S. 146 / Nr. 30 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 146

30. Entscheid vom 30. Mai 1928 i.S. Bezirksgerichtskasse Hinwil.

Regeste:
Widerspruchsverfahren SchKG Art. 106 ff.
Übt der Drittansprecher an dem von ihm angesprochenen Gegenstand den
Mitgewahrsam aus, so ist die Frist zur Einreichung der Widerspruchsklage
gemäss Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG anzusetzen.
Die Tatsache des Mitgewahrsams darf nicht daraus hergeleitet werden, dass das
Betreibungsamt den Drittansprecher als Eigentümer erachtet.
Die zur Bewirtschaftung eines vom Drittansprecher und vom Schuldner gemeinsam
betriebenen Gewerbes verwendeten Gerätschaften sind als im Mitgewahrsam Beider
zu erachten, unbekümmert um die Intensität und den Umfang der von Beiden
hiebei geleisteten Arbeit.
Revendication, art. 106 et suiv. LP.
Si le tiers revendiquant à la garde conjointe de l'objet revendiqué, le délai
pour ouvrir action doit être fixé conformément à l'art. 109 LP.
L'exercice de la possession conjointe ne saurait être déduit du fait que
l'office des poursuites considère le tiers revendiquant comme propriétaire.
Les outils servant à la culture d'un domaine exploité en commun par le
revendiquant et le débiteur doivent être considérés comme soumis à la maîtrise
de fait des deux intéressés, sans qu'il y ait lieu de tenir compte de
l'intensité et de l'étendue du travail fourni.
Procedimento di rivendicazione, art. 106 e seg. LEF.
Se il terzo rivendicante è codentore dell'oggetto rivendicato, il termine per
procedere in giudizio sarà fissato secondo l'art. 109 LEF.

Seite: 147
La codetenzione non può essere dedotta dal fatto, che l'Ufficio considera il
terzo come proprietario.
Gli utensili, che servono alla coltivazione in comune di un fondo da parte del
rivendicente e del debitore, sono da ritenersi in detenzione di ambedue senza
tener conto dell'intensità e della durata del lavoro prestato da ognuno di
loro.

A. - Am 26. Januar 1928 pfändete das Betreibungsamt Gossau (Zürich) für die
Gläubigergruppe 8 - zu der auch die Bezirksgerichtskasse Hinwil gehört - beim
Schuldner Jakob Faust in Bertschikon-Gossau u.a. einen Bruggwagen und einen
Graswagen. Diese Gegenstände wurden in der Folge von der Mutter des
Schuldners, Frau Elise Faust-Frischknecht, die mit dem Schuldner im gleichen
Haushalte lebt, zu Eigentum angesprochen, worauf ihr das Betreibungsamt am 9.
Februar 1928, nachdem dieser Anspruch von der Bezirksgerichtskasse Hinwil
bestritten worden war, gemäss Art. 107
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
SchKG Frist zur Einleitung der
Widerspruchsklage ansetzte.
B. - Hiegegen beschwerte sich die Eigentumsansprecherin bei den
Aufsichtsbehörden, indem sie verlangte, es sei die Frist gemäss Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG
den betreibenden Gläubigern anzusetzen, da sie - die Beschwerdeführerin - den
Gewahrsam an den streitigen Gegenständen ausübe.
C. - Mit Urteil vom 17. April 1928 hat die kantonale Aufsichtsbehörde dieses
Begehren gutgeheissen.
D. - Gegen diesen Entscheid hat die Bezirksgerichtskasse Hinwil den Rekurs an
das Bundesgericht erklärt mit dem Begehren, es sei in Aufhebung des
angefochtenen Entscheides die Beschwerde der Eigentumsansprecherin abzuweisen
und infolgedessen die vom Betreibungsamt gemäss Art. 107
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
SchKG erlassene
Fristansetzung aufrechtzuerhalten.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz stellt fest, dass die beiden streitigen

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Pfändungsobjekte samt der Liegenschaft, auf der der Schuldner und seine Mutter
wohnen, ursprünglich dem Schuldner gehört haben, in der Folge aber der
Eigentumsansprecherin verkauft oder abgetreten worden seien. Wenn es nun auch
zutreffen möge, dass der Schuldner dennoch nach wie vor wie ein Eigentümer
über die fraglichen Objekte schalte und walte, so übe die
Eigentumsansprecherin, die nach Vertrag Eigentümerin geworden sei, doch
mindestens den Mitgewahrsam an diesen Gegenständen aus, in welchen Fällen die
Frist zur Einreichung der Widerspruchsklage nach Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG anzusetzen
sei. Diese letztere Schlussfolgerung entspricht der ständigen Rechtssprechung
des Bundesgerichtes (vgl. statt vieler BGE 35 I S. 793 Erw. 3 = Sep. Ausg. 12
S. 251 Erw. 3 und die daselbst angeführten früheren Entscheide); doch
erscheint es verfehlt, wenn die Vorinstanz der Eigentumsansprecherin deshalb
einen Mitgewahrsam zuerkennen will, weil sie auf Grund eines Kaufvertrages
Eigentümerin der streitigen Objekte geworden sei. Die Feststellung des
Eigentums, d.h. die Feststellung, ob der fragliche Kaufvertrag gültig war,
soll ja gerade durch das nunmehr einzuleitende Widerspruchsverfahren abgeklärt
werden; infolgedessen geht es nicht an, aus diesem Vertrag irgendwelche
rechtlichen Konsequenzen für die Gewahrsamsfrage herleiten zu wollen. Die
Frage, in wessen Gewahrsam sich ein Gegenstand befinde, richtet sich einzig
darnach, wer den Gegenstand in seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt hat;
dabei spielt keine Rolle, in wessen Eigentum er sich nach der Auffassung des
Betreibungsbeamten bezw. der Aufsichtsbehörden vermutlich befindet.
2.- Das Bundesgericht gelangt indessen, entgegen der Auffassung des
Rekurrenten, trotzdem zu derselben Lösung wie die Vorinstanz. Aus den
Feststellungen der untern kantonalen Instanz, die von der Rekurrentin nicht
angefochten worden sind, ergibt sich nämlich, dass die Eigentumsansprecherin
und der Schuldner einen gemeinsamen Haushalt führen und das Heimwesen

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gemeinsam verwalten. Daraus muss geschlossen werden, dass die bei der
Bewirtschaftung dieses Heimwesens verwendeten Gerätschaften, zu denen auch die
hier streitigen Pfändungsobjekte gehören, im Mitgewahrsam des Schuldners und
der Eigentumsansprecherin stehen. Nun behauptet die Rekurrentin allerdings,
die Eigentumsansprecherin sei eine alte Frau von wenig Lebenserfahrung und
wäre daher niemals im Stande, ihr Heimwesen allein zu verwalten. Ihre Rolle
sei daher derart geringfügig, dass hier eine Ausnahme gemacht werden müsse von
dem Grundsatze, wonach bei Mitgewahrsam die Frist gemäss Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG
anzusetzen sei. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Es war, wie
das Bundesgericht schon früher festgestellt hat (vgl. BGE 22 S. 303), nicht
die Meinung des Gesetzgebers, dass der Betreibungsbeamte bei der Beurteilung
der Gewahrsamsfrage sich in weitgehende Untersuchungen tatsächlicher und
rechtlicher Natur einzulassen habe. Das wäre aber erforderlich, wenn der
Betreibungsbeamte in Fällen, wie dem vorliegenden, nicht nur die Tatsache des
Mitgewahrsams festzustellen hätte, sondern auch Untersuchungen über Art und
Umfang der Betätigung der einzelnen Mitgewahrsamsinhaber anstellen und diese
gegeneinander abwägen müsste. Dies kann schon aus praktischen Gründen nicht
verlangt werden, ganz abgesehen davon, dass auch nicht erfindlich wäre, in
welcher Weise diese Abwägung zu erfolgen hätte; denn der blosse Umstand, dass
die vom Schuldner in einem von diesem mit einem Eigentumsansprecher gemeinsam
betriebenen Gewerbe geleistete Arbeit diejenige des letztern an Intensität
übertrifft, vermöchte noch nicht zu rechtfertigen, dass die für den Schuldner
sprechende Eigentumsvermutung für stärker erachtet und infolgedessen die Frist
gemäss Art. 107
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
SchKG angesetzt werden müsste.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.