S. 197 / Nr. 39 Obligationenrecht (d)

BGE 54 II 397

39. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Mai 1928 i.S. Schoch gegen
Erbengemeinschaft Kalt.

Regeste:
Art. 554
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 554 - 1 Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1    Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1  wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern;
2  wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nachzuweisen vermag oder das Vorhandensein eines Erben ungewiss ist;
3  wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind;
4  wo das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.
2    Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist diesem die Verwaltung zu übergeben.
3    Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.528
ZGB: Rechtsstellung des Erbschaftsverwalters (Erw. 1).
Art. 602
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 602 - 1 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
1    Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
2    Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam.
3    Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.
ZGB: Teilliquidation bezüglich eines Erbschaftsaktivums infolge
Verzichts eines Erben zu Gunsten der übrigen Erben auf einen dem Nachlass
zustehenden Anspruch? (Erw. 2).
Schulderlass: Beweislast. Die Nichtgeltendmachung einer Forderung während
längerer Zeit ist an sich kein schlüssiges Indiz für den Erlasswillen des
Gläubigers.

A. - Am 8. Juli 1907 stellte der Kläger Schoch seiner Schwägerin, Melanie
Kalt, folgenden Schuldschein aus: «Der Unterzeichnete bescheint, von Frl.
Melanie Kalt ein Darlehen von Franken fünftausend erhalten zu haben,
verzinslich zum jeweiligen Zinsfuss der Schweiz. Volksbank in Genf. Das
Darlehen ist für fünf Jahre unkündbar. Sollte vor Ablauf der ersten fünf Jahre
das Kapital nicht sechs Monate vorher gekündet worden sein, so bleibt das
Darlehen für weitere fünf Jahre verbindlich.» Melanie Kalt lebte damals, und
zwar bereits seit 1894, im Haushalte des Klägers in Genf und arbeitete als
Angestellte in dem von Schoch geführten

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Stellenvermittlungsbureau für Hotelpersonal gegen ein Monatssalär von 100 Fr.
nebst freier Wohnung und Verpflegung. Auch nach Aufgabe dieses Bureaus im
Jahre 1916 hatte sie unentgeltlich Kost und Logis beim Kläger bis 1921, in
welchem Jahre sie nach Bern zog, wo sie am 1. März 1926 starb. Ihre
gesetzlichen Erben waren ein Bruder, die Kinder eines verstorbenen Bruders und
drei Schwestern, worunter die Ehefrau des Klägers.
Am 11. Mai 1926 ordnete die Vormundschaftskommission der Einwohnergemeinde
Bern gestützt auf Art. 554
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 554 - 1 Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1    Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1  wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern;
2  wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nachzuweisen vermag oder das Vorhandensein eines Erben ungewiss ist;
3  wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind;
4  wo das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.
2    Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist diesem die Verwaltung zu übergeben.
3    Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.528
, Ziff. 1 und 3 ZGB die Erbschaftsverwaltung über
den Nachlass an und bestellte Notar Roth als Erbschaftsverwalter mit dem
Auftrag, «die Erbschaft in gesetzlicher Weise zu liquidieren und der
Vormundschaftskommission s. Zt. hierüber Bericht und Abrechnung einzureichen».
In einer Betreibung vom 29. Juni 1927 erwirkten die Beklagten auf
Rechtsvorschlag des Betriebenen hin am 16. August 1927 durch Entscheid des
Einzelrichters im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich
provisorische Rechtsöffnung für den Betrag von 5000 Fr. nebst 6% Zins seit 1.
August 1921, sowie für die Betreibungs- und 27 Fr. Rechtsöffnungskosten und 50
Fr. Entschädigung für Umtriebe.
B. - Mit der vorliegenden, am 23. August 1927 beim Bezirksgericht Zürich
eingereichten Klage verlangt Schoch die Aberkennung dieser Forderung mit der
Begründung, dass M. Kalt ihm die Darlehensschuld schenkungsweise erlassen
habe, als er im Mai 1916 infolge der Krise im Hotelgewerbe sein
Stellenvermittlungsbureau habe aufgeben müssen und dadurch erwerblos geworden
sei. Seit 1916 sei denn auch die Verzinsung unterblieben.
In der mündlichen Verhandlung vor Bezirksgericht vom 13. Oktober 1927 führte
sein Vertreter u.a. aus: Die Erblasserin habe Schoch in Anwesenheit seiner
Frau erklärt: «Das Geld gehört ja eigentlich doch Dir

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und was mein ist, ist auch Dein.» Diese Äusserung sei auch gegenüber Frau
Marti und Frau Wasmer erfolgt. Eventuell werde der Zinsfass von 6% bestritten
und gegenüber dem Zinsanspruch für die Zeit vom 1. August 1921 bis 1. August
1922 die Verjährungseinrede erhoben.
C. - Mit Urteil vom 15. Dezember 1927 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage
ab, unter gleichzeitiger Beschränkung des Zinsanspruches für die in Betreibung
gesetzte Forderung von 5000 Fr. auf 5% seit 29. Juni 1927 (Datum des
Zahlungsbefehls).
Gegen diese Urteil appellierte Schoch an das Obergericht. In einer Eingabe vom
6. Februar 1928 erhob er die «Vorfrage»: «Kann eine nichtjuristische Person,
Erbengemeinschaft der Melanie Kalt, Aberkennungsbeklagte, dem
Aberkennungskläger Schoch den Prozess machen?»
Mit Urteil vom 8. Februar 1928 hat das Obergericht des Kantons Zürich den
erstinstanzlichen Entscheid bestätigt.
D. - Hiegegen richtet sich die Berufung des Klägers mit dem Begehren um
Gutheissung der Klage.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Was vorab die Legitimation von Notar Roth zur Geltendmachung der streitigen
Forderung anbetrifft; übersieht die Vorinstanz, dass Roth durch die
Vormundschaftskommission der Einwohnergemeinde Bern von Amtes wegen gestützt
auf Art. 554
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 554 - 1 Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1    Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1  wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern;
2  wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nachzuweisen vermag oder das Vorhandensein eines Erben ungewiss ist;
3  wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind;
4  wo das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.
2    Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist diesem die Verwaltung zu übergeben.
3    Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.528
, Ziff. 1 und 3 ZGB als Erbschaftsverwalter ernannt worden ist.
Zur Bestellung eines Erbschaftsvertreters auf Begehren eines Miterben hin
gemäss Art. 602
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 602 - 1 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
1    Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
2    Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam.
3    Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.
, Abs. 3 ZGB, wie sie das Obergericht hier als erfolgt annimmt,
wäre nach Art. 7
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 7 - Die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes6 über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge finden auch Anwendung auf andere zivilrechtliche Verhältnisse.
des bernischen Einführungsgesetzes zum ZGB einzig der
Regierungsstatthalter zuständig gewesen.
Den Aufgabenkreis des amtlichen Erbschaftsverwalters im Sinne von Art. 554
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 554 - 1 Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1    Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1  wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern;
2  wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nachzuweisen vermag oder das Vorhandensein eines Erben ungewiss ist;
3  wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind;
4  wo das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.
2    Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist diesem die Verwaltung zu übergeben.
3    Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.528
ZGB
umschreibt das Gesetz nicht.

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Indessen ergibt sich sowohl aus der systematischen Einordnung dieses Instituts
unter die «Sicherungsmassregeln», als auch aus der Natur der gesetzlich
vorgesehenen Anwendungsfälle, dass dem Erbschaftsverwalter in der Regel bloss
eine auf Erhaltung und Verwaltung, nicht auch auf Liquidation des Nachlasses
gerichtete Tätigkeit zukommt (vgl. BGE 42 II 342; 47 II 41 f.). Dieses
Verwaltungsrecht schliesst aber notwendig auch die Befugnis in sich,
Forderungen des Erblassers einzuziehen und dessen Rechte und Pflichten
allenfalls gerichtlich feststellen zu lassen, indem es sich dabei um zu einer
ordnungsmässigen Verwaltung gehörende, der Erhaltung und Sicherung der
Erbschaft dienende Massnahmen handelt (vgl. ESCHER, N. 6 und TUOR, N. 19 zu
Art. 554
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 554 - 1 Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1    Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1  wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern;
2  wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nachzuweisen vermag oder das Vorhandensein eines Erben ungewiss ist;
3  wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind;
4  wo das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.
2    Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist diesem die Verwaltung zu übergeben.
3    Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.528
ZGB). Insoweit ist daher der amtliche Ersbchaftsverwalter auf die
gleiche Linie zu stellen wie der Willensvollstrecker und der
Erbschaftsvertreter gemäss Art. 602
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 602 - 1 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
1    Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
2    Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam.
3    Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.
, Abs. 3 ZGB. Vermöge des ihm durch
behördlichen Ernennungsakt übertragenen Amtes zur Verwaltung des
Nachlassvermögens handelt er als Vertreter der in der Erbengemeinschaft
verbundenen Gesamtheit der Erben unabhängig vom Willen des einzelnen Erben
kraft eigenen Rechts. Er ist daher wie zu Prozessen für, bezw. gegen die
Erbschaft, so auch zu Betreibungen für, bezw. gegen sie aktiv und passiv
legitimiert und infolgedessen ohne weiteres auch befugt, Vollmacht zur
Prozessführung namens der Erbengemeinschaft zu erteilen (BGE 53 II 208). Dabei
untersteht er der Aufsicht der Behörde und gegen von ihm beabsichtigte oder
getroffene Massnahmen ist dem einzelnen Erben das Beschwerderecht gegeben
(Art. 595
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 595 - 1 Die amtliche Liquidation wird von der zuständigen Behörde oder in deren Auftrag von einem oder mehreren Erbschaftsverwaltern durchgeführt.
1    Die amtliche Liquidation wird von der zuständigen Behörde oder in deren Auftrag von einem oder mehreren Erbschaftsverwaltern durchgeführt.
2    Sie beginnt mit der Aufnahme eines Inventars, womit ein Rechnungsruf verbunden wird.
3    Der Erbschaftsverwalter steht unter der Aufsicht der Behörde, und die Erben sind befugt, bei dieser gegen die von ihm beabsichtigten oder getroffenen Massregeln Beschwerde zu erheben.
, Abs. 3 ZGB). Dass sich aber hier ein Erbe beschwert habe, ist aus
den Akten nicht ersichtlich.
2. Da es sich bei der in Betreibung gesetzten Forderung um einen Anspruch der
noch ungeteilten Erbschaft handelt, der gemäss feststehender Rechtsprechung
des Bundesgerichts nicht von einzelnen Erben allein geltend

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gemacht werden kann, und zwar selbst nicht mit dem Antrag auf Leistung an
sämtliche Erben gemeinsam (BGE 50 II 220), sondern nur von der Gesamtheit der
Erben, wäre ein Ausscheiden der Ehefrau des Klägers aus der Erbengemeinschaft
mit Bezug auf den streitigen Anspruch im Wege einer Teilliquidation durch
Verzicht auf ihre Rechte zu Gunsten ihrer Miterben möglich gewesen (vgl. BGE
51 II 270). Einen derartigen Verzicht hat aber Frau Schoch nicht erklärt,
sondern sich darauf beschränkt, den von den übrigen Erben behaupteten Anspruch
zu bestreiten und gegen dessen Geltendmachung durch Betreibung zu
protestieren.
3.- In der Sache selbst stellt der Kläger nicht in Abrede, am 8. Juli 1907 von
der Erblasserin ein Darlehen von 5000 Fr. erhalten zu haben. Er behauptet auch
nicht mehr, dass die Darlehensforderung verjährt sei, welche Einrede übrigens
haltlos wäre, weil das Darlehen erst am 8. Juli 1917 zur Rückzahlung fällig
geworden und die Betreibung formrichtig am 29. Juni 1927, also vor Ablauf der
zehnjährigen Frist, angehoben worden ist (Art. 127
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.
OR). Dagegen macht er
geltend, dass die Erblasserin ihm die Darlehensschuld mündlich erlassen habe.
Nach der Regel des Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB, wonach derjenige das Vorhandensein einer
behaupteten Tatsache zu beweisen hat, der aus ihr Rechte ableitet, trifft ihn
hiefür die Beweislast. Anders wäre es, wenn er den Schuldschein zurückerhalten
hätte, indem alsdann die Vermutung des Art. 89
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 89 - 1 Werden Zinse oder andere periodische Leistungen geschuldet, so begründet die für eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung die Vermutung, es seien die früher fällig gewordenen Leistungen entrichtet.
1    Werden Zinse oder andere periodische Leistungen geschuldet, so begründet die für eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung die Vermutung, es seien die früher fällig gewordenen Leistungen entrichtet.
2    Ist eine Quittung für die Kapitalschuld ausgestellt, so wird vermutet, dass auch die Zinse bezahlt seien.
3    Die Rückgabe des Schuldscheines an den Schuldner begründet die Vermutung, dass die Schuld getilgt sei.
, Abs. 3 OR Platz greifen würde,
dass die Schuld getilgt oder in anderer Weise (wie z.B. gerade durch Erlass)
erloschen sei, Tatsächlich hat aber die Erblasserin den Schuldschein in einem
bei der Tochter des Klägers, Frau Rudhardt in Genf, deponierten Köfferchen
aufbewahrt.
Gemäss seiner eigenen Zugabe in der Berufungsbegründung vermag sich der Kläger
für den Nachweis des behaupteten mündlichen Schulderlasses einzig auf das
Zeugnis seiner Frau zu stützen, der die Erblasserin

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«die Schenkung bestätigt und sogar schriftlich offeriert habe». Die
Einvernahme dieses Zeugen hat indessen die Vorinstanz in Anwendung von § 185
der zürcherischen ZPO abgelehnt und hiebei muss es für das Bundesgericht sein
Bewenden haben.
Da darnach die behauptete Äusserung der Erblasserin nicht als nachgewiesen
gelten kann, mag dahinstehen, welche Bedeutung ihr beizulegen wäre.
Der blosse Umstand aber, dass die Erblasserin - wohl mit Rücksicht auf ihre
verwandtschaftlichen Beziehungen zum Kläger - während Jahren weder die Zinsen
eingefordert, noch die Rückzahlung des Darlehenskapitals verlangt hat, bildet
kein schlüssiges Indiz für ihren Erlasswillen. Denn aus der
Nichtgeltendmachung eines Anspruches während einer bestimmten Zeit leitet das
Gesetz nur die Verjährung ab. Während der Verjährungsfrist aber steht es dem
Gläubiger regelmässig frei, seine Vertragsrechte geltend zu machen, wann er
will. Zur Annahme, dass er dieselben aufgegeben habe, ist weiter erforderlich,
dass zu seinem passiven Verhalten während längerer Zeit noch besondere
Umstände hinzukommen, die in Verbindung mit jenem den Schluss auf einen
Erlasswillen als begründet erscheinen lassen (vgl. Urteil des Bundesgerichts
vom 14. März 1928 i. S. Gattiker & Co. c. Hürlimann). Derartige
Verumständungen sind aber hier nicht gegeben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 8. Februar 1928 bestätigt.