464 G. Entscheidungen der Schuldbetreibuugs-

getretenen Anspruchs, sondern erhält lediglich das Recht, ihn als
Vertreter und Beauftragter der Masse, aber auf eigene Gefahr und mit
privilegiertem Anrecht auf das Resultat, geltend zu machen (vergl. Jäger,
zu Art. 260 N. 3 und die dort angeführten Entscheide; Götzinger, in
Ztschr. f.schw.R. N.F. 25 S. 505 ff.; Blumenstein, S. 805). Daraus ergibt
sich ohne weiteres, dass die Abtretung eines Massaanspruchs an denjenigen,
gegen den sich der Anspruch richtet, ausgeschlossen ist. Eines besonderen
Rechtssatzes, der dies ausspräche, bedarf es nicht. Die Unzulässigkeit
des Abtretungsbegehrens folgt auch ohne solchen daraus, dass niemand
gegen sich selbst einen Anspruch geltend machen kann, die Abtretung
daher einen rechtlich unmöglichen Jnhalt hatte. Das den Zessionaren in
Art. 260 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG eingeräumte Privileg vorzugsweiser Befriedigung
aus dem Prozessergebnis ist kein selbständiges Recht, das sich aus der
Abtretung als solcher ergäbe; es bildet die Prämie für die Ubernahme des
Prozessrisikos und steht daher nur denjenigen Zessionaren zu, die den
Prozess zur Durchsetzung des Anspruchs tatsächlich geführt haben. Wer
sich daran nicht beteiligt und an der Herbeiführung des Ergebnisses nicht
mitgewirkt hat, kann auch an diesem keine Vorrechte beanspruchen. Die in
der Rekursschrift vertretene Ansicht, dass auch derjenige Gläubiger, der
Schuldner des abzutretenden Anspruches sei, die Abtretung müsse verlangen
können, weil er sonst die Möglichkeit am Prozessergebnis zu partizipieren
verlöre, geht somit fehl. Da er den Prozess gegen sich selbst nicht
führen kann, kann ihm auch kein Vorrecht am Ergebnis zukommen.

2. Hätte demnach der Rekurrent, sofern er von Anfang Gläubiger der
Forderung der Firma Weidmann & Cie. gewesen wäre, nicht Abtretung des
Anspruchs auf sich selbst verlangen können, so konnte er aber auch
nicht in die Rechte aus der zu Gunsten der letzteren ausgestellten
Abtretung eintreten. Denn auch als Rechtsnachfolger eines andern
konnte er nicht gegen sich selbst klagend austreten; der Grund, der
einem direkten Abtretungsbegehren seinerseits entgegengestanden hätte,
nämlich die Unmöglichkeit der Ausführung des in der Abtretung liegenden
Prozessauftrags, schliesst somit auch seine Rechtsnachfolge in die einem
andern ausgestellte Abtretung aus. Hievon abgesehen wäre

_-________

und Konkurskammer. N° 82. 465

überdies zu sagen, dass überhaupt eine einseitige Übertragung der
Rechte aus der Abtretung an einen Dritten nicht möglich ist,-da diese im
Hinblick auf ihren Mandatscharakter lediglich eine persönliche Befugnis
des betr. Gläubigers begründet, die nur von ihm selbst ausgeübt und
daher weder für sich allein noch mit der Konkursforderung, wegen deren
sie erteilt worden ist, an einen Dritten veräussert werden kann (OR
Art. 398 Abs. 3).

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs
wird abgewiesen.

82. Entscher vom 11. September 1913 in Sachen gemeint: b'gscomvte de
Zanche-iteguten aliena.

Art. 125 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 125 - 1 Die Verwertung geschieht auf dem Wege der öffentlichen Steigerung. Ort, Tag und Stunde derselben werden vorher öffentlich bekanntgemacht.
1    Die Verwertung geschieht auf dem Wege der öffentlichen Steigerung. Ort, Tag und Stunde derselben werden vorher öffentlich bekanntgemacht.
2    Die Art der Bekanntmachung sowie die Art und Weise, der Ort und der Tag der Steigerung werden vom Betreibungsbeamten so bestimmt, dass dadurch die Interessen der Beteiligten bestmögliche Berücksichtigung finden. Die Bekanntmachung durch das Amtsblatt ist in diesem Falle nicht geboten.
3    Haben der Schuldner, der Gläubiger und die beteiligten Dritten in der Schweiz einen bekannten Wohnort oder einen Vertreter, so teilt ihnen das Betreibungsamt wenigstens drei Tage vor der Versteigerung deren Zeit und Ort durch uneingeschriebenen Brief mit.250
SchKG. Wenn dem Gläubiger in der für ihn bestimmten
Anzeige die Steigerungszeit nicht richtig angegeben wird und er davon
auch sonst keine Kenntnis erhalten hat, so ist der an der Steigerung
verfügte Zuschlag aufzuheben ohne Rücksicht darauf, ob in der öffentlichen
Bekanntmachung die Steigerungszeit richtig angegeben war oder nicht.

A. In den vom Comptoir d'Escompte de Mulhouse Filiale Zürich und
J. Jörin-Suter in Basel gegen Frau Witwe A. Petzold geb. Matter
angehobenen Betreibungen teilte das Betreibungsamt Zürich II den
betreibenden Gläubigern und der Schnldnerin am 23. April 1913 durch
chargierte Anzeige mit, dass die von der Pfändung betroffenen beweglichen
Sachen und Forderungen am 29. April 1913 öffentlich versteigert würden.
Als Stunde der Steigerung war in den für das comptoir rPIiJso compte und
die Schuldnerin bestimmten Ausfertigungen der Anzeige in Übereinstimmung
mit der öffentlichen Bekanntmachung der Steigerung im städtischen
Amtsblatt pom 25., 26. und 28. April Vormittags 9 Uhr angegeben. Dagegen
lautete die Lem Gläubiger Jörin zugestellte Aussertigung infolge eines
Versehens des sie ausstellenden Angestellten auf Nachmittags 2 1/2
Uhr. AEB der Vertreter Jörins, Rechtsanwalt Dr. Rascher

466 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

in Zin-id), am 29. April kurz nach 2 1/2 Uhr im Gantlokal erschien,
um sich an der Steigerung über Objekt Nr. 117 der Psändungsurkunde __
Forderung der Schuldner-in gegen ihren Sohn Eugen Petzold (Verlust aus
Vermögensverwaltung) im Betrage von 171,269 Fr. 85 Cfs. zu beteiligen,
wurde ihm mitgeteilt, dass die Gant schon am Vormittag stattgefunden
habe und die fragliche Forderung dabei zum Schätzungswerte von 2568
Fr. dem Comptoir d'Escompte de Mulhouse zugeschlagen worden sei. Jörin
erhob hiegegen durch seinen Vertreter Protest und stellte, da das Amt
demselben keine Folge gab, innert nützlicher Frist auf dem Beschwerdeweg
das Begehren um Aufhebung der Steigerung und des dabei dem Comptoir
d'Escompte erteilten Zuschlages, indem er den Standpunkt einnahin,
dass die betreibenden Gläubiger nach Art. 125 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 125 - 1 Die Verwertung geschieht auf dem Wege der öffentlichen Steigerung. Ort, Tag und Stunde derselben werden vorher öffentlich bekanntgemacht.
1    Die Verwertung geschieht auf dem Wege der öffentlichen Steigerung. Ort, Tag und Stunde derselben werden vorher öffentlich bekanntgemacht.
2    Die Art der Bekanntmachung sowie die Art und Weise, der Ort und der Tag der Steigerung werden vom Betreibungsbeamten so bestimmt, dass dadurch die Interessen der Beteiligten bestmögliche Berücksichtigung finden. Die Bekanntmachung durch das Amtsblatt ist in diesem Falle nicht geboten.
3    Haben der Schuldner, der Gläubiger und die beteiligten Dritten in der Schweiz einen bekannten Wohnort oder einen Vertreter, so teilt ihnen das Betreibungsamt wenigstens drei Tage vor der Versteigerung deren Zeit und Ort durch uneingeschriebenen Brief mit.250
SchKG ein Recht auf
Mitteilung der Zeit der Steigerung hätten und die Vornahme der letzteren
zu einer früheren als der ihnen angezeigten Stunde eine Gesetzwidrigkeit
bedeute, die zur Kassation der Steigerung führen müsse.

Während die erste Jnstanz die Beschwerde abwies, hiess die zweite
sie im wesentlichen mit folgender Begründung gut: die in Art. 125
Abs. 3 vorgesehene Benachrichtigung der betreibenden Gläubiger über
Ort und Zeit der Steigerung sei eine wesentliche Förmlichkeit, deren
Nichtbeachtungden Gläubiger, der dadurch an der Beteiligung bei der Gant
verhindert worden sei, zur Anfechtung des Zuschlages berechtigt-. Die
Benachrichtigung mit unrichtiger Zeitangabe, wie sie hier vorliege,
sei der Nichtbenachrichtignng rechtlich gleichzustellen, da die Wirkung
in beiden Fällen die nämliche sei. Auch könne im Gegensatz zur Ansicht
der ersten Instanz nichts darauf ankommen, dass in der öffentlichen
Bekanntmachung im städtischen Amtsblatt die Stunde richtig angegeben
gewesen sei. Nachdem das Gesetz in Bezug auf die bei der Betreibung
Beteiligten eine spezielle Benachrichtigung vorschreibe, müssten sich
diese auf deren Inhalt verlassen können und dürfe ihnen nicht zugemutet
werden, denselben an Hand der Publikationen in den öffentlichen Blatter-n,
die sich in erster Linie nicht an sie, sondern an das weitere Publikum,
die Kauflustigen richteten, auf seine Richtigkeit nachzuprüfen. Dafür
aber, dass der Beschwerde-und Konkurskammer. N' 82. 467

führer tatsächlich schon vor der Gant den richtigen Zeitpunkt erfahren
habe, in welchem Falle er allerdings das Anfechtungsrecht verwirkt hätte,
böten die Akten keine Anhaltspunkte

B. Gegen diesen Entscheid rekurrierte das Comptoir d'Escompte de
Mulhouse an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung desselben
und Wiederherstellung des die Beschwerde abweisenden erstinstanzlichen
Erkenntnisses. Die Rekursschrift macht geltend: im Borbereitungsverfahren
begangene Fehler könnten nur dann zur Kassation der Steigerung
berechtigen, wenn sie eine Gesetzwidrigkeit bedeuteten. Eine solche liege
hier nicht vor. Denn es stehe fest, dass das Amt dem Beschwerdeführer
rechtzeitig und in richtiger Form von der Steigerung Mitteilung gemacht
habe. Damit sei dem Gesetze genügt worden. Dass in der betreffenden
Anzeige eine andere Steigerungszeit angegeben gewesen sei als in den der
Rekurrentin und der Schuldnerin zugestellten Ausfertigungen, sei noch
keine Gesetzwidrigkeit, da Gantanzeigen mit divergierenden Zeitangaben
im Gesetz nirgends ausdrücklich verboten seien. Eventuell sei mit der
ersten Instanz davon auszugehen, dass die Anfechtung der Steigerung wegen
Gesetzwidrigkeiten im Vorbereitungsverfahren ausgeschlossen sei, wenn
der Anfechtende den Fehler vorher hätte erkennen und rügen können. Dies
treffe hier zu, da der Beschwerdeführer, wenn er die Publikationen in den
öffentlichen Blättern beachtet hätte, die Divergenz in den Zeitaugaben
hätte entdecken müssen und eine einfache Erkundigung beim Amte alsdann
genügt hätte, um den Sachverhalt rechtzeitig aufzuklären.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Streitig ist, ob die unrichtige Angabe der Steigerungszeit in der dem
betreibenden Gläubiger zugestellten Steigerungsanzeige diesen berechtigte,
die Kafsation der Steigerung zu verlangen. Diese Frage ist mit der
Vorinstanz zu bejahen.

Jndem das Gesetz in Art. 125 Abs. 3 vorschreibt, dass die betreibenden
Gläubiger von der Steigerung besonders zu benachrichtigen seien, hat es
ihnen implicite die Stellung am Steigerungsverfahren speziell beteiligter
Parteien zuerkannt Dass sie dies sind, liegt auf der Hand. Denn sie
haben neben dem Schuld-

AS 39 l 1913 '.si-î

468 C. Entscheidungen der Schuldhetreibungs--

ner das grösste Interesse daran, dass für die zu versteigernden Objekte
ein möglichst hoher Erlös erzielt werde, und müssen daher die genaue
Einhaltung aller Förmlichkeiten verlangen können, die zu diesem Zwecke
vorgesehen sind. Zu diesen Förmlichkeiten gehört aber ohne Zweifel auch
die in Art. 125 Abs. 3 vorgeschriebene Benachrichtigung. Denn sie soll dem
Gläubiger die Möglichkeit sichern, persönlich oder durch einen Vertreter
den gesetzmässigen Gang der Steigerung zu überwachen und eventuell auch
selbst durch Mitbieten auf deren Ergebnis einzuwirken. Die Vornahme der
Steigerung ohne vorhergegangene gehörige Benachrichtigung des Gläubigers
bedeutet somit eine Beeinträchtigung dieses in wesentlichen und gesetzlich
geschützten Interessen, die, da sie nur durch Anordnung einer neuen
gesetzmässigen Steigerung wieder gutgemacht werden kann, zur Aufhebung
des Zuschlages führen muss. Dabei kann es, wie die Vorinstanz mit Recht
angenommen hat, keinen Unterschied ausmachen, ob das Amt dem Gläubiger
überhaupt keine Steigerungsanzeige oder eine solche mit anrichtigen
Zeitangaben hat zukommen lassen, da der Zweck der Vorschrift des Art. 125
Abs. 3, dem Gläubiger die Teilnahme an der Steigerung zu ermöglichen,
in einem wie im andern Falle in gleicher Weise vereitelt wird. Wenn das
Gesetz eine besondere Benachrichtigung des Gläubigers vorsieht, so meint
es damit selbstverständlich eine solche, die den Tatsachen entspricht:
eine inhaltlich falsche Anzeige, welche ihren Zweck nicht erfüllen
kann, ist ebenso gesetzwidrig wie die Unterlassung jeder Anzeige. Was
die Rekurrentiu gegen diese Auffassung einwendet, ist offensichtlich
haltlos und bedarf einer weiteren Widerlegung nicht. Ebenso geht auch
ihr Hinweis auf die öffentliche Bekanntmachung der Steigerung fehl. Denn
diese Bekanntmachung richtete sich, wie im angefochteneu Entscheide
ebenfalls zutreffend ausgeführt wird, nicht an die im Betreibungsverfahren
beteiligten Parteien, zu deren Information eben die besondere Anzeige
des Art. 125 Abs. 3 dient, sondern an das übrige Publikum. Wer nach dem
Gesetz von der Vornahme einer Handlung besonders benachrichtigt werden
muss, ist natürlich auch berechtigt, sich an die ihm gemachte Mitteilung
zu halten und braucht sich um daraus bezügliche Publikationen nicht zu
kümmern. Die Tatsache, dass in den fraglichen Bekanntmachungen die Stei-

und Konkurskammer. N° 83. 469

gerungszeit richtig angegeben war, heilt den in der besonderen Anzeige
an den Beschwerdeführer nach dieser Richtung begangenen Fehler noch nicht-

Anders läge die Sache nur dann, wenn feststände, dass der Rekurreut
bezw. sein Vertreter tatsächlich, sei es infolge der Veröffentlichungen
im Amtsblatt oder auf andere Weise, schon vor derSteigerung die richtige
Gantzeit erfahren hätte. Dies behauptet aber die Rekurrentin selbst
nicht, wie denn auch die Vorinstanz das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte
dafür ausdrücklich feststellt.

Demnach hat die Schuldbetreibungss und Konkurskammer erkan nt :

Der Rekurs wird abgewiesen.

83. Arrét du 11 septembre 1913 dans la cause Giraud.

Art. 69 ch. 3 LP : Le créancier qui a introduit par erreur une poursuite
ordinaire peut abandonner cette poursuite et faire notifier au débiteur
un nouveau commandement de payer pour effet de change.

Le débiteur qui veut contester le droit du créancier d'introduire
deux poursuites pour la méme créance, doit le faire par la voie de
l'opposition. .

A. Le 14 mars 1913, la Banque Mennerich, à, Lausanne, a fait notifier à
Fritz Giroud, à Neuchatel, un commandement de payer, poursuite ordinaire
n° 5033, pour la. somme de 295 fr., plus 7 fr. 20 frais de protét
etretour, en indiquant comme titre de la créance: Effet de change au 6
mars 1913, souscrit. par le débiteur à l'ordre de M. Perret.

Giroud fit Opposition le 22 mars, en déclarant que des renouvellements
avaient été consentis par le tireur et qu'ils se trouvaient en ses mains.

Le 30 juin 1913, la banque Mennerich a fait notifier à Giroud un
commandement de payer pour effet de change, poursuite n° 6186, du mème
capital de 295 fr. plus 5 fr. 20