390 , Staat srecht.

IX. GEWALTENTRENN UN G

SÉPARATION DES POUVOIRS

48. Urteil vom 5. Oktober 1923 i. S. Knutty gegen Basel.

Übergang von einem kantonalen Steuergesetz zu einem neuen, das im
Gegensatz zum alten in Beziehung auf das Einkommen die sogenannte
Postnumerandobesteuerung festsetzt und die Regierung ermächtigt,
den Zeitpunkt des Inkrafttretens festzustellen. Keine Verletzung des
Grundsatzes der Gewal-

tentrennung, wenn die Regierung in ihrer Verordnung den

Übergang so ordnet, dass im ersten von der neuen Einkommenssteuer
erfassten Steuerjahr noch die alte Steuer erhoben und damit das Einkommen
dieses Jahres doppelt belastet wird.

A. Nach § 15 des früheren Steuergesetzes von BaselStadt von 189? [1911
waren die Steuererklärungen alljährlich im Monat März für Einkommen
und Erwerb des verflossenen Kalenderjahres einzugehen und die auf Grund
dieser Erklärungen von der Steuerverwaltung festgestellten Steuerbeträge
im Monat April zu bezahlen. Neben der danach bestehenden staatlichen
Einkommensund Erwerbssteuer sah das Gesetz noch eine städtische
Gemeindesteuer vor, die ebenfalls nach der Höhe des Einkommens bestimmt
wurde. Hiefür schrieb aber § 35 vor: Die Anlage der Steueriisten geschieht
für alle steuerpflichtig-en gleichzeitig für zwei Stenerjahre. Die
Steuerpflichtigen werden von der Steuerverwaltung auf Grund ihres
jährlichen Gesamteinkommens der entsprechenden Steuerklasse zugeteilt,
hiebei ist massgebend das mutmassliche Einkommen des ersten Jahres, für
welches die Zuteilung erfolgt; soweit das Einkommen des Steuerpflichtigen
seiner Natur nach ein ungleiches ist, ist der Durchschnitt der letzten
drei Jahre zu Grunde zu legen. Diese Steuer wurde nach § 38 in
viertel-Gewaltentrennung. N° 48. 391

jährlichen Raten eingezogen . Am 6. April 1922 hat der Kanton
Basel-Stadt ein neues Steuergesetz erlassen, worin die besondere
städtische Gemeindesteuer aufgegeben und das Einkommen nur noch mit
einer staatlichen Steuer belastet wird. § 18 bestimmt in Bezug hierauf :
Die Steuererklärungen sind alljährlich im Monat März für Einkommen und
Erwerb des verflossenen Kalenderjahres einzugeben. Die auf Grund dieser
Erklärungen von der Steuerverwaltung festgestellten Steuerbeträge
sind von den Pflichtigen je zu einem Drittel in den Monaten April,
August und November abzutragen. § 19 schreibt jedoch entsprechend
dem § 16 des alten Gesetzes vor: ii . . Die steuer Vegziehender wird
fällig am Tage vor ihrem W'egzuge. Wenn Steuerpflichtige sterben, so
sind die Erben verpflichtet, für die Zeit vom Beginn des Steuerjahrcs
bis zum Todestage vor der Verteilung der Erbschaft die Steuererklärung
abzugeben und die Steuer abzntragen.... Nach § 39 sc wird durch dieses
Gesetz das Gesetz betreffend die direkten Steuern vom 14. Oktober
1897.... 1911 aufgehoben . § 38 des Gesetzes erklärt sodann: Der
Regierungsrat wird ermächtigt, das Inkrafttreten dieses Gesetzes,
eventuell mit Rückwirkung der Einkommenssteuer auf 1. Januar 1922,
nach Eintreten der Rechtskraft für einzelne Teile-desselben oder für
das ganze Gesetz zu bestimmen und die. mit den Bestimmungen der in Kraft
erklärten Teile des Gesetzes in Widerspruch stehenden Grossratsbeschlüsse
über die Erhebung von Stenerzuschlägen aufzuheben. Auf Grund dieser
Bestimmung fasste der Regierungsrat am 2. Juni 1922 folgenden Beschluss
: l. Das Gesetz betreffend die direkten Steuern vom 6. April 1922 wird
sofort in Wirksamkeit erklärt mit Ausnahme der Bestimmungen über die
Einkommenssteuer. Die Bestimmungen des Gesetzes betreffend die direkten
Steuern vom 6. April 1922 über die Einkommenssteuer werden in Wirksamkeit
erklärt für die Einkommenssteuern, die auf Grund des Einkommens des
Jahres 1922 und der folgenden Jahre

392 Staats-recht-

Veranlagt werden. II. Für die Einkommensund ErWerbssteuer 1921, die
im Jahre 1922 auf Grund des Einkommens des Jahres 1921 veranlagt wird,
und für die städtische Gemeindesteuer, die im Jahr 1922 erhoben wird,
bleiben die Vorschriften des Gesetzes betreffend die direkten Steuern vom
14. Oktober 1897 9. November 1911 und der Grossratsbeschluss betreffend
die Erhebung von Steuerzuschlägen auf der Einkommensund Erwerbssteuer
im Jahre 1922 vom 19. Januar 1922 weiterhin in Kraft. III. Es werden mit
sofortiger Wirkung aufgehoben : Das Gesetz betreffend die direkten Steuern
vom 14. Oktober 1897 9. November 1911, mit Ausnahme der Bestimmungen
über die Einkommensund

Erwerbssteuer und über die städtische Gemeindesteuer ;...

Es werden mit Wirkung auf 31. Dezember 1922 aufgehoben: Die Bestimmungen
des Gesetzes betreffend die direkten Steuern vom 14. Oktober 1897
9. November 1911, soweit sie nicht schon durch den gegenwärtigen
Bes'chluss mit sofortiger Wirkung aufgehoben worden sm ....

Am 5. Juli 1922 starb Ernst Knutty Wismer in Basel, der Ehemann
der Rekurrentin. Die Steuerverwaltung forderte darauf vom Nachlass
_u. a. die Einkommenssteuer nach dem neuen Gesetz für die Zeit vom
1. Januar bis 5. Juli 1922, sowie die städtische Gemeindesteuer für das
dritte Viertel des Jahres 1922. Für die erste Hälfte des Jahres hatte der
Erblasser diese Steuer schon bezahlt. Die Rekurrentin erhob Beschwerde
gegen die Gemeindesteuerauflage, indem sie zugleich die Rückzahlung des
schon entrichteten Steuerbetrages verlangte. Das Appellationsgericht
des Kantons Basel-Stadt wies als Verwaltungsgericht die Beschwerde am
9. Februar 1923 mit folgender Begründung ab: Der Rekurs wird mit der
Behauptung begründet, die Gemeindesteuer dürfe nicht neben der nach
dem neuen Gesetz bemessenen Einkommenssteuer erhoben werden, weil sie
gemäss § 39 dieses Gesetzes aufgehoben sei... Die Bedeutung des § 39
desGewaltentrennung. N° 48. 393

Steuergesetzes vom 6. April 1922 ist im Zusammenhang mit § 38 zu
beurteilen; hier werden die Ùbergangsverhältnisse in der Weise geordnet,
dass es dem Regierungsrat anheimgestellt wird, die Wirksamkeit des
Gesetzes nach Eintritt der Rechtskraft für das ganze Gesetz oder für
einzelne Teile zu bestimmen. Davon hat der Regierungsrat in seiner
Einführungsverordnung vom 2. Juni 1922 insofern Gebrauch gemacht,
als er unter II. verfügt hat, dass für diestädtische Gemeindesteuer,
die im Jahre 1922 erhoben wird, die Vorschriften des alten Gesetzes
weiterhin in Wirksamkeit bleiben sollen, ebenso diejenigen über
die Einkommenssteuer, die ab dem im Jahre 1921 erworbenen Einkommen
bemessen und im Jahre 1922 erhoben wird. Wie also der Regierungsrat
befugt war, das neue Gesetz nur teilweise in Wirksamkeit zu erklären,
so ist § 39 nicht dahin auszulegen, dass mit der Rechtskraft des
neuen Gesetzes, die alten Steuergesetze mit allen ihren Bestimmungen
aufgehoben seien, sondern nur nach Massgabe der regierungsrätlichen
Wirksamkeits-Erklärung. Dies ist auch die Meinung dessisiGesetzgebers,
des Grossen Rates, gewesen, da er ja am 2. Juli 1922 im Gesetz über
Steuererleichterungen und Zuschläge in § 2 für die Gemeindesteuer des
Jahres 1922 solche Bestimmungen getroffen hat, also die Rechtmässigkeit
von deren Erhebung voraussetzt. Die Wirkung ist nun freilich die, dass
rechnerisch das im Jahre 1922 erzielte Ein-kommen sowohl mit der in
diesem Jahre zu entrichtenden Gemeindesteuer belastet wird, als auch
mit der neuen Einkommenssteuer, die in ihren höheren Ansätzen die alte
Gemeindesteuer in sich aufgenommen hat. Allein wirtschaftlich ist das
nicht richtig, weil der Steuerpflichtige die Bezahlung dieser erhöhten,
erst im Jahre 1923 erhobenen Einkommenssteuer aus den Mitteln leistet,
die ihm im Jahre 1923 zur Verfügung stehen, daneben aber nun die alte
Gemeindesteuer in diesem Jahre nicht mehr verlangt wird. Wesentlich ist
eben, dass innerhalb eines Steuerzeitabschnittes, welcher wie für

394 Staatsrecht.

die Wirtschaftsführung der weitaus überwiegenden Mehrzahl der
Steuerpflichtigen mit dem Kalenderjahr sich deckt, die tatsächliche
Steuerentrichtung nicht nach altem u n d neuem Gesetz erfolgt. Diese
doppelte Belastung trifft zwar diejenigen, für welche die Steuerhoheit
des Kantons, sei es wegen Wegzuges, sei es wegen Todes im Jahre 1922
erlischt, aber doch nur insofern sie schon in diesem Jahre das entrichten
müssen, was sie 1923 zu leisten hätten. Und wenn sie oder ihre Erben
den ausgleichenden Vorteil des nunmehrigen Vegfalles der Gemeindesteuer
nicht geniessen, so ist das in den persönlichen Verhältnissen begründet,
und keine Unbilligkeit, welche das Rechtsbegehren der Kläger rechtfertigen

könnte. Es ist eine Ausnahme und ohne irgend eine.

etwelche Härte lässt sich die grundsätzliche Änderung eines Steuersystems
nicht durchführen.

B. Gegen diesen Entscheid hat Witwe Knutty am 3. April 1923 die
staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag,
er sei aufzuheben und festzustellen, dass Rekurrentin vom Nach-lass
ihres verstorbenen Mannes eine Gemeindesteuer für das Jahr 1922 nicht
zu Zahlen hat. ,;

Die Rekurrentin macht geltend, dass Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV Verletzt sei, und führt
zur Begründung aus : Nach dem Regierungsratsbeschluss vom 2. Juni 1922
werde das Einkommen dieses Jahres kumulativ sowohl nach dem alten wie
nach dem neuen Steuergesetz mit Steuern belastet. Das sei unbillig und
ungesetzlich. Nach § 39 des neuen Gesetzes werde das alte ohne weiteres
in dem Zeitpunkt unwirksam, auf den der Regierungsrat das neue in Kraft
erkläre. Aus § 38 könne die Zulässigkeit der doppelten Belastung nicht
abgeleitet werden. Diese Bestimmung ermächtige zwar den Regierungsrat,
die einzelnen Teile des neuen Gesetzes je auf einen verschiedenen
Zeitpunkt in Kraft zu setzen, erteile ihm aber nicht die Befugnis, das
alte und das neue Gesetz für das Jahr 1922 neben einander wirksam sein
zu lassen. Sie räume ihm überhauptGewaltentrennung. N° 48. 395

nicht die Macht ein, unmittelbar auf einen ihm zweckmässig scheinenden
Zeitpunkt das alte Gesetz aufzuheben ; dessen Teile verlören ohne weiteres
nach "EUR 39 in dem Zeitpunkt ihre Wirksamkeit, auf den die damit im
Widerspruch stehenden Teile des neuen Gesetzes vom Regierungsrat in Kraft
erklärt worden seien. Demgemäss könnten die Abschnitte des alten Gesetzes
über die staatliche Einkommenssteuer und die städtische Gemeindesteuer
nicht neben den neuen Bestimmungen über jene Staatssteuer für das Jahr
1922 in Kraft bleiben. Der Beschluss des Grossen Rates vom 2. Juli
1922 ändere hieran nichts, da er sich nur auf die Zuschläge beziehe ;
damit habe der Grosse Rat die Frage nicht präjudizieren wollen, ob nach
dem neuen Steuergesetz für 1922 noch eine Gemeindesteuer erhoben werden
könne. Die wirtschaftlichen Gründe, auf die sich das Verwaltungsgericht
berufe, träfen gerade im vorliegenden Fall nicht zu.

C. Das Appellationsgericht hat auf Gegenbemcrkungen verzichtet.

D. Die kantonale Steuerverwaltung hält an ihrem Standpunkt fest und
weist darauf hin, dass das F inanzdepartement nach § 8 Abs. 3 des neuen
Steuergesetzes befugt sei, Steuerschulden zu stunden oder zu erlassen,
und damit Härten, die aus der Änderung des Steuersystems entstünden,
mildern könne.

Das Bundesgericht zieh! in Erwägung :

1. Die Rekurrentin beruft sich zwar auf Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, gibt aber nicht an,
welche Annahmen des Verwaltungs-

s gerichts willkürlich sein sollen, und behauptet auch

nicht ausdrücklich, dass der Grundsatz der Trennung der gesetzgebenden von
der vollziehenden Gewalt (Art.. 42 KV) verletzt sei. Es könnte sich daher
fragen, ob mcht der Beschwerde die erforderliche Substantiierung fehle.

2. Wenn man aber auch darüber hinweggeht, so erweist sich die Beschwerde
doch als unbegründet. Nach § 38 des neuen Steuergesetzes von Basel-stadt
ist der

396 Staatsrecht.

Regierungsrat ermächtigt, die einzelnen Teile des Gesetzes zu
verschiedener Zeit oder das ganze auf einmal in Kraft zu setzen, und aus
§ 39 ist allerdings zu schliessen, dass, sobald danach die Vorschriften
des neuen Gesetzes, sei es mit einander, sei es zu verschiedener Zeit,
wirksam werden, die entsprechenden Bestimmungen des alten im allgemeinen
ohne weiteres ausser Kraft treten. Allein die Rekurrentin irrt, wenn sie
glaubt,. es sei danach vollständig ausgeschlossen, dass die Vorschriften
über die alte Einkommensund die Gemeindesteuer gleichzeitig neben
derjenigen über die neue Einkommenssteuer Geltung haben könnten.

Sowohl bei dieser als auch bei der alten staatlichen Einkommenssteuer
handelt es sich nach § 18 des neuen und § 15 des alten Gesetzes um
eine sogenannte Postnumerandobesteuerung, wobei, abgesehen von Tod
und Wegzug, die Steuerveranlagung und einziehung erst nach Ablauf des
Steuerjahres erfolgt, dessen Einkommen das Steuerobjekt bildet. Da dieses
somit nach beiden Gesetzen . von den materiellen Vorschriften über die
Staatssteuer normalerweise ein Jahr vorher erfasst, als es nach den
formellen Bestimmungen über diese Steuer der Veranlagung unterworfen wird,
so entspricht es der Natur der Sache und ist ,auch vom Regierungsrat so
geordnet worden, dass nicht auf ein und denselben Zeitpunkt sowohl die
materiellen als auch die formellen Vorschriften über die neue staatliche
Einkommensteuer diejenigen über die alte ablösen, sondern das Jahr,
in dem normalerweise noch die Veranlagung und Einziehung der alten
Steuer stattfindet, bereits als Steuerjabr unter die Vorschriften über
die neue Steuer fällt. Die Bestimmungen des alten Gesetzes über das
Veranlagungsverfahren für die staatliche Einkommenssteuer bleiben also
zeitlich noch neben den materiellrechtlichen des neuen über diese Steuer
in Kraft; lediglich innerhalb des materiellen Steuerrechts einerseits
und innerhalb des Veranlagungsrechts andrerseits findet eine Ablösung
ohne Übergreifen statt, wobei

' ""* 'ESGewaltentrennung. N° 48. 397

immerhin die Bestimmungen über die Veranlagung bei Tod oder Wegzug ihren
besonderen Übergangszeitpunkt haben.

Zwischen der neuen Einkommensund der städtischen Gemeindesteuer,
die von jener nach der Auffassung des Gesetzgebers neben der alten
Einkommenssteuer abgelöst wird, konnte sich nun der Übergang vom
alten zum neuen Rechte nicht mit dem gleichen selbstverständlichen
Anschluss vollziehen wie zwischen den beiden erwähnten Staatssteuem,
weil bei der Gemeindesteuer normalerweise das Steuer-Fahr mit dem
Steuerveran-lagungsjahr zusammenfiel. ,Wurde der Übergang so geordnet,
dass das erste Steuerjahr des neuen Rechtes auf das letzte des alten
folgte, so fehlte ein unmittelbarer Anschluss in der Veranlagung,
da diese dann normalerweise in jenem zuerst genannten Jahre für die
Gemeindesteuer nicht mehr in Frage kam und für die neue Steuer noch
nicht stattfinden konnte. Wenn aber, wie es im Regierungsratsbeschluss
vom 2. Juni 1922 geschehen ist, der Übergang so geregelt wurde, dass in
der Veranlagung und Erhebung kein Unterbruch entstand, und man daher
im ersten vom neuen Rechte erfassten Steuerjahr noch die Veranlagung
und Erhebung einer Gemeindesteuer vorsah, so wurde das Einkommen dieses
Jahres gleichzeitig mit der soeben genannten und der neuen Steuer, also
in gewissem Masse doppelt belastet. Es ist der Rekurrentin zuzugeben,
dass eine solche doppelte Besteuerung auf den ersten Blick mit § 39
des neuen Steuergesetzes im Widerspruch zu stehen und im Vergleich zur
Belastung des Einkommens der vorhergehenden und der nachfolgenden Jahre
unbillig zu sein scheint. Allein bei näherer Betrachtung der Sachlage
lässt sich doch nicht annehmen, dass das neue Steuergesetz diese Art des
Übergangs ausgeschlossen und nur die andere zugelassen habe. Wie bereits
dargetan wurde, ist ein gewisses Nebeneinanderbestehen der Vorschriften
des alten und des neuen Gesetzes über die Einkommenssteuer unvermeid-

398 Staatsreeht.

lich und kann daher nicht durch § 39 des neuen ausgeschlossen
sein; deshalb erscheint auch ein zeitliches Übereinandergreifen
der materiellrechtlichen Bestimmungen über die Gemeindeund die neue
Einkommens-steuer nicht von vorneherein angesichts des Wortlautes des
§39 l. c. als unmöglich, sondern als zulässig, sofern erhebliche Gründe
dafür sprechen, und das ist zweifellos der Fall. Der Staat oder die Stadt
Basel hatte, wie das kantonale Justizdepartement in einem Gutachten
ausgeführt hat, ein bedeutendes Interesse daran, dass der bisherige
Zufluss an Steuereinnahmen im ersten von der neuen Einkommenssteuer
erfassten Steuerjahre nicht zu einem grossen Teil ausblieh und damit in
dem auf der Regel-

mässigkeit und Beständigkeit der Einkünfte beruhenden '

Staatsoder Gemeindehaushalt eine Störung eintrat Dieses Interesse
hatte bei der Lösung der Frage, in welcher Weise der Übergang von der
Gemeindezur neuen Einkommenssteuer sich vollziehen solle, ein umso
grösseres Gewicht, als die sich bei der ihm entsprechenden Art des
Übergangs ergebende doppelte Belastung den Steuerpflichtigen in ihrer
Wirtschaftsführung normalerweise nicht als etwas aussergewöhnliches
erschien, weil sie trotzdem im genannten Steuerjahre an Einkommenssteuern
gleich wie bisher nur die alte Staatsund die Gemeindesteuer zu bezahlen
hatten. In Fällen, wie im vorliegenden, wo der Steuerpflichtige
im erwähnten Jahre wegzog oder starb, kam ihm oder seinen Erben die
doppelte Besteuerung allerdings deutlich als etwas ausserordentliches zum
Bewusstsein, weil gleichzeitig auch die neue Staatssteuer entrichtet
werden musste ; aber auch dann erschien sie in der Wirtschaft des
Steuerpflichtigen nur als gewisser Nachteil gegenüber dem bisherigen
Rechtszustand, weil bisher in solchen Fällen neben der alten Staatssteuer
für das verflossene Jahr und der Gemeindesteuer bloss die alte (geringere)
Staatssteuer für das laufende Jahr bezahlt werden musste ; sie war aber
nicht fühlbar als Nachteil gegenüber dem neuen

. i MM. ...

'_ L..- _M--Gewaltentrennung. N° 48. 399

Rechtszustand, wonach in derartigen Fällen die neue höhere Staatssteuer,
die die alte Staatsund die Gemeindesteuer zusammen ersetzt, ebenfalls
gleichzeitig für das verflossene und das laufende Jahr erhoben wird.

Zudem sind im kantonalen Gesetz vom 2. Juli 1922 Steuererleichterungen
und Steuerzuschläge in Beziehung auf die Gemeindesteuer des Jahres
1922 eingeführt worden. Damit hat der Gesetzgeber selbst anerkannt,
dass die vom Regierungsrat getroffene Ordnung des Übergangs von der
Gemeindezur neuen Einkommenssteuer gesetzmässig sei. Ein Übergriff
des Regierungsrates in das Gebiet der gesetzgebenden Gewalt ist darin
somit nicht zu erblicken; demgemäss hat auch das Verwaltungsgericht den
Grundsatz der Gewaltentrennung nicht verletzt, indem es sich auf den
Regierungsratsbeschluss vom 2. Juni 1922 stützte.

Wenn in Fällen von Tod oder Wegzug die Auflage doppelter Einkommenssteuern
eine grosse kaum ertragliche Härte bedeutet, so kann das Finanzdepartement
die Steuerlast nach § 8 Abs. 3 des neuen Steuergesetzes mildern.

Demnach erkennt das Bundesgericht : . Der Rekurs wird abgewiesen.

X. ORGANISATION DER BUNDESRECHTSPFLEGE

ORGANISATION J UDIC IAIRE FÉDÉRALE

Vgl. Nr. 43 und 45. Voir Nos 43 et 45.

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