung des
Zahlungsbefehles durch den Betreibungsbeamten oder einen Angestellten des
Amtes oder durch die Post in der nach der Postordnung für Bestellung
gerichtlicher Akten zu befolgenden Weise geschehe, und dass der Überbringer
bei der Abgabe auf beiden Ausfertigungen zu bescheinigen habe, an welchem Tage
und an wen die Zustellung erfolgt sei. Die näheren Bestimmungen über die
Postzustellung, auf welche das

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SchKG verweist, sind enthalten in § 31 der Vollziehungsverordnung Nr. 1 zum
Postverkehrsgesetz, vom 8. Juni 1925, und lauten wesentlich übereinstimmend
mit den bezüglichen Vorschriften früherer Verordnungen über das Postwesen:
«Zahlungsbefehle..., bestehend aus einem Doppel für den Schuldner und einem
solchen für den Gläubiger, können der Post offen gefaltet oder verschlossen
aufgegeben werden. Bei der offenen Aufgabe müssen die beiden Doppel
zusammenhängen... Verschlossene Doppel müssen vom Betreibungsamt getrennt in
einen an die Bestimmungspoststelle adressierten... Umschlag gelegt werden...
Bei der Zustellung übergibt der Briefträger dem Schuldner das für ihn
bestimmte Doppel, nachdem er auf beiden Doppeln die Zustellungsbescheinigung
angebracht... hat. Das andere Doppel bringt er wieder auf die Poststelle, die
es an das Betreibungsamt zurückleitet...» Da diese Vorschriften hier nicht
beobachtet worden sind, kann keine Rede davon sein, dass die vorliegende
Betreibung ordnungsgemäss eingeleitet worden sei.
Hätte der Rekurrent den Zahlungsbefehl trotz der vorschriftswidrigen
Zustellungsweise doch erhalten, gleichwie wenn er ihm vorschriftsgemäss
zugestellt worden wäre, so könnte an die mangelhafte Zustellung freilich nicht
die Aufhebung des Zahlungsbefehles geknüpft werden. Hat aber der Rekurrent,
wie er behauptet, den Zahlungsbefehl seinerzeit nicht erhalten, sondern erst,
als er nach der Pfändungsankündigung Nachforschungen danach anstellte, so darf
er nicht auf den wegen der kurzen Befristung und der Beweislast für ihn
ungünstigen - und denn auch bereits verwirkten - Rechtsbehelf des
nachträglichen Rechtsvorschlages gedrängt werden. Zutreffend macht er darauf
aufmerksam, dass, wenn nicht einfach ein Chargebrief, sondern ein
Zahlungsbefehl an einen seiner Hausgenossen abgegeben worden wäre, dieser die
Weitergabe an ihn, den Adressaten, weniger leicht vergessen hätte. Vielmehr
vermag nur die

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Aufhebung des auf vorschriftswidrige Weise zugestellten Zahlungsbefehles in
Verbindung mit der Zustellung eines neu zu erlassenden Zahlungsbefehles
unverdienten Nachteil vom Rekurrenten abzuwenden. Hierauf, nämlich auf die
erst noch vorzunehmende Zustellung des Zahlungsbefehles, die nicht ohne
vorherige Aufhebung des bereits erlassenen Zahlungsbefehles stattfinden kann,
hat denn auch der Rekurrent von Anfang an angetragen.
Ob das beschwerdebeklagte Amt sich anheischig machen will, den ihm obliegenden
(vgl. JAEGER, Note 6 zu Art. 72
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP)
LP Art. 72 - 1 La notification est opérée par le préposé, par un employé de l'office ou par la poste.145
1    La notification est opérée par le préposé, par un employé de l'office ou par la poste.145
2    Celui qui procède à la notification atteste sur chaque exemplaire le jour où elle a eu lieu et la personne à laquelle l'acte a été remis.
, wie auch Note 6 zu Art. 34
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP)
LP Art. 34 - 1 Les communications, les mesures et les décisions des offices et des autorités de surveillance sont notifiées par lettre recommandée ou d'une autre manière contre reçu, à moins que la présente loi n'en dispose autrement.
2    Elles peuvent être notifiées par voie électronique avec l'accord de la personne concernée. Elles sont munies d'une signature électronique au sens de la loi du 18 mars 2016 sur la signature électronique61. Le Conseil fédéral règle:
SchKG) Beweis
dafür zu leisten, dass der Rekurrent den Zahlungsbefehl ungeachtet der
vorschriftswidrigen Zustellungsweise doch erhalten habe, steht dahin, da die
Vorinstanz nur dem Betreibungsamt Laupen, nicht auch dem Betreibungsamt
Fraubrunnen Gelegenheit zur Beantwortung der Beschwerde gegeben hat, als sich
herausstellte, dass die Beschwerde eigentlich das letztere Amt angehe.
Anderseits kann nicht einfach darauf abgestellt werden, dass der Rekurrent
bestreitet, die den Zahlungsbefehl enthaltende Postsendung persönlich in
Empfang genommen zu haben. Daher muss die Sache zurückgewiesen werden zur
Feststellung, ob der Empfang der Postsendung vom Rekurrenten oder einer andern
Person, sei es vielleicht auch unter Verwendung des Namens des Rekurrenten,
bescheinigt worden sei. Letzterenfalls stände von Bundesrechts wegen nichts
entgegen, dass die Vorinstanz auch darüber Beweis erhebt, ob die Drittperson
den Zahlungsbefehl an den Rekurrenten weitergegeben habe oder nicht.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin begründet erklärt, dass der angefochtene Entscheid
aufgehoben und die Sache zurückgewiesen wird.