238 Sachenrecht. N° 38.

si Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 26. Januar 1924

bestätigt.

38. Urteil der II. Zivila'bteilung vom 28. Mai 1924 i. S. Gisler gegen
Erben I'm-rer. _

A r t. 9 3 0 Z G B. Die Eigentumsvermutung zu Gunsten des Besitzers,
der mit dem bisherigen verstorbenen Eigentümer der Sache in häuslicher
Gemeinschaft gelebt hat und behauptet, die Sache sei ihm vom Erblasser
geschenkt worden, wird durch erhebliche Zweifel über die angebliche
Schenkung beseitigt.

A. Die Beklagte Josefa Gisler war an die dreissig Jahre Haushälterin
der beiden zusammenwohnenden, 1846 und 1847 geborenen Brüder Johann und
Karl Furrer in Erstfeld und hat, wie heute nicht mehr bestritten ist,
von ihnen in Anerkennung ihrer guten Dienste namhafte Werte geschenkt
erhalten. So übergab ihr Johann Furrer für 23,000 Fr. Inhabergülten,
ohne diese Schenkung irgendwie zu verurkundenz nach seinem Tode stellte
Karl Furrer darüber zu Handen der Schuldner Bescheinigungen aus, deren
Echtheit im Prozesse durch Expertise festgestellt worden ist. ImJahre
1920 ging eine Weitere Gült von ,zirka 2000 Fr. formlos an die Beklagte
über. Endlich wurde ein Sparheft über zirka 12,000 Fr. von Johann Furrer
auf die Beklagte übertragen. Am 5. Juli 1921 starb Johann Furrer unter
Hinterlassung eines inventierten Reinvermögens von rund 15,000 Fr. Er
wurde von seinem Bruder Karl heerbt. Dieser konvertierte am 30. August
1921 ihm gehörende Obligationen der Urner Kantonalbank im Betrage von
20,000 Fr. in eine Obligationf von 10,000 Fr. auf den Namen der Beklagten
und in zwei Inhaberohligationen von 3000 Fr. und 7000 Fr. Am 11. Mai 1922

Sachenrecht. N° 38. 239 _

starb auch Karl Furrer unter Hinterlassung eines am 26. ss Januar gleichen
Jahres errichteten öffentlichen Testaments, .worin er der Beklagten
sein Heimwesen samt Viehhabe und Inventar, sowie das vorhandene Bargeld
vermachte. Die vorhandenen Wertschriften be--

liefen sich auf rund 35,000 Fr., die Schulden auf rund

10,000 Fr. Die beiden erwähnten Inhaberobligationen der Urner Kantonalbank
von 3000 Fr. und 7000 Fr. und vier weitere Inhaberobligationen der
gleichen Bank von zusammen 11,000 Fr., die seinerzeit dem Johann Furrer
gehört hatten, fanden sich nicht im Nachlass vor, sondem im Besitz
der Beklagten. Von vier dieser sechs Obligationen hat noch Karl Furrer
persönlich am 21. Dezember 1921, von den beiden andern die Beklagte am
30. Dezember den Zins bezogen.

Mit der vorliegenden Klage, soweit siebente noch aufrechterhalten wird,
verlangen die gesetzlichen Erben des Karl Furrer, die Beklagte habe
diese Obligationen im Betrage von 21,000 Fr. samt Zinsen in die Erbmasse
zurückzugeben. Sie machen geltend, die Beklagte habe, da sie sich allein
im Hause des Erblassers befunden, die Titel einfach an sich genommen ;
da sie den rechtmässigen Besitz nicht nachweisen könne, sei sie zur
Rückgabe verpflichtet; eine Schenkung werde nicht vermutet und würde
eventuell den guten Sitten widersprechen, Weil sie nur erfolgt wäre,
um in einem gegen Johann Furrer schwebenden Schadenersatzprozesse das
Vermögen des letztem geringer erscheinen zu lassen. --

Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt unter Berufung auf die
aus ihrem Besitz sich ergebende, Eigentumsvermutuug. Sie behauptet,
die Obligationen seien ihr nach und nach geschenkt werden im Hinblick
auf ihre gegen geringen Lohn geleisteten Dienste.

B. Das Kreisgericht Uri hat die Klage in Bezug auf diese Obligationen
gutgeheissen, Weil die Beklagte ihren rechtmässigen Besitz an den Titeln
oder die behauptete Schenkung nicht nachgewiesen habe. Am 13. Februar

240 Sachenrecht. N° 38.

1924 hat das Obergericht des Kantons Uri auf die Berufung der Beklagten
dieses Urteil bestätigt, in Übereinstimmung, mit den Erwägungen des
erstinstanzlichen Urteils, speziell auch unter Bestätigung der Auffassung,
dass nicht die Beru'fungsklägerin, sondern die Erhmasse den Besitz an
den streitigen Obligationen innehatte und Berufungsklägerin deshalb für
die behauptete Schenkung beweispflichtig gewesen wäre.

C. Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Beklagte rechtzeitig die
Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der
Klage. Die Kläger haben auf Abweisung der Berufung angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Die erste Instanz hat angenommen, die Beklagte sei zwar im Besitz der
streitigen Obligationen, könne sich aber den Erben des früheren Besitzers
gegenüber auf diesen Besitz nicht berufen, Weil sie dessen Rechtsgrund
nicht nachzuweisen vermöge. Die zweite Instanz tritt ausdrücklich den
Erwägungen der ersten bei ; ihre Annahme, dass nicht die Beklagte,
sondern die Erbmasse den Besitz an den Titeln gehabt habe, ist also
wohl nur dahin zu verstehen, dass mangels eines Nachweises der Beklagten
für die Rechtmässigkeit ihres Besitzes die Erben des Karl Furrer als
Besitzer der Obligationen zu gelten hätten. Die positive Feststellung,
dass Karl Furrer bei seinem Tode die Obligationen tatsächlich noch besass,
dass diese also durch die Beklagte aus dem Nachlass entwendet wurden,
wäre denn auch aus den vorliegenden Akten nicht herzuleiten. Die Kläger
selbst haben anlässlich ihres Begehrens um Hinterlegung der streitigen
Vermögensstück-J geltend gemacht, die Beklagte habe sich der Obligationen
zu Lebzeiten Furrers bemäehtigt, womit zugegeben wurde, dass dieser
sie bei seinem Tode nicht mehr im Besitz hatte. Bei der am Todestage
selbst vorgenommenen Inventur wurden die Obligationen nicht im Nachlass
vorgefunden ; im Inventar sind sie als nicht

Sachenrecht. N'38. , ' 241.

vorhanden bezeichnet und es wird bemerkt, dass ihr Verbleib unbekannt
sei. Diejenigen, die seinerzeit dem Johann Fux-ker gehört hatten, sind
in dem nach dessen Tod aufgenommenen Nachlassinventar nicht aufgeführt.
Allerdings hat Karl Furrer von einigen dieser Obligationen noch am
21. Dezember 1921 persönlich den Zins bezogen. Das spricht aber zwingend
nur für seinen Besitz an den Coupons, nicht auch für denjenigen an den
Kapitaltiteln, abgesehen davon, dass letztere der Beklagten auch noch
nach dem genannten Zeitpunkt übergeben worden sein können.

Steht somit nicht fest, dass die Beklagte die Obligationen dem Nachlass
des Karl Furrer entfremdet hat, so können ihr diese Titel nur abgefordert
werden mit dem Nachweis, dass sie den Furrer ohne deren Willen abhanden
gekommen und von der Beklagten bösgläubig in Besitz genommen werden sind
(Art. 935
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 935 - La monnaie et les titres au porteur ne peuvent être revendiqués contre l'acquéreur de bonne foi, même si le possesseur en a été dessaisi contre sa volonté.
ZGB), oder dass die Beklagte nicht Eigentümerin derselben ist,
weil der von ihr behauptete Erwerbsgrund' nicht zutrifit. Ersteres ist
nicht dargetan und gegenüber der Bestreitung ihres Eigentums kann die
Beklagte sich auf die aus ihrem Besitz fliessende Eigentumsvermutung
berufen (Art. 930
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 930 - 1 Le possesseur d'une chose mobilière en est présumé propriétaire.
1    Le possesseur d'une chose mobilière en est présumé propriétaire.
2    Les possesseurs antérieurs sont présumés avoir été propriétaires de la chose pendant la durée de leur possession.
ZGB). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat
also grundsätzlich nicht die Beklagte den, Rechtsgrund ihres Besitzes
nachzuweisen, sondern den Klägern liegt der Gegenbeweis ob. Wie jedoch das
Bundesgericht schon früher entschieden hat (AS 41 II S. 31 ff.), dürfen an
diesen Gegenbeweis unter Umständen wie den vorliegenden keine strengen
Anforderungen gestellt werden. Die gesetzliche Eigentumsvermutun'g
rechtfertigt sich uneingeschränkt nur da, wo der Besitz, die tatsächliche
Herrschaft über die Sache, so beschaffen ist, dass sich daraus wirklich
vorläufig auf ein Recht al.-l der Sache schliessen lässt ; sie passt
aber nicht auf Verhältnisse, wo der angebliche neue Eigentümer neben
dem bisherigen in äusserlich kaum unterscheidbarer Weise über die Sache
Gewalt hat, wie dies bei zusammen-

242 Sachenrecht. N° 38.

wohnenden Familienangehörigen oder auch bei vertrauten 'A'ngestellten
vorkommt, die im Hause ihres Diensthen-u frei schalten und walten. Beruht
,dahen der Besitz desangeblichen'neuen Eigentümers bloss auf einem
derartigen'izweideutigen Gewaltverhältnis über die Sache oder ist ihm ein
derartiges Verhältnis unmittelbar vorausgegari'gen, ohne dass über den
Ursprung des heutigen Besitzstandes Näheres feststeht, so müssen schon
erhebliche Zweifel an dem behaupteten Eigentumserwerb die Vermutung
beseitigen.

Solche erhebliche Zweifel sind _hier vorhanden. So freigebig sich auch
die Brüder Furrer durch ihre nachge, Wiesenen Zuwendungen gegen die
Beklagte gezeigt haben, so ist es doch recht unwahrscheinlich, dass
sie ihr zu allem übrigen auch noch diese Obligationen geschenkt und
sich dergestalt bei Lebzeiten des grösseren Teils ihres Titelvermögens
zu Gunsten ihrer Haushälterin entäussert haben sollen. Weder die für
die Verhältnisse der Furrer schon reichlich belohnten Dienste der
Beklagten, noch der Umstand, dass die beiden Furrer ausser einer auf
den andern auf keine nahen Erben Rücksicht zu nehmen hatten, machen
eine so weitgehende Schenkung unter Lebenden glaubhaft, sondern gaben
höchstens Anlass, die Beklagte auch noch letztwillig zu bedenken, wie
dies Karl Furrer denn auch getan hat. Die Befürchtung durch den erwähnten
Schadenersatzprozess das Vermögen einzubüssen, Würde allenfalls eine
Verschleierung desselben erklären, bildet aber doch wohl noch keinen
ausreichenden Beweggrund für eine das Vermögen ja ebenfalls preisgebende
Schenkung. Gegen die behauptete Schenkung spricht sodann, dass irgend
eine für Dritte erkennbare Äusserung des Schenkungswillens, wie sie bei
andern Zuwendungen an die Beklagte erfolgt ist, sei es durch Ausstellung
von Bescheinigungen zu Handen der Schuldner "oder durch Überschreibung
der Titel. auf den Namen der Beklagten, in Bezug auf diese Obligationen
nicht stattgefunden hat. Insbesondere ist nicht rein-

Sachenrecht. N° 38. 243

zusehen, Warum bei der Konversion der 20,000 Fr. Obligationen durch
Karl Furrer nur ein Betrag von 10,000 Fr. und nicht die ganzen 20,000
Fr. auf den Namen der Beklagten gestellt wurden, wenn doch der ganze
Betrag der Beklagten geschenkt wurde. Auch die Tatsache, dass Karl
Furrer am 21. Dezember 1921 von einigen der streitigen Obligationen
persönlich den Zins bezog, macht es wahrscheinlich, dass er sich dieser
Obligationen nicht entäussert hatte, Während . umgekehrt aus dem Zinsbezug
der Beklagten am 30. Dezember 1921 sich nichts

zu ihren Gunsten schliessen lässt, weil die Beklagte diesen

Inkasso im Auftrag ihres Dienstherrn besorgt haben kann. Ein gewichtiges
Indiz gegen die angebliche Schenkung liegt aber in der Haltung, welche die
Beklagte der um die Feststellung des Nachlasses bemühten Behörde gegenüber
eingenommen hat. Aufgefordert, alle Werttitel, die sie besitze und die
einst im Besitze der Furrer sich befanden, vorderhand zu hinterlegen,
gab sie unter Ablehnung der begehrten Hinterlegung bekannt, dass ihr
die Gülten geschenkt worden seien, Während sie von den Obligationen
schwieg. Nachdem die Behörde dank der Aufhebung des Bankgeheimnisses
die Existenz der Obligationen erfahren und diese Titel in das Inventar
aufgenommen hatte mit dem Bemerken, es habe nicht ermittelt werden können,
wo sie sich befanden, protes-tierte die Beklagte gegen das Inventar,
Weil darin eine Reihe von Vermögenswerten aufgenommen seien, die dem
Erblasser beim Tode nicht mehr gehört hätten, Wiederum ohne anzugeben,
dass sie die Obligationen in Händen habe. Erst als diese bei der Bank
gesperrt

worden, bekannte sich die Beklagte als Eigentümerin ' der Titel und
bestritt in der Folge den Vorwurf der Verheimlichung mit der Begründung,
sie sei zur Anmeldung nicht verpflichtet gewesen. Mag es sich damit
so oder anders verhalten eine Verpflichtung zur Hinterlegung bestand
jedenfalls nicht , so ist befremdlich, dass die Beklagte den Besitz der
Gülten zugab, den

244 Sachenrecht. N° 38.

Besitz der Obligationen dagegen solange es anging verschwieg. Der Schluss
liegt nahe, dass sie jeglicher Er-.

örterung über diese Titel vorbeugen wollte, weil sie sich ,bewusst war,
dass es mit denselben eine andere Bewandt--

nis habe als mit den ihr tatsächlich geschenkten Gülten. Dabei braucht
noch keineswegs an eine unredliche Handlung der vorzüglich beleumdeten
Beklagten zum Nachteil ihrer Dienstherren gedacht zu werden. Die
Obligationen können der Beklagten in Verwahrung gegeben und gelegentlich
auf den Todesfall versprochen worden sein, sodass zur gültigen Zuwendung
nur die gesetzliche Form mangelt.

Wird durch die angeführten Erwägungen die Eigentumsvermutung zu Gunsten
der besitzenden Beklagten · hmfällig, so muss die Beklagte, die sich
gegenüber den Erben des bisherigen Eigentümers nur auf diese Ver-mutung
zu stützen vermag, die angesprochenen Wertpapiere herauszugeben.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung Wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Uri vom 13. Februar 1924 bestätigt.Obfigationenrecht. N° 39. 245,

IV. OBL IGATIONENRECHT

DROIT DES OBLIGATIONS

39. Enti-atto dalla sentenza 24 giugno 1924 della. prima. sezione civile
nella causa Pedrazzi contro Unione di Banche Svizzere.

Una fideiussione a termine secondo l'art. 502 CO può essere ammessa
solo quando la cauzione stessa è limitata in ordine di tempo: non basta
che il debito principale sia esigîbile alla seadere di un determinato
termine. -La prova di un termine apposto ad una fideiussione può essere
fornita anche con altri mezzi all'infuori di atto scritto, tale clausola
potendo essere stipulata anche verbalmente.

A. C0n atto 24 febbraio 1920 Berri Fulvio in Mux-alto si rieonosceva
debitore della Banca svizzera americana in Locarno (ora Unione di
Banche Svizzere in Locarno) della somma di 17,121 schi. 70, che esso si
obbligava ad estinguere entro il termine di un anno mediante versamenti.
mensili di almeno 300 schi. . L'atto prosegue : Per il pagamento della
somma da Berri dovuta come sopra alla Banca si costituisce garante
solidale il Sig. Domenico Pedrazzi in Gordola ecc. Essendosi in seguito
fatta opposizione contro il precetto esecutivo N° 28375 dell'11 ottobre
1921, col quale Pedrazzi veniva escusso, come fideiussore di Berri,
per la somma di 17,000 fehl, e l'opposizione lessendo state. rigettata
provvisoriamente con sentenza 12 gennaio 1922, l'odierno attore,
con petizione 23 gennaio 1922, chiedeva al Pretore di Locarno che
diehiarasse inesistente il debito escusso, spese e ripetibili a carico
della convenuta. Alla petizione questa non rispose nei termini di legge
e fu preclusa in base agli art. 131 e
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 930 - 1 Le possesseur d'une chose mobilière en est présumé propriétaire.
1    Le possesseur d'une chose mobilière en est présumé propriétaire.
2    Les possesseurs antérieurs sont présumés avoir été propriétaires de la chose pendant la durée de leur possession.
seg. PCT. L'attore prosegui dunque
solo nell'istruttoria in cui, a sua istanza, venne sentito come teste
il debitore principale'Berri, il quale, sulla questione se. la garanzia

AS 50 II 1924 17