10 Entscheidungen der Selinidbetreihungs-

5. Entscheid vom 1. März 1921 i. S. Nachlass ,Schmelz.

Amtliche Erbschaftsliquidation :

SchKG Art. 49: Betreibung gegen die Erbschaft zulässig für vom Liquidator
namens der Liquidationsmasse eingegangene Schulden, dagegen unzulässig
für Erbschaftsschulden, auch soweit sie pfandversichert sind. Nichtigkeit
solcher Betreibungen (Erw. 1}.

ZGB Art. 593 Abs. 3, 597: Rechtsstellung der Gläubiger während der
amtlichen Erbschattsliquidation, insbesondere beiim Laufe des Veriahrens
eintretender Ueberschnldung

(Erw. 2).

A. Ueber den Nachlass des am 6. Juni 1917 siverstorbenen Eigentümers
des Hotels Axeniels in Morschach, P. Schnack, wurde auf Verlangen der
Erben die amtliche Liquidation angeordnet und Franz Ehrler in Schwyz zum
Erbschaftsverwalter ernannt. Bisher versilberte dieser im wesentlichen
nur die Veinvorräte; dagegen verschob er die Veräusserung des Hotels. Am
29. Oktober 1919 hol) die Kreditanstalt in Luzern für eine Forderung
von 222,848 Fr. 35 Cts. gegen die Nachlassenschakt

P. Schnack sei., vertreten durch den amtlichen Liquir

dator Herrn Franz Eh!-ler in Schwyz Betreibung auf Verwertung eines aus
336 Obligationen des von Schnack ausgegebenen 5 % Hypothekaranleihens
bestehenden Faustp'fandes an. Hiegegen führte Ehrler am 25. Oktober
1920 unter Berufung auf Art. 49
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 49 - Die Erbschaft kann, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.
SchKG Beschwerde mit dem Antrage auf
Aufhebung der Betreibung.

B. Die obere Aufsichtsbehörde des Kantons Schwyz hat durch Urteil vom
11. Januar die Beschwerde wegen Verspätung abgewiesen.

C. Gegen diesen ihm am 26. Januar zugestellten Entscheid hat Ehrler am
3. Februar unter Erneuerung seines Beschwerdeantrages den Rekurs an das
Bundesgericht eingelegt. '

und Konkurskammer. N° 5. ' 11

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer Eiche! in Erwägung: .

1. Der Rekurs vertritt die Auffassung, aus Art. 49
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 49 - Die Erbschaft kann, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.
SchKG ergehe sich,
dass eine Erbschaft nur solange als sie unverteilt oder als die amtliche
Liquidation nicht eröffnet sei, als Objekt von Betreibungen in Frage
kommen könne, und dass daher jede Betreibung gegen eine Erbschaft, die
nach den Vorschriften des Art. 593 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 593 - 1 Jeder Erbe ist befugt, anstatt die Erbschaft auszuschlagen oder unter öffentlichem Inventar anzunehmen, die amtliche Liquidation zu verlangen.
1    Jeder Erbe ist befugt, anstatt die Erbschaft auszuschlagen oder unter öffentlichem Inventar anzunehmen, die amtliche Liquidation zu verlangen.
2    Solange jedoch ein Miterbe die Annahme erklärt, kann dem Begehren keine Folge gegeben werden.
3    Im Falle der amtlichen Liquidation werden die Erben für die Schulden der Erbschaft nicht haftbar.
. ZGB liquidiert wird, weil gegen
ein nicht existierendes Rechtssubjekt gerichtet, nichtig sei.

'In dieser Allgemeinheit kann dieser Ansicht nicht beigepflichtet
werden. Wenn auch das ZGB sich darüber nicht ausdrücklich ausspricht,
so ergibt sich doch aus der Art und Weise, wie es die amtliche
Liquidation der Erbschaft geordnet hat, als zwingende Konsequenz, dass
das Erbschaftsvermögen als ein vom Vermögen der Erben ausgesondertes
Separatvermögen erscheint, das mit dem im Konkurs zu verweist-enden
Massavermögen und mit dem im Nachlassvertrag par abandon de l'actif an
die Gläubiger zur Liquidation abgetretenen Vermögen

si auf gleiche Linie gestellt werden muss. Wie nun hin-

sichtlich des ersteren das Gesetz in Art. 240, mit Bezug auf das letztere
die gerichtliche Praxis vgl. AS 41 III

'Nî'. 34 festgestellt hat, muss ein solches Sonderver-

mögen auch aktiv und passiv prozessfähig sein, und daraus folgt, dass
für dasselbe auch Betreibungen miissen angehoben und dass es selbst auch
muss betrieben werden können, soweit es der Zweck der Liquidation mit
sich bringt.

Nun verträgt sich die Betreibung eines solchen Liquidationsvermögens
für Eri)zzazhaftsfordemngen, die aus

der Liquidation bezahlt werden müssen, nicht mit dem

Grundgedanken der amtlichen Liquidatiou. Diese hat

"Vielmehr eine Generalliquidation im Auge, wie sie im

Konkurs vorgesehen ist, und diese darf daher durch ein separates Vorgehen
einzelner Gläubiger so wenig

12 Entscheidungen der Schuldbetreibungsg gestört werden als im Konkurs,
wo auch begrifflich

eine Betreibung der Konkursmasse für Konkursforde--

rungen ausgeschlossen ist. solche Betreibungen sind daher in der Tat,
weil gegen zwingende Normen ver-

stossend, als nichtig in jedem Stadium des Verfahrens

aufzuheben und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich um gewöhnliche oder
um Pfandverwertungsbeé treibungen handelt, da nach dem schweizerischen
Rechte die Universalliquidation sich auch auf die mit Pfand-

rechten belasteten Massagegenstände bezieht und die

Pfandgiäubiger ein Ausscnderungsrecht nicht besitzen. Dagegen ist kein
gesetzgeberischer Grund einzusehen, weshalb nicht, wie im Konkurs für
Massaschulden (vgl. AS Sep. Aug. 16 S. 343, Ges.-Ausg. 39 I S. 585) so
bei der amtlichen Liquidation der Erbschaft dieBetreibung für Schulden
möglich sein sollte, welche der Liquidator namens der Liquidationsmasse
erst ,eingegangen ist und die natürlich aus der Masse in erster Linie
getilgt werden müssen. Diese Gläubiger für ihre

Befriedigung auf eine blosse Beschwerde gegen den "Li

qnidator zu verweisen, ginge nicht an. Wenn also Art. 49
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 49 - Die Erbschaft kann, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.
SchKG allerdings
eine über die

'blosse Normierung des Betreibungsortes hinausgehende '

Bedeutung hat, so würde es doch zu weit gehen, darin das Verbot ] e d e
r Betreibung gegen eine in amtlicher Liquidation befindliche Erbschaft
zu erblicken.'

Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um eine Erbschaftsforderung,
für die eine separate Betreibung nach dem Gesagten freilich als absolut
ausgeschlossen betrachtet werden muss.

2. Dadurch werden die Pfandgläubiger nicht, wie der Rekursgegner
besorgt, rechtlos. selbstverständlich darf ihre Rechtssteilung durch die
Ausschliessung der Zwangsvollstreckung nicht über Gebühr beeinträch-tigt
werden. Insbesondere dürfen die Erben nicht eine Hinausschiebung der
Liquidation auf längereZeit beanspruchen, auch-wenn begründete Aussicht
bestehen

und Konkurskammer, N° 5. ' 13

sollte, dass sie in einem späteren Zeitpunkt ein besseres Ergebnis
zeitigen würde, und es darf den Giäubigern, wenn ihre Forderungen
fällig sind, die Befriedigung nicht vorenthalten werden, nachdem ihnen
die Befugnis,

' sich auf dem Wege der Zwangsvollstrecknng'selbst Be-

friedigung zu suchen, entzogen worden ist. Vielmehr steht ihnen,
und insbesondere auch den Pfandgläubigern, bei Verschleppnng der
Liquidation das Recht zu, sich wegen Rechtsverweigerungbei der zuständigen
Aufsichtsbehörde und in letzter Linie anfällig durch staatsrechtlichen
Reknrs beim Bundesgericht zu beschweren, gleichgültig, ob sie von der
Behörde selbst besorgt wird oder ein Erbschaftsverwalter damit beauftragt
ist. Das Beschwerdereoht kann ihnen nicht etwa, deswegen ahgesprochen
werden, weil Art. 595 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 595 - 1 Die amtliche Liquidation wird von der zuständigen Behörde oder in deren Auftrag von einem oder mehreren Erbschaftsverwaltern durchgeführt.
1    Die amtliche Liquidation wird von der zuständigen Behörde oder in deren Auftrag von einem oder mehreren Erbschaftsverwaltern durchgeführt.
2    Sie beginnt mit der Aufnahme eines Inventars, womit ein Rechnungsruf verbunden wird.
3    Der Erbschaftsverwalter steht unter der Aufsicht der Behörde, und die Erben sind befugt, bei dieser gegen die von ihm beabsichtigten oder getroffenen Massregeln Beschwerde zu erheben.
ZGB nur den Erben ein Beschwerderecht
einräumt. Denn einmal bezieht sich diese Vorschrift offenbar nur auf
positive Liquidationsmassnahmen, die anzufechten freilich ausschliesslich
den 'Erben vorbehalten bleiben muss. Ferner aber kann den Gläubigern,
wenn sie selbst gemäss Art. 594
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 594 - 1 Haben die Gläubiger des Erblassers begründete Besorgnis, dass ihre Forderungen nicht bezahlt werden, und werden sie auf ihr Begehren nicht befriedigt oder sichergestellt, so können sie binnen drei Monaten, vom Tode des Erblassers oder der Eröffnung der Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen.
1    Haben die Gläubiger des Erblassers begründete Besorgnis, dass ihre Forderungen nicht bezahlt werden, und werden sie auf ihr Begehren nicht befriedigt oder sichergestellt, so können sie binnen drei Monaten, vom Tode des Erblassers oder der Eröffnung der Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen.
2    Die Vermächtnisnehmer können unter der gleichen Voraussetzung zu ihrer Sicherstellung vorsorgliche Massregeln verlangen.
ZGB die amtliche Liquidation verlangt
haben, unmöglich versagt werden, nötigenfalls durch Beschwerdeführung zu
erwirken, dass sie wirklich auch durchgeführt werde, obwohl es an einer
ihnen das Beschwerderecht einräumenden Vorschrift fehlt ; alsdann aber
geht es nicht an, das Beschwerderecht der Gläubiger im Falle, dass die E
rb e n die Liquidation verlangt haben, lediglich deswegen zu verneinen,
weil es im Gesetze nicht vorgesehen ist. Stellt sich aber im Laufe des
Verfahrens heraus, dass die Erbschaft überschuldet ist, so sind die
Gläubiger berechtigt, beim Konkursrichter den Antrag auf Eröffnung des
Konkurses über die Erbschaft gemäss Art. 597
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 597 - Ist die Erbschaft überschuldet, so erfolgt die Liquidation durch das Konkursamt nach den Vorschriften des Konkursrechtes.
ZGB zu stellen (vgl. JSF-GER,
Note 4 zu Art. 193).Denn während bisher vorausgesetzt war, dass sie
voll befriedigt werden, erscheinen ihre Forderungen nunmehr gefährdet,
und infolgedessen ist jeder einzelne Gläubiger daran interessiert,
nicht nur dass dierAktiv-

Zi. ,i Entscheidungen der Schuldbctreibnngs-

masse nicht durch die Teilnahme zweifelhafter Forderungen an der
Liquidation vermindert, sondern insbesondere auch, dass sie durch
Anfechtung nachteiliger Rechtshandlungen des Erblassers vermehrt
werde. Gegen ersteres sich wirksam zur Wehr zu setzen vermag ihm nur das
konkursrechtliche Kollckationsverfahren die Möglichkeit zu verschaffen,
und die paulianischc Anfechtbarkeit wird nur durch die Konkurseröffnung
überhaupt begründet, da von der Ausstellung von Verlustscheinen im
Anschluss an eine nicht konkursmässige amtliche Erbschaftsliquidation
natürlich nicht die Rede sein kann. Es erweist sich somit als notwendig,
die Konkurseröffnung über die Erbschaft auch noch nachträglich zuzulassen,
gleichgültig, in welchem Stadium sich die amtliche Erbschaftsliquidation
befindet.

Demnach erkennt die Schuldbefr.und Konkurskammer :

Der Rekurs wird begründet erklärt und die Betreibung Morschach Nr. 49
aufgehoben.

d

6. Entscheid vom 7. März 1921 i. S. Steinmeyer.

SchKG Art. 50 Abs. 1 : Zulässigkeit der Betreihung um Sitze der
Geschäftsniederlassung' auch für nichtkontraktliche Schulden. Form
der Geltendmachung der Einrede, es handle sich nicht um eine schuld
der GeschäftSniederlassung, insbesondere wenn ein Titel für definitive
Rechtsöffnung vorliegt. --

A. Der in München wohnende Rekurrent besass in Biel eine
Geschäftsniederlassung. In der Folge verlegte er diese nach
Solothurn. Am 17. Januar liess der staat Bern seinem dortigen Vertreter
Dr. Schenker durch das Betreibungsamt Solothurn einen Zahlungsbefehl
für Einkemmenssteuer pro 1918 und 1919 zustellen. Dr. Schenker erhob
Rechtsverschlag, den er unter anderem

.....

W

-..-.

und Konkurskammer. N° 6 15

damit begrundete, dass es sich nicht um eine auf Rechnung der
Geschäftsniederlassung des Rekurrenten in Solothurn eingegangene
Verbindlichkeit handle, und führte mit gleicher Begründung auch Beschwerde
bei der Aufsichtsbehörde'mit dem Antrag auf Aufhebung der Betreibung.

B. Die Aufsichtsbehörde des Kantons Solothurn hat die Beschwerde durch
Entscheid vom 3. Februar abgewiesen und Dr. Schenker eine Busse von 10
Franken auferlegt. Den Erwägungen ihres Entscheides ist zu entnehmen:
'Die vom Schuldner erhobene Einrede könne nicht durch die Aufsichtsbehörde
entschieden werden, sondern sei durch Erhebung des. Rechtsverschlages
dem Entscheid des Richters zu unterstellen. für die Einreichung der
Beschwerde habe absolut kein rechtliches Interesse bestanden, da sie
neben dem Rechtsverschlag vollständig überflüssig sei, was dem Vertreter
des Beschwerdeführers auf Grund des Entscheides vom 17.. Dezember 1920
(durch den eine ähnliche Beschwerde des Rekurrenten erledigt worden war}
bereits vollständig klar sein musste .

C.Gegen diesen ihm am 14. Februar zugestellten

si Entscheid hat der Schuldner am 24. Februar vor 18 Uhr

den Rekurs an das Bundesgericht eingelegt mit dem, Aritrage, er sei
aufzuheben und die Betreibungsei als nichtig. zu erklären, eventuell
sei die seinem Vertreter auferlegte Trölbusse aufzuheben. Er macht
geltend: Art. 50 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden.
1    Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden.
2    Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden.
SchKG sei seinem Wortlaut nach nur auf vom
Schuldner eingegangene Verbindlichkeiten anwendbar, wozu die vom
Staate auferlegten Steuern nicht. gehören. Auch beziehe sich eine
Steuerforderung des Kantons Bern nicht auf die Geschäftsniederlassung des
Rekurrenten in Solothurn. Beide Einreden seien vor den Aufsichtsbehörden
geltend zu machen; die letztere s könne gemäss Art. 4 des Konkordates
betreffend die Gewährung gegenseitiger Rechtshülfe zur Vollstreckung.
öffentlich-,rechtlicher Ansprüche und Art. 81 Abs.. l