40 Obligationem'echt. Nom.

10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilsbteilung vom 26. Februar 1924
i. S. Standard. Beteilwa gegen Alfred Stöekli, We.

Art. 72
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 72 - Si le contraire ne résulte de l'affaire, le choix appartient au débiteur lorsque son obligation s'étend à plusieurs prestations mais qu'il ne peut être tenu que de l'une d'elles.
OR. Wahlschuld und alternative Ermächtigung. Kriterien.

A. Am 23. März 1922 trat die Theodor Wilhehn-A.-G. in Zürich den
Beklagten, Alfred Stöekli, Söhne, Metallwarenfabrik in Netstal, ihr
gesamtes Guthaben ab, welches sie aus der Bestellung der Firma Boots
Ltd. in London auf 10,000 Isolierflaschen, 1/2 Lt. zum Preise von 15],z
sh. per Dutzend franko Domizil London besass, wogegen sich die Beklagten
verpflichteten, die 10,000 Aluminiumgarnituren, die zur Ausführung jener
Bestellung nötig Waren, zu 62 Cts. per Stück zu liefern.

Durch Vereinbarung vom 15. Januar 1923 anerkannte Theodor Wilhelm, den
Beklagten 15,000 Fr. zu schulden, zahlbar in 4 Raten, wovon die erste
von 4200 Fr. am 1. März 1923 zu entrichten war. § 3 der Vereinbarung
bestimmt: Th. Wilhelm ist berechtigt, an Stelle der Barzahlungen
Halbliter-Ersatzisolierflaschen zu liefern, in der gleichen Qualität
und Ausführung, Wie solche bisher vonder Theodor WilhelmLAfG. in Zürich
hergestellt und vertrieben wurden...

Macht Th. Wilhelm vom Rechte der Naturalabfindung für eine oder mehrere
Raten Gebrauch, so ist vereinbart, dass dem Betrage von 4200 Fr. 3000
Halbliter Ersatzisolierflasehen entsprechen, dem Betrag von 3600 Fr.
2667 Halbliter Ersatzisolierflaschen.

§ 4 bestimmt: Für die Erfüllung der Abzahlungspflicht der Schuld von
15,000 Fr. gemäss Art. 2 und 3 dieses Ver-gleiches leisten die Standard
Metallwerke

si Zürich Bürgund Zahlerschaft.

Mit Schreiben vom 15. März offerierte Wilhelm an Stelle der Halbliter
Ersatzisolierflaschen komplette Iso-

lierflasehen und machte gleichzeitig geltend, es sei
ihmObligationenrecht. N° 10. 41

ein Betrag von 1111 Fr. 05 Cts. gutzusehreihen, da der
Th. Wilhelm-A.-G. 1792 Flaschenhülsen nicht geliefert worden
seien. Demgegenüber verlangten die Beklagten am 16. März strikte Erfüllung
der Vereinbarung, (1. h. Bezahlung der fälligen 4200 Fr. oder Lieferung
von 3000 Ersatzisoliergläsem. Auf diesem Standpunkt beharrten sie auch
einer erneuten Offerte gegenüber mit Schreiben vom 17. März 1923, mit
dem Bemerken, sie werden beweisen, dass die Hülsen vollständig geliefert
worden seien. Daraufhin ersuchte Wilhelm am 20. März 1923 um Mitteilung,
an wen die Ersatzflasehen abzuliefern seien.

Unterm 21. März 1923 setzte der Vertreter der Beklagten sowohl Wilhelm,
als der Klägerin eine Nachfrist bis Ende März an zur Lieferung der
3000 HalbliterErsatzisolierflaschen oder aber Bezahlung der 4200 Fr.,
mit der Androhung, dass nach Ablauf der Frist eine. Naehlieferung für
die erste Rate nicht mehr angenommen, sondern Betreibung für die 4200
Fr. eingeleitet werde. Auf die Anfrage des Wilhelm vom 20. März schrieb
der Vertreter der Beklagten am 23. März der Klägerin, dass die Ware nach
Netstal zu senden sei, in der gleichen Verpackung, wie die Ersatzflaschen
früher von der-in Konkurs geratenen Theodor Wilhelm A.-G. geliefert
wurden, und auf eine telephonische Anfrage vom 28. März 1923 hin teilte
er ihr am gleichen Tage mit, die 1Verpackung sei von ihr der Klägerin
vorzunehmen, dagegen könne sie die Kosten des Packmaterials den Beklagten
belasten. Die Klägerin erklärte sich am 3. April 1923 hiezu bereit. Mit
Schreiben vom 4. April · 1923 stellte jedoch der Vertreter der Beklagten
den erfolglosen Ablauf der Nachfrist fest und gab die Erklärung ab, dass
die Beklagten eine Nachlieferung für die erste Rate nicht mehr annehmen,
sondern für den Betrag von 4200 Fr. Betreibung anheben werden.

B. Am 19. April 1923 leiteten die Beklagten gegen die Klägerin, als
Bin-gen des Wilhelm, Betreibung für die am 1. März 1923 fällig gewordene
Rate von 4200 Fr. ein und

to

42 Obligatfonenreeht. N° 10. _

erwirkten auf erfolgten Rechtsverschlag hin provisori-

sche Rechtsöffnung. Hiegegen richtet sich die vorliegende

Aberkennnngsklage mit dem Begehren um Aberkennung-

der in Betreibung gesetzten Forderung von 4290 Fr.

_ nebst 5 % Zins seit 1. März 1923, sowie der Betreibungs-; und
Rechtsöffnungskosten.

In der Begründung stellt sich die Klägerin auf den Standpunkt, Wilhelm
sei erfüllungsbereit gewesen, indem er die Ersatzisolierflaschen den
Beklagten am 20. März 1923 in Zürich zur Verfügung gestellt habe. Mangels
einer anderweitigen Parteivereinbarung über den Erfüllungsort habe er
gemäss Art. 74 Ziff. 2
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 74 - 1 Le lieu où l'obligation doit être exécutée est déterminé par la volonté expresse ou présumée des parties.
1    Le lieu où l'obligation doit être exécutée est déterminé par la volonté expresse ou présumée des parties.
2    À défaut de stipulation contraire, les dispositions suivantes sont applicables:
1  lorsqu'il s'agit d'une somme d'argent, le paiement s'opère dans le lieu où le créancier est domicilié à l'époque du paiement;
2  lorsque l'obligation porte sur une chose déterminée, la chose est délivrée dans le lieu où elle se trouvait au temps de la conclusion du contrat;
3  toute autre obligation est exécutée dans le lieu où le débiteur était domicilié lorsqu'elle a pris naissance.
3    Si l'exécution d'une obligation qui devait être acquittée au domicile du créancier est notablement aggravée par le fait que le créancier a changé de domicile depuis que l'obligation a pris naissance, l'exécution peut avoir lieu valablement en son domicile primitif.
und 3
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 74 - 1 Le lieu où l'obligation doit être exécutée est déterminé par la volonté expresse ou présumée des parties.
1    Le lieu où l'obligation doit être exécutée est déterminé par la volonté expresse ou présumée des parties.
2    À défaut de stipulation contraire, les dispositions suivantes sont applicables:
1  lorsqu'il s'agit d'une somme d'argent, le paiement s'opère dans le lieu où le créancier est domicilié à l'époque du paiement;
2  lorsque l'obligation porte sur une chose déterminée, la chose est délivrée dans le lieu où elle se trouvait au temps de la conclusion du contrat;
3  toute autre obligation est exécutée dans le lieu où le débiteur était domicilié lorsqu'elle a pris naissance.
3    Si l'exécution d'une obligation qui devait être acquittée au domicile du créancier est notablement aggravée par le fait que le créancier a changé de domicile depuis que l'obligation a pris naissance, l'exécution peut avoir lieu valablement en son domicile primitif.
OR in Zürich erfüllen müssen. Dies sei
auch von den Beklagten selbst durch ihre ausdrückliche Erklärung, dass
die Verpackungsund Versendungskosten zu ihren Lasten gehen, anerkannt
worden. Sie seien daher nicht berechtigt, die Naturalleistung abzulehnen
und Zahlung der Geldsumme zu verlangen. Eventuell müssten sie sich den
Betrag von 1111 Fr. 054 Cts. für 1792 nicht gelieferte Hülsen anrechnen
lassen. ' ·

Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage, indem sie im wesentlichen
ausführten : Der Standpunkt

s der Klägerin Wäre dann richtig, wenn es sich um eine Altemativobligation
handeln würde. Eine solche liege aber nicht vor. Die Forderung der
Beklagten vbetreffe eine Geldsehuld, die gemäss Art. 74 Ziff. 1
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 74 - 1 Le lieu où l'obligation doit être exécutée est déterminé par la volonté expresse ou présumée des parties.
1    Le lieu où l'obligation doit être exécutée est déterminé par la volonté expresse ou présumée des parties.
2    À défaut de stipulation contraire, les dispositions suivantes sont applicables:
1  lorsqu'il s'agit d'une somme d'argent, le paiement s'opère dans le lieu où le créancier est domicilié à l'époque du paiement;
2  lorsque l'obligation porte sur une chose déterminée, la chose est délivrée dans le lieu où elle se trouvait au temps de la conclusion du contrat;
3  toute autre obligation est exécutée dans le lieu où le débiteur était domicilié lorsqu'elle a pris naissance.
3    Si l'exécution d'une obligation qui devait être acquittée au domicile du créancier est notablement aggravée par le fait que le créancier a changé de domicile depuis que l'obligation a pris naissance, l'exécution peut avoir lieu valablement en son domicile primitif.
OR
am Wohnsitz des Gläubigers in Netstal zu zahlen War. Der Klägerin sei
lediglich die Befugnis eingeräumt worden, diese Bar--

schuld durch Lieferung von Waren zu tilgen. Am Er-

füllungsort sei dadurch nichts geändert worden. Die Bereitschaftserklärung
zur Übernahme der Transportkosten hätten die Beklagten nur deshalb
abgegeben, um endlich

eine Leistung zu erhalten. .

Die Gegenforderung der Klägerin von 1111 Fr. 05 Cts. werde bestritten,
da jeder Beweis dafür fehle, dassvon den Beklagten zu wenig Hülsen
geliefert worden seien.

C. Beide kantonalen Instanzen haben die KlageObligationenrecht. N° 10. 43

abgewiesen, das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom
22. September 1923.

D. Eine gegen dieses Urteil mit der Begründung eingelegte
Kassationsbeschwerde, das Obergericht habe sich dadurch, dass es auf das
Eventualbegehren betreffend den Abzug von 1111 Fr. 05 Cts. und die dafür
angetretenen Beweise nicht eingetreten sei, einer RechtsverWeigerung
schuldig gemacht, hat das Kassationsgericht am 8. Januar 1924 abgewiesen.

E. Gegen das obergerichtliche Urteil vom 22. Sep-' tember 1923 hat die
Klägerin auch die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag
auf Gutheissung der Klage in vollem Umfange, eventuell im Betrage von
1111 Fr. 05 Cts.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Die Aberkennungsklage wird in erster Linie damit begründet, die
streitige Obligation stelle eine sogenannte Wahlobligation im Sinne
des Art. 72
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 72 - Si le contraire ne résulte de l'affaire, le choix appartient au débiteur lorsque son obligation s'étend à plusieurs prestations mais qu'il ne peut être tenu que de l'une d'elles.
OR dar, und es sei demzufolge die in Betreibung gesetzte
Geldforderung dadurch untergegangen, dass. die Klägerin am 20. März 1923
die ihr nach dieser Gesetzesbestimmung zustehende Wahl zu Gunsten der
alternativen Ersatzleistung getroffen habe.

Nun wird allerdings nach allgemein herrschender Lehre die Wahlobligation
durch die vom Berechtigten getroffene Wahl auf die gewählte Alternative
konzentriert, d. h. der gewählte Schuldgegenstand als Inhalt des
Schuldverhältnisses bestimmt, und es erlischt damit das Schuldverhältnis
in Hinsicht auf die nicht gewählte Alternative. Allein das bezieht
sich nur auf die Fälle, wo es sich um die Wahl zwischen den mehreren
Gegenständen der alternativen Obligation handelt, m. a. W. darum, Welche
der mehreren Leistungen als geschuldet anzusehen sei. Alsdann besteht
nach getroffener Wahl nur noch eine einfache 0bligation, gerichtet auf
den durch die Wahlerklärung bestimmten Leistungsgegenstand. Wenn also vor-

44 } Obligationenrecht. N° 10.

liegend nach der Vertragsmeinung die dem Schuldner ' eingeräumte
Alternative den Sinn hätte, dass es ihm zustehen solle, zu wählen, welche
Leistung er schulden Welle, die Geldleistung oder aber die Ersatzleistung
durch Lieferung von Flaschen, so wäre die Folge seiner Erklärung, dass
er die letztere wähle, die, dass damit der Anspruch der Beklagten auf
Bezahlung der streitigen ersten Rate von 4200 Fr. erloschen wäre.

Das war aber offenbar nicht der Sinn der Vereinbarung _

vom 15. Januar 1923. Nichts spricht dafür, dass dem Schuldner von Anfang
an die Befugnis habe einge_ räumt werden wollen, in einem beliebigen
Zeitpunkt zu erklären, die Warenschuld solle an stelle der Geldschuld
,treten. Schuldobjekt war vielmehr die festgesetzte Barleistung der
15,000 Fr., bezw. 4200 Fr. schlechthin, und es wollte dem Schuldner in
Ziff. 3 nur das. Recht einge-

fräumt werden, sich von seiner Geldschnld durch das

_ 'Surrogat der Warenliefemng zu befreien, die der Gläu-

' biger an Erfüllungsstatt annehmen musste. Wilhelm blieb, und bleibt
aber die 4200 Fr. schuldig bis zum Zeitpunkt" der Tilgung dieser von
vorneherein als Leistungsinhalt ';

vereinbarten Barschuld. Seine Wahlberechtigung bestand

nur darin, zu bestimmen, auf welche der beiden alternativ kvorgesehenen
Arten er sie tilgen wolle, ob durch Barzah-'

lung oder durchBewirkung der Ersatzleistung.Die Behauptung, die in
.Betreibung gesetzte Forderung sei schon damit erloschen, dass der
Schuldner sich am 20. März 1923 für die Ersatzleistung ausgesprochen habe,
hält daher nicht Stich.

2. Die Aherkennungsklage kann somit nur unter der ' Voraussetzung
gutgeheissen werden, dass der Schuldnernachgewiesen hat, dass er die
ihm zustehende und von

ihm gewählte Ersatzleistung wirklich gemacht und dadurch die Geldschuld
getilgt hat, oder dass sie wenigstens rite angeboten, und ihre Bewirkung
durch Annahmeverzug des Gläubigers verhindert worden ist. Nun steht nach
den Akten ausser Streit, dass die Ersatzleistung tatsäch--

Obligationenreeht. N° 10. . 45

lich nicht erfolgt ist. Dagegen behauptet die Klägerin, sie sei
rechtzeitig und in genügender Weise angeboten worden, und beruft sich
zum Beweise hie-für auf dasSchreiben des Schuldners an die Beklagten
vom 20. März

1923, worin er sie um Mitteilung darüber ersuchte,

an wen die ErsatzflaSChen abzuliefern, und wie sie einzupacken seien,
damit er sukzessive beginnen könne.

Die Beklagten haben ihm die Weisung hieer am 23. März

1923 gegeben,sem sie ihn aufforderten, die Ware nach

' Netstal zu senden. Wenn der Schuldner diese Weisung

als vertragswidrig ansah und glaubte, die Ersatzflaschen

,seien in Zürich zur Verfügung zu halten, so war er nach

Treu und Glauben im Verkehr verpflichtet, den Be-

. klagten hievon sofort Anzeige zu machen. Unter allen

Umständen könnte er sich aber nur dann mit Erfolg auf den Standpunkt
stellen, er habe das Seiniger zur Bewirkung der ihm obliegenden Leistung
getan, wenn er nachgewiesen hätte, dass er die Ware auch Wirklich
den Beklagten in Zürich bereitgehalten habe, wozu natürlich, ausser
der Bereitschaftserklärung hiezu, auch die Anzeige an die Beklagten,
dass das tatsächlich der Fall sei, gehört hätte. Dieser Nachweis ist
aber nicht erbracht worden. 3. .(Eventueller Antrag der Klägerin auf
Reduktion der Forderung um 1111 Fr. 05 Cts.). -

Demnach erkennt das Bundesgericht

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 22. September 1923 bestätigt.