382 Staatsrecht.

religiösen Bekenntnisses gemäss den Art. 49 Abs. 3 BV und 277 Abs. 3
ZGB selbständig geworden sind. Hiegegen ist namentlich dann nichts
einzuwenden, wenn ein Kind, wie die Tochter des Rekurrenten, nach Ein-

tritt seiner religiösen Mündigkeit bei der Religionsge--

genossenschaft verbleibt, in welche die Eltern es haben aufnehmen
lassen. Mit der Entscheidung i. S. Gerster, an der unbedenklich
festzuhalten ist, erledigt sich also auch der vorliegende Fall im Sinne
der Abweisung des Rekurses.

Soweit der Rekurrent neben der Berufung auf Art. 49 Abs. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV noch
geltend macht, die streitige Steuerfor--

derung sei auch kantonalrechtlich nicht begründet, ist si

seine Argumentation schon deswegen staatsrechtlich unerheblich, weil er
die Verletzung irgend eines verfassungsmässigen Individualrechts hieraus
nicht ableitet. Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Der Rekurs wird
abgewiesen.VI. PRESSFREIHEITLIBERTÉ DE LA PRESSE

44. Urteil vom 4. Juni 1914 i. S. Stampfii gegen Studinger.

Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BV. Als unwahr und daher nicht unter den Schutz der Pressfreiheit
fallend erscheint der Inhalt eines Artikels nicht nur, wenn er völlig
erfunden ist, sondern auch dann wenn er auf einer wissentlich oder
leichtfertig begangene-i wesentlichen Entstellung wahrer Tatsachen beruht.

A, Am 5. September 1913 erschien im Oltner Tagblatt unter
dem Titel Martyrium eines Knaben folgende Korrespondenz aus
Dulliken:Pressfreiheit. N° 44. 383

In Dulliken wird seit acht Tagen ein 14jähriger Knabe, namens Adolf
Studinger vermisst. Er ging mit andern Kameraden an die Aare hinunter
zum Baden. Nach genommenem Bade getraute der Knabe sich nicht mehr nach
Hause zu gehen und seinen Kameraden ein letztes Lebewohl zurufend, ist er
seither spurlos verschwunden. Es scheint, dass dem Knaben die Liebkosungen
von Seiten seiner Eltern und des älteren Bruders nicht mehr behagten und
ihn zur Flucht getrieben haben. Vorläufig haben die Beteiligten Zeit zum
Nachdenken und weitere Einzelheiten zu veröffentlichen, behalten wir uns
ebenfalls vor. (Vielleicht nehmen sich die Behörden ,nunmehr der Sache
an. (Red.)

Wegen dieses Artikels, der in der Folge noch in verschiedene andere
solothurnische Zeitungen überging, erhoben der Vater des darin erwähnten
Knaben Adolf Studingcr, Emil Studinger, Landwirt in Dulliken, und der
ältere Bruder, Emil Studinger Sohn, gegen den heutigen Rekurrenten
Dr. Stampfli als verantwortlichen Redaktor des Oltner Tagblattes Klage
wegen Ehrverletzung. Die daraufhin durchgeführte Untersuchung ergab
imWesentlichen folgenden Tatbestand: Der Knabe Adolf Studinger sollte
auf Geheiss seiner Mutter am Nachmittag des 27. August 1913 dem Nachbar
Gottlieb Müller in Dulliken beim Emden behilflich sein. Er missachtete
aber diesen Befehl und ging statt dessen zum Baden an die Aare. Dort
traf er mit. anderen Knaben zusammen. Als die Mutter die Abwesenheit
ihres Sohnes bemerkte, vermutete sie, er möchte nach der Aare gegangen
sein: sie folgte ihm daher dorthin nach und überhäufte ihn, als sie ihn
ausgekleidet am Flussbord sitzend traf, mit Schimpfworten wie Laus-bub ,
verdammter Schlingel , Luscheib . Zugleich schlug sie mit einem Seile
(einem Helsig , der für den Hund bestimmt war) nach ihm: ob sie ihn
traf, ist nicht festgestellt. Adolf Studinger sprang darauf ins Wasser,
worauf die Mutter ihm Steine nachwarf. Als

384 Staatsrecht.

der Knabe sich trotzdem weigerte, nach Hause zu kommen, entfernte sich die
Mutter, rief dem ,Hunde und bemerkte dabei, für diesen wäre es schade,
wenn er s' Loch ab (die Aare hinunter) ginge, für ihn (ihren Sohn)
aber nicht. Nach den Aussagen des Zeugen Fritz Steiner soll sie ihrem
Sohne ferner noch zugerufen haben, er solle nur warten bis am Abend,
der Miggu (der ältere Bruder) werde ihm dann schon zeigen .; Nach diesem
Vorfall kleidete sich Adolf Studinger' an und fasste, wie er erklärt, den
Entschluss fortzugehen. Nach den Aussagen Fritz Steiners soll er zu diesem
bemerkt haben, sie sehen ihn heute zum letzten Male,.er komme morgen nicht
in die Schule. Tatsächlich reiste er dann allein zu Fuss nach Solothurn
und Biberist, wo er seinen Bruder, Otto, der damals im Militärdienst war,
zu treffen hoffte, aber nicht fand. Dem Militär folgend, kam er darauf
durch das Bucheggberg bis nach Lyss. Da er auch dort seinen Bruder nicht
zu Gesicht bekam, begab er sich nach Solothurn zurück, wo er bis zum
7. September IRS bei Verwandten verblieb. An diesem Tage kehrte er mit
dem Jünglingsverein Dull-iken zu-si seinen Eltern heim. .

Die erste Instanz, das Amtsgericht Olten-Gösgen, nahan, dass der
Inhalt, des eingeklagt-en Artikels zwar an sich ehrenrùhrig, aber in der
Hauptsache wahr sei und sprach den Beklagten frei. Aui'Appellation der
Kläger hob jedoch das O'bergericht; dieses Urteil am 12. Februar 1914
auf und verurteilte den Rekurrenten wegen Verleumdung durch das Mittel
der Druckpresse zu 50 Fr. Busse und zu den Kosten. Aus den Motiven
des obergerichtlichen Urteils ist hervorzuheben : der inkriminierte
Artikel sei ohne Frage objektiv ehrenrührig. Denn er könne von jedem
unbefangenen Leser nur dahin verstanden werden, dass fortgesetzte
Misshandlungeu dass dem Ausdrucke Liebkosungen dieser Sinn zukomme,
stehe nach dem Zusammenhang und dem Titel des Artikels ausser Zweifel
-die Flucht Pressfreiheit. N° 44. 385

des Knaben aus dem Elternhause veranlasst hätten. Der Wahrheitsbeweis
für diese Behauptung sei nicht erbracht werden. Richtig sei allerdings,
dass die Mutter Studinger sich bei dem Vorfall an der Aare in einer Art
benommen habe, die einen erheblichen Grad von Gemütsroheit verrate und
die Kritik habe herausfordern müssen. Dies habe indessen den Verfasser
nicht berechtigt, in der geschehenen Weise zu verallgemeinern und den
Knaben als Opfer fortgesetzter Misshandlungen hinzustellen. Insbesondere
sei es unzulässig gewesen, diesen Vorwan auch auf den Vater und den
älteren Bruder auszudehnen, denen in dieser Beziehung gar nichts habe
nachgewiesen werden können. Da andererseits auch jeder Beweis dafür
fehle, dass der Verfasser die behaupteten Tatsachen für wahr gehalten
habe,. müsse Verleumdung angenommen und der Beklagte dementsprechend
bestraft werden. Immerhin sei bei der Bemessung der Strafe der Vorfall
zwischen Mutter und Sohn an der Aare strafmildernd in Betracht zu ziehen.

B. Gegen das Urteil des Obergerichts hat Dr. Stampfli den
staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrage,
es wegen Verletzung der durch Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BV gewährleisteten Pressfreiheit
aufzuheben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es zu den Aufgaben der
Presse gehöre, die Oeffentlichkeit auf Roheiten, insbesondere gegenüber
Kindern, aufmerksam zu machen und dass es ihr nicht verwehrt werden könne,
sich dabei einer etwas drastischen und verallgemeinernden Ausdrucksweise
zu bedienen, aus bestimmten Vorgängen also Schlüsse allgemeiner Natur
zu ziehen. Im vorliegenden Falle habe aber der Verfasser nichts anderes
getan. Denn es sei kaum glaublich, dass einem Knaben, der von seiner
Mutter so roh behandelt worden sei, wie Adolf Studinger an der Aare,
nicht auch schon vorher viel Ungehöriges widerfahren sei. Auch gegenüber
dem Vater und Bruder Studinger müsse dem Bekurrenten der Schutz des
Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BV zu Teil werden.

386 Staatsrecht.

Wenn ein Elternteil sich ungebührlich benehme, so dürfe von den Eltern
schlechthin gesprochen werden und die Erwähnung des älteren Bruders habe
ihren guten Grund gehabt. Habe doch die Zeugin Gertrud Steiner bestätigt,
dass die Schwester Studinger sich ges-äussert habe, der älteste Bruder
hätte den Knaben, wenn er vom Bade heimgekommen wäre, halb tot geschlagen,
und stehe ausserdem fest, dass die Mutter an der Aare dem Knaben mit
dem Bruder Emil gedreht habe. Die Absicht des Verfassers sei gewesen,
der Empörung über den Vorfall an der Aare Ausdruck zu geben und die
Oeflentlichkeit auf das Schicksal des Knaben aufmerksam zu machen. Dieser
Wille habe mit Fug ausgeführt werden dürfen, wenn dabei vielleicht auch
einige Ungeq nauigkeiten in der Erzählung oder den Schlussfolgerungen
unterlaufen sein mögen.

C. Das Obergericht des Kantons Solothurn hat auf Gegenbemerkungen
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht i n E r w a g u n g :

Der Inhalt des Artikels, wegen dessen Veröffentlichung der Rekurrent'
bestraft worden ist, ist ein doppelter, indem darin einerseits die Leser
von dem Verschwinden des Knaben Adolf Studinger aus dem Elternhaus
unterrichtet werden, andererseits ein Urteil über die Ursache dieses
Ereignisses ausgesprochen und als solche die fortgesetzte Misshandlung
des Knaben durch die Eltern und den älteren Bruder Emil bezeichnet wird.
Nach der ersteren Richtung hat man es mit der einfachen Bekanntgabe einer
Tatsache, durch die niemand in seiner Ehre betroffen werden konnte, und
somit unzweifelhaft mit einer erlaubten Mitteilung zu tun, wie denn auch
deshalb keine Klage erhoben worden ist. Ob auch das zweite, die Erörterung
der häuslichen Ursachen des Vorfalls, in. den Aufgabenkreis der Presse,
wie ihn die neuere bundesgerichtliche Praxis umschrie-Pressfreibeit. N°
44. 387

hen hat, fiel, kann dahingestellt beiben, da auch wenn man es besahen
wollte, dem Rekurrenten der Schutz des Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BV aus anderen Gründen
versagt werden müsste. Wie das Bundesgericht in konstanter Praxis (vgl. AS
39 I S. 363 Erw. ] und S. 593 {T. sow1e die dort angeführten früheren
Urteile) festgehalten hat, kann die Presse auch für Veröffentlichungen,
die dem Gegenstand nach an sich in ihren Aufgabenkreis fallen, wenn dabei
das Verhalten von Privatpersonen besprochen wird, nur insoweit auf die
erwähnte Verfassungsgarantie Anspruch machen, als sie sich bei ihren
Aeusserungen innert der Grenzen einer dem Zwecke der Veröffentlichung
angemessenen, sachlichen Berichterstattung und Kritik hält. für
Aeusserungen, welehe über diese Schranken hinausgehen, insbesondere tur
wissentlich oder leichtfertig aufgestellte unwahre Behauptungen kann der
Schutz der Pressfreiheit nicht angerufen werden. Als unwalir in diesem
Sinne erscheint eine Behauptung aber nicht nur, wenn sie völlig erfunden
ist, sondem auch dann, wenn sie auf einer wesentlichen Entstellung wahrer
Tatsachen beruht. Nur _wo die Differenz zwischen dem behaupteten und dem
Wirklichen Sachverhalt sich auf Punkte bezieht, welche für die Beurteilung
des Vorfalles von nebensächlicher Bedeutung sind, oder wo das tatsächlich
Vorgekallene den Verfasser in guten Treuen zu. seinen weitergehenden
Folgerungen führen konnte, kann es sich {regem-oh ihm nicht die begangene
Ungenauigkeit mit Rücksicht auf die besondere Stellung der Presse zu Gute
gehalten werden und er daher straikrei bleiben müsse (vgl. in diesem Sinne
ausser den bereits zitierten Entscheiden auch das Urteil in Sachen Jäggi
gegen Wiss und Konsorten [ Freisinnige von Wolfwil } vom 23.0ktober1913).

Um einen solchen Fall handelt es sich aber hier nicht. Denn es steht fest,
dass für eine Misshandlung des Knaben seitens des V at ers Studinger
auch nicht der geringste Anhaltspunkt heigebracht worden ist. Ebenso.

ooo Staatsrecht.

fehlt es, wie das Obergericht auf Grund der Untersuchung in nicht
aktenwidriger und daher für das Bundesgericht verbindlicherweise
festgestellt hat, in Bezug auf den Mitkläger Emil Studinger Sohn
an jeglichem schlüssigen Beweismaterial, durch das die Wahrheit des
ihm gemachten Vorwurfes oder doch zum mindesten der gute Glaube ,des
Verfassers dargetan würde, indem dem (allein als einigermassen belastend
in Betracht fallenden) indirekten und schon darum nur wenig zuverlässigen
Zeugnis der Gertrud Steiner eine Reihe anderer Aussagen gegenüberstehen,
die eine schlechte Behandlung des Knaben durch den Bruder entschieden in
Abrede stellen. Wenn der Verfasser des Artikels dennoch gestützt auf den
vereinzelten Vorfall zwischen Mutter und Sohn an der Aare die allgemeine
Behauptung aufgestellt hat, dass der Knabe durch andauernde Misshandlungen
seitens der Eltern, also auch des Vaters und des älteren Bruders aus
dem Hause getrieben worden sei, so hat man es dabei demnach nicht mehr
bloss mit einer nur in Einzelheiten ungenauen Schilderung oder mit einer

vielleicht etwas zu weitgehenden, aber doch angesichts

der tatsächlichen Ereignisse in guten Treuen vertretbaren und daher
entschuldbaren Schlussfolgerung, sondern mit einer wesentlichen
Entstel-lung der Tatsachen zu tun, deren strafrechtliche Verfolgung vom
Standpunkte des Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BV nicht beanstandet werden kann. Demnach hat
das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.. ...-. .... ,___ ...ha'sizonaxs
Verfassungsrecht. N° 45. 389

VII. KANTONALES VERFASSUNGSRECHT SPEZIELL OBLIGATORISCHES
REFERENDUMssDROIT CONSTITUTIONEL CANTONAL RÉFÉRENDUM OBLIGATOIRE EN
PARTICULIER

45. Urteil vom 1. Oktober 1914 i. S. Engel gegen Kantonsrat von Zürich.

Rekurs gegen einen Beschluss des Kantonsrates, weil derselbe nicht der
Volksabstimmung unterbreitet werden sei. Bedeutung der Art 30 Abs. 2
Zifi'. 1 n. 2 und 31 Ziff. 5 der zürcherischen Verfassung, wonach zum
Abschluss von Konkordaten und zu neuen einmaligen Ausgaben für einen
bestimmten Zweck . welche 250,008 Fr. übersteigen. die Zustimmung des
Volkes erforderlich ist. Stellung des

Bundesgerichts gegenüber einer von der obersten kantonalen Behörde
ausgehenden Auslegung des kantonalen Verfassungsrechts .

A. Am 6. Juli 1914 hat der Kantonsrat von Zürich nach Einsicht eines
Antrages des Regierungsrates vom 22. Mai 1914, eines Berichtes des
Verwaltungsrates der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich vom 14. Mai
1914 sowie des Antrages seiner Kommission nachstehenden Beschluss
gefasst :

I. Dem zwischen den Kantonen Aargau, Glarus, Zürich, St. Gallen, Thurgau,
Schaffhausen, Schwyz, Appenzell A. -Rh. und Zug,

a) unter sich am 22. April 1914 abgeschlossenen Vertrage betreffend
Gründung der Gesellschaft der Nordostschweizerischen Kraftwerke A.-G.,

b) mit dem Motor Aktiengesellschaft für angewandte Elektrizität in
Baden am 24. März 1914 abgeschlossenen

Vertrage wird die Genehmigung erteilt und der Regierungsrat

ss daher ermächtigt, 38 % der Aktien der Kraftwerke

Bezuau Löntsch A. G. oder 13,680 Stück zum Kurse