48 A. Siaaisrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.

V. Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten. Exercice des professions
libérales.

6. guten vom 13. zum 1913 in] Sachen Youemvetder gegen giant-numerical
gt. Gallen.

Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Ueb.-Best. z. BV. Die in Art. 8 des st. gallischen
Anwaltsreglenteats ausgesprochene Verpflichtung ausserlcantonaler paten-
tierter Anwälte, im Kanton ein Beehtsdomizil zu verzetgenverstösst
gegen die Garantie dieser Verfassungsbestimmung.

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Aktenlage:

A. Nach Art. 1 des Reglements für die Amvälte und Rechtsagenten im Kanton
St. Gallen vom 14._Màrz21siMai 1901 kann den Beruf eines Anwalts im
Kanton jeder stimmberechtigte Schweizerbürger ausüben, welcher &) einen
guten Leumund und b) ein st. gallisches Anwaltspatent besitzt; diesem
aletzteren sind Anwaltspatente anderer Kantone gemäss Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Ub-Best.
zur BV gleichgestellt. Wer den Anwaltsberuf ausuben will, hat sich,
gemäss Art. 2, unter Vorlage seiner Austveise an den Präsidenten des
Kantonsgerichts zu wenden, worauf dieses letztere bei einem Bewerber
mit auswärtigem Patent darübere.ntscheidet, ob ihm die Ausübung des
Berufes zu bewilligen iessi. Ferner bestimmt Art. 8 des Reglements:
Ausserkantonale Auwalte haben beim Empfang des Patentes bezw. der
Bewilligung ..... durch Anzeige an das Kantonsgericht Rechtsdomizil im
Kanton St. Gallen zu verzeigen. '

B. Mit Zuschrift an das st. gallische Kantonsgericht vom 6. Januar 1913
ersuchte der-Rekurrent Dr. Vollenweider, Rechtsanwalt in Zurich, unter
Hinweis auf sein zürcherisches Anwalt-spatent und ein nachträglich
noch beigebrachtes Leumundszeugnis um die formelle Bewilligung zur
Ausübung der Advokatur un Kanton St. Gallen.. Hieran verlangte die
Kantonsgerichtstanzlei von ihm gemäss Art. 8 des Anwaltsreglements
umgebend noch die Verzeigung eines st. gallischen Rechtsdomizils und
hielt gegen-

V. Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten. N° 6. 49

über seiner Bestreitung der Pflicht, dieser Auflage nachzukommen,
mit Schreiben vorn 8. Januar 1913 daran fest, dass ihm die gewünschte
Bewilligung nicht erteilt werden könne, bevor er ein Rechtsdomizil
verzeigt haben werde.

C. Gegen diesen Bescheid, der laut Bestätigung des Kantons: gerichts
in dessen Namen erfolgt ist, hat Dr. Vollenweider am 9. Januar
1913 gleichzeitig mit der vorsorglichen Angabe einer st. gallischen
Domiziladresse bei der Kantonsgerichtskanzlei, unter ausdrücklicher
Wahrung seines Rechtsstandpunktes den staatsrechtlichen Rekurs an das
Bundesgericht ergriffen und beantragt, das Kautonsgericht St. Gallen
sei in Aufhebung seiner angefochtenen Schlussnahme anzuweisen, ihm die
Domizilverzeigung im Kanton zu erlassen bezw. wieder zu erlassen und ihm
die verlangte Bewilligung zur Berufsausübung zu erteilen. Er beruft sich
auf Verletzung des Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Üb.-Befi. z. BV; denn nach dessen Garantie der
Freizügigkeit der wissenschaftlichen Berufsarten könne der Inhaber eines
kantonalen Anwaltspatentes von einem beliebig erwählten Ort der Schweiz
aus in deren ganzem Gebiete praktizieren und dürfe nicht gezwungen werden,
auch noch in einem andern als dem Wohnsitzkantone faktischen oder auch
nur rechtlichen Wohnsitz zu nehmen; der Patentinhaber brauche, richtig
betrachtet, zum Zwecke der Berufsausübung in einem auswärtigen Kantone
nicht einmal zunächst bei der dortigen Aufsichtsbehörde um Bewilligung
einzukommen und die hiefür jeweils vorgesehene Gebühr zu entrichten,
sondern könnte auf Grund seines Patentes ohne weiteres vor den Gerichten
auftreten; die vorherige Anmeldung bei der Aufsichtsbehörde habe nur
den Zweck, den Ausweis des Patentbesitzes ein für allemal zu leisten.

D. Das Kantonsgericht des Kantons St. Gallen hat Unter Mitteilung, dass
dem Rekurrenten nach erfolgter Domizilverzeigung die Anwaltsbewilligung
gegen Nachnahme der Ausfertigungstaxe von 10 Fr. erteilt worden sei,
auf Abweifung des Rekurses angetragen. Es führt wesentlich aus, das in
Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Üb.-Best. z. BV garantierte Prinzip wäre allerdings verletzt, wenn
ein Kanton die Bewilligung der Anwaltstätigkeit für ausserkantonale
Patentiuhaber an Bedingungen knüpfte, die in ihrer Wirkung die
Berufsausübung im Kanten faktisch ausschliessen oder doch wesentlich er-

AS 39 l 1913 4

50 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [. Abschnitt. Bundesverfassung.

schweren würden. Als eine solche Bedingung müsste entschiedendie Forderung
wirklicher Domizilnahme im bewilligenden Kanton bezeichnet werden. Ein
Domizil im allgemeinen zivilund staatsrechtlichen Sinn habe aber Art. 8
des st. gallischen Anwaltsreglements nicht im Auge, wie unmissverständlich
schon der Ausdruck Rechtsdomizil erkennen lasse. Tatsächlich werde
danach nichts anderes verlangt, als die Angabe einer Adresse im Kanton
St. Gallen, und zwar brauche diese nicht einmal auf eine bestimmte
Person zu lauten, sondern es genüge schon z. B. Postfach Nr. ..... ",
oder B ..... strasse, Nr ...... . Die Forderung der Rechtsdomizilnahme
stelle sich ihrem Zwecke nach als reine Ordnungsvorschrift dar. Sie sei
geschaffen worden, einmal, damit eine sichere Adresse des betreffenden
Anwalts für die Zustellung von Zitationen ze. gegeben sei, und ferner im
Hinblick auf allfällig aus der Anwaltstätigkeit sich ergebende Anstände
und Streitigkeiten, speziell mit Rücksicht auf das besondere st. gallische
Verfahren in Deservitensachen (Art. 248
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 248 Grundsatz - Das summarische Verfahren ist anwendbar:
a  in den vom Gesetz bestimmten Fällen;
b  für den Rechtsschutz in klaren Fällen;
c  für das gerichtliche Verbot;
d  für die vorsorglichen Massnahmen;
e  für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
252 ZPO). An die Stelle eines
prorogierten Forums für jede einzelne Streitsache trete auf diese Weise
die generelle Anerkennung des si. gallischen Gerichtsstandes. Darin
aber, dass der in seiner Berufsausübung dem kantonalen gleichgestellte
sausserkautonale Anwalt sich auch der gleichen Belangbarkeit zu
unterziehen habe, liege doch wohl weder eine Verletzung der Freizügigkeit,
noch sonst etwas Verfassungswidriges. Überdies sei zu beachten, dass
der Art. 5 Üb.-Best. zur BB nur die Gleichberechtigung verschiedener
kantonaler Patente garantieren wolle und insofern durch Art. 8 des
ft. gallischen Anwaltsreglements nicht verletzt werden könne, indem
dessen Vorschrift nicht etwa nur die ausserkantonal patentierten Anwälte
mit st. gallischer Bewilligung, sondern ebenso auch die ausserhalb des
Kantons wohnenden Anwälte mit st. gallischem Paten betreffe, d. h. eben
nicht auf das Patent, sondern auf den Wohnort abstelle. Dass endlich
die Verpflichtung ausserkantonaler Patentinhaber zur Anmeldung bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde, um die Bewilligung zur Berussausübung im
Kanton zu erlangen, und zur Entrichtung einer mässigen Kanzleigebühr für
die Ausfertigung der Bewilligungsurkunde nicht gegen Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Ub.-Best.
zur BV verstosse, habe das Bundesgericht bereits durch Urteil

V. Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten. N° 6. 51

i. S. _Morel gegen Jnnerrhoden vom 30. September 1897 festgestellt;
in Erwä gung:

Der Vorschrift von Art. 2 des st. gallischen Anwaltsreglements, wonach die
Jnhaber von Anwaltspatenten anderer Kantone zum Zwecke der Berufsausübung
im Kanton St. Gallen eine Bewilligung des Kantonsgerichts einzuholen
haben, hat sich der Rekurrent freiwillig unterzogen und auch die ihm
für die Bewilligungsertetlung abverlangte Taxe anstandslos bezahlt. Die

Frage der bundesrechtlichen Zulässigkeit dieser beiden Auflagen ist

deshalb hier nicht weiter zu erörtern. Immerhin mag gegenüber der sie in
Abrede ftellenden Bemerkung des Rekurrenten auf die nn gegenteiligen Sinne
ergangenen Urteile des Bundesgerichts vom 1. April 1897 i. S. Bühler (AS
23 I Nr. 69 Erw. 2 m fine S. 480) und vom 30. September 1897 i. S. Morel,
das die kantonsgerichtliche Vernehmlassung anruft, verwiesen sein_
Dagegen ficht der Rekurrent mit seinem Begehren die ihm ferner gestellte
Bedingung der Verzeigung eines Rechtsdomizils" im Kanton St. Hallen,
gemäss Art. 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
des Anwaltsreglements, als mit Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
Ub.-Best. z. BV
nicht vereinbar an. Diese Beschwerde erweist sich als begründet. Die den
Rechtsamvälten als Vertretern einer wissenschaftlichen Berufsart durch
Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
ÜbBest. z. BV eingeräumte Befugnis, auf Grund eines kantonalen
Befähigungsausweifes ihren Beruf in der ganzen Ende-genossenschaft
auszuüben, macht in der Tat die Ausübung der Advokatur in der Schweiz
von den Kantonsgrenzen in dem Sinne unabhängig, dass es den Kantonen
nicht gestattet ist, die Zulassung der sachlich verfassungsgemäss
legitimierten Anwälte an eine dauernde örtliche Beziehung zum speziellen
Kantonsgebiete zu knüpfen und demnach den ausserhalb des Kantonsgebietes
niedergelassenen Anwälten die Herstellung einer solchen Beziehung zur
besonderen Bedingung zu machen. Der Zweck jener VerfassungsBestimmung
erschöpft sich nicht, wie das Kantonsgericht anzunehmen scheint, darin,
die Träger der verschiedenen kantonalen Befähigungsausweise, die im
gleichen Kantonsgebiete niedergelassen sind, für die Berufsausübung im
betreffenden Kanton einander rechtlich gleichzustellen; die Bestimmung
zielt vielmehr

52 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. l. Abschnitt. Bundesverfassung.

mit ihrer vorbehaltlosen Gewährleistung der Berufsausübung in der
ganzen Eidgeuossenschaft ab ans die rechtliche Gleichstellung, nach
Massgabe der jeweiligen kantonalen Berufsvorschriften, aller im gesamten
schweizerischen Staatsgebiete niedergelassenen Inhaber kantonaler
Auwaltspatente Gegen diesen Sinn und Zweck der bundesverfassungsmässigen
Freizügigkeit aber verstösst die Vorschrift der Verzeigung eines
besonderen kantonalen Rechtsdomizils für die ausserhalb des Kantons
wohnhaften Anwälte, wie es Art. 8 des st. gallischen Anwalts-Reglements
vorsieht. Das Rechtsdomizil begründet auch als blosser Adressort
im Sinne der Erläuterung des Kantonsgerichts eine nicht unerhebliche
und deshalb rechtlich bedeutsame Erschwerung der Berufstätigkeit des
auswärtigen Anwalts Denn es ist ohne weiteres klar, dass eine Adresse
für gerichtliche Zustellungen sei es auch nur ein Postfach oder ein
privater Brieskasten die Bedienung durch eine am Adressorte selbst
sich aufhaltende oder doch regelmässig daselbst verkehrende Person
erheischt, deren dauernde Dienstleistungen normalerweise nur gegen
Bezahlung zu erlangen sein werden. Und ausser dieser unmittelbaren
pekuniären Belastung kann ein solches Rechtsdomizil dem Anwalte, zufolge
des mit der Übermittelung gerichtlicher Zustellungen an sein wirtliches
Geschäftsdomizil über die auswärtige Domiziladresse notwendig verbundenen
Zeitverlustes und der dadurch bedingten Verzögerung der Erledigung
beruflicher Angelegenheiten, unter Umständen auch noch anderweitige,
möglicherweise sehr gewichtige ökonomische Nachteile bringen. Überdies
kann anderseits ein rechtmässig begründetes Interesse des Kantons am
Bestande der streitigen Institution nicht anerkannt werden. Wieso ein
innerkantonales Rechtsdomizil erforderlich sein sollte, damit eine sichere
Adresse des ausser dem Kanton niedergelassenen Anwalts für die Zustellung
von Zimtionen zc. gegeben sei, ist schlechterdings unverständlich Da
die gerichtlichen Zustellungen nach st. gallischem Prozessrecht (Art. 80
und 118 120 des Gesetzes betr. die Zivilrechtspflege vom 31. Mai 1900)
in der Regel durch eingeschriebene Postsendungen erfolgen, steht die
Möglichkeit ihrer gleichmässigen Durchführung in der ganzen Schweiz zum
vornherein ausser Frage. Und was den Gerichts-stand des Anwaltes für
das besondere st. gallische Ver-

V. Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten. N° 6. 53

fahren in Deserviteusachen (Art. 248 des Zivilrechtspflegegesetzes)
betrifft, dessen Anerkennung durch das Rechtsdomizil im Kanton
erreicht werden soll, dürfen nach der bundesgerichtlichen Auslegung
des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BV allerdings Anstände wegen der Höhe des Anwaltshonorars
vor dasProzessgericht als solches gewiesen werden und ist demnach
jener Gerichtsstand auch für die auswärtigen Anwälte ohne weiteres
massgebend. Dagegen besteht für anderweitige Streitigkeiten aus
dem Vertragsverhältnis zwischen Anwalt und Partei die Garantie des
Wohnsitzrichters im Sinne jener Verfassungsbestimmung Zum Verzicht
auf diesen Gerichtsstaud durch Anerkennung des fraglichen Art. 248
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
,
soweit dieser, im Widerspruch mit Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BV (nicht publiziertes
Urteil des Bundesgerichts vom 7· Juni 1911 i. S. Turina-Meyer gegen
Curti, Erw. 1, wo die aus AS 26 I Nr. 33 Erw. 1 S. 180 ersichtliche
Praxis speziell gegenüber der hier in Rede stehenden st. gallischeu
Prozessrechtsbestimmung zur Geltung gebracht worden ist), das
Prozessgericht ganz allgemein für die Beurteilung streitiger Forderungen
der Anwälte aus ihrer beruflichen Tätigkeit für zuständig erklärt, kann
aber der auswärtige Anwalt ebenso_ wenig gezwungen werden, als der im
Kanton selbst niedergelassene, so dass die gleiche Belangbarkeit der
beiden- wie das Kantonsgericht sie postuliert, in dieser Hinsicht auch
ohne das streitige Rechtsdomizil gesichert ist.

Aus diesen Erwägungen folgt, dass der Rekurrent berechtigt ist,
seine unter Nechtsverwahrung erfüllte Verzeigung eines st. gallischen
Rechtsdomizils zu widerrufen, ohne dass das Kantonsgericht ihm deswegen,
entgegen der im Bescheide der Kantonsgerichtskanzlei an ihn vom 8. Januar
1913 liegenden Verfügung, die seither erteilte Bewilligung zur Ausübung
der Advokatur im Kanton St. Gallen wieder entziehen dürfte-. Zn diesem
Sinne ist die streitige Verfügung des Kautonsgerichts aufzuheben; '

erkannt:

Der Rekurs wird gutgeheissen und damit die Verfügung des st. gallischen
Kantonsgerichts vom 8. Januar 1913 aufgehoben.

. ___. ___... ___...