1 20 Staatsrecht.

der Forsthoheit ab. Diese Frage steht aber heute nicht zum Entscheid. Sie
ist von der Rekurrentin in keiner Weise, auch nicht als Vortrage
aufgeworfen, indem die Begründung der Beschwerde lediglich in
einer Berufung auf die §§ 1 und 2 der Verordnung von 1869 besteht.
Die Rekurrentin scheint vielmehr selbst davon auszugehen, dass sie
hinsichtlich der Polizeiaufsicht und der Bewirtschaftung ihrer Wälder
der kantonalen Hoheit, in gewissem Umfange wenigstens, untersteht: Nach
Mitteilung des Regierungsrates hat der Linthingenieur bei den kantonalen
Behörden um die Bewilligung zu einem Holzschlag nachgesucht und das
Unternehmen hat sich, soweit ersichtlich, auch nicht dagegen aufgelehnt,
dass die Linthwaldungen in das kantonale W aldflächenverzeichnis
einbezogen wurden. In der Replik gibt ferner die Linthkommission zu,
dass durch die Handhabung der Vorschriften der eidgenössischen und
kantonalen Forstpolizei dem Unternehmen ein wirt-

schaftlicher Vorteil entsteht. Immerhin mag die Ent-

scheidung jener Frage vorbehalten bleiben. Sie wäre auf dem Wege der
Erhebung des Kompetenzkonfliktes durch den Bundesrat in selbständigem
Verfahren dem Bundesgericht vorzulegen und von diesem zu beurteilen.
Würde sie in dem Sinne entschieden, dass das Linthunternehmen der
kantonalen Forsthoheit nicht unterstellt und dass seine Waldungen
nicht in die Reviergemeinschaft einbezogen Werden dürfen, so fiele
die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen an die Besoldung des
Revierförsters als Folge ohne weiteres dahin. Inzwischen bleibt aber
die Verpflichtung bestehen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. '

Internationale Auslieferung. N° 17. 121

X. INTERNATIONALE AUSLIEFERUNGEXTRADITION AUX ETATS É'I'RANGERS

17. Auszug aus dem Urteil vom 12. Februar 1921 i. S. Birndörfer.
Auslieferungsvertrag mit Deutschland. Art. 9 Abs. 1. Sach-

auslieferung. Beschränkt auf diejenigen Gegenstände, die mit dem
Auslieferungsvergehen im Zusammenhang stehen.

A. Der gewesene, nach der Schweiz geflüchtete Direktor des Edenhotels in
Berlin, Albert Birndörfer war von den deutschen Behörden beschuldigt,
an Polizeibeamte Geldgeschenke verabreicht zu haben, um im Hotel
vorgenommene Durchsuchungen nach im verbotenen Schleichhandel erworbenen
Waren fruchtlos zu machen. Seine Auslieferung wegen Bestechung (Art. 1
Ziff. 22 des Auslieferungsvertrages) wurde vom Bundesgericht bewilligt,
das Begehren um gleichzeitige Herausgabe auch der auf ihm gefundenen
Gelder und Gegenstände dagegen abgelehnt. Begründung:

. Was die weiter noch streitige Sachauslieferung betrifft, so sind
dem Auszuliefernden bei der Verhaftung abgenommen worden: eine Anzahl
persönlicher Effekten, eine 50 Mark Note und 4211 Fr. 70 Cts. in
haar, wovon in der Folge 1400 Fr. als Vorschuss an das Anwaltshonorar
herausgegeben. wurden. Der Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 des schweizerisch
deutschen Auslieferungsvertrages scheint allerdings auf den ersten Blick
dafür zu sprechen, dass die Herausgabe sich auf sämtliche im Besitze des
Angeschuldigten gefundenen Sachen, ohne Rücksicht auf ihren Zusammenhang
mit dem Vergehenstatbestand, dessentwegen die Auslieferung verlangt
wird, zu erstrecken habe und es hat auch der Bundesrat, wie aus einer
im Oktober 1920

1 22 Staatsrecht.

mit dem Gerichte gewechselten Korrespondenz hervorgeht, in den mangels
einer Einsprache gegen die Auslieferung von ihm direkt erledigten Fällen
den Vertrag so gehandhabt. Demgegenüber hat das Bundesgericht in den
Fällen Platen und Pietsch (AS 31 I S. 694 Erw. 5 ; 34 l S. 368 Erw. 5)
eine einschränkende Auslegung vertreten und die Auslieferungspflicht nur
insoweit anerkannt, als die Gegenstände mit dem Auslieferungedelikt in
irgendwelchem unmittelbaren oder wenigstens mittelbaren Zusammenhange
stehen. Es besteht umsoweniger Grund von dieser im Urteile Pietsch
einlässlich begründeten Auffassung abzugehen, als sie sich nicht nur, wie
dort ausgeführt, mit der Fassung des Vertrages ebenfalls vereinen lässt,
sondern auch allein dem Wesen der Auslieferung und der Entwicklung des
Auslieferungsrechts entspricht, wie sie sich im Gesetze von 1892 und
in den neueren Auslieferungsverträgen niedergelegt findet. Praktische
Erwägungen, die hin und wieder auftauchende Schwierigkeit für die. Behörde
des ersuchten Staates jenen Zusammenhang zu beurteilen, können gegen
eine Regelung offenbar nicht angeführt werden, die in der Mehrzahl der
Verträge ausdrücklich getroffen ist. Dazu kommt, dass in den Fällen,
wo der Ausznliefernde in der Schweiz niedergelassen war und hier nicht
nur im Besitz von einigen Effekten und Bargeld betroffen worden ist,
sondern einen ganzen Hausrat hat, die unterschiedslose 'Ausantwortung all
dieser Gegenstände auch praktisch zu unhaltbaren Zuständen führen und
schon wegen der Ansprüche Dritter, z. B. des Vermieters, eine gewisse
Auswahl getroffen werden müsste, die nur nach dem Gesichtspunkte des
Zusammenhangs mit dem Vergehen geschehen könnte. Der blosse Vorbehalt
der Rechte Dritter in Satz 3 des Art. 9 genügt in einem solchen Falle
nicht, weil er sich nur auf Sachen, die sie in ihrem Besitze hatten,
nicht auf besitzlose Pfandoder Retentionsrechte bezieht. Ob die gedachte
Beschränkung der Sachauslieferung, wie im Falle PietschInternationale
Auslieferung. N° 17. 123

angenommen, von Amtes wegen oder nur auf Begehren des Auszuliefernden
auszusprechen sei, kann offen bleiben, weil hier ein ausdrücklicher
Widerspruch Birndörfers auch gegen diesen Akt tatsächlich vorliegt.

Sachlich ist die Einsprache nach dem Gesagten ohne weiteres begründet mit
Bezug auf die persönlichen Effekten, da hier von einem Zusammenhange
mit dem Auslieferungsvergehen schlechterdings nicht die Rede sein
kann. Dasselbe gilt aber auch für das mit Beschlag belegte Geld. Das
Urteil des Wuchergerichts Berlin vom 19.Novemher 1920 stellt fest, dass
Birndörfer einen festen Gehalt von 80,000 Mark und keine Gewinnbeteiligung
bezog, dass er von dem Schleichhandel keinen Vorteil hatte, sondern
nur von dem Ehrgeize getrieben war, das von ihm geleitete Unternehmen
hochzubringen. Dann ist aber auch ausgeschlossen, dass die bei ihm
gefundene Barschaft von der Beamtenbestechung herrühren oder damit
irgendwie in Zusammenhang stehen Würde. Sie stammt vielmehr offenbar
von seinem Gehalte her.