S. 236 / Nr. 34 Doppelbesteuerung (d)

BGE 54 I 236

34. Urteil vom 21. September 1928 i.S. Atzli gegen Baselstadt und
Einwohnergemeinde Olten.

Regeste:
Bauunternehmer, der ausserhalb seines Wohnsitzkantons Land kauft, es überbaut
und die Häuser verkauft. Steuerort für den beim Weiterverkauf realisierten
Gewinn.

A. - Der Rekurrent wohnt in Olten und betreibt daselbst ein Baugeschäft. Er
erstellt in- und ausserhalb

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seines Wohnortes auf eigene Rechnung Häuser um sie dann mit Gewinn zu
verkaufen. So hatte er im Jahre 1926 in Basel Land gekauft darauf vier
Wohnhäuser gebaut und diese noch im selben Jahre verkauft (Verkaufspreise
zusammen rund 220000 Fr.). Er machte dabei einen Gewinn von 14500 Fr.
berechnet in der Weise dass von den Verkaufspreisen abgezogen wurden: der
Ankaufspreis des Landes die Baukosten einschliesslich je eines Betrages für
Architektenhonorar und Bauleitung und die Unkosten. Für diesen Gewinn wurde
der Rekurrent in Basel besteuert mit 1638 Fr. 50 Cts. Das kantonale Gesetz
betr. die direkten Steuern vom 6. April 1922 unterwirft in § 14 der
baselstädtischen Besteuerung das Einkommen auswärtiger Eigentümer aus im
Kanton gelegenen Grundstücken. Nach § 17 gelten als steuerbares Einkommen auch
der Kapitalgewinn und Kapitalzuwachs die auf Vermögensobjekten insbesondere
Grundstücken sei es durch Verkauf oder Höherbewertung erzielt werden. Der
Rekurrent bezahlte die erwähnte Steuer am 20. Dezember 1926. Nach seiner
unbestritten gebliebenen Angabe wurde die Vornahme der Zufertigung der Häuser
an die Käufer von der vorherigen Entrichtung der Steuer abhängig gemacht.
In der Folge wurde der Rekurrent verhalten, die 14500 Fr. Gewinn auf den
Bauten in Basel als Teil seines Geschäftseinkommens auch in Olten der Gemeinde
gegenüber zu versteuern. In diesem Sinne entschied die Ober-Rekurskommission
des Kantons Solothurn am 18. April 1928 indem sie namentlich abstellte auf das
Urteil des Bundesgerichts in Sachen Rosenthal vom 2. Februar 1923 (BGE 49 I
Nr. 7). Der Entscheid wurde dem Rekurrenten am 25. Mai 1928 zugestellt.
Schon am 4. Juli 1927 hatte dieser die Steuerverwaltung von Baselstadt darauf
aufmerksam gemacht dass Olten ihm den Abzug des in Basel besteuerten
Einkommensbetrages nicht gestatten wolle, und daher den

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bezahlten Betrag zurückgefordert. Das Begehren wurde von der Steuerkommission
Baselstadt am 28. Oktober und vom Regierungsrat am 12. Dezember 1927 als
materiell unbegründet abgewiesen.
B. - Am 23. Juli 1928 hat Atzli den staatsrechtlichen Rekurs ans Bundesgericht
wegen Doppelbesteuerung ergriffen. Er verlangt, es sei der Steueranspruch von
Baselstadt aufzuheben und Baselstadt habe die Steuer von 1638 Fr. 50 Cts.
zurückzuerstatten, eventuell sei Olten nicht berechtigt, den fraglichen Betrag
zu besteuern.
C. - Der Regierungsrat von Baselstadt beantragt, es sei der Rekurs abzuweisen,
soweit er sich gegen Baselstadt richtet, Er bestreitet dass das Urteil
Rosenthal hier zutreffe. Es handle sich nicht um einen Güterhändler, der durch
seine Handelstätigkeit einen Gewinn erziele. «Beim Rekurrenten liegen vielmehr
die Verhältnisse so, dass er im Kanton Baselstadt Land erworben und dieses
durch Überbauung in Wohnliegenschaften umgewandelt hat. Nach dem
baselstädtischen Steuerrecht stellt der Unterschied zwischen Ankaufspreis des
Landes und Verkaufspreis der fertig gestellten Liegenschaften abzüglich der
darauf gemachten Aufwendungen steuerpflichtiges Einkommen aus dem Verkaufe von
Grundstücken dar. Es handelt sich dabei um einen Wertzuwachs, der allerdings
nicht durch eine besondere Steuer, sondern durch die ordentliche
Einkommenssteuer getroffen wird. Ein solches Zuwachsgewinneinkommen auf
Grundstücken muss aber unter allen Umständen dem Kantone der gelegenen Sache
zur Besteuerung vorbehalten werden, soll nicht die Wertzuwachssteuer überhaupt
illusorisch gemacht werden. Denn würde in solchen Fällen das Recht zur
Besteuerung dem Wohnsitzkanton des Baumeisters zuerkannt, so könnten die
Liegenschaftseigentümer in Basel die Steuer dadurch umgehen, dass sie die
Liegenschaften an einen Strohmann verkauften, der seinen Wohnsitz in einem
Kantone ohne Wertzuwachssteuer (Spezialsteuer oder

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allgemeine Einkommenssteuer) hätte, und dieser dann später die Liegenschaften
wieder an den ursprünglichen Eigentümer zu einem nominell höheren Preise
zurückgeben würde. Solchen Möglichkeiten sollte von Anfang an der Riegel
geschoben werden, was nur dadurch geschehen kann, dass das Recht zur
Besteuerung des Zuwachsgewinneinkommens ohne Ausnahme dem Orte der gelegenen
Sache zuerkannt wird.»
«Dass in dem vom Rekurrenten erzielten Gewinn ein reiner Wertzuwachs enthalten
ist, dürfte demjenigen, der die Verhältnisse auf dem Liegenschaftsmarkt in
Basel kennt, klar sein. Denn durch die Überbauung bisher brach liegenden
Terrains wurde das Terrain selbst mehr wert, ohne Rücksicht auf die
Aufwendungen für den eigentlichen Bau. Das ergibt sich schon daraus, dass der
Rekurrent für Architektenhonorar und Bauleitung pro Haus einen Betrag von 4250
Fr. in Abzug gebracht und die Steuerbehörde in Basel diesen Abzug nicht
beanstandet hat. Das, was die Steuerbehörde in Basel im Falle des Rekurrenten
für sich beansprucht, ist lediglich die Besteuerung des Wertzuwachses nach
Abzug des Entgeltes für die berufliche Tätigkeit des Rekurrenten als
Baumeisters.»
«Für den Kanton Baselstadt hat die vorliegende Frage die grösste Bedeutung, da
zahlreiche Baugeschäfte auf dem Gebiete des Kantons Baselland ihren
Geschäftssitz haben und von dort aus im Kanton Baselstadt, teils auf selbst
gekauftem Land, teils für fremde Rechnung auf fremdem Boden Bauten errichten.
Im letzteren Falle kommt selbstverständlich eine Besteuerung des Baumeisters
durch den Kanton Baselstadt nicht in Frage, da hier der Wertzuwachs der
Liegenschaft beim Bauherrn in Erscheinung tritt. Wo dagegen der Baumeister
zugleich Bauherr ist, d.h. wo er auf eigenem Grund und Boden im Kanton
Baselstadt baut, muss die Besteuerung des Zuwachsgewinneinkommens dem Kanton
Baselstadt vorbehalten bleiben.»

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D. - Die Ober-Rekurskommission von Solothurn und die Einwohnergemeinde Olten
haben die Abweisung des Rekurses beantragt, soweit er sich gegen die
Besteuerung in Olten richtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Rekurs ist rechtzeitig erhoben gegenüber dem Entscheide der
Ober-Rekurskommission von Solothurn. Damit gilt die Rekursfrist auch als
gewahrt, was die kollidierende Besteuerung in Baselstadt anlangt. Das
Rekursrecht ist in letzterer Beziehung auch nicht etwa verwirkt, was der
Regierungsrat von Baselstadt übrigens auch nicht geltend macht; denn einmal
hat der Rekurrent die Steuer in Basel nicht freiwillig bezahlt, sondern er
handelte dabei unter einem Zwange, da sonst die Fertigung der Häuser nicht
stattfinden konnte; andererseits konnte er zur Zeit der Bezahlung nicht
wissen, dass er den Einkommensbetrag, wofür er in Basel besteuert wurde,
nachher auch in Olten werde versteuern müssen.
2.- Der Rekurrent hat keine geschäftliche Niederlassung in Basel, die ein
sekundäres Steuerdomizil begründen würde. Die Besteuerung hier erfolgte denn
auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines dortigen Geschäftsbetriebes des
Rekurrenten, sondern ausschliesslich aus demjenigen des Kapitalgewinns oder
Wertzuwachses auf Liegenschaften, welcher in Basel der Einkommenssteuer
unterliege. Nach der bundesgerichtlichen Praxis kann der Wertzuwachs, der beim
Verkauf einer Liegenschaft realisiert wird, am Orte der Liegenschaft besteuert
werden - sei es mit einer Spezialsteuer, sei es mit der allgemeinen
Einkommenssteuer -, wenn der bisherige Eigentümer und Verkäufer der
Liegenschaft in einem andern Kanton wohnt (BGE 45 I 285 ff.; 49 I 45). Das
trifft aber nur zu für eine Wertsteigerung, die ohne Zutun des Eigentümers
infolge der Aufwendungen und der Entwicklung des Gemeinwesens eingetreten,
also

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durch die äusserlichen Verhältnisse bedingt ist und die daher als
Liegenschaftsertrag im weitern Sinne angesehen werden kann, nicht dagegen für
einen Gewinn aus dem Verkauf, der im wesentlichen die Folge der gewerblichen
Tätigkeit des Verkäufers ist. Der berufsmässige Liegenschaftshändler hat
infolgedessen den Gewinn aus seiner Handelstätigkeit nicht am Orte der
Liegenschaften, die umgesetzt werden, sondern an seinem Wohnort zu versteuern
(zitiertes Urteil Rosenthal). Das Gleiche muss auch gelten für den
Bauunternehmer, der Land kauft, darauf Häuser erstellt, sie verkauft und aus
dieser gewerblichen Tätigkeit einen Gewinn erzielt. Das ist aber der Fall des
Rekurrenten. Der Gewinn, den er mit den vier Häusern in Basel gemacht hat und
der Gegenstand der Besteuerung in Basel bildet, hat seine Quelle in der
Unternehmertätigkeit des Rekurrenten. Er ist typischer Unternehmergewinn. Auch
der Regierungsrat von Baselstadt behauptet nicht, dass es sich ganz oder zum
Teil um eine Wertsteigerung handle, die unabhängig von der Tatsache der
Überbauung, aus allgemeinen Ursachen, eingetreten wäre, die sich also in
gleicher Weise bei unbebautem Land in ähnlicher Lage zeigen würde, sondern er
führt den Wertzuwachs zurück auf die Überbauung, also die Unternehmertätigkeit
des Rekurrenten. Da dieser in demselben Jahr das Land gekauft, überbaut und
wiederverkauft hat, ist ja auch ein wesentlicher Wertzuwachs der gedachten Art
von vorneherein nicht sehr wahrscheinlich; das finanzielle Ergebnis des
Geschäfts, zirka 5% der Verkaufspreise, übersteigt tatsächlich keineswegs das
Mass eines eher bescheidenen Unternehmergewinns, selbst wenn man beachtet,
dass dabei ein gewisser Betrag für Architektenhonorar und Bauleitung vorweg
abgezogen ist. (Die Frage bedarf daher auch hier keiner Erörterung, wie eine
solche von der Überbauung unabhängige Wertvermehrung, die im Verkaufspreise
festgestelltermassen enthalten wäre, im interkantonalen Verhältnis

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steuerrechtlich zu behandeln wäre. Vgl. BGE 49 I 46 f.). Vom bundesrechtlichen
Standpunkt aus hat man es daher bei dem Gewinn des Rekurrenten aus dem Bau der
vier Häuser in Basel nicht zu tun mit Wertzuwachs auf Liegenschaften,
Liegenschaftsertrag im weitern Sinne, der in Basel als dem Orte der
Liegenschaften besteuert werden könnte, sondern mit einem Teilertrag des
Geschäftsbetriebs des Rekurrenten, der ausschliesslich in Olten als dem Orte,
wo das Geschäft sich befindet, der Besteuerung unterliegt.
Die praktischen Bedenken, die der Regierungsrat von Baselstadt gegen diese
Lösung geltend macht, erscheinen nicht als stichhaltig. Die Besteuerung des
Wertzuwachses auf Liegenschaften im eigentlichen Sinn bleibt auch auswärts
wohnenden Eigentümern gegenüber unberührt, und was die basellandschaftlichen
Bauunternehmer anlangt, die auf eigene Rechnung in Basel Bauten errichten,
ohne einen steuerpflichtigen Gewerbebetrieb daselbst zu haben, so geht es eben
bundesrechtlich nicht an, dass Baselstadt sie für einen Teil ihres
Geschäftsgewinns besteuert, und es kann dieses Verbot nicht dadurch umgangen
werden, dass die Besteuerung in die Form der Einkommenssteuer auf Wertzuwachs
gekleidet wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass die angefochtene baselstädtische
Steuerauflage aufgehoben wird und der Kanton Baselstadt dem Rekurrenten die
bezogene Steuer von 1638 Fr. 50 Cts. zurückzuerstatten hat.