28 Staatsrecht.

zu vervollständigen. Und dex-(durch § 162 des EG z· ZGB neu gefasste)
§ 11 weist ihn an, die erforderlichen Beweisbeschlüsse zu erlassen und
das Beweis-verfahren nach den Vorschriften der ZPO durchzuführen. Dabei
gestattet diese ZPO vom 12. März 1900 selbst, obschon sie in § 111
ebenfalls vorschreibt, dass der Kläger in der Klage alle Beweismittel
benennen soll, in § 134 ausdrücklich die Anrufung neuer Beweismittel noch
bei der mündlichen Verhandlung und gesteht ferner in § 223 dem Richter
die Befugnis zu, sogar noch nach Durchführung des Beweisverfahrens über
ihm. zweifelhaft gebliebene erhebliche tatsächliche Punkte die Parteien
einzuvernehmen. Die nachträgliche Beibringung von Beweismittelu kann
daher jedenfalls insoweit nicht als gesetzlich ausgeschlossen gelten,
als sich die Beweisführung erst im Prozesse als notwendig erwiesen
hat. Das ist aber hier der Fall, indem die fraglichen Ansprüche der
Rekurrentin ziffermässig von der Finanzdirektion tatsächlich erst in
ihrer Vernehmlassung an das Obergericht bemängelt worden sind. Folglich
hätte der Verwaltungsrichter, wenn er diese Bemängelungen berücksichtigen
wollte, der Rekurrentin noch Gelegenheit geben sollen, sich dazu zu
äussern. Ueberdies zeugt seine Argumentation auch an sich von einem
engherzigen Formalismus, da im Hinweis der Rekurrentin auf die i Buchwerte
doch gewiss eine genügende Anrufung ihrer Bücher erblickt werden kann und
die Anordnung einer Expertise zu deren Ueberprüfung dem Richter gemäss
F 203 ZPO schon von Amtes wegen möglich war. Die Stellungnahme des
Obergerichts ist somit in der Tat als Rechtsverweigerung zu qualifizieren.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Der Rekurs wird gutgeheissen und das Urteil des Ohergeriehts
des Kantons Aargau '(I. Abteilung) vom 16. November 1917
aufgehoben.Doppelbesteuerung-. N° 5 29 _

5. Auszug aus dem Urteil vom 8. Mai 1918 i. S. Depuoz gegen Schwyz
und Graubünden.

Art. 46 Abs. 2
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 46 Attuazione e esecuzione del diritto federale - 1 I Cantoni attuano il diritto federale secondo quanto previsto dalla Costituzione e dalla legge.
1    I Cantoni attuano il diritto federale secondo quanto previsto dalla Costituzione e dalla legge.
2    Per l'attuazione del diritto federale la Confederazione e i Cantoni possono concordare determinati obiettivi, nonché programmi cantonali sostenuti finanziariamente dalla Confederazione.11
3    La Confederazione lascia ai Cantoni la massima libertà d'azione possibile e tiene conto delle loro particolarità.12
BV. Die Einrichtung einer besondern Haushaltung für die
auswärtige Unterbringung der Kinder zum Zwecke des Schulbesuchs begründet
keinen selbständigen St'euerwohnsitz. --

Der Rekurrent Depuoz besitzt in seiner Heimatgcmeinde Seth (Kanton
Graubünden) ein landwirtschaftliches Heimwesen, dessen Betrieb er
persönlich leitet; daneben bekleidet er daselbst mehrere Gemeindeämter. Im
September 1916 schickte er seine fünf Knaben zum Schulbesuch nach Schwyz
und brachte sie dort mit einer Haushälterin seine Frau ist gestorben
in einer von ihm gemieteten und selbst möblierten Wohnung unter. Dabei
meldete er sich unter Abgabe seines Heimatund Familienscheins in der
Gemeinde Schwyz polizeilich an. Er hält sich zeitweise, soweit seine
Verhältnisse in Seth es gestatten, beiden Kindern auf, während diese
umgekehrt ihre Ferien in Seth oder sonstwo ausserhalb des schulortes
zubringen.

Hierauf ist Depuoz pro 1917 sowohl in Schwyz, als auch in Seth zur
Versteuerung seines beweglichen Vermögens (Kapitaiien) herangezogen
worden.

Auf seinen staatsrechtlichen Rekurs wegen Doppelbesteuerung hat das
Bundesgericht erkannt , dass er dieses Vermögen ausschliesslich im Kanton
Graubünden zu versteuern habe, und zwar aus folgender

Erwägung :

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Rekurrent trotz seinem
zeitweiligen Aufenthalt in der für seine Kinder eingerichteten Haushaltung
in Schwyz ,seinen zivilrechtlichen. Wohnsitz nicht dorthin verlegt hat,
sondern in Seth wohnhaft geblieben ist, wo er mit der Leitung seines
Landwi'rtschaftsbetriebes und der Beklei-

30 Staatsrecht.

dung öffentlicher Aemter Beziehungen hat, welche die Absicht dauernden
Verbleibens im Sinne von Art. 23
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907
CC Art. 23 - 1 Il domicilio di una persona è nel luogo dove essa dimora con l'intenzione di stabilirvisi durevolmente; la dimora a scopo di formazione o il collocamento di una persona in un istituto di educazione o di cura, in un ospedale o in un penitenziario non costituisce di per sé domicilio.19
1    Il domicilio di una persona è nel luogo dove essa dimora con l'intenzione di stabilirvisi durevolmente; la dimora a scopo di formazione o il collocamento di una persona in un istituto di educazione o di cura, in un ospedale o in un penitenziario non costituisce di per sé domicilio.19
2    Nessuno può avere contemporaneamente il suo domicilio in più luoghi.
3    Questa disposizione non si applica al domicilio d'affari.
ZGB unbesh'eitbar kundtun. Der
zivilrechtliche Wohnsitz aber bestimmt aller Regel nach auch das
Steuerdomizil, insbesondere für das bewegliche Vermögen. Eine
Ausnahme ist abgesehen von den hier zum vornherein ausser Betracht
fallenden besondern Steuerorten der Geschäftsniederlasssung und des
in eigenem Hause zugebrachten sog. Sommeraufenthalts in der neueren
Praxis allerdings zugelassen werden bei dauernder Trennung des am Orte
seiner Erwerbstätigkeit befindlichen Wohnsitzes des Familienhaupts vom
tatsächlichen Wohnsitze der übrigen Familienglieder. In solchen Fällen
ist für die Besteuerung des zum Unterhalt der ganzen Familie dienenden
Erwerbseinkommens des Familienhaupts neben dessen persönlichem Wohnsitz
auch der Familienwohnsitz als Steuerort anerkannt worden (vergl. AS
40 I S. 227 ff., und Urteil vom 8. Dezember 1916 i. S. Steidinger
gegen Solothurn und Luzern, Erw. 2, mit den dortigen Verweisungen
aus der Zwischenzeit). Allein vorliegend handelt es sich weder um die
Einkommenshesteuerung, noch überhaupt um einen derart selbständigen
Familienwohnsitz. Denn die Haushaltung der Kinder Depuoz in Schwyz hat
nicht deren dauerndes Wohnen getrennt von ihrem Vater zum allgemeinen
Selbstzweck. Sie soll vielmehr den Kindern lediglich den Besuch der
dortigen Schulen ermöglichen und verfolgt somit bloss einen seiner Natur
nach vorübergehenden Sonderzweck, dem steuerrechtlich ebensowenig, wie
zivilrechtlich (Art. 26
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907
CC Art. 26 - Il domicilio dei maggiorenni sotto curatela generale è nella sede dell'autorità di protezione degli adulti.
ZGB), wohnsitzbegründende Wirkung beizulegen
ist. Demnach muss der Doppelbesteuerungskonflikt zu Gunsten des Kantons
Graubünden entschieden werden. Gerichtsstand. N° 6. 31

IV. GERICHTSSTANDFOR

6.1 Urteil vom 19. Januar 1918

* i. S. Flückiger gegen I. Strafkammer des bem. Obergerichts.

Gerichtsstand für Uebertretungen des Absinthverhots (Art. 3 Abs. 4 BG
vom 24. Juni 1910, in Verbindung mit den Art. 50 und 51 LMPG}. Anspruch
des Angeschuldigten aus Art. 51 LMPG.

A. Im März 1917 leitete der Untersuchungsrichter von Biel zufolge
einer Anzeige des dortigen Lebensmittelinspektors gegen den Rekurrenten
Flückiger, Destillateur in Couvet (Kt. Neuenburg), eine Strafuntersuchung
ein wegen Widerhandlung gegen das Absinihverbot durch Lieferung des
von ihm hergestellten Likörs Anisette an die Wirtschaft zum Steinbock
in Biel. Bei seiner rogatorischen Einvei'nahme vom 13. April 1917 gab
Flückiger unter Bestreitung der Sirafbarkeit des ihm zur Last gelegten
Tatbestandes die Erklärung ab, schon vor einiger Zeit habe die Präfektur
von Cossonay (Kt. Waadt) wegen eines durchaus gleichen Falles eine
Untersuchung gegen ihn angehoben ; diese Angelegenheit sei noch nicht
beurteilt; er verlange deshalb gestützt auf das Absinthverbotgesetz vom
24. Juni 1910, Art. 3 letzt. Abs., die Vereinigung der beiden Verfahren
gemäss Art. 51 Abs. 2 LMPG. Ohne Rücksicht auf dieses Begehren wurde
Flückiger durch übereinstimmenden Beschluss des Untersuchungsrichters von
Biel' und des Bezirksprokurators IV vom 3. Mai 1917 dem Polizeirichter
von Biel zur Beurteilung überwiesen. Gegenüber dessen Vorladung zur
Verhandlung auf den 22. Juni 1,917 antwortete Flückiger umgehend,
mit Schreiben