396 Staatsrecht.

des Kindes an den Wohnsitz der Mutter zur Zeit der Geburt würden ähnliche
Bedenken entgegenstehen, wie _ sie nach dem Gesagten inbezug auf die
Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde vorliegen : das Kind wäre in
zahlreichen Fällen ausländisches oder unsicheres Domizil der Mutter mehr
oder weniger des Wahlrechts tatsächlich beraubt, das ihm doch das Gesetz
inbezug auf den Gerichtsstand einräumen will.

Im vorliegenden Falle ist indessen nicht behauptet worden, dass eine
solche, früher an einem andern Orte von der unehelichen Mutter
eingeleitete und noch hängige Klage vorliege. Der Ausschluss
eines verschiedenen Gerichtsstands für die Klage von Mutter und
Kind könnte daher höchstens Bedeutung für einen von der ersteren
noch einzuleiteuden Prozess haben, nicht die zürcherischen Gerichte
berechtigen, die Anhandnahme der Klage des heutigen Rekurenten wegen
örtlicher Unzuständigkeit abzulehnen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird gutgeheissen und es werden unter Aufhebung des
angefochtenen Entscheides des Obergerichts des Kantons Zürich vom
30. August 1924 die zürcherischen Gerichte als zur Beurteilung der Klage
des Rekurrenten örtlich zuständig erklärt. '

Wasserrechtskonzesslonen. N° 62. 397

V. WASSERRECHTSKONZESSIQNEN

CONCESSIONS DE DROITS D'EAU

62. Urteil vom 4. Juli 1924 i. S. Elektrizitätswerk
Olten-Aarburg A..-G. gegen Solothurn, Regierungsrat. Eidgen. WRG
Art. 56. Konzessionsmässige Bestimmung, Wonach der Beliehene die
elektrische Energie im Kanton zu gleich günstigen Bedingungen wie
nach auswärts abzugeben hat. Befugnis der Verleihungsbehörde, die
Erfüllung dieser Pflicht zu kontrollieren und zu diesem Behufe in die
Geschäftsführung des Beliehenen Einsicht zu nehmen. Fällt der Streit
über das Bestehen einer solchen Aufsichts-

befugnis unter Art. 71 WEG 7

A. Die Rekurrentin, Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Olten-Aarburg,
ist Inhaberin einer Konzession des solothurnischen Regierungsrates
vom 17. September 1909 für die Erstellung und den Betrieb eines
Wasserwerkes an der Aare bei Winznau und Ober-Gösgen mit Erweiterungen
vom 16. Februar 1912 auf den Flusslauf von Ober-Gösgen bis Nieder-Gösgen
und vom 7. Dezember 1917 betreffend Konstanthaltung der Stauhöhe . Die
Konzessionsurkunde von 1909 zerfällt in 6 Abschnitte: Konzessionsinhaber,
bautechnische

Pflichten der Konzessionsinhaber, andere Pflichten,

Rückkauf und Heimfall, Erlöschen der Konzession, Schlussbestimmungen.
Im 3. Abschnitte andere Pflichten der Konzessionsinhaber , §§ 28-34 ist
zunächst bestimmt, dass die Unternehmung dem Regierungsrat ihre Statuten
und Reglemente sowie allfällige Abänderungen daran mitzuteilen und
ihm-eine Vertretung im Verwaltungsrate einzuräumen habe. § 33 enthält eine

,Bestimmung über die Bedingungen der Stromabgabe

an Abnehmer im Kanton und die Lieferung des zu öffentlichen Zwecken
benötigten Stroms an die Ge-

398 Staatsrecht.

meinden Olten, Trimbach, Winznau, Ober-Gösgen und Däniken, die in
Ziff. VIII der ersten Erweiterung im zweiten Punkte auf die Gemeinden
Nieder-Gösgen, Schönenwerd und Gretzenbach ausgedehnt und in Ziff. III
der zweiten Erweiterung wie folgt neu gefasst worden ist:

III. § 33 der Konzession vom 17. September 1909 und Ziff. VIII der
Erweiterung vom 16. Febr. 1912 werden ersetzt durch nachfolgende
Bestimmungen :

1. Dem Konzessionsinhaber wird die grundsätzliche Verpflichtung
überbunden, im ganzen Gebiet des Kantons Solothurn gemäss den
nachstehenden Bestimmungen dem Staate, den Gemeinden und den
Privatabnehmern... elektr. Energie aus der Anlage in Form von
Dreiphasenstrom mit 50 Perioden und zirka 8000 Volt oder einer andern
zwischen dem Konzessionsinhaber und den Interessenten besonders zu
vereinbarenden Spannung abzugeben

2. Diese Lieferungsverpfiiehtung soll höchstens 30 % der jeweilen
vorhandenen Leistung der Anlage beanspruchen und 5 Jahre nach der
Inbetriebsetzung der Anlage für den dennzumal nicht bezogenen Teil der
obgenannten Leistung dahinfallen.

3. Im Gebiete des Kantons Solothurn darf der Konzessionsinhaber
für die Energie aus der Anlage nach Ablauf der bestehenden Verträge
unter den gleichen Verhältnissen und Bedingungen betreffend Art der
Energieverwendung und Grösse der bezogenen Energiequoten keine höhern
Energiepreise oder ungünstigeren Lieferungsbedingungen anwenden als den
günstigstgestellten ausserkantonalen aus der Anlage bedienten Abnehmern
gegenüber...

4. Da der Staat die Verstaatlichung der Energieversorgung beabsichtigt,
sind in allen nach Inkrafttreten dieser Konzessionserweiterung zwischen
dem Konzessionsinhaber und den Abnehmern im Kanton über Lieferung von
elektr. Energie aus der Anlage

Wasserrechtskonzessionen. N° 62. 399

abzuschliessenden Verträgen die erforderlichen Bestimmungen
betreffend Übergang der Energielieferung an die staatliche Versorgung
aufzunehmen. Der Staat behält sich, was diese Bestimmungen anbetrifft,
das Genehmigungsrecht dieser Energielieferungsverträge vor.

5. Den Gemeinden Olten, Trimbach, Winznau, Obergösgen, Niedergösgen,
Schönenwerd, Gretzenbach und Däniken hat die Unternehmung die zu
öffentlichen Zwecken benötigte Energie zu einem Preise zu liefern, der 10
% niedriger ist als die billigsten Preise, welche der Konzessionsinhaber
unter gleichen Umständen von andern Energieabnehmern fordert. Unter
öffentlichen Zwecken ist jedoch nicht die Energieabgabe an Dritt-personen
zu verstehen.

6. ........

In Ziff. IX der 1. Erweiterung von 1912 heisst es: Sollten inbezug auf
die der Unternehmung gegenüber den Gemeinden auferlegten Pflichten
Streitigkeiten entstehen, so entscheidet über den Umfang der der
Unternehmung obliegenden Leistungen endgiltig der Regierungsrat.

Seit dem Jahre 1921 oder 1922 versuchte nie Rekurrentin eine Erhöhung
der Strompreise gegenüber ihren soloth. Abnehmern durchzusetzen, wozu sie
sich teils auf in den Verträgen enthaltene darauf bezügliche Vorbehalte
( Preiserhöhungsklauseln ) berief, teils, wo solche nicht bestanden,
die Verträge auf den ersten möglichen Termin kündigte. Es gelang ihr
auch mit einzelnen Abnehmern neue Vereinbarungen zu treffen. Andere, so
namentlich die Elektrizitätsgesellschaft Schönenwerd, deren Vertrag eine
derartige Klausel enthielt, erhoben Widerstand. Die Rekurrentin leitete
daher gegen die genannte Gesellschaft einen Zivilprozess ein, _um deren
vertragsmässige Pflicht, sich den neuen Preisforderungen zu unterziehen,
feststellen zu lassen. In der Sühneverhandlung vor Friedensrichteramt
SchönenWerd vom 23. Mai, 1923 machte die Beklagte

400 staatsrecht-

geltend, dass eine Erhöhung des Stromtarifs, abgesehen vom Fehlen der im
Vertrag dafür aufgestellten Voraussetzungen, schon deshalb nicht zulässig
sei, weil die ' Rekurrentin an ausserkantonale Abnehmer Energie billiger
als an die solothurnischen liefere, damit die Meistbegünstigungsklausel
der Konzession verletze und durch den vorgeschlagenen neuen Tarif in
noch vermehrtem Masse verletzen würde. Die Rekurrentin bestritt dies und
lehnte auch den Vorschlag, den Regierungsrat gemeinsam um Anordnung von
Erhebungen darüber zu ersuchen, ab.

Auf eine vom Schweiz. Energie-Konsumentenverband, Sekretariat Solothurn,
am 25. Juli 1923 namens der Elektrizitätsgesellschaft Schönenwerd und
einer Anzahl weiterer Stromabnehmer der Rekurrentin eingereichte Eingabe
beschloss der Regierungsrat von Solothurn am 4. März 1924 entgegen dem
Einspruche der Rekurrentin :

1. Das Baudepartement erhält den Auftrag eine Untersuchung anheben zu
lassen über die Frage, ob die Konzessionärin die Konzessionsbedingungen
in der von den Petenten vermuteten Weise verletzt hat.

2. Je nach Ausgang dieser Untersuchung behält sich der Regierungsrat
seine Entscheidung vor.

In der Begründung wird ausgeführt, dass die Rekurrentin der in Abschnitt
III Ziff. 3 der zweiten Konzessionserweiterung vom 7. Dezember 1917
enthaltenen Konzessionsbedingung zuwiderhandeln Würde, wenn, wie die
Petenten vermuten :

a) kantonale Verträge eine Preiserhöhungsklausel enthalten sollten,
die in Verträgen mit ausserkantonalen Konsumenten fehlen würde;

b) bei ausserkantonalen Verträgen mit Erhòhungsklausel von den
betreffenden Kontrahenten eine Preiserhöhung nicht in gleichem Umfange
und auf den gleichen Zeitpunkt eingefordert worden wäre, wie von den
solothurnischen Abnehmen).Wasserrechtskonzessianen. N° 62. 401

Dem Regierungsrat müsse die Befugnis zustehen festzustellen, wie es
sich damit verhalte, um, wenn das Werk Wirklich die Konzession verletzt
haben sollte, es nötigenfalls unter Androhung des Konzessionsentzuges zur
Abhilfe anzuhalten. Das Verhältnis sei in dieser Beziehung ein ähnliches
wie bei einem zivilrechtlichen Vertrage zu Gunsten Dritter. Wenn sogar
hier das Klagerecht in erster Linie der Vertragspartei, die sich die
Leistung an den Dritten habe versprechen lassen, und nur sekundär den
begünstigten Dritten zustehe, so müsse umsomehr die Staatshoheit bei
einer von ihr auferlegten öffentlichrechtlichen Konzessionsbedingung
zu Gunsten Dritter auf Erfüllung dringen können. Öffentlichrechtlichen
Charakter hätten aber mit der Konzessionserteilung auch die daran
geknüpften Auflagen.

B. Gegen diesen Entscheid hat die Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk
Olten-Aarburg mit staatsrechtlichem Rekurs vom 10. Mai 1924 das
Bundesgericht angerufen. Sie bestreitet, wie schon im kantonalen
Verfahren, dem Regierungsrat irgend ein Aufsichtsrecht über den Betrieb
ihres Unternehmens, soweit ,es nicht entweder in der Konzession
vorbehalten oder gesetzlich festgelegt sei, was beides hier nicht
zutreffe. Eine solche Aufsichtsbefugnis könne auch nicht, wie der
Regierungsrat es versuche, aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet
werden. Sonst hätte man es nicht nötig gehabt, sie im Konzessionsakte
für bestimmte Fälle besonders festzusetzen, so in Ziff. IX der ersten
Erweiterung inbezug auf die Leistungen an Gemeinden und in Ziff. III
4 der zweiten Erweiterung hinsichtlich der Genehmigung künftiger
Energielieferungsverträge mit solothurnischen Abnehmern nach einer andern
Richtung. Der angefochtene Beschluss enthalte somit einen der rechtlichen
Grundlage entbehrenden und deshalb willkürlichen Eingriff in die
Rechtsstellung der Rekurrentin und verletze Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Er laufe überdies

402 Staatsrecht.

auf eine unstatthafte Einmischung der Verwaltungsbehörde in die
zivilrechtlichen Beziehungen der Rekurrentin zu ihren Stromabnehmern
und eine Parteinahme zu Gunsten der letztern hinaus, indem ihnen so
die Beweislast im Zivilstreite für die behauptete Verletzung ihnen
zustehender Rechte abgenommen und auf bequeme Weise durch eine amtliche
Untersuchung ersetzt werde. Da es sich um aus dem Verleihungsverhältnis
hergeleitete Rechte und Pflichten handle und die Konzession keine
andere zur Entscheidung berechtigte Behörde bezeichne, treffe nach
der Auffas-sung der Rekurrentin die Kompetenzbestimmung des Art. 71
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 71
1    Entsteht zwischen dem Konzessionär und der Verleihungsbehörde Streit über die sich aus dem Konzessionsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten, so entscheidet, wo dieses Gesetz oder die Konzession nichts anderes bestimmt, in erster Instanz die zuständige kantonale Gerichtsbehörde und in zweiter das Bundesgericht.
2    Ist die Konzession von mehreren Kantonen, vom Bundesrat oder vom Departement erteilt worden, so erlässt das Departement im Streitfall eine Verfügung. Gegen diese kann nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege Beschwerde geführt werden.131

eidg. WRG zu. Es wurde daher das Gesuch gestellt, dass das Bundesgericht
zunächst in einem Vorentscheid diese formelle Frage und zwar im Sinne
der Bejahung entscheide. Die Anhebung des Streites als staatsrechtlicher
Rekurs geschehe nur vorsichtshalber, um die Frist zu wahren und für alle
Fälle gedeckt zu sein.

C. Der Regierungsrat von Solothurn hat beantragt, der Rekurs sei sowohl
vom Standpunkt der behaupteten Verfassungsverletzung als auch von
demjenigen einer Streitigkeit über die Pflichten des Beliehenen nach
Art. 71
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 71
1    Entsteht zwischen dem Konzessionär und der Verleihungsbehörde Streit über die sich aus dem Konzessionsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten, so entscheidet, wo dieses Gesetz oder die Konzession nichts anderes bestimmt, in erster Instanz die zuständige kantonale Gerichtsbehörde und in zweiter das Bundesgericht.
2    Ist die Konzession von mehreren Kantonen, vom Bundesrat oder vom Departement erteilt worden, so erlässt das Departement im Streitfall eine Verfügung. Gegen diese kann nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege Beschwerde geführt werden.131
eidg. WRG abzuweisen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. streitig ist zur Zeit einzig die Pflicht der Rekurrentin, sich der
vom Regierungsrat angeordneten Untersuchung ihrer Geschäftsführung auf
die Erfüllung der in Abschnitt III Ziff. 3 der 2. Konzessionserweiterung
enthaltenen Auflage zu unterziehen. Die weitere Frage, welche Folgen
von der Verleihungsbehörde an eine festgestellte Verletzung jener
Konzessionsbedingung geknüpft werden könnten, steht vorläufig nicht zur
Erörterung, weil der Regierungsrat einen Beschluss darüber nicht gefasst,
sondern ihn sich bis nach Ausgang der Untersuchung vorbehalten hat. Die
dem Bundes-

Wasserrechtskonzessionen. N° 62. 403

gericht eingereichte Rechtsschrift ist zwar als staatsrechtlicher Rekurs
gegen Dispositiv 1 des Beschlusses des Regierungsrates vom 4. März 1924
betitelt und dem entspricht auch der im Eingang gestellte Antrag, der
auf Aufhebung dieses Beschlusses wegen Verfassungsverletzung'CWillkür)
geht. Aus den weitem Ausführungen ergibt sich dann aber, dass die
Rekurrentin die streitig-e Frage in erster Linie als eine solche nach
Art. 71
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 71
1    Entsteht zwischen dem Konzessionär und der Verleihungsbehörde Streit über die sich aus dem Konzessionsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten, so entscheidet, wo dieses Gesetz oder die Konzession nichts anderes bestimmt, in erster Instanz die zuständige kantonale Gerichtsbehörde und in zweiter das Bundesgericht.
2    Ist die Konzession von mehreren Kantonen, vom Bundesrat oder vom Departement erteilt worden, so erlässt das Departement im Streitfall eine Verfügung. Gegen diese kann nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege Beschwerde geführt werden.131
eidg. WRG, d. h. als Anstand zwischen Verleihungsbehörde und
Beliehenem über die aus dem Verleihungsverhältnis entspringenden Rechte
und Pflichten betrachtet und behandelt wissen möchte. Doch ist es nicht
nötig, zu dieser formellen Frage Stellung zu nehmen. Denn der Einspruch
der Rekurrentin gegen die Anordnung des Regierungsrates müsste auch
dann als unbegründet verworfen werden, wenn man das Beschwerde-begehren
als eine unter jene Kompetenzbestimmung fallende, vom Bundesgericht mit
freier Kognition zu beurteilende negative Feststellungsklage, gerichtet
auf Feststellung der Nichtbestehens einer angeblichen konzessmnsmässigen
Pflicht des Beliehenen, auffassen und aus der BeschWerdeantwort auf das
Einverständnis des Regierungsrates damit schliessen wollte, dass das
Bundesgericht auch aus diesem Gesichtspunkte als einzige Instanz unter
Ausschaltung des kantonalen Richters entscheide.

2. Wie die Verleihung im allgemeinen und die hier in Frage
stehende'Einräumung eines Sondernutzungsrechtes an einem öffentlichen
Gewässer im besonderen als Verwaltungs-(Hoheits)-Akt überhaupt
grundsätzlich dem öffentlichen Rechte angehört (AS 43 II 448 Erw. 2 ;
47 I 226 mit Zitaten), so begründen auch die mit der Einräumung des
nutzbaren Rechtes nach dem Verleihungsakt verbundenen Auflagen ein
Pflichtverhältnis öffentlichrechtlicher Natur. Der Beliehene steht
dabei dem verleihenden Gemeinwesen nicht als gleichgeordnete Partei,
sondern in einem Unterwerfungs-

AS 501 1924 28

404 Staatsrecht.

verhältnis _als öffentlicher Gewalt gegenüber, woran der ihm durch
Art. 71
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 71
1    Entsteht zwischen dem Konzessionär und der Verleihungsbehörde Streit über die sich aus dem Konzessionsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten, so entscheidet, wo dieses Gesetz oder die Konzession nichts anderes bestimmt, in erster Instanz die zuständige kantonale Gerichtsbehörde und in zweiter das Bundesgericht.
2    Ist die Konzession von mehreren Kantonen, vom Bundesrat oder vom Departement erteilt worden, so erlässt das Departement im Streitfall eine Verfügung. Gegen diese kann nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege Beschwerde geführt werden.131
WRG gewährleistete besondere Rechtsschutz sowenig etwas
ändert wie das Bestehen einer unabhängigen, ausser der Verwaltung
stehenden Verwaltungsgerichtsbarkeit auf anderen Gebieten.' Das
bedarf keiner Erörterung hinsichtlich der t e c hn i s c h e n
Konzesissionsbestimmungen, durch die aus der Erstellung oder dem
Betriebe des Werkes drohende Gefahren für Dritte sei es in Gestalt einer
schädlichen Beeinflussung des Flusslaufs oder anderer Art " verhütet
werden sollen: insoweit hat man es einfach mit einer Handhabung der
Wasserund Baupolizei zu tun, sodass die bezüglichen Anordnungen sich
von einem gewöhnlichen Polizeibefehl nur durch die Art ihrer Entstehung
unterscheiden. Es gilt aber auch für diejenigen Bedingungen, welche die
Wirtschaftliche Verwendung der verliehenen Nutzung betreffen und darauf
ausgehen, Dritten in engerem oder weiterem Kreise daraus gewisse Vorteile
zuquenden, wie z.B. die

Verpflichtung, die mittelst des WasserWerks erzeugte

elektrische Energie in erster Linie den Verbrauchern im Kanton zur
Verfügung zu halten, an sie zu bestimmten Preisen oder zu günstigeren
Bedingungen als nach auswärts abzugeben._ Auch Konzessionsbestimmungen
dieser Art haben ihren Grund nicht sowohl in der Absicht bestimmte
Private wirtschaftlich zu begünstigen, als in dem allgemeinen staatlichen
Interesse an der Hebung der Volkswirtschaft des Kantons oder ,eines
Gebietes, das zu dem Werke in näheren räumlichen Beziehungen steht,
durch Schaffung günstiger Produktionsbedingungen. Mit dem Charakter der
Auflage als einer dem Beliehenen im öffentlichen Interesse auferlegten
Verpflichtung, die als solche die öffentlichrechtliche Natur der
Verleihung selbst teilt, ist aber auch das Recht der Verleihungsbehörde
zur Ausübung einer Kontrolle über die Erfüllung der Pflicht und
damit zur Einsichtnahme in die Geschäftsführung des Beliehenen
gegeben,Wasserrechtskonzessionen. N° 62. ' 405.

soweit dies zur Ausübung der Kontrolle nötig ist. Nur so ist die Behörde
überhaupt in der LageLdie mit der

'Einhaltung der Konzessionsbestitnmung verbundenen

allgemeinen Interessen zu wahren und im Falle der Zuwiderhandlung gegen
die Bestimmung die Schritte

einzuleiten, welche geeignet und nach Gesetz, Ver-

leihungsakt und Natur des Verhältnisses zulässig sind, um den Beliehenen
zu einer den übernommenen Verpflichtungen entsprechenden Verwendung der
verliehenen Nutzung anzuhalten. Einer Weiteren rechtlichen Grundlage
für diese Aufsichtshefugnis bedarf es nicht, weil sie schon in der
Übernahme der Pflicht selbst, deren Erfüllung die Aufsicht dienen soll,
dem öffentlichrechtlichen Charakter der Verleihung und in dem besonderen
Unterwerfungsverhältnis, in das sich der Beliehene durch deren Annahme
zum verleihenden Gemeinwesen kraft eigenen Willens begeben hat, ohne
Weiteres mitenthalten ist. Auch wenn der äussere Anlass zu einem solchen
Eingreifen in einer Denunziation von Personen liegt, denen die in der
Konzession ausbedungenen Vor-

teile unmittelbar zukommen sollen und angeblich vor-

enthalten werden, nimmt die Verieihungsbehörde doch

damit nicht deren Interessen, sondern ein eigenes Inte-

resse des Gemeinwesens, einen ihm zustehenden Anspruch wahr. Von einer
Einmischung in zivilrechtliche Verhältnisse zwischen dem Werke und
Dritten, nämlich seinen Stromabnehmern und von einer Parteinahme zu

. Gunsten der letztem, kann deshalb sowenig die Rede

sein wie bei der Strafverfolgungsbehörde, die auf Anzeige s eines
verletzten Privaten eine Strafuntersuchung einleitet und so dem Anzeiger
mittelbar Beweisstoff für

'die Begründung eines neben dem staatlichen Straf-

anspruch hergehenden SchadenersatzanSpruchs aus unerlaubter Handlung
verschafft. Auf diesem Boden steht

ss denn auch das eidg. WRG,' wenn .es in Art. 56 bestimmt :

Hat sich die Verleihungsbehörde Rechte vorbehalten, die mit der
Geschäftsführung des Beliehenen im Zusam-

406 Staatsrecht.

menhang stehen, wie Rückkauf, Beteiligung am Gewinn, Herabsetzung
der Strompreise nach Massgabe des Reingewinns, so sind für deren
Geltendmachung mangels besonderer Bestimmungen der Verleihungsurkunde
die Grundsätze einer guten und vorsorglichen Wirtschaft massgebend. Die
Verleihungsbehörde ist berechtigt, von der Geschäftsführung des Beliehenen
Einsicht zu nehmen, sofern sie ein Interesse daran glaubhaft macht.
Die Rekurrentin wendet freilich ein, dass dabei nur an Ansprüche
finanzieller Natur gedacht sei, die die Verleihungsbehörde sich selbst,
nicht Dritten vorbehalten habe. Doch zeigt schon das Beispiel der
Herabsetzung der Strompreise nach Massgabe des Reingewinnes , dass
dem nicht so sein kann, der Ausdruck ausbedungene Rechte vielmehr
in dem weiteren Sinne auf die Geschäftsführung bezüglicher Auflagen,
konzessionsmässiger Verpflichtungen überhaupt zu verstehen ist, mit
Einschluss dem Beliehenen auferlegter Leistungen an Dritte, die zunächst
diesen und nur mittelbar dem verleihenden Gemeinwesen zugutekommen. Da
das Gesetz damit lediglich noch ausdrücklich ausspricht, was nach dem
Wesen des Verleihungsverhältnisses ohnehin schon Rechtens sein müsste,
kann die-Stellung des Beliehenen auch bei Verleihungen keine andere sein,
die formell von dieser Bestimmung nicht betroffen werden, weil sie vor
dem von ihr erfassten Zeitraum erteilt worden sind. Es kann deshalb
dahingestellt bleiben, ob wirklich, wie die Rekurrentin behauptet und
auch der Regierungsrat anzunehmen scheint, der Artikel die vorliegende
Konzession nicht ergreife, obwohl die Konzessionserteilung zwar vor
dem 1. Januar 1918, aber doch nach dem 25. Oktober 1908 stattgefunden
hat (Art. 74 Abs. 2
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 74
1    Die Artikel 7a, 8, 9 und 12-16 sowie der zweite Abschnitt gelten für alle bestehenden Wasserrechte.134
2    Vom dritten Abschnitte gelten für die vor dem 25. Oktober 1908 begründeten Wasserrechte nur die Bestimmungen über die Störung eines Wasserwerkes durch öffentliche Bauten (Art. 44), über das Enteignungsrecht (Art. 46 und 47), über die Abgabe von Wasser zu öffentlichen Zwecken (Art. 53) und über die Entscheidung von Streitigkeiten (Art. 70 und 71). Wenn jedoch dem Inhaber eines älteren Wasserwerkes nach diesem Zeitpunkt neue Wasserkräfte verliehen worden sind oder noch verliehen werden, so gilt bezüglich der für diese neuen Wasserkräfte zu entrichtenden wiederkehrenden Leistungen ebenfalls das gegenwärtige Gesetz.
3    ...135
3bis    Artikel 49 Absatz 1 gilt, soweit keine wohlerworbenen Rechte verletzt werden.136
4    Artikel 50 findet nicht Anwendung auf Wasserrechte, die vom 25. Oktober 1908 an bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes gegeben worden sind.
5    ...137
WRG) und § 41 der Konzessionsurkunde von 1909 die
künftige Gesetzgebung des Bundes und des Kantons ausdrücklich vorbehält.

Jedenfalls kann nicht aus Bestimmungen, wie den von der Rekurrentin
angerufenen §§ 28 u. 29 dieser Urkunde, Ziff. IX der 1. Erweiterung von
1912 und Ziff.Wasserrechtskonzessionen. N° 62. 407

IV 4 der 2. Erweiterung von 1917 auf die Absicht geschlossen werden,
eine weiterreichende Aufsichtsbefugnis als nach den hier besonders
bezeichneten Richtungen auszuschliessen. Bei der Genehmigung der künftigen
Energielieferungsverträge mit solothurnischen Abnehmern im Sinne der
letzterwähnten Bestimmung handelt es sich um einen ganz besonderen,
vom vorliegenden durchaus verschiedenen Fall, der daher auch besonderer
Regelung rief, nämlich um eine vertragliche B e s c h r ä n k u n g,
welche die Rekurrentin künftig ihren solothurnischen Abnehmern auflegen
soll, zum ZWecke Entschädigungsansprüche derselben bei Einführung des
staatlichen Energielieferungsmonopols auszuschliessen. Und Ziff. IX
der 1. Erweiterung betrifft etwas über die blosse Aufsichtsbefugnis
Hinausgehendes, nämlich die Einsetzung des Regierungsrates als
entscheidende und zwar als endgültig entscheidende Behörde im Verhältnis
zwischen der Rekurrentin und gewissen Dritten, den in der Konzession
genannten Gemeinden bei Anständen über die ihnen auf Grund der Verleihung
zukommenden Leistungen. Die §§ 28 u. 29 der Konzessionsurkunde von 1909
aber, Welche die Unternehmung verpflichten, Statuten, Reglemente und
Abänderungen daran dem Regierungsrat mitzuteilen und ihm einen Sitz im
Verwaltungsrat einzuräumen, verschaffen der Verleihungsbehörde sogar
insoweit eine bedeutend weitergehende Einsicht in die Geschäftsführung
des Unternehmens, als sie sich aus der blossen Kontrolle der Einhaltung
der konzessionsmässigen Verpflichtungen ergeben würde. Umsoweniger kann
daraus ein Argument gegen das Bestehen eines solchen Kontrollrechts
in dem Umfange und Sinne, wie es der Regierungsrat hier beansprucht,
hergeleitet werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Beschwerde wird abgewiesen.