448 . Strafrecht.

B. STRAFREGHT DROIT PÉNAL

ALKOHOLGESETZ LOI SUR L'ALCOOL

60. Urteil des Bandes-Wittvom 5.-7. November 1926 si
i. S. Bundesanwaltschafi gegen Balder.

Der Vorbehalt von Art. 32 bis Abs. 1 Satz 3 BV und Art. 1 Abs. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
AlkG,
bezieht sich nur auf die Herstellung von Branntwein (Schnaps) aus den hier
erwähnten Stoffen (Obst Obstabfällen usw.}, nicht auf deren Verarbeitung
zu Spi: ntus und Sprit, die dem Monopol untersteht. Befugnis des
Bundesgerichts zur Prüfung der Gesetzmässigkeit einer dies feststellenden
Vollziehungsverordnung des Bundesrats im Fiskalstrafverfahren wegen
unbefugter Erzeugung gebrannter Wasser.

Das Bundesstrafgericht hat auf Grund

a) der Verfügung des eidgen. Finanzdepartements vom 22. Mai 1925, wodurch
der Angeklagte in eine Busse von 10,000 Fr., unter Nachlass eines Viertels
im Falle der Unterziehung innert nützlicher Frist, verfällt worden ist,

b) der Erklärung des Angeklagten vom 30. Mai 1925, dass er sich der
Bussenverfügung nicht unterziehe-

e) des Beschlusses des Bundesrats vom 2. Juni 1925, wodurch der Fall
dem Bundesstrafgericht zur Beurteilung überwiesen worden ist,

d) der Anklageschriit der Bundesanwaltschaft vom 2. Juli 1925,

e) der Akten und des bei der Hauptverbandlung durchgeführten
Beweisverfahrens,Alkoholgewtz. N° 60. 449

sowie nach Anhörung der Parteivorüäge, bei denen folgende Schlussanträge
gestellt werden sind :

vom Vertreter der Bundesanwaltschafl : der Angeklagte sei schuldig zu
erklären der Widerhandlung gegen Art. 24 litt. & des Bundesgesetzes
über gebrannte Wasser vom 29. Juni 1900 in Verbindung mit dem
Bundesrate-beschlusse betreffend die Unterstellung der Gewinnung von
hochgradigem Spiritus und Sprit unter die Bundesgesetzgebung vom 28. Juli
1922 und zu verurteilen: !. zu einer Busse von 10,000 Fr., im Falle der
Unerhältlichkeit umzuwandeln in 3 Monate Gefängnis, 2. zu den Kosten
des Verfahrens;

vom Verteidiger des Angeklagten : der Angeklagte sei freizuspreehcn, die
sämtlichen Kosten des Verfahrens seien der Eidgenossenschaft aufzulesen
; diese habe überdies den Angeklagten für Umtriebe angemessen zu
entschädigen ; '

festgestellt und in Erwägung gezogen :

1. Der Angeklagte Dolder hat in der ihm gehörenden Spritfabrikationsanlage
in Münster in der Zeit zwischen dem 7. Oktober 1924 und 19. März 1925,
d. h. dem Tage der Aufnahme des der Bussenverfügung des Finanzdepartements
zu Grunde liegenden Strafproto-kolls, zirka 55,000 ]. Sprit in einer
Stärke von über 95 Grad, nach seiner Angabe 96 97 Grad aus Obst (Obstmost
und Ohsttresterbranntwein) hergestellt, ohne dazu eine Bewilligung
des genannten Departements eingeholt zu haben. Die Bussenverfügung des
Departe si ments und die Anklage der Bundesanwaltsehaft erblicken hierin
eine Verletzung des aus Art. 1 Abs. 1
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
des Bundes-

' gesetzes über gebrannte Wasser vom 29. Juni 1900 (im

Folgenden als AlkG bezeichnet) folgenden Monopols des Bundes zur
Herstellung solcher Wasser, das jede Spiritusund Spritfabrikation ohne
Ausnahme umfasse. Sie berufen sich auf den vom Bundesrat, gestützt auf
Art. 32bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
Satz 1 BV und die erwähnte Gesetzes-

450 Strafrwhtss

bestimmung, am 28. Juli 1922 erlassenen Beschluss betreffend die
Unterstellung der Gewinnung von hochgradigem Spiritus und Sprit unter
die Bundesgesetzgebung (GesetzesSamrnlung 38 S. 479), lautend: Für die
Gewinnung Von Spiritus und Sprit von mehr als 75 Graden Alkoholgehalt
bedarf es einer Bewilligung des

eidg. Finanzdepartements Letzteres bestimmt die Vor'

anssetzungen und Bedingungen, unter denen Bewilligungen erteilt werden.
Da dem Angeklagten ohne solche Bewilligung ein Recht zu der von ihm
ausgeübten Tätigkeit nicht zugestanden habe, liege der Straftatbestand
des Art. 24 litt
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 24
. er AlkG, d. h. eine unbefugte Erzeugung gebrannter
Wasser vor.

Der Angeklagte stellt nicht in Abrede, dem erwähnten Bundesratsbeschluss
zuwidergehandelt zu haben, bestreitet aber, dass er dadurch eine strafbare
Handlung begangen habe. Die Stoffe, aus denen er den Sprit hergestellt
habe, gehörten zu den in Art. 32bis Abs. 1 Satz 3 BV und Art. I Abs. 2
AlkG erwähnten. Ihre Verwendung sei durch diese Bestimmungen schlechthin,
ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt und die Gebrauchsbestimmung des
Erzeugnisses freigegeben, unterstehe also der Bundesgesetzgebung .und
insbesondere dem Fabrikationsmonopol des Bundes überhaupt nicht. Die
Beschränkung, welche der BRB vom 28. Juli 1922 in dieser Beziehung
aufstelle, finde in der BV und im AlkG keine Grundlage. Der Bundesrat
habe damit in Wirklichkeit das Gesetz ergänzt und das Monopol über
den nach Verfassung und Gesetz zulässigen Rahmen hinaus ausgedehnt,
wozu er nicht berechtigt gewesen sei. Da der Angeklagte lediglich von
einer ihm durch beide gewährleisteten Freiheit Gebrauch gemacht habe,
sei demnach auch der Tatbestand des Art. 24 litt
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 24
. a AlkG nicht erfüllt.

2. streitig ist somit die Rechtsbeständigkeit einer bundesrätlichen
Verordnung, nämlich die Frage, ob sich dieselbe inhaltlich innert der
Verfassung und des

Alkeholgesetz. N° so. ' 451

Gesetzes halte oder darüber hinausgehe und sich als Aufstellung eines
neuen Rechtssatzes darstelle, zu welcher es einer besonderen Ermächtigung
(Delegation) des Gesetzgebers bedurft hätte, deren Bestehen hier nicht
behauptet wird. Zur Prüfung dieser Frage ist das Bundesgericht nach
feststehender Praxis befugt, da sich die Vorschrift des Art. 11
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 11 Schutz der Kinder und Jugendlichen - 1 Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung.
1    Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung.
2    Sie üben ihre Rechte im Rahmen ihrer Urteilsfähigkeit aus.
? letzter
Absatz BV ausschliesslich auf die von der Bundesversammlung erlassenen
Gesetze und allgemein verbindlichen Beschlüsse, nicht auf die Verordnungen
(Beschlüsse) des Bundesrates oder Beschlüsse der Bundesversannnlung
nicht allgemein verbindlichen Inhalts bezieht (BURCKHARDT, Kommentar,
2. Aufl. S. 803; FLEINER, Bundesstaatsrecht S. 443 Nr. 8 mit Zitaten). Aus
dem dort aufgestellten Grundsatze, wonach Gesetze und allgemein
verbindliche Bundesbeschlüsse für das Bundesgericht schlechthin,
ohne Rücksicht auf ihre Verfassungsmässigkeit massgebend sind, folgt
andererseits immerhin, dass es auch für die Rechtsbeständigkeit des
heute streitigen BBB genügen muss, wenn er in dem darin angerufenen
AlkG eine Grundlage findet, auf die blosse Vollziehung, Erläuterung
eines darin ausgesprochenen Rechtssatzes hinausläuft. Ist dies der
Fall, so muss er als verbindlich anerkannt werden, selbst Wenn das AlkG
durch jenen Rechtssatz die dem Bundesgesetzgeber durch Art. 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
BV
für die Regelung der Materie gezogenen Schranken überschritten haben
sollte. Denn wenn dem Richter die Möglichkeit das Gesetz aus diesem
Grunde als unver-bindlich zu behandeln entzogen ist, kann auch dessen
Vollziehung nicht unter Berufung darauf gehemmt werden. Die Interpretation
der letzteren Verfassungsvorschrift spielt deshalb für die Entscheidung
des vorliegenden Streites nur insofern eine Rolle, als sie Material für
die Auslegung des dazu erlassenen Ausführungsgesetzes, eben des AlkG
vom 29. Juni 1900 zu liefern geeignet ist. Da nicht zu vermuten ist,
dass der Bundesgesetzgeber sich bei Erlass eines solchen Ausführungs-

452 Strafrecht.

gesetzes von der Verfassung habe entfernen wollen, muss auch, wo die
Bestimmungen des Gesetzes verschiedener Deutungen fähig sind, einer der
Verfassung entspre-

chenden und einer anderen, aus der. sich ein Widerspruch .

zwischen Verfassung und Gesetz ergeben Würde, im Zweifel der ersteren
der Vorzug gegeben werden.

3. Nach Art. 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
Satz 1 BV ist der Bund befugt, im Wege der
Gesetzgebung Vorschriften über die Fabrikation und den Verkauf gebrannter
Wasser aufzustellen . Dabei sollen, nach Satz 2, Erzeugnisse, welche
ausgeführt werden oder eine den Genuss ausschliessende Zubereitung
erfahren haben, keiner Besteuerung unterworfen werden. Satz 3 fährt
fort: Das Brennen von Wein, Obst und deren Abfällen, von Enzianwurzeln,
Wachholderbeeren und ähnlichen Stoffen fällt betreffend die Fabrikation
und Besteuerung nicht unter die Bundesgesetzgebung. Das geltende
AlkG, wie schon das frühere von 1886, hat diese Ermächtigung, was
die Fabrikation betrifft, in Gestalt eines Herstellungsmonopois
des Bundes ausgeführt, eine Lösung, die schon bei der Beratung
der Verfassungsvorschrift eventuell mit ins Auge gefasst worden war
(vgl. u. a. die Botschaft des BR vom 20. Nov. 1884 Bbl. 1884 IV S. 481)
und im Hinblick auf die damals Art. 31 der Verfassung durch die heutige
litt. b ergänzt wurde. Es bestimmt in Art. 1 : Das Recht zur Herstellung
gebrannter Wasser steht ausschliesslich dem Bunde 'zu. Von diesem Rechte
ausgenommen ist einzig das Brennen von einheimischen Trauben, Weinen,
Weintrestern, Weinhefen, Kern-, Steinoder Beerenfrüchten, Obstabfällen,
Enzianwurzeln und ähnlichen Stoffen inländischer Herkunft.

Indem der BRB vom 28. Juli 1922 für die Gewinnung von Spiritus und
Sprit mit über 75 Graden Alkoholgehalt auch aus solchen Stoffen eine
Bewilligung des Finanzdepartements und die Einhaltung der von diesem
daran geknüpften Bedingungen verlangt, will er die verfassungsmässige
und gesetzliche Ausnahme auf dieAlkflel'gesetz. N'? GO. 453

Herstellung des als Branntwein zu bezeichnenden Erzeugnisses aus
denselben und den dazu erforderlichen Herstellungsprozess beschränken. Er
geht davon aus, das einzig die Verarbeitung hierauf durch Art. 32 bis
Abs. 1 Satz 3 BV und Art. 1 Abs. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
AlkG habe freigegeben werden wollen,
dass aber der Alkoholgehalt eines noch als Branntwein zu bezeichnenden
Erzeugnisses aus den streitigen Stoffen nicht über 75 Grade hinausgehe
und ein höhergradiges Erzeugnis nicht mehr solchen, sondern je nach
dem Umfange der Reinigung von anderen Bestandteilen als Aethylalkohol
-entweder Spiritus oder Sprit darstelle. Die Verteidigung bestreitet,
dass sich eine solche Grenze zwischen Branntwein und Spiritus ziehen
lasse. Sie macht geltend, dass auch Destillate mit 80 Grad Alkoholgehalt
und darüber, insbesondere in der Schweiz im allgemeinen Sprachgebrauch
und in demjenigen des Handels, immer noch als Branntwein bezeichnet
würden, wie sie es ferner nicht gelten lassen Will, dass man es beim
Branntwein einerseits, Spiritus und Sprit andererseits mit dem Ergebnis
verschieden gearteter Fabrikationsprozesse zu tun habe. Nach dem Ergebnis
der Verhandlungen und dem dabei von dem zugezogenen Experten (Chemiker)
abgegebenen Berichte müssen indessen diese Behauptungen als unzutreffend
angesehen werden. Es darf danach Folgendes als festgestellt gelten :
Als Branntwein pflegt und pflegte auch schon in den 1880er Jahren, zur
Zeit der Aufnahme des Art. 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
'in die BV, nur bezeichnet zu werden
das Destillat von in der Regel geringerem Alkoholgehalt, das, wie sein
Name besagt, unmittelbar für den Verbrauch si als Getränk bestimmt
ist. Die besondere Eignung dazu erhält es durch die Nebenbestandteile,
die bei der Destillation aus dem Destillationsgute (der Maische) neben
dem Aethylalkohol in das Destillat übergeben und ihm Geruch und Geschmack
(das Bouquet) geben. Diese Nebenbestandteile und damit das Bouquet sind
je nach dem Stoffe, der destilliert wird, verschieden, sodass durch

454 Strafrecht.

die Herkunft aus einem bestimmten Stoffe auch das Erzeugnis für den Konsum
charakterisiert wird. Im Gegensatz dazu bezeichnet der Name Sprit das
Erzeugnis von hohem Alkoholgehalt (über 90 Grad), das sozusagen nur noch
aus einem Gemisch von Aethylalkohol mit Wasser besteht und praktisch
gesprochen keine Nebenbestandteile (Verunreinigungen) mehr enthält,
infolgedessen auch die Herkunft aus einem bestimmten Rohmaterial nicht
mehr erkennen lässt und keinen charakteristischen, für den Trinkverbrauch
in Betracht kommenden Geschmack mehr aufweist. Unter der Bezeichnung
Spiritus dagegen wird das hochgradige Erzeugnis (von über 75 Grad)
verstanden, das (im Gegensatz zum Sprit), zwar ausser Aethylalkohol und
Wasser noch gewisse Nebenbestandteile enthält, die aber nicht, wie beim
Branntwein, das Erzeugnis charakterisieren und deshalb gesucht, sondern
etwas Unerwünschtes und nach Möglichkeit zu Entfernendes sind. Für beide
'Erzeugnisse, Sprit und Spiritus, spielt demnach das Rohmaterial, aus dem
sie erstellt worden sind, keine Rolle. Beide kommen überdies auch schon
wegen ihrer Stärke unmittelbar, ohne Zusätze für den Trinkverbrauch nicht
in Betracht. Den hervorgehobenen Unterschieden in den Eigenschaften und
der Gebrauchsbestimmung des Erzeugnisses entspricht ein Unterschied in
der Herstellungsweise. Während die gewöhnliche einfache Destillation der
Maische nur Branntwein liefern kann, ist iür die Herstellung von Spiritus
eine mehrmalige Wiederholung der Destillation in Apparaten, welche
es gestatten diese Operation innert des nämlichen (kontinuierlichen)
Fabrikationsprozesses, bevor das Erzeugnis den Apparat verlässt,
durchzuführen notwendig, für die Herstellung von Sprit überdies noch eine
weitergehende Reinigung, die sogenannte Rektifikation, die ebenfalls
einer dazu besonders konstruierten, vom einfachen Destillationsapparat
verschiedenen Apparatur bedarf. Mit einem einfachen Destillationsapparate
könnteAlkoholgesetz. No co. 455

Spiritus nur durch Vielfaches Wiederbrennen des gewonnenen Destillates
in einem dementsprechend jeweilen unterbrochenen und wiederaufgenommenen
Fabrikationsverfahren und infolgedessen mit Kosten, bei denen diese
Herstellungsweise unter normalen Umständen wirtschaftlich nicht in
Betracht kommt, Sprit überhaupt nicht erzeugt werden. Auch auf diesem
Wege erzeugter Spiritus würde zudem niemals die Gradstärke aufweisen,
welche mit den eigentlichen Spiritusfabrikationsapparaten erzielt werden
kann. Die Verteidigung beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf Art. 7
SR 510.10 Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG) - Militärgesetz
MG Art. 7 Stellungspflicht - 1 Militärdienstpflichtige sind ab Beginn des Jahres, in dem sie das 18. Altersjahr vollenden, stellungspflichtig.
1    Militärdienstpflichtige sind ab Beginn des Jahres, in dem sie das 18. Altersjahr vollenden, stellungspflichtig.
2    Die Stellungspflichtigen müssen sich bei den zuständigen Militärbehörden zur Aufnahme in die Militärkontrolle melden und dabei die Daten nach Artikel 27 angeben. Die Pflicht zur Meldung erlischt am Ende des Jahres, in dem die Stellungspflichtigen das 29. Altersjahr vollenden.

Abs 2 MG. Der Artikel handelt von der E i n f u h r gebrannter Wasser zum
Trinkverbrauch, welche nicht unter die Begriffe Sprit oder Spiritus fallen
; sie soll nach Abs. 1 im Gegensatz zur Einfuhr der beiden letzteren
Erzeugnisse, zu den vom Bundesrat aufzustellenden Bedingungen und gegen
Entrichtung einer Monopolgehühr von 80 Fr. per Meterzentner Bruttogewicht
auch Privaten gestattet sein. Wenn Abs. 2 fortfàhrt : Enthalten solche
gebrannte Wasser mehr als 75 Grade Alkoholgehalt, so kann für die
Mehrgrade eine besondere Gebühr von 80 Rp. per Grad und Meterzentner
Bruttogewicht bezogen werden , so hat er damit gewisse ausländische
Spezialitäten (Qualitätsspirituosen) im Auge, die infolge des zu ihrer
Herstellung verwendeten ' besonders hochwertigen Destillationsmaterials
noch immer die oben umschriebenen charakteristischen Merkmale des
Branntweins, das durch die Provenienz gerade aus diesem Rohmaterial
und die ihm entstammenden Nebenbestandteile bedingte eigentümliche
Bouquet aufweisen, obwohl der Gehalt an Aethylalkohol über 75 Grad
(bis 80 Grad) geht (Rhum). Aus den in Art. 32 bis Abs. 1 Satz 3 BV
und Art. 1 Abs. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
AlkG erwähnten einheimischen Stoffen kann, wie als
festgestellt zu betrachten ist, ein so hochgradiges Erzeugnis, das noch
jenen. Erfordernissen des Branntweins entsprechen Würde, nicht gewonnen
werden. *

456 Strafrecht.

4. Wenn Art. 32 bis Abs. 1 S
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
a t z 1 BV vom Erlasse gesetzlicher
a Vorschriften über die Fabrikation und den Verkaufgebrannter
Wasser spricht, so umfasst die darin enthaltene Ermächtigung an den
Bundesgesetzgeber zweifellos, von der Ausnahme des Satzes 3 abgesehen,
alle Erzeugnisse der Destillation, das Ergebnis der einfachen
gewöhnlichen Destillation, d. h. den Branntwein, wie der technisch
vervollkommneten Destillation und der Rektifikation, Spiritus und
Sprit. Dass die Bestimmung in diesem weiten Sinne verstanden werden
muss, ergibt sich nicht nur aus Abs. 4 des Verfassungsartikels, der für
die eingeführten gebrannten Wasser an Stelle der von der inländischen
Fabrikation zu erhebenden ec Steuer entsprechende Zollzusehläge als
Form der fiskalischen' Belastung vorsieht: denn der grösste Teil der
Einfuhr von alkoholhaltigen Destillaten entfiel schon damals nicht auf
Branntweine (Schnaps), sondern auf Spiritus und Sprit ( Weingeist ),
wie die in der bereits erwähnten Botschaft des Bundesrats (Bbl. 1884
IV S. 379
/80) darüber gemachten Angaben zeigen. Es folgt auch daraus,
dass schon in jener Zeit in der Schweiz die Herstellung von Spiritus
aus mehihaltigen und Hackfrüchten (Kartoffeln) neben derjenigen von
Branntwein nach den ebenda (S. 382) enthaltenen Nachweisen einen
erheblichen Umfang angenommen hatte. Bei den fiskalischen, Zwecken,
welche mit der Verfassungsrevision ausser den volkshygienischen verfolgt
wurden, erscheint es aber als ausgeschlossen, dass man diesen Zweig der
Alkoholgewinnung von der Belastung hätte ausnehmen wollen, zumal dafür,
soweit es sich um zu nachheriger Verarbeitung auf Getränke bestimmte
Ware handelt die für technische Zwecke bestimmte, durch Denaturierung
für den Genuss ungeeignet gemachte bleibt ja ohnehin nach Art. 32 bis
Satz 2 von der Belastung frei auch irgend ein innerer Grund gefehlt
hätte. Der Ausdruck gebrannte Wasser ist denn auch zweifellos weit
genug, um diese allgemeineAEkoholgesetz. N° sc. 457

Deutung zuzulassen. Angesichts der sachlichen Gründe,

welche dazu nötigen, kann daher nichts darauf ankommen, dass der
französische und italienische Verfassungstext, indem sie von boissons
distillées , bevande distillate sprechen, den Rahmen der Ermächtigung
scheinbar enger ziehen, sondern darf für die Auslegung ohne Bedenken
auf die deutsche Fassung als die ursprüngliche abgestellt werden. Auch
im französischen und italienischen Texte ist übrigens doch nicht bloss
von eau de vie acquavita die Rede, was sonst offenbar die gegebene
Ausdrucksweise gewesen wäre. Tatsächlich ist auch bisher eine andere
Auffassung nicht geltend gemacht worden. Die Verteidigung selbst tut es
im vorliegenden Falle nicht. Sie vertritt nicht etwa den Standpunkt,
dass die Herstellung von Spiritus und Sprit überhaupt nicht unter die
Bundesgesetzgebung und das Bundesmonopol fallen, sondern will lediglich
andererseits auch die Ausnahme des Art. 32 bis Abs. 1 S
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
a t z 3 BV auf
alle Erzeugnisse der Destillation irgendwelchen Alkoholgehalts und jeder
Beschaffenheit aus den betreffenden Stoffen, Spiritus und Sprit wie
Branntwein bezogen wissen. Dass auch das in Art. 1 Abs. 1 des Alkohol
g e s e t z e s vorgesehene Herstellungsmonopol des Bundes nach dem
Willen des Gesetzes denselben weiten Umfang wie die Ermächtigung des
Satz 1 von Art. 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
BV haben soll, zeigen unzweideutig die Art. 2
und 4 des Gesetzes, wo die Beschaffung eines Viertels des Landesbedarfs
an Spiritus und Sprit durch Vergebung entsprechender Brennlose an
in.ländische Brenner vorgesehen wird und die inländische Produktion
monopolpflichtiger gebrannter Wasser in anderer als der durch Art. 2
Alinea 2 festgesetzten Form, also auch von Spiritus und Sprit, nur gegen
Entrichtung von Monopolgehühren und unter Einhaltung der vom Bundesrat
festzusetzenden Bedingungen zulässig erklärt wird; ferner die Regelung
des Einfuhrmonopols in Art. 6 und dem bereits oben behandelten

458 Strafrecht.

Art. 7 des Gesetzes. Auch hier behauptet übrigens die Verteidigung selbst
etwas anderes nicht, sondern beschränkt sich auf die Einwendung, dass
davon die Verarbeitung der in Art. 32 bis Abs. 1 Satz 3 BV vorbehaltenen
Stoffe angesichts der ausdrücklichen Aufnahme dieses Vorbehalts in Art. 1
Abs. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
AlkG nicht betroffen sein könne.

Daraus, dass die R e g el des Art. 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
Abs. l Satz 1 EV in dem
erwähnten weiten Sinne zu verstehen ist, folgt aber noch nicht ohne
weiteres, dass dasselbe auch für die A u s n a h m e von Satz 3 ebenda
gelten müsse : Im Gegensatz zu Satz 1 ist hier nicht mehr allgemein von
der Fabrikation gebrannter Wasser aus den betreffenden Stoffen die Rede
; vielmehr ist es ausschliesslich d a s B r e n n e n derselben, das
freigegeben, von der Bundesgesetzgebung ausgenommen wird. Der Sinn dieses
Ausdrucks (gleich dem des im französischen Texte verwendeten distillation
) ist aber ein engerer als derjenige des Begriffes der Fabri--

kation gehrannter Wasser , der lediglich besagt, dass es sich um
Erzeugnisse handelt, die den Prozess des Brennens durchgemacht haben,
ohne auszuschliessen, dass dazu noch weitere Prozesse hinzugetreten
sind und für die Erstellung hinzutreten mussten. Es pflegt als
Brennen schlechthin beim Gewerbe der Alkoholgewinnung, wie nach den
Verhandlungen und dem Expertengutachten als erwiesen angenommen werden
muss, regelmässig, wo nicht etwa der Ausdruck in einem ganz besonderen
Zusammenhang und mit Zusätzen verwendet wird, die einen anderen Sinn
erkennen lassen, im allgemeinen Spraehgebrauch wie in demjenigen der
Chemiker doch nur die gewöhnliche einfache Destillation (distillation
simple), die zum Branntwein führt (Branntweinbrennerei), nicht auch
das technisch vervollkommnete, kompliziertere und eine entsprechende
besondere Apparatur voraussetzende Verfahren, dessen es zur Fabrika-tion
von Spiritus bedarf, und die zur Gewinnung von

Alkoholgeset z. N° 60. 459

Sprit nötige Rektifikation verstanden zu werden (wenn schon in einem
weiteren Sinne gesprochen die Bezeichnung schliesslich auch hiefür noch
verwendet werden kann und gelegentlich verwendet wird). Damit stimmen denn
auch z. B. überein die Begrikishestimmungen und Ausführungen bei Meyer
Konversationslexion (6. Aufl.) s. v. Spiritus (und Spiritusfabrikation),
die als Ausdruck des allgemeinen Wissens und Sprachgebrauchs auf dem
Gebiete von Bedeutung sind. Es heisst hier: Früher als noch der Spiritus
grösstenteils zum Genuss in der Form von Branntwein zubereitet wurde,
war dieser Industriezweig hauptsächlich B r a n n t w e i nb r e n n e
r e i (Brennerei). Der neuere Betrieb (S p i r it u s f a b r i k a t i
o n) unterscheidet sich von letzterer durch das Arbeiten in grösserem
Masstabe und auf alkoholreichere Destillate. Branntweine enthalten
...... ; die zu anderen Zwecken dienenden, bis über 96 Volumenprozent
Alkohol enthaltenden Destillate heissen Spiritus. Bei dem Branntwein hat
der je nach dem Ursprung verschiedene Geruch und Geschmack Einfluss auf
den Handelswert ...... ; beim Spiritus kommt allein der Alkoholgehalt
in Betracht, die fremden riechenden Stoffe, die als Nebenprodukte bei
der Alkoholbildung auftreten, werden bei Herstellung von hochgradigem
Spiritus möglichst entfernt. Das Produkt heisst dann gereinigter Spiritus
(S p r i t) ...... In manchen Gegenden bildet die O b s t b r e n n e r
e i eine ländliche Industrie, die in kleinerem oder grösserem Masstabe
betrieben wird : es werden aus den einzelnen Obstarten zum Teil sehr
geschätzte Trinkbranntweine hergestellt, die durch bestimmten Geschmack
gekennzeichnet sind. Die Verarbeitung der Abfälle der Brauerei und der
Weinfabrikation sowie der Erzeugnisse der kleinbäuerlichen Obstund
Weinbauwirtschakten fasst man als M a t e r i albrennerei zusammen.
Dass auch die Verfassung mit dem Brennen nur diese beschränkte, dem
allgemeinen Sprachgebrauch entspre-

460 Strafrecht.

chende Bedeutung verbinden wollte, folgt zwingend aus einer Reihe von
Momenten. Einmal ist an Hand der Akten und Verhandlungen als festgestellt
zu erachten, dass zu jener Zeit eine andere Verarbeitung dieser Stoffe
als durch die gewöhnliche Brennerei auf Branntwein, d. h. zu den daraus
gewinnbaren und durch die Herkunft aus einer bestimmten Rohmaterie
charakterisierten und individualisierten Schnäpsen überhaupt nicht
bekannt war, und dass die Entwicklung der Fabrikation von Spiritus und
Sprit aus Obst eine Folge der Kriégsund Nachkriegszeit, insbesondere
der während dieser eingetretenen ausserordentlichen Verteuerung des aus
anderen, monopolpflichtigen Stoffen erstellten Spiritus und Sprits in
Verbindung mit den seit 1885 in diesem Zweige der Technik _ gemachten
bedeutenden Fortschritten ist. Ohne diese Verteuerung und die durch die
Einführung des Bundesmonopols auf den übrigen Alkohol anderer Provenienz
gelegte fiskalische Belastung hätte sie überhaupt nicht in Betracht
kommen können, weil sie sich bei der erheblich geringeren Ausbeute an
Alkohol, den das Obst gegenüber anderen, unter das Monopol fallenden
Stoffen liefert, niemals hätte lohnen können. Der Angeklagte hat denn
auch selbst ursprünglich, noch in seiner Beweiseingabe vom 31. Juli
1925 nicht behauptet, dass schon um 1885 etwas anderes als Branntwein
(in dem oben umschriebenen Sinne) aus den streitigen Stoffen hergestellt
worden sei, sondern nur, dass die Branntweinerzeugung (Brennerei) daraus
bereits damals an einer Anzahl Orten in grösseren gewerblichen Betrieben,
nicht bloss als Nebenzweig der Landwirtschaft ausgeübt worden sei, was für
die hier zu entscheidende Frage unerheblich ist. Erst zum Schlusse der
Verhandlungen hat er dann die Konfrontation des Experten mit den Zeugen
Hostettler Vater und Sohn (dem früheren und gegenwärtigen Inhaber des
unter diesem Namen in Bern bestehenden Destillationsbetriebes) darüber
verlangt, ob nicht schon vor 1885 inAlkoholgesetz. N° 60. 461

grossen Brennereien Alkohol von 80 Grad und darüber aus Obst
hergestellt worden sei. Doch bestand kein Anlass diesem Antrage Folge
zu gehen. Zunächst ist er zu allgemein gehalten, als dass einer ihn
bestätigenden Aussage der Zeugen gegenüber den aktenmässigen
Momenten, die gegen diese Behauptung sprechen, Beweiskraft zukommen könnte
: zu einem zu berücksichtigenden Beweisangebote hätten zum mindesten
nähere Angaben darüber, welches diese Unternehmungen waren, und über
ihre Betriebsverhältnisse, technischen Anlagen usw. gehört. Sodann sind
auch die beiden Zeugen als Mitbeteiligte an einer der hauptsächlichen
Obstspritfabrikationsanlagen zu sehr am Ausgange des Streites
interessiert, als dass auf ihre Erklärungen ohne schlüssige, sie
stützende andere Umstände abgestellt werden dürfte (eine Bemerkung,
die übrigens auch für ihre sonstigen Aussagen oder diejenigen anderer
Zeugen, die sich in gleicher oder ähnlicher Lage befinden, gilt).
Dazu kommt, dass das eigene frühere Verhalten des Vaters Hostettler,
mit der Behauptung, die er bezeugen soll, in offenbarem Widerspruch
steht. Wäre die Spritfabrikation aus Obst tatsächlich schon früher
in dieser Weise betrieben worden, so würde er zweifellos als mit den
Verhältnissen wohl vertrauter Geschäftsmann, als er sie seit 1900 in den
Jahren besonders reicher Obsterntén, Überproduktion an Obst in einem
gewissen, immerhin auch nach seinen Angaben noch bescheidenem Masse
aufnahm, nicht um die Bewilligung der Alkoholverwaltung dazu nachgesucht
und sich zur Entrichtung von Abgaben (Gebühren) dafür bereit erklärt
haben, Wie noch zu erörtern sein wird.

Bestand aber zur Zeit der Verfassungsrevision etwas anderes als
die Herstellung von Branntwein aus diesen Stoffen als Nebenzweig
der Landwirtschaft und daneben Vielleicht in einer gewissen Anzahl
gewerblicher Betriebe (Kirschbrennereien und dergl.) überhaupt nicht
und konnte es nach dem damaligen Stand der Preise auf dem

462 Strafrecht.

Alkoholmarkte, des Obstbaus und der Brennereitechnik praktisch nicht
in Betracht kommen, so kann auch mit dem in Art. 32 Abs. I Satz 3BV
freigegebenen Brennen nur diese bisher allein geübte Art der Verwendung
gemeint sein. Die Materialien der Verfassungsrevision bieten denn auch
keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass man dem Vorbehalte eine darüber
hinausreichende Tragweite hätte geben wollen. Die Botschaft des
Bundesrats, der das gleiche Ergebnis dadurch erreichen wollte, dass
er der Bundesgesetzgebung, was die Fabrikation und deren fiskalische
Belastung betrifft, nur die Gewinnung gebrannter Wasser aus mehlhaltigen
und Hackfrüchten Zu unterstellen beantragte, begründete dies mit der
(damals angenommenen) geringeren Fuselhaltigkeit und Sehädlichkeit der
aus Steinund anderem Obst, Weintrestern und dgl. hergestellten gegenüber
den aus jenen anderen, der Bundesgesetzgebung zu unterstellenden
Stoffen stammenden B r a n n t W e i n e n (Schnäpsen) und damit,
dass sie bereits den höheren Preis hätten, der bei diesen erst durch
Besteuerung geschaffen werden müsse (Botschaft a. a. O. S. 478/79).
Und die nationalrätliche Kommission, welche demgegenüber (mit einigen
wenigen, sachlich unerheblichen Abweichungen) die heutige Fassung
vorschlug, bemerkt in ihrem Berichte (auk S. 13) zum Vorbehalte des Art.
32 bis Satz 3 : Ebenso geht die Kommission mit dem Bundesrat darin
einig, dass den Bundesvorschriften das Brennen von Wein, Obst und
deren Abfällen, von Enzianwurzeln, Wachholderbeeren und ähnlichen
Stoffen nicht unterstellt werden soll. Die Gründe dafür sind in der
Botschaft angeführt. Wir fügen bei, dass ein Verbot dieses Brennens,
das in Obst-und Weingegenden eine erwünschte Beschäftigung für die
Winterszeit bildet und die gewinnbringende Verwertung der Abfälle aus
der Mostund Weinbereitung erlaubt, auf unübersteigliche Hindernisse
stossen müsste ...... Die bäuerliche Kleinbrennerei, mit Rücksicht auf
die demnach. der Vorbehalt

Alkoholgesetz. No so. 463

wesentlich aufgenommen worden ist, kann aber in ihren Anlagen von
vorneherein nur Branntwein, nicht Spiritus oder Sprit erzeugen. Es darf in
diesem Zusammenhang, von anderen Zeugnissen abgesehen, auch noch auf das
Protokoll der nationalrätlichen Kommission für das erste Alkoholgesetz
von 1886 verwiesen werden, dem deshalb besondere Bedeutung zukommt,
weil damals die Absichten, die mit dem Vorbehalt des Art. 32 bis Satz
3 verbunden wurden, noch in frischer Erinnerung standen und weil der
Kommission zum grössten Teile dieselben Mitglieder wie vorher derjenigen
für die Verfassungsvorlage angehörten. Die Kommission beantragte,
neben dem Monopol des Bundes für die Herstellung gebrannter Wasser,
abgesehen vom Brennen der in der Verfassung vorbehaltenen Stoffe,
ein absolutes Monopol der Einfuhr, e i n s c h l i e s s l i c h der
aus solchen Stoffen stammenden Erzeugnisse, einzuführen, ähnlich Wie
es jetzt nach _ Art. 6
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 6
1    Die Konzessionen werden auf Gesuch hin durch das BAZG erteilt und erneuert. Sie sind gebührenfrei.
2    Über die Erteilung und Erneuerung der Konzession wird eine Urkunde ausgestellt.
3    Werden Konzessionsbedingungen nicht eingehalten oder fällt eine Voraussetzung der Konzessionserteilung weg, so kann das BAZG die Konzession nach Anhörung des Inhabers vor Ablauf der Konzessionsdauer entziehen.
4    ...14
des geltenden AlkG besteht, wobei aber immerhin
(entsprechend dem heutigen Art. 7 in etwas anderer Fassung) die Einfuhr
von Qualitätsspirituosen zu vom Bundesrat festzusetzenden. Bedingungen
und gegen Bezahlung von Monopolgebühren auch den Privaten gestattet
sein sollte. Dazu führt das Kommissionsprotokoll aus: Nach Ansicht der
Subkommission ist die Verfassungsmässigkeit eines Einfuhrmonopols für
alle Arten von Spirituosen unzweifelhaft. Denn die in Art. 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
BV
(gemeint ist Satz 3) für Q u a l i t ä t sspirituosen gemachte Ausnahme
bezieht sich nur auf die Regelung der Fabrikation und der Besteuerung,
nicht der Einfuhr ...... Unter den Qualitätsspirituosen (deren Einfuhr
unter den eben erwähnten Voraussetzungen auch Privaten erlaubt sein
sollte) sind erstlich ' verstanden a l l e, w e l c h e hinsichtlich
der Fabrikation nicht unter die Bundesgesetzgebung fall e n, ferner alle
jene feineren Trinkbranntweine, wie z. B. Kornbranntweine, mit deren
Vertrieb sich der Bund aus AS 51 I 1925 32

464 Strafrecht.

verwaltungstechnischen Gründen nicht leicht würde befassen können.
Als Qualitätsspirituosen, auf die sich danach der Vorbehalt der Verfassung
beziehen soll,

s können aber von vorneherein nur Branntweine, die noch die Provenienz aus
einem der betreffenden Stoffe, die dadurch bedingten charakteristischen
Geschmackastandteile aufweisen, nicht Spiritus und Sprit in Betracht
kommen.

Wäre die Möglichkeit ins Auge gefasst worden, dass die Bestimmung
auch auf die industrielle Verarbeitung zu den beiden letzteren
Erzeugnissen bezogen werden könnte, so würde man zweifellos für den
Vorbehalt eine andere Fassung gewählt haben, die diese Auslegung
von vorneherein ausgeschlossen hätte. Denn die freie Herstellung von
Spiritus und Sprit aus den streitigen Stoffen neben dem Monopol des
Bundes für die Verarbeitung anderer Stoffe dazu, müsste, was auch dem
Verfassungsgesetzgeber unmöglich hätte entgehen können, bei den Mengen,
welche mit den dazu erforderlichen Anlagen hergestellt werden können, zu
einer eigentlichen Sabotage der mit dem Monopol angestrebten Wirkungen,
sowohl des volkshygienischen Zweckes den Trinkverbrauch an gebrannten
Wassern durch deren Verteuerung einzuschränken, wie des damit verbundenen
fiskalischen Nebenzweckes führen. Der vom Bund beschaffte und durch die
Monopolauflagen verteuerte Spiritus und Sprit würde so durch ein Erzeugnis
verdrängt, das diesen Auflagen nicht unterliegt und darum entsprechend
billiger abgegeben werden kann. Dieselbe Folge hätte notwendig, wenn
die Möglichkeit einer solchen Ausdehnung des Vorbehalts überhaupt in
Betracht gezogen worden wäre, auch für den Fall der Ausführung des
Verfassungsartikels in Gestalt einer blossen Besteuerung der dem freien
Wettbewerb anheimgegebenen Fabrikation gebrannter Wasser vorausgesehen
werden müssen. Neben den besteuerten Spiritus und Sprit aus den nicht
unter den Vorbehalt des Satz 3 fallenden Stoffen Wäre

Alkoholgesetz.' N° eo. 455

dann der nicht besteuerte aus den letzteren Stoffen getreten, um ihm
den Absatz abzugraben.

Gegen eine solche andere Fassung, die die heute von den
Obstspritfabrikanten beanspruchte Auslegung des Vorbehalte von vorneherein
unmöglich gemacht hätte, würden auch keine referendumspolitischen Bedenken
bestanden haben. Sie dürften allerdings, wie die oben wiedergegebene
Stelle aus dem Bericht der nationalrät--

_lichen Kommission für die Verfassungsvorlage zeigt,

der Hauptbeweggrund gewesen sein, um der hergebrachten und allgemein
verbreiteten Schnapsbrennerei aus den betreffenden Stoffen das in Satz
3 des Artikels liegende Zugeständnis zu machen, während die übrigen,
in der Botschaft des Bundesrates angeführten Gründe wohl'mehr nur eine
unterstützende Bedeutung hatten. Dagegen hätten sie in keiner Weise gegen
eine Redaktion gesprochen, welche sich ausdrücklich darauf beschränkt
hätte, in dieserBeziehu'ng den hergebrachten Zustand festzuhalten,
weil mit der daraus folgenden unzweideutigen Begrenzung der Ausnahme
auf die Branntweinfabrikation damals angesichts der Unbekanntheit und
wirtschaftlichen Unmöglichkeit der heute streitigen anderen Verwendung
zur Spiritusund Spritfabrikation keine Interessen verbunden waren,
die hätten verletzt werden können.

Wenn alle diese Erwägungen vielleicht dann nicht entscheidend sein
könnten, falls der Verfassungsgesetzgeber den Text des Vorbehalts
selbst in einer Weise formuliert hätte, die die beabsichtigte
beschränkte Bedeutung desselben nicht zum Ausdruck bringen wiirde,
dazu schlechterdings ungeeignet wäre, so dürfen sie doch massgebende
Bedeutung beanspruchen, wenn es sich um die Auslegung eines von der
Verfassung selbst verwendeten Ausdruckes handelt, der wie der in Art. 32
bis Abs. 1 Satz 3 gebrauchte des Brennens verschiedener Deutung, einer
engeren und weiteren fähig ist. Sie unterstützen in zwingender Weise den

468 Strafrecht.

schon durch die Verwendung dieser Ausdrucksweise statt der in Satz 1
gebrauchten der Fabrikation gebrannter Wasser nahegelegten Schluss, dass
es einzig ' die unter diesem Ausdruck gemeinhin, nach dem ge*wòhnlichen
Sprachgebrauch verstandene Tätigkeit der einfachen Destillation und
ihr Erzeugnis der Branntwein waren, die nach dem Willen der Verfassung
von der Bundesgesetzgebung ausgenommen wurden. Einer besonderen,
ausdrücklichen Einbeziehung der Herstellung von Spiritus und Sprit
aus den betreffenden Stoffen unter die Bundesgesetzgebung bedurfte es
daneben nicht, um dieselbe unter anderen als den durch diese Gesetzgebung
aufzustellenden Bedingungen als unzulässig erscheinen zu lassen. Sie war
bereits in Abs. 1 Satz l des Verfassungsartikels enthalten, der den zu
erlassenden Vorschriften grundsätzlich jede Herstellung gebrannter Wasser
überhaupt unterwirft und von dem eine Ausnahme eben nur in dem Umfange,
als sie durch Satz 3 vorgesehen wird, für die Herstellung von Schnaps
(Branntwein) aus den hier erwähnten Stoffen besteht.

Gegen diese Auslegung spricht auch nicht etwa, dass in dem Vorbehalte
neben dem Brennen auch wieder der Ausdruck Fabrikation verwendet wird
( Das Brennen ,von Wein, Obst usw. fällt betreffend, die Fabrikation
und Besteuerung nicht unter die Bundesgesetzgebung ). Es sollten damit
nicht etwa ausser der Brennerei auch andere Fabrikationen freigegeben
werden, sondern nur zum Ausdruck gebracht werden, dass die Freiheit
sich nur auf die im B r e n n e n liegende Fabrikationstätigkeit und
ihre Belastung, nicht auf den V e r k a uf der durch diese Fabrikation
gewonnenen Erzeugnisse beziehe (der in Art. 17
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 17
1    Das BAZG kann den im Haushalt und Landwirtschaftsbetrieb des Hausbrenners nicht erforderlichen Kernobstbrand übernehmen. Dabei gelten die Artikel 10 und 11 sinngemäss.
2    Wird solcher Kernobstbrand entgeltlich oder unentgeltlich an Drittpersonen abgegeben, so unterliegt er der Besteuerung nach den Artikeln 20-23.
AlkG mitgeregelt ist). Das
nur dies die Meinung ist, zeigt klar der französische Verfassungstext:
a La distillation du vin, des fruits... est exceptée des prescriptions
fédérales concernant la fabrication et

Alkoholgesetz. N° so. 467

l'impöt. Das Wort Fabrikation steht demnach einfach für. Herstellung, den
durch das Brennen dargestellten Herstellungsprozess; um nicht das gleiche
Wort Brennen wiederholen zu müssen, wird das allgemeinere Fabrikation
gewählt. Und ebensowenig kann ein Argument für die von der Verteidigung
vertretene weitere Auslegung des Vorbehalts daraus hergeleitet werden,
dass nach der bundesrätlichen Vorlage für die Verfassungsrevision
der Bundesgesetzgebung nur die Herstellung und der Verkauf gebrannter
Wasser aus

' mehlhaltigen und Hackfrüchten unterstellt werden sollte.

Wenn bei dieser Fassung allerdings im Erfolge auch die Fabrikation von
S p r i t und S p i r i t u s aus Obst als'frei hätte betrachtet werden
müssen, weil die Verfassung eben das Eingreifen des Bundesgesetzgebers
auf den Fall der Verwendung ganz bestimmter Stoffe zur Herstellung
beschränkt hätte, so war damit dort keineswegs eine dahingehende Absicht
verbunden. Vielmehr erklärt sieh der Vorschlag einfach daraus, dass
man an die Herstellung dieser Erzeugnisse aus anderen als den nach der
Vorlage in den Verfassungsartikel einzubeziehenden Stoffen überhaupt
nicht dachte, weilsie damals nicht bekannt war und nicht in Betracht
fallen konnte. Es lässt sich somit auch daraus, nachdem

an Stelle ,des vom Bundesrat beantragten der heute

geltende Text Gesetz geworden ist, kein Schluss auf einen solchen
angeblichen Willen des Verfassung-gesetzgebers ziehen. Dies umsoweniger
als die nationalrätliche ' Kommission die heute geltende Fassung des
Art. 32 bis Satz l gerade auch zu dem Zwecke vorgeschlagen hat, um j e
d e Gewinnung gebrannt-er Wasser, ausser der durch Satz 3 vorbehaltenen
Tätigkeit des Brennens _ der hier erwähnten Stoffe, mit Einschluss bis
jetzt nicht geübter, neuer Erstellungsweisen den bundesgesetzlichen
Beschränkungen zu unterwerfen, wie aus der nachfolgenden Stelle auf
S. 14 ihres Berichtes hervorgeht: Im Ferner-en konnte die Einbeziehung
der mehlhaltigen

468 Strafrecht.

und der Hackfrüchte zwar als für den gegenwärtigen Stand der Brennerei
zulänglich erachtet werden. Es ist aber nicht zu übersehen, dass
schon jetzt andere Er' zeugungsarten des Alkohols bekannt sind: wer
kann angesichts der mannigfachen Fortschritte der chemischen Technik
behaupten, dass nicht binnen kurzer Frist diese anderen Erzeugungsarten
genügend vervollkommnet sind, um Sich zur. fabrikmässigen Ausbeutung
zu eignen. Gegenüber einer solchen neuen Fabrikationsweise wäre die
bundesrätliche Fassung des Art. 32 bis wirkungslos. Die neue Redaktion
baut in dieser Richtung vor. 5. Das hinsichtlich der Auslegung der
V e r f a ss u n g gewonnene Ergebnis wäre nun freilich für sich
allein nicht entscheidend. Denn Art 32 bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
BV ermächtigt lediglich
den Bundesgesctzgeher die Fabrikation und den Verkauf gebrannter Wasser
innert der darin gezogenen Schranken zu regeln ; er stellt diese Regelung
nicht selbst auf. Massgehend für die Frage der Rechtsheständigkeit des
streitigen Bundesratsbeschlusses muss deshalb der Umfang sein, in dem
das G e s e t z tatsächlich von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht
hat und der auch hinter derselben zurückbleiben könnte. Für eine solche
Absicht bietet aber zunächst jedenfalls Art. 1 Abs. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
des geltenden AlkG
keinen Anhalt. Er wiederholt einfach, unter etwas näherer namentlicher
Aufzählung der hegünstigten Stoffe, die Fassung des Art. 32 bis Abs. 1
Satz 3 der Verfassung. Im übrigen aber enthält gerade das Gesetz eine
Anzahl anderer Vorschriften, Welche die beschränkte, dem Sinne der
Verfassungsnorm entsprechende Bedeutung, die der fraglichen Ausnahme
auch nach dem Willen des Gesetzgebers zukommen soll, unzweideutig
hervortreten lassen. So zunächst die bereits in anderem Zusammenhange
erwähnte Bestimmung des Art. 2, wonach annähernd ein Vierteil des
Landesbedarfs an Sprit und S p 1 r i t u 5 durch Lieferungsverträge
beschafft werden soll, welche der Bund mit inländischen Brennern

Alkoholgesetz. N° 60. 469

abzuschliessen hat. Sie ist nur unter der Voraussetzung verständlich, dass
das Monopol des Bundes grundsätzlich jede Herstellung dieser Erzeugnisse
gleichgiltig aus welchen Stoffen umfasst. Wäre daneben auch eine vom
Monopol des Bundes freie Herstellung, nämlich aus den in Art. 1 Abs. 2
genannten Stoffen möglich, so würde der Verwaltung schon die Möglichkeit
fehlen überhaupt den Landesbedarf daran und damit die Menge, deren
Herstellung in der erwähnten Weise zu vergeben ist, irgendwie zuverlässig
festzustellen. Es hätte dann folgerichtig und vernünftigerweise der Bund
auch nicht verpflichtet werden können, ein Viertel dieses Landesbedarfes,
sondern höchstens einen gewissen Bruchteil des Bedarfes für den von ihm
ausgehenden Verkauf monopolpflichtiger Ware so zu decken. Art. 18 sodann
verpflichtet die Kantone die Aufsicht über die Herstellung monopolfreier
Branntweine und über den Privathandel mit gehrannten Wassern aller Art
zu führen, während im übrigen der Vollzug des Gesetzes nach Art. 19 dem
Bundesrat obliegt. Käme neben der Branntweinerzeugung noch ein anderer
Zweig monopolf r e i e r Herstellung gebrannter, Wasser, nämlich die
Spiritusund Spritfabrikation in Betracht, so hätte notwendigerweise jene
gewerbeund gesundheitspoiizeiliche Beaufsichtigung durch die Kantone
auch hiefür vorgeschrieben werden müssen,-da sie dafür nicht minder
notwendig ist (die eidgen. Lebensmittelgesetzgebung, aus der sich
die entsprechende Pflicht allenfalls auch sonst hätte ergeben können,
bestand damals noch nicht). Wenn das Gesetz sie nur für den monopolfreien
Branntwein vorgesehen hat, so lässt sich dies nur aus der Voraussetzung
erklären, dass er das einzige Erzeugnis sei, das überhaupt ausserhalb
des Monopols gewonnen werden dürfe. Es liegt darin eine durch das Gesetz
selbst gegebene Auslegung des in Art. I Abs. 2 verwendeten Ausdruckes
Brennen, die jeden sonst allenfalls noch möglichen Zweifel über dessen

470 Strafrecht.

Bedeutung beseitigt. Auf der gleichen Voraussetzung beruht ferner
augenscheinlich Art. 12 Abs. 4, der den Bund verpflichtet, dafür zu
sorgen, dass die von ihm in den Verkehr gebrachten Wasser genügend
gereinigt seien. Es hätte keinen Zweck gehabt eine solche Reinigung
für den v o n ih m verkauften Monopolsprit und Spiritus vorzuschreiben,
wenn daneben in freier Privattätigkeit erstellte, von der Vorschrift
nicht betroffene unbeschränkte Mengen beider auf den Markt geworfen
und so der vom Gesetz verfolgte gesundheitspolizeiliche Zweck vereitelt
werden könnte. Dass Art. 12 Abs. 4 gleichWohl nur von einer entsprechenden
Pflicht des Bundes spricht, kann nur auf der Annahme, dass er der einzige
Verkäufer alles in der Schweiz überhaupt in den Handel gebrachten Spiritus
und Sprits sei, d. h. emes lückenlosen Monopols für beide Erzeugnisse,
beruhen.

Demgegenüber sind die Argumente, welche die Verteidigung aus anderen
Bestimmungen für die entgegengesetzte Auffassung herleiten will,
nicht schlüssig. So vor allem der Umstand, dass Art. 2 des Gesetzes die
Lieferanten, an die die Herstellung eines Teiles des Landeshedarfes an
Spiritus und Sprit in Form der hier vorgesehenen Lose zu vergeben ist,
als Brenner , die einzelne Betriebsperiode als Brennjahr und die
entsprechenden Betriebe als Brennereien bezeichnet. Es geschieht dies
eben in einem ganz bestimmten Zusammenhange, welcher durch die Verbindung
mit dem übrigen Inhalt der Bestimmung erkennen lässt, dass das Wort dabei
nicht mehr in hergebrachten, verbreiteten, sondern in einem weiteren, an
sich auch noch möglichen Sinne verwendet wird : ein Rückschluss darauf,
dass ihm auch in Art. 1 Abs. 2, wo es für sich allein gebraucht ist,
jene weitere uneigentliche Bedeutung zukommen soll, kann daraus gerade
angesichts des sonstigen Inhalts des Art. 2 selbst, der durchaus dagegen
spricht, nicht gezogen werden. Aehnliches gilt von der

Alkoholgesetz. N° 60. 471

Vorschrift des Art. 17 Abs. 4, wonach Landwirte, deren Eigenproduktion
aus monopolfreiem Eigengewächs 40 Liter nicht übersteigt, das E 1" z
e u g n i s in Mengen von je wenigstens 5 Litern frei verkaufen dürfen
. Es kann hier, trotzdem das Gesetz es ausdrücklich nicht sagt, schon
nach dem Zusammenhang nur an Branntwein gedacht sein, weil Produzenten,
die nur über so geringe Mengen zu verarbeitender Stoffe verfügen,
von vorneherein höchstens solchen, nicht Spiritus oder Sprit herstellen
werden. Das frühere AlkG von 1886 sprach dies denn auch unzweideutig aus,
indem es in Art. 8 bestimmte : Brenner jedoch, welche im nämlichen Jahre
höchstens 40 Liter nic h t bundesstenerpflichtigen B r an n t w e i n
darstellen, dürfen ihr Erzeugnis in Quantitäten von mindestens fünf Litern
frei verkaufen. Wenn im neuen Gesetz eine andere Fassung gewählt wurde,
so geschah dies nicht auf Grund einer abweichenden Auffassung über die
durch Art. l Abs. 2 des Gesetzes freigegebenen Produktionszweige, sondern
aus einer ganz anderen Erwägung, die aus der vom Kommissionsreferenten
im Nationalrat gegebenen nachfolgenden Erläuterung (Stenogr. Bulletin
1899 S. 904) hervorgeht: Der Wortlaut des bestehenden Gesetzes passt
für die heutigen Verhältnisse nicht mehr recht. Ganz im Stillen hat sich
überall in den Weinund Obstgegenden bei der Verwertung der Trester zu
Konsumwein ein Umschwung vollzogen. Der Landwirt braucht heute keine
Brennereieinrichtung und kein Brenngeschirr mehr. Er ist nicht mehr
Brenner. Ambulante Brennereiwagen durchziehen das Land ; der Landwirt
bringt ihnen seine Trester und nimmt einige Stunden später den daraus
gezogenen B r a n n t we i n in Empfang . Auffallender ist allerdings,
dass die Vollziehungsverordnung zum Gesetz vom 24. Dezember 1900 in
Art. I ausschliesslich zwischen monopolpflichtigen und monopolfreien
Rohs t o f f e n unterscheidet und, indem sie in Abs. 2

472 Strafrecht.

bestimmt: Monopolfrei sind einzig die ausschliesslich

aus diesen einheimischen Rohstoffen (Trauben, Trauben-

oder 0bstwein, Traubenoder Obsttrestern, Weinoder . Mosthefe, Kern-,
Steinoder Beerenobst und Enzian-

Wurzeln) gewonnenen einheimischen E r z e n g n i s s e,

jede Verarbeitung dieser Stoffe auf alkoholhaltige Er-

zeugnisse ohne Rücksicht auf Alkoholgehalt und sonstige '

Eigenschaften als frei zu betrachten scheint. Doch darf auch hier Wiederum
nur eine zu weite, ungenaue Ausdrucksweise angenommen werden, die darauf
zurückzuführen ist, dass das Problem einer Konkurrenzierung des Monopols
durch Herstellung anderer Destillate als Branntwein daraus sich damals
praktisch überhaupt noch nicht stellte. Da es sich ausschliesslich um eine
im Verordnungswege erlassene Vollziehungsvorschrift handelt, hinderte
andererseits den Bundesrat nichts, auf dieselbe zurückzukommen und sie
durch eine andere Fassung zu ersetzen, wie er es durch den Beschluss
vom 28. Juli 1922 getan hat, solange er sich dabei innert des Rahmens
einer blossen Ausführung des richtig verstanldletjien Gesetzes, der in
diesem aufgestellten Rechtssätze

e .

6. _Der Angeklagte hat denn auch nicht darzutun vermocht, dass
die Verwaltung in der Praxis bis zum Kriege je eine von der
vorstehend vertretenen abweichende Auslegung des Gesetzes betätigt
hätte. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass der dafür als Zeuge
angemfene Hostettler Vater m it W i 1 le n und Wissen der Verwaltung vor
dem Jahre 1900 in seinen Anlagen etwas anderes als 0 b s tb r a n n t W e
i n, vielleicht gelegentlich hohen Grades, erzeugt oder nachher, schon vor
dem Kriege mit anderen Apparaten Spiritus oder Sprit aus Obst hergestellt
hätte als mit demjenigen, der ihm zur Verarbeitung der aus dem Betriebe
der Zuckerfabrik Aarberg stammenden Melasse zu diesen Erzeugnissen auf
Grund des ihm von der Alkoholverwaltung nach Art. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 2
1    Als «gebrannte Wasser» im Sinne dieses Gesetzes gilt der Äthylalkohol in jeder Form und ohne Rücksicht auf die Art seiner Herstellung.
2    Die ausschliesslich durch Vergärung gewonnenen alkoholischen Erzeugnisse sind, unter Vorbehalt der Vorschrift in Absatz 3, den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht unterworfen, sofern ihr Alkoholgehalt 15 Volumenprozente, bei Naturweinen aus frischen Weintrauben 18 Volumenprozente nicht übersteigt.5
3    Auf Erzeugnisse, die neben andern Stoffen gebrannte Wasser enthalten, werden die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend angewendet.
4    Jede andere Alkoholart, die zu Trinkzwecken dienen kann und den Äthylalkohol zu ersetzen vermag, wird durch Verordnung des Bundesrates diesem Gesetz unterstellt.
AlkG vergebenen

Alkoholgesetz. No eo. 473

entsprechenden Brennloses diente. Die Fabrikation mit diesem Apparate
aber fällt (gleich der einmal, in einem besonders reichen Obstjahre
durch die konzessionierten Kartoffelspiritus Brenner (Losinhaber)
für die Alkoholverwaltung zu den Bedingungen ihrer Pflichtenhefte
durchgeführten Verwertung von Obstüberschüssen) deshalb ausser Betracht,
weil sie unter der Kontrolle der Alkoholverwaltung, auf Grund einer
besonderen Bewilligung derselben und gegen eine von ihr festgesetzte
Abgabe (Gebühr), also in der durch Art. 4
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 4
1    Der Bund erteilt Brennereikonzessionen zur Herstellung und Reinigung gebrannter Wasser, welche das Bundesamt für Zoll und
2    Die Konzessionen mit Übernahmerecht werden erteilt:10
a  für Hackfruchtbrennereien, d.h. feststehende Brennereien, die inländische Kartoffeln oder Rückstände der Rübenzuckerfabrikation aus inländischen Rohstoffen verarbeiten;
b  für Kernobstbrennereien, d.h. feststehende oder fahrbare Brennereien, die für eigene Rechnung brennen und folgende einheimische Rohstoffe verwenden: Äpfel, Birnen, die daraus gewonnenen Obstweine und Obsttrester sowie andere Abfälle dieser Rohstoffe;
c  für Industriebrennereien, d.h. Betriebe, die Rückstände der Presshefe- und Zuckerfabrikation oder andere Rohstoffe in- oder ausländischer Herkunft verarbeiten;
d  für Rektifikationsanstalten, d.h. Betriebe, die das Hochgrädigbrennen gebrannter Wasser11, die Reinigung gebrannter Wasser oder die Herstellung von absolutem Alkohol besorgen;
e  für Alkoholfabriken, d.h. Betriebe, die auf chemischem Wege Alkohol gewinnen.
3    Die Konzessionen ohne Übernahmerecht werden erteilt:12
a  für Spezialitätenbrennereien, d. h. feststehende oder fahrbare Brennereien, die Steinobst, Kernobst, ausser Äpfel und Birnen und deren Erzeugnisse und Abfälle, oder Wein und dessen Rückstände und Abfälle, Enzianwurzeln, Beerenfrüchte und ähnliche Rohstoffe brennen;
b  für Lohnbrennereien, d. h. feststehende oder fahrbare Brennereien, die für Dritte gegen Lohn die in Artikel 3 Absatz 3 genannten Rohstoffe brennen.
4    Unter den vom Bundesrat aufzustellenden Bedingungen können für den gleichen Brennereibetrieb verschiedene Konzessionen nebeneinander erteilt werden.
AlkG vorgesehenen Form einer
monopolpflichtigen Produktion geschah. Daraus, dass jene Gebühr nur
auf 11 Fr. 25 Cts. statt auf den in Art. 7 der Vollziehungsverordnung
für Bewilligungen nach Art. 4 des Gesetzes vorgesehenen ordentlichen
Ansatz von 90 Fr. per Hektoliter absoluten Alkohols festgesetzt wurde,
ist allerdings herzuleiten versucht worden, dass es sich nicht um eine
Monopolabgabe, sondern bloss um eine Verwaltungsgebühr gehandelt habe
(bestimmt die Kosten der Kontrolle darüber zu decken, dass nicht als
von der Alkoholverwaltung zu übernehmender Melassesprit solcher aus
Obst, für den eine Übernahmepflicht nicht bestand, mitunterschoben
werde). Allein abgesehen davon, dass von diesem Gesichtspunkte aus der
Ansatz offenbar wieder erheblich zu hoch wäre, stehen dieser Deutung
auch die vom Direktor der Alkoholverwaltung bei seiner Einvernahme
vorgelegten Urkunden entgegen. Als im September 1908 Hostetfler wieder
Obstübersehüsse auf Spiritus zu verarbeiten wünschte, schrieb er am
22. September 1908 unter Bezugnahme auf vorangegangene Verhandlungen mit
der Alkoholverwaltung an diese: Daher werde ich von Ihrer E r l a u b
n i s Gebrauch machen und meinen Destillationsapparat benutzen und vom
erzeugten Ohstspiritus per Hektoliter absoluten Alkohole 11 Fr. 25 Cts. S
t e u e r bezahlen, wie in den Jahren 1900 und 1904. Vor Inbetriebsetzung
des Apparates werde ich zwecks Plombage desselben die Verwaltung

474 Strafrecht.

benachrichtigen. Im Jahre 1910 wurde dann die Erlaubnis zur Benutzung
des Melassespiritus-Fabrikationsapparates für die Herstellung von
Obstspiritus unter Kontrolle der Alkoholverwaltung und gegen die Abgabe
von 11 Fr. 25 Cts. in die neue Konzession (Brennlos-vergebung nach Art. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 2
1    Als «gebrannte Wasser» im Sinne dieses Gesetzes gilt der Äthylalkohol in jeder Form und ohne Rücksicht auf die Art seiner Herstellung.
2    Die ausschliesslich durch Vergärung gewonnenen alkoholischen Erzeugnisse sind, unter Vorbehalt der Vorschrift in Absatz 3, den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht unterworfen, sofern ihr Alkoholgehalt 15 Volumenprozente, bei Naturweinen aus frischen Weintrauben 18 Volumenprozente nicht übersteigt.5
3    Auf Erzeugnisse, die neben andern Stoffen gebrannte Wasser enthalten, werden die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend angewendet.
4    Jede andere Alkoholart, die zu Trinkzwecken dienen kann und den Äthylalkohol zu ersetzen vermag, wird durch Verordnung des Bundesrates diesem Gesetz unterstellt.

AlkG) für diese MelassesPritlieferungen an den Bund aufgenommen. Als es
sich im Jahre 1913 um die Verlängerung der letzteren Konzession handelte,
berichtete der mit der Behandlung des Geschäftes betraute Beamte der
Alkoholverwaltung : Die Gebühr von 11 Fr. 25 Cts. für das Brennen
monopolfreier Stoffe ist Ijz der Monopolgebühr : sie müsste demnach
mit Rücksicht auf die (seither vom Bundesrat beschlossene) Erhöhung der
Monopolgebühr auf 12 Fr. 50 Cts. gesetzt werden. Am Rande findet sich
die folgende Weisung des Direktors der Alkoholverwaltung vom 26. Juli 1913
: Schliessen Sie auf Grund des bisherigen Spirituspreises und einer M o n
o p o l g eh ü h r von 12 Fr. 50 Cts. mit Hostettler und der Zuckerfabrik
einen Vertrag bis 30. Juli 1914 ab. Die Ermässigung der Abgabe bis auf
diese Ansätze erklärt sich offenbar aus dem Bestreben, die Fabrikation
überhaupt möglich zu machen, die sonst bei den damaligen Verkaufspreisen
für monopolpflichtigen Spiritus nicht hätte in Betracht kommen können,
an der aber andererseits wegen der vorhandenen, nicht verwertbaren
Obstüberschüsse ein gewisses allgemeines Interesse bestand. Irgend ein
anderes Verhältnis aber, bei dem mit Wissen und Willen der Alkoholverwalt
u n g in dieser Periode f r e i, ohne solche Bewilligung, Kontrolle und
Abgaben im Sinne von Art. 4
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 4
1    Der Bund erteilt Brennereikonzessionen zur Herstellung und Reinigung gebrannter Wasser, welche das Bundesamt für Zoll und
2    Die Konzessionen mit Übernahmerecht werden erteilt:10
a  für Hackfruchtbrennereien, d.h. feststehende Brennereien, die inländische Kartoffeln oder Rückstände der Rübenzuckerfabrikation aus inländischen Rohstoffen verarbeiten;
b  für Kernobstbrennereien, d.h. feststehende oder fahrbare Brennereien, die für eigene Rechnung brennen und folgende einheimische Rohstoffe verwenden: Äpfel, Birnen, die daraus gewonnenen Obstweine und Obsttrester sowie andere Abfälle dieser Rohstoffe;
c  für Industriebrennereien, d.h. Betriebe, die Rückstände der Presshefe- und Zuckerfabrikation oder andere Rohstoffe in- oder ausländischer Herkunft verarbeiten;
d  für Rektifikationsanstalten, d.h. Betriebe, die das Hochgrädigbrennen gebrannter Wasser11, die Reinigung gebrannter Wasser oder die Herstellung von absolutem Alkohol besorgen;
e  für Alkoholfabriken, d.h. Betriebe, die auf chemischem Wege Alkohol gewinnen.
3    Die Konzessionen ohne Übernahmerecht werden erteilt:12
a  für Spezialitätenbrennereien, d. h. feststehende oder fahrbare Brennereien, die Steinobst, Kernobst, ausser Äpfel und Birnen und deren Erzeugnisse und Abfälle, oder Wein und dessen Rückstände und Abfälle, Enzianwurzeln, Beerenfrüchte und ähnliche Rohstoffe brennen;
b  für Lohnbrennereien, d. h. feststehende oder fahrbare Brennereien, die für Dritte gegen Lohn die in Artikel 3 Absatz 3 genannten Rohstoffe brennen.
4    Unter den vom Bundesrat aufzustellenden Bedingungen können für den gleichen Brennereibetrieb verschiedene Konzessionen nebeneinander erteilt werden.
AlkG Obstsprit hergestellt worden wäre, hat
nicht dargetan werden können. Dass im Gegenteil die Praxis der Verwaltung
bis dahin eine durchaus feste, der oben vertretenen Gesetzesauslegung
entsprechende war, zeigt die Aussage des Zeugen Iseli, Präsidenten des
Verbandes der konzessionierten Brennlosinhaber. Danach hatten die

Alkoholgesetz. No 50. 475

Ietzteren, nach dem einmal gemachten Versuche, auch später wieder
um die Erlaubnis nachgesucht, ihre Anlagen zur Verarbeitung von
Obstüberschüssen verwenden zu dürfen: als die Alkoholverwaltung dies
abschlug, standen sie ohne-weiteres von ihrem Vorhaben ab, weil auch sie
auf Grund der bisherigen Handhabung des Gesetzes der Überzeugung waren,
dass Spiritus und Sprit selbst aus solchen Stoffen nur mit Zustimmung der
Alkoholverwaltung, als monopolpflichtige Produktion, herge-stellt werden
dürfen. Damit stimmt ferner überein die Aussage des Zeugen Regierungsrat
Dr. Moser : die landwirtschaftliche Schule Rüti, deren Leiter er war,
hatte eine fahrbare Brennerei für die Verwertung der Obsttrester
angeschafft; es erschien dann ein Kontrolleur der Alkoholverwaltung,
der darauf aufmerksam machte, dass aus den Trestern nur Schnaps, kein
Sprit hergestellt werden dürfe, woran sich die Leitung der Schule hielt.

Wenn in den späteren Kriegsjahren, nach 1916 für die Zeit von 1914 bis
dann ist wiederum etwas derartiges nicht dargetan die Vollziehung des
Gesetzes insofern etwas ins schwanken geriet, als gegen die hie und
da auftauchende Verarbeitung von Obstweinen und Obsttresterschnäpsen
zu Spiritus ohne Bewilligung und Monopolabgaben nicht eingeschritten
wurde, so lässt sich dies aus der damals infolge der stockenden Einfuhr
bestehenden Spritnot verstehen, die dazu bewegen mochte, nicht auf dem
Buchstaben des Gesetzes zu bestehen und selbst Zuwiderhandlungen gegen
dasselbe in den Kauf zu nehmen, wenn damit jenem für die Volkswirtschaft
nachteiligen Mangel abgeholfen werden konnte. Es darf daraus sowenig auf
die Überzeugung der Verwaltung geschlossen werden, dass es sich um eine T
ätigkeit handle, die sieauf Grund des Gesetzes nicht zu hindern vermöge,
wie auf anderen Gebieten, wo man sich unter dem Drucke der Verhältnisse,
um nicht höhere Interessen zu gefährden, zu einer Lockerung bestehender
gewerbepolizeilicher und anderer Schranken entschliessen

476 Strafrecht.

musste. Angesichts der Verfügung des Volkswirtschaftsdepartementes
vom 27. Oktober 1917 betreffend den Handel mit Obstbranntwein
(Gesetzessammlg. 33 S. 894) und der Tatsache, dass im Jahre 1917/18
auf Grund derselben die Alkoholverwaltung selbst, sehr grosse Mengen
Obstbranntwein bei den Obstverwertungszentralen an sich zog, um sie auf
Sprit zu rektifizieren, kann übrigens auch jene private Spirituserzeugung
damals noch keinen bedeutenden Umfang angenommen haben.

Seit 1919 aber lag der Antrag des Bundesrates auf Revision des Art. 32
bis
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
BV bei den Raten, der bei Annahme durch das Volk mit der Ausdehnung
der Bundesgesetzgebung auf jede Fabrikation gehrannter Wasser, auch auf
die heute freie Herstellung von Branntwein aus den in Satz 3 des geltenden
Art. 32 bis genannten Stoffen, sogar den Bereich des Monopols noch weiter
gezogen hätte, Gerade die bezügliche Botschaft vom 27. Mai 1919 liefert
aber für die Auffassung, dass dem Verhalten der Verwaltung während der
Kriegsjahre das von der Verteidigung behauptete Motiv zu Grunde gelegen
hätte, keinerlei Stütze. Es wird darin allerdings als ein Mangel bedauert,
dass nicht der Verfassungsgesetzgeber im Jahre 1885, Wie das bernische
Gesetz von 1884, das Privileg des Art. 32 bis Satz 3 auf die nicht
gewerbsmässige, bäuerliche Kleinbrennerei beschränkt und damit auch die
industrielle, grossbetriebliche Obstbrennerei der gleichen Ungebundenheit
habe teilhaftig werden lassen. Die weiteren Ausführungen zeigen aber klar,
dass dabei nicht etwa an die Obstspritund Spiritusfabrikation, sondern
ausschliesslich an die gewerbliche Herstellung von Trinkbranntwein, wie
sie sich als Mittel der Tresterverwertung bei den Mostereien inzwischen
ins Grosse gesteigert hatte, gedacht "war. Es ist darin ausschliesslich
und immer nur vom Obstbranntwein (Schnaps) die Rede, dessen Unterstellung
unter die Bundesgesetzgebung und damit die Beseitigung der unzähligen
zu dessen HerstellungAlkoholgesetz. N° 60. 477

dienenden Brennereibetriebe, insbesondere der Brennerei im Bauernhaus
als das Ziel der Revision bezeichnet wird. Nirgends findet sich auch nur
eine Andeutung, dass es einer solchen auch bedürfen Würde, um die Spritund
spirituserzeugung aus diesen Stoffen auszuschliessen. Im Laufe des Jahres
1919 und nicht früher nach seiner eigenen Aussage hatte dann Hostettler
seinen Bren-ss nereibetrieb durch Anschaffung der entsprechenden Apparate
auf die Herstellung von Obstsprit im Grossen umgestellt und es traten
seither auch anderwärts solche Anlagen auf. Schon am 1. Juni 1920 gab
darauf die Alkoholverwaltung dem Justizdepartement die Absicht kund,
einen Bundesratsbeschluss zu veranlassen, durch den die Herstellung aller
gebrannten Wasser mit mehr als 75 Volumenprozent Alkohol ausdrücklich als
monopolpfliehtig erklärt werden sollte: das Departement erwiderte damals,
dass es keine Bedenken hiegegen sehe, wobei es immerhin aus politischen
Rücksichten ein schonendes Vorgehen empfahl. Die abwartende Haltung,
die die Alkoholverwaltung in der folgenden Zeit zunächst einnahm,
lässt sich abgesehen davon auch aus der in Beratung befindlichen
Verfassungsrevision verstehen, die jeder Meinungsverschiedenheit über
die heute streitige Frage von vorneherein ein Ende gemacht hätte und
deren schleppender Gang nicht vorausgesehen werden konnte. Als dann die
Verabschiedung der Verfassungsvorlage durch die Räte noch immer auf sich
warten liess, wurde der heute in Betracht kommende Bundesratsbeschluss
vom 28. Juli 1922 erlassen. Schon die Tatsache, dass dies neben
dem Abschluss der Übereinkunft mit dem Obstspritfabrikantenverband
betreffend die Ablieferung der aus inländischem Kernebst, Obstsaft,
0bstmost, Obsttrestern und Obstdrusen stammenden gebrannten Wasser an
die eidg. Alkoholverwaltung und am gleichen Tage wie deren Genehmigung
durch den Bundesrat geschah, lässt die Schlüsse, welche die Verteidigung
aus dieser Übereinkunft ziehen Will,

478 Strafrecht.

als nicht haltbar erscheinen. Vollends werden sie Widerlegt durch das
Referat des Direktors der AlkoholverWaltung über diesen Gegenstand,
das in dem vom Angeklagten selbst vorgelegten Protokoll der Sitzung
der Alkoholkommissionen der Räte vom 7. /8. Juli 1922 enthalten ist. Es
wird darin der Erlass eines solchen Bundesratsbeschlusses n e b e n der
Übereinkunft bereits angekündigt und vorgesehen und die Übereinkunft
nicht etwa zu dem Zwecke als nötig erklärt, um überhaupt eine Macht
über die Obstspiritusund Spritfabrikation zu erlangen; vielmehr wird
sie ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt einer Form des Voilzuges
der durch den Beschluss festzustellenden Konzessionspflicht gewertet
und hervorgehoben, dass sie ausserdem, weil damit die Inhaber bereits
bestehender solcher Fabrikationsbetriebe zufrieden gestellt würden, den
Vorzug habe, ihren Widerstand gegen jene Massnahme auszuschalten. Wenn
im Eingang der Übereinkunft die darin vorgesehenen Bestimmungen als
Ergebnis freier Vereinbarung zwischen beiden Teilen bezeichnet werden,
so kommt somit darin höchstens zum Ausdruck, dass die beteiligten
Obstspritfabrikanten ein gesetzliches Recht der Alkoholverwaltung, sie
solchen Beschränkungen zu unterstellen, schon damals nicht anerkennen
wollten, keineswegs, dass die Alkoholverwaltung umgekehrt sich den
Standpunkt der Fabrikanten zu eigen gemacht hätte, dass sie zu ihrer
Tätigkeit auch ohne Konzession und Einwilligung der Verwaltung befugt
Wären. sachlich aber wurde durch diese Übereinkunft kein anderes
Verhältnis begründet, als es nach Art. 2
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 2
1    Als «gebrannte Wasser» im Sinne dieses Gesetzes gilt der Äthylalkohol in jeder Form und ohne Rücksicht auf die Art seiner Herstellung.
2    Die ausschliesslich durch Vergärung gewonnenen alkoholischen Erzeugnisse sind, unter Vorbehalt der Vorschrift in Absatz 3, den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht unterworfen, sofern ihr Alkoholgehalt 15 Volumenprozente, bei Naturweinen aus frischen Weintrauben 18 Volumenprozente nicht übersteigt.5
3    Auf Erzeugnisse, die neben andern Stoffen gebrannte Wasser enthalten, werden die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend angewendet.
4    Jede andere Alkoholart, die zu Trinkzwecken dienen kann und den Äthylalkohol zu ersetzen vermag, wird durch Verordnung des Bundesrates diesem Gesetz unterstellt.
AlkG _für die konzessionierten
Losinhaber, denen die Deckung eines bestimmten Teils des Landesbedarfs
an Spiritus und Sprit zu übertragen ist, besteht. Die beteiligten
Obstspritfabrikanten erhielten ein bestimmtes Kontingent von Spiritus
und Sprit zur Herstellung zugeteilt; sie verpflichteten sich, dasselbe
gegen Ersatz des durch die Übereinkunft bestimmten Ankaufspreises für
denAlkoholgesetz. N° 60. _ 479

zu verarbeitenden Obstbranntwein und einen ebenfalls durch die
Übereinkunft festgesetzten Lohn für dessen Rektifikation zu Spiritus
und Sprit an die Alkoholverwaltung abzuliefern und anderen Spiritus,
Sekundasprit und Feinsprit als für die Alkoholverwaltung nicht
herzustellen (Art, 7 litt. b), stellten also ihre Anlagen für die Dauer
der Vereinbarung in den ausschliesslichen Dienst der Alkoholverwaltung
und des Monopols. Dass die Verwaltung für diese Regelung formell den Weg
des Vertrages, der zweiseitigen Vereinbarung und nicht der einseitigen
Verfügung, Konzession wählte, erklärt sich ungezwungen daraus, dass
die Frage der Zulässigkeit einseitiger Auflagen dieser Art zwischen ihr
und den Fabrikanten streitig war und zu ihrer Abklärung Zeit erfordert
hätte, während andererseits eine Ordnung, die die Verwertung der zu
erwartenden ausserordentlichen Obsternte des Jahres bis zu einem gewissen
Grade erleichterte und sicherte, dringlich schien und damit nicht bis
zu einem solchen Entscheide zugewartet werden konnte. Es ist daher,
angesichts dieser Vorgänge offenbar unzutreffend, wenn die Botschaft
des Bundesrates vom 10. Dezember 1923 zum Postulat des Nationalrates
über die Gewährung eines Bundesbeitrages an die der Alkoholverwaltung
aus der Durchführung der Übereinkunft mit den Obstspritfabrikanten
erwachsenen Kosten bei Zurückweisung dieses Postulates die Übereinkunft
als ein Mittel bezeichnet, durch das die Konkurrenz der ohne sie - freien
Obstspritfabrikation habe beseitigt, eine Lücke der Alkoholgesetzgebung
ausgefüllt und das Ergebnis der Revision der letzteren gewissermassen
vorausgenommen werden sollen. Und es kann aus einer solchen gelegentlichen
Äusserung, die mit den aktenmässig belegten wirklichen Motiven und
Zwecken der Transaktion im Widerspruch steht, umsoweniger etwas
hergeleitet werden, als kurz nachher, bei Auflösung der Übereinkunft
auf die Ankündigung der Obstspritfabrikanten,dass sie sich nunmehr als
berechtigt AS 51 I 1925 ss 33

480 Strafrecht.

erachteten ihren Betrieb ohne Beschränkungen auf eigene Rechnung wieder
aufzunehmen, die Alkoholverwaltung ihnen eröffnete, dass in diesem Falle
auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 28. Juli 1922 strafrechtlich
werde vorgegangen werden. Noch viel weniger kann unter diesen Umständen
darauf Gewicht gelegt werden, dass die Rechnung der Alkoholverwaltung für
das Jahr 1921 an einer Stelle von monopolfreiem Obstsprit spricht. Es
geschieht dies im Laufe einer statistischen Aufstellung über die cc
Deckung des Jahresbedarfes an gebrannt-en Wassern , sodass man es dabei
augenscheinlich mit einer einfachen Rubrik zur Bezeichnung gewisser
Vorräte zu tun hat, die von subalternen Beamten herrührt und unmöglich
als Meinungsäusserung der massgebenden Stellen über diese Streitfrage
angesprochen werden kann.

selbst wenn übrigens die Verwaltung zeitweise der Ansicht gewesen sein
sollte, dass ihr die bestehende Gesetzgebung infolge des Vorbehalte
von Art. 1 Abs. 2 s
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.
AlkG eine Handhabe zum Einschreiten auch gegen die
Verarbeitung der hier erwähnten Stoffe auf Spiritus und Sprit nicht
gehe, und wenn ihr Verhalten beim Auftreten dieses 'Geschäftszweiges in
einzelnen Punkten auch einer anderen Deutung als der vorstehenden fähig
sein sollte, wäre dies unerheblich. Es könnte darauf nur dann etwas
ankommen, wenn sie sich dabei auf bestimmte Unterlagen gestützt hätte,
welche die in Erw. 4 und 5 vertretene Auslegung der Verfassung und des
Gesetzes als unzutreffend erscheinen zu lassen geeignet wären und bei
dieser nicht berücksichtigt worden wären, oder wenn es sich dabei um
unmittelbar an den Erlass des Gesetzes anschliessende Meinungsäusserungen
handeln würde, die infolgedessen als Ausdruck der zur Zeit dieses
Erlasses bestehenden Auffassungen angesehen werden müssten. Gerade für
jene Periode liegt aber irgend eine Handlung der Verwaltung, die dem
heute von ihr eingenommenen Standpunkte widersprechen würde, nicht

und-Wesen No so. 481

vor. Ein 1 r r t u m der vollziehenden Behörde in der Handhabung des
Gesetzes kann sie nicht hindern bei späterer besserer Erkenntnis auf ihre
Praxis zurückzukommen und diese im Sinne des wirklichen Gesetzeswillens
zu berichtigen.

7. Fällt die Herstellung anderer Erzeugnisse als von Branntwein aus den
in Art. 1 A b s. 2AlkG genannten Stoffen, die Spiritusund Spritgewinnung
daraus, nicht unter diesen Vorbehalt, sondern wird sie durch das in
A b s. I ebenda ausgesprochene Monopol des Bundes erfasst, so konnte
sie aber auch im Sinne des Bundesratsbeschlusses vom 28. Juli 1922 dem
darin aufgestellten Bewilligungszwang unterworfen werden und es stellt
sich diese Anordnung nicht als eine Ergänzung des Gesetzes, sondern als
eine einfache Vollziehung der letzterwähnten Vorschrift (Art. 1 Abs. 1
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 1 - Den Vorschriften dieses Gesetzes sind unterstellt die Herstellung gebrannter Wasser, ihre Reinigung, ihre Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr, ihr Verkauf und ihre fiskalische Belastung. Vorbehalten bleibt die Gesetzgebung über das Zollwesen und den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, soweit nicht dieses Gesetz davon abweichende Bestimmungen aufstellt.

AlkG) und des Art. 4 ebenda dar, der die Produktion monopolpflichtiger
gebrannter Wasser in anderer Form als in der der in Art. 2 vorgesehenen
Losvergebung nur unter den vom Bundesrat festzusetzenden Bedingungen
zulässt. Durch die Herstellung der im Strafprotokoll vom 19. März 1925
erwähnten Mengen Obstsprit hat der Angeklagte demnach den Tatbestand des
Art. 24 litt
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 24
. a AlkG verwirklicht, d. h. unbefugterweise gebrannte Wasser
erzeugt. Auch das Vorliegen eines Verschuldens, soweit es überhaupt zur
Annahme einer Übertretung im Sinne dieser Bestimmung nötig sein sollte,
trotzdem es sich um ein Verwaltungsdelikt handelt, kann in einem Falle
nicht bezweifelt werden, wo, wie hier, einer ausdrücklichen und dem
Täter bekannten Verordnungsvorschrift zuwidergehandelt worden ist. Der
Angeklagte wusste, dass durch Beschluss des Bundesrates als der zur
Vollziehung des AlkG zuständigen Behörde die Erstellung von hochgradigem
Spiritus und Sprit auch aus den von ihm verwendeten Stoffen ohne Einholung
einer besonderen Bewilligung verboten worden war. Wenn er dennoch,
Von der subjektiven Auffassung ausgehend, dass

482 Strafrecht.

der Bundesrat ein solches Verbot auf Grund des Gesetzes rechtsgiltig
nicht habe erlassen können, es bewusst nicht beachtete, nahm er damit
auch die Folge einer darin ' liegenden Gesetzesübertretung für den Fall
einer anderen Entscheidung jener Frage durch den Richter auf sich und
in den Kauf. Es liegt daher nicht blosse Fahrlässigkeit, die bereits
genügen Würde, sondern sogar eventueller Vorsatz vor. Er wird dadurch
nicht ausgeschlossen, dass die Verwaltung frühere Strafprotokolle gegen
andere Personen wegen des gleichen Tatbestandes hatte verjähren lassen,
weil sie, bevor sie es zu einer gerichtlichen Entscheidung kommen liess,
zunächst untersuchen wollte, ob nicht eine Ordnung des Verhältnisses auf
anderem Wege erreicht werden könne, und die Rechtslage durch juristische
Sachverständige nochmals von Grund aus prüfen lassen wollte. Der
Angeklagte war umso weniger berechtigt daraus zu folgern, dass die
Verwaltung zum Entschlusse gekommen sei, auf die Durchführung der durch
den Bundesratsbeschluss vom 28. Juli 1922 vorgesehenen Konzessionspflicht
zu verzichten, als gegen ihn bereits vor dem Strafprotokoll, das dem
heutigen Verfahren zu Grunde liegt, am 7. Oktober 1924 ein solches wegen
in den Tagen vorher vorgenommener Spritfabrikation aufgenommen worden
war. Setzte er im Anschluss daran gleichwohl diese Tätigkeit fort,
so musste er sich deshalb auch bewusst sein, dass die Verwaltung ihren
Standpunkt hinsichtlich der Unzulässigkeit der freien Obstspritbrennerei
nicht aufgegeben habe und sich vorbehalte, ihn durch die entsprechenden
rechtlichen Schritte zu wahren.

8. Bei der Strafausmessung ist in Betracht zu ziehen, dass es sich um
die Lösung einer bestrittenen verwaltungsrechtlichen Frage handelt,
die zum gerichtlichen Austrag zu bringen den Obstspritfabrikanten ein
anderes Mittel als dasjenige der Übertretung des Bundesratsbeschlusses
nicht zu Gebote stand. Ferner dass auch die Bedeutung des Falles für
die Verwaltung nicht

Alkoholgesetz. N° 60. 483

sowohl in einem Ausgleich für den durch die eingeklagte Übertretung dem
Fiskus erwachsenen Schaden als in der Erlangung eines grundsätzlichen
Urteils über jene Frage liegt (weshalb denn auch die Überweisung auf den
vorliegenden Fall beschränkt werden ist). Es rechtfertigt sich deshalb
die Busse gegenüber dem in der Bussenverfügung des Departements bestimmten
Ansatze erheblich herabzusetzen.

Für die Kostenverlegung sind die Art. 183
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 24
des Gesetzes über die
Bundesstrafrechtspflege, 220 und 214 Ziff. 3
SR 680 Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, AlkG) - Alkoholgesetz
AlkG Art. 24
OG massgebend.

Demnach hat das Bundesstrafgericht erkannt :

1. Der Angeklagte Jost Dolder-Troxler ist schuldig der Zuwiderhandlung
gegen Art. 24 litt. a des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vom
29. Juni 1900 in Verbindung mit dem Bundesratsbeschlusse betreffend die
Unterstellung der Gewinnung von hochgradigem Spiritus und Sprit unter
die Bundesgesetzgebung vom 28. Juli 1922.

2. Er wird verurteilt zu einer Geldbusse von 1000 Fr. (tausend
Franken). Im Falle der Unerhältlichkeit wird die Busse in Gefängnis
umgewandelt und zwar im Verhältnis von 1 Tag Gefängnis für 10 (zehn)
Fr. Busse, wobei die Dauer der Gefängnisstrafe jedoch 3 Monate nicht
übersteigen darf.

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