86 Entscheidungen der Schuldbetreibungse

es fraglich, ob diese wirklich Gesamteigentümer und nicht
vielmehr Miteigentümer derselben sind und ob . demgemäss nicht ein
Miteigentumsanteil gepfändet worden ist, worauf auch die Art und
Weise, wie das Betreibungsamt Schaffhausen die Pfändung vorgenommen
und verurkundet hat, hindeutet. Nachdem jedoch ausdrücklich ein
Gesamteigentumsanteil zur Versteigerung gebracht worden ist, muss
davon ausgegangen werden, dass der Rekurrent ein Anteilsrecht
am Gesamteigen-tmnsverhältnis und nicht einen Miteigentumsanteil
zu dessen Verwertung das Betreibungsamt Basel übrigens gar nicht
zuständig gewesen wäre (vergl. JAEGER, Kommentar, Note 2 zu Art. 133)
erworben-hat. Ebensowenig kann nach erfolgter Versteigerung des
Gesamteigentumsanteils auf die-Frage zurückgekommen werden, ob dessen
Verwertung nicht zweckmässiger auf andere Art durchzuführen gewesen wäre.

2. Gesamteigentum kann nach Art. 652
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 652 - Haben mehrere Personen, die durch Gesetzesvorschrift oder Vertrag zu einer Gemeinschaft verbunden sind, eine Sache kraft ihrer Gemeinschaft zu Eigentum, so sind sie Gesamteigentümer, und es geht das Recht eines jeden auf die ganze Sache.
ZGB nur solchen Personen
zustehen, welche zu einer Gemeinschaft verbunden sind. Da das Recht
der Anteilhaberschaft an einer Gemeinschaft der Natur der Sache nach
unveräusserlich ist, hat der Rekurrent nicht etwa das Recht erwerben
können, anstatt der Schuldnerin in die

dem Gesamteigentum zu Grunde liegende Gemeinschaft '

mit ihrer Schwester einzutreten. Nach dem Gesagten kann er also
auch nicht Gesamteigentümer der in Be; tracht fallenden Liegenschaft
sein. Hieraus folgt einerseits, dass er nicht als Gesamteigentümer im
Grundbuch eingetragen werden kann, anderseits aber auch, dass von der
Ausstellung einer Bescheinigung darüber, dass er in die Erbengemeinschaft
eingetreten sei und somit ohne seine Mitwirkung über die Liegenschaft
nicht verfügt werden dürfe, keine Rede sein kann, ganz abgesehen davon,
dass ein solcher Anspruch weder gepfändet noch zur Verwertung gebracht
werden ist. Der Eintragung des Rekurrenten als Miteigentümer aber steht
der Umstand entgegen, dass er nicht einen Mitei-

und. Konkurskammer. N° 23 87

gentümsanteil erworben hat und sich die Schwester der Schuldnerin auch
nicht die Auflösung des Gesamteigentumsverhältnisses von dessen Bestand
nach dem Gesagten auszugehen ist in ein Miteigentumsver-hältnis gefallen
lassen muss. Das Betreibungsamt musste sich sonach darauf beschränken,
dem Rekurrenten eine Bescheinigung über den erfolgten Steigerungserwerh
des Gesamteigentumsanteiles auszustellen. Ob der Rekurrent auf Grund
desselben mit Erfolg auf Liquidation der unter den Schwestern Heusser
bestehenden Gemeinschaft klagen, diese hernach durchführen und Anspruch
auf das der Hulda Heusser zukommende Liquidationsergebnis erheben,
ferner ob er bis dahin durch eine vorsorgliche Massnahme gegen ihm
nachteilige Verfügungen der Gesamteigentümerinnen über die Liegenschaft
gesichert werden könne, sind Fragen materiellrechtlicher Natur, welche
der richterlichen Entscheidung unterliegen, der die Aufsichtsbehörden
in keiner Weise vorgreifen dürfen.

Demnach erkennt die Schufdbelr: und Konkurskammer : Der Rekurs wird
abgewiesen.

23. Entscheid vom 2. November 1920

i. S. Vereinigte Kammgarnspinnereien. SchKG Art. 299
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 299 - 1 Der Sachwalter nimmt sofort nach seiner Ernennung ein Inventar über sämtliche Vermögensbestandteile des Schuldners auf und schätzt sie.
1    Der Sachwalter nimmt sofort nach seiner Ernennung ein Inventar über sämtliche Vermögensbestandteile des Schuldners auf und schätzt sie.
2    Der Sachwalter legt den Gläubigern die Verfügung über die Pfandschätzung zur Einsicht auf; er teilt sie vor der Gläubigerversammlung den Pfandgläubigern und dem Schuldner schriftlich mit.
3    Jeder Beteiligte kann innert zehn Tagen beim Nachlassgericht gegen Vorschuss der Kosten eine neue Pfandschätzung verlangen. Hat ein Gläubiger eine Neuschätzung beantragt, so kann er vom Schuldner nur dann Ersatz der Kosten beanspruchen, wenn die frühere Schätzung wesentlich abgeändert wurde.
. Schätzung der
Aktiven im N a c h 1 a s s v e r f a h r e n : Gegenstände, deren Bewer-

tung besondere Sachkunde erfordert, muss der Sachwalter durch
Sachverständige schätzen lassen.

A. Unterm 25. Mai 1920 bewilligte die Nachlassbehörde des Kantons
Baselland der Firma Westrum & Cie in Pratteln eine Nachlasstundung. In
dem vom Sachwalter aufgenommenen Inventar figuriert ein grosser

88 Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

Posten Plantawolle. Die Schätzung dieser Wolle ergab insofern
Schwierigkeiten, als sich zunächst kein F achmann fand, der eine Expertise
übernehmen wollte. ' schliesslich nahm der Präsident des Schweizerischen
Textilindustriellenverbandes, Pfenninger, das Schatzungsmandat an,
konnte aber trotz wiederholter Mahnungen nicht zur Abgabe eines Befundes
veranlasst werden, weshalb der Sachwalter die Schätzung selber vornahm. Er
kam dabei auf einen Wert der Wolle von 6 Fr., 5 Fr., resp. 3 Fr. per Kg. '

Gegen diese Schätzung führte die Rekurrentin, der ein Pfandrecht an der
fraglichen Wolle zukommt, Beschwerde. Sie stellte sich auf den Standpunkt,
die _Wolle habe keinen Verkehrswert, ihre gesamte Forderung müsse daher
unter die kurrenten Forderungen eingestellt werden.

B. Mit Entscheid vom 1. Oktober 1920 hat die kantonale Aufsichtsbehörde
die Beschwerde abgewiesen. Sie nahm an, die Rekurrentin habe an einer
niedrigeren Schätzung kein Interesse, sodann fehle aber auch ein Antrag
ihrerseits, die Pfandobjekte herauszugeben, diese Aushingabe aber
wäre notwendig, wenn die gesamte Forderung in die 5. Klasse eingereiht
werden sollte.

C. Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der
Rekurrentin, mit der sie die vor der Vorinstanz angebrachten Begehren
wiederholt und eventuell die Herabsetzung der Schätzung auf 50 Rappen
per Kg. verlangt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Sachwalter habe
rechtsirrtümlich bei Seiner Schätzung auf den Erstellungswert statt
auf den Verkehrswert abgestellt und sei dabei zu einem viel zu hohen
Betrag gekommen. Zudem sei er gar nicht berechtigt gewesen, die Schätzung
selber vorzunehmen, sondern hätte sie einem Sachverständigen überlassen
sollen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz endlich, habe die Rekurrentin
ein Interesse, bei der Nach]assvertragsbestàtigung mit einer möglichst
grossen Summe nützuzählen.

D. Aus der von der Vorinstanz eingehalten Ver--

und Konkurskammer. N° 23. 89

nehmlassung ergibt sich, dass inzwischen das Gutachten Pfenninger
eingegangen ist, und dass darauf der Sachwalter von sich aus seine
Schätzung aufgehoben und diejenige des Sachverständigen, die das
Kg. .Wolle auf 2 Fr. 50 wertet, akzeptiert hat.

Von dieser Tatsache in Kenntnis gesetzt, hat die Rekurrentin dennoch an
ihren Rekursbegehren festgehalten.

Die Schnldbeireibungsund Konkurskammer zieht

in Erwägung :

Nach konstanter Praxis ist die Frage nach der Angemessenheit einer
Schätzung als Ermessensfrage der Kognition des Bundesgerichtes
entzogen. Dagegen besteht eine Ueberpriifungsbefugnis insoweit, als
hinsichtlich des bei der Schätzung einzuschlagenden Verfahrens -wie das
für Grundstücke nun in der Verordnung ausdrücklich vorgesehen wird der
Grundsatz gelten muss, das überall da, wo die Schätzung eines Gegenstandes
besondere Fachkenntnisse verlangt, sie auf Begehren eines Gläubigers
Sachverständigen übertragen werden muss. Wäre es daher in casa bei der
Schätzung durch den

'Sachwaiter geblieben, dem unzweifelhaft die nötige

Sachkenntnis abging, so hätte dem Rekurs Folge gegeben und eine neue
Schätzung durch einen Sachverständigen angeordnet werden müssen.

Nun hat aber der Sachwalter selber, sobald er eine sachverständige
Schätzung erhielt, seine eigene Bewertung aufgehoben und jene als
massgebend anerkannt. Unter diesen Umständen kann von irgend einer
Rechtsverletzung nicht mehr die Rede sein, und es besteht, da auch
nicht etwa behauptet worden ist, die neue Bewertung sei auf unrichtigen
rechtlichen Voraussetzungen aufgebaut, für das Bundesgericht keine
Veranlassung, seinerseits eine neue Schätzung anzuordnen.

Demnach erkennt die Schuldbetr.und Konkarskammer : Die Beschwerde wird
abgewiesen.