94 A. Oberste zivilgericbssinsm. I. Weiher-Miglie Entscheidungen.

sa. propre faute, car le demandeur damit connaître l'ex-rent dans laquelle
se trouvait ia défenderesse (art. 23 00). A. cet égard, ii faut tenir
compte non senlement du contenu de la lettre du 14 juillet, mais aussi
du fait que la. défenderesse n'a pas cherché à. connaître les hòtels
pour lesquels l'annonce devait psraitre. Cette circonstance nur-it da
Îéveiller l'attention du demandenr, et la, bonne foi qui doit présider aux
rapporta entre parties exigeait qu'il cherchät à élucider cette question.

Quel que soit. donc le point de vue nuque! on se place, la demande
appel-nil; comme dénnée de fondement.

Par ces motifs, Le Tribunal fédéral

prononce: Le recours est écarté et l'arrés de la Cour de Justice

civile da canton de Genève dn 16 décembre 1911 est confirmé dans toute
son étendue.

' fl. guten vom 8. gum 1912 in Sachen Innre & gie, Kl. u. Ber.-Kl.,
gegen Verband ostschweizerilther landwixtsdjaffl. @enossenschafteu,
Bekl. U. ebenfalls Ver.-Kl.

Vereinbarung einer Konventionalstrafe für verspätete Ausführung eines
Werkve-rtmges. Einreden des Strafschuldnersaus Art. 181 aOR: Angebèiche
U nsittlichsikeàt der Strafklazwel im Sinne des Art. 17 (IOR, Spezie-{l
auch wegen der s t r afhöhe. Ver sch u Men d e s S i . a f gl (in b i ge
rs an der verspätete-r Vertragserfüllzmg. Höh e r e G e wa l t : Begriff;
Stelismg des S t r e ik s hiezu. Richtefliche Herabsetzung der Strafe
(Art. 182 308).

Das Bundesgericht hat über folgendes Streitverhältnis: A. Durch Vertrag
vom 24. Juni 1907 hat der beklagte

Verband ostschweizerischer landwirtschaftlicher Genossenschaften
die Arbeiten in armiertem Beten für seinen Bau eines
neuen3. Ohligaxionenmbt. N°17. 95 Lagerhausez in Winterthur, mit dessen
Leitung er das Architektur-

bnreau Jung & Bridler (spàter Bridler & Vòlki) daselbst betraut

hatte, der Klägerin, der Banfirma Fabre &. Cie in Zürich und Altstetten,
um den Preis von 149,663 Fr. 60. Cis übertragen. Nach § 7 dieses Vertrages
sollte das Gebäude bis 13. Oktober 1907 zum Aufrichten bereit sein,
und zuvor hatte sich der Übernehnier der Betonarbeiten mit demjenigen
der Manrerarbeiten ins Einvernehmen zu setzen, um diesem letzteren die
Enthaltung jenes Terminò mtb die stets ungehinderte Weiterführnng seiner
Arbeiten zu ermöglichen

In vorbehaltener Ergänzung dieser Vertragsbestimmung ist sodann in
einem Bertragsnachtrage der Parteien-vom 28. Juni 1907 n. a. noch
der Arbeitsbeginn auf den 22. Juli 1907 festgesetzt und ferner eine
Konventionaistrase von je Fr. 700 für die erste und zweite Woche, von
1400 Fr. für die dritte Woche undvon 2000 Fr für jede weitere Woche
Verspätung der Arbeiten vereinbart worden.

Endlich haben die Parteien am 8. November 1907 auf Grund der einleitenden
Feststellung, dass nach dem bisherigen Verlan der von der Klägerin
übernommenen Betonarbeiten auf die Vollendung des Rohbaues vor Einbeuchs
des Winters nicht mehr gerechnet werden könne, noch eine weitere
Vereinbarung wesentlich folgenden Inhaltes getroffen:

Die Unternehmer verpflichten sich freiwillig und ohne Anfpruch auf
irgendwelche Entschädigung, alle Schutzmassregeln fofort vorzubereiten
und am Banplatz bereitzuhalten, damit bei Eintreten von Frost die in
den letzten 5 Tagen erstellten Betonund Maurerarbeiten gegen Kälte
gesichert werden Abdecknng mit Stroh. Gegen Nässe und Schnee ist das
ganze Gebäude n1ittelst Brettern und Dachpappe so abzudecken, dass eine
Abwässerung nach aussen erfolgen kann. ..... Kann sich die Baubetritt
resp. deren bauleitende Architekten mit der Unternehmung über die nötigen
Schutzmassregeln ..... nicht verständigen, so werden die sireitigen Punkte
durch einen Experten, als welcher Herr Professor Schüle am Polytechnikum
in Zürich in Aussicht genommen wird, endgültig erledigt. Beide Parteien
erklären, sich seiner Anordnungen unbedingt zu unterziehen. Auf die-

% A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. _ ]. Materiellrechfliche
Entscheidungen.

Geltendmachung der Konventionalstrafe und eventuelle
Schadenersatzforderungen hat dieser Vertrag keinen Einfluss.

Die Betonarbeiten sind tatsächlich erst am 27. April 1908 vollendet
worden, nachdem sie wegen des Winterfrostes vom 18. Dezember 1907 bis
23. März 1908 hauen unterbrochen werden müssen.

-Wegen dieser Verspätung der Vertragserfüllung hat der Beklagte gestützt
auf die erwähnte Konventionalstrafklausel der Klägerin von ihrer
Werklohnforderung eine Summe von 42,000 Fr. abgezogen. Die Klägerin
will sich jedoch diesen Abzug nicht gefallen lassen, sondern fordert im
vorliegenden Prozesse jenen Restbetrag ihres Werklohnes, während der
Beklagte diesem Anspruch gegenüber seine Konventionalstrasforderung
zur Kompensation

verstellt. B. In dieser Streitsache hat die I. Appellationskamrner des
Obergerichts des Kantons Zürich in teilweiser Abänderung

des erstinstanzlichen Urteils, das die Kiage in der Höhe von 30,800
Fr. nebst Zins gutgeheissen hatte durch Urteil vom 27. September 1911
erkannt:

Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin 27,800 Fr. nebst Zins zu
50/0 seit 19. Oktober 1908 zu bezahlen·

G. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt.

Die Klägerin hat folgende Abänderungsanträge gestellt:

I. Der Beklagte sei in Gutheissung der Klage zu verpflichtender Klägerin
42,800 Fr. samt 50/0 Zins seit 1. Juli 1908 zu bezahlen.

II. Eventuell sei die Klage in einem 27,800 Fr. übersteigenden
Betrage gutzuheissen, Unter weit intensiveres- Herabsetzung der
Konventionalstrafe, als dies seitens der Vorinstanzen geschehen sei,
auf ein richtiges, billiges Mass, wobei davon auszugehen sei, dass

1. bei Berechnung der Konventionalstrafe die Zeit vom 18. Dezember 1907
bis 23. März 1908 nicht zu Lasten der Klagerin in Anrechnung gebracht
werden dürfe;

2. der Nachweis eines irgendwie erheblichen Schadens dem Beklagteu nicht
gelungen sei;'sisi . 3, Oblieationénrecht. N° 17. 97

III. Ganz eventuell, für den Fall der Abweisung der vorangehenden
Begehren, sei der Zinsenbeginn auf den 1. Juli 1908 festzusetzen

Der Beklagte hat beantragt:

Es seidas Urteil der Appellationskammer vom 27. September 1911 aufzuheben
und die Klage der Firma Fabre & Cie ganz abzuweisen.

Eventuell sei die Klage nur in einem 20,000 Fr. nicht überxsteigenden
Betrage zu schützen

D. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Klägerin die
schriftlich gestellten Bernfungsanträge erneuert und ferner beantragt:
Eventuell sei hinsichtlich der kaufmännischen Expertise eine Obererpertise
anzuordnen und die technische Experxtise nach dem am 24.September
1910 gestellten Begehren zu er,ssganzm. Dazu hat er auf Abweisung der
gegnerischen Berufung Mugen-ogm;

Der Vertreter des Beklagten hat umgekehrt Abweisung der gegnerischen und
Gutheissung der eigenen Berufung, im Sinne der schriftlich gestellten
Anträge, beantragt; '

in Erwàgungz'

1. Die Klägerin hat zur Begründung ihres swinzipalen Begehrens
auf vollständige Gutheissung der Klage gänzliche Abweisung der
Konventionalstraffordernng des Beklagten gestützt auf Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68

OR einerseits die in Frage stehende Konventionalstrafklauset als
wider-rechtlich und unsittlich im Sinne des-Art. 17
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 17 - Ein Schuldbekenntnis ist gültig auch ohne die Angabe eines Verpflichtungsgrundes.
OR angefochten und
anderseits behauptet, dass ihr die Einhaltung der vertragsgeinässen
Leistungsfrist wegen Verschulden der Gegenpat-tet und wegen höherer
Gewalt nicht möglich gewesen sei.

2. Die Konventionalstraftlauset soll widerrechtlich und unsittlich sein
schon wegen der Höhe des vereinbarten Betrages von 2000 Fr., von der
vierten Verspätungswoche an, und sodann auch deshalb, weil die vertraglich
vorgesehene Frist für die Arbeitsaussührung der Klägerin überhaupt zu
kurz bemessen gewesen sei. Diese beiden Argumente gehen fehl. ss

Wegen der vereinbarten Straf höhe ist allerdings die Anfechtung einer
Strafklausel auch aus dem Gesichtspunkte des "Uff. 17 OR entgegen der
Auffassung der kantonalen Justanzen

As 38 u 1912 . 'z

98 L. admiZivflgerichuinstanz. _ I. umgewandt-de Entscheidungen.

nicht schlechthin ausgeschlossenAllein diese grundsätzliche Anfechtung
setzt voraus, dass die Strafe nicht nur mit der zu sichernden
Leistungdes Strafschuldners überhaupt und speziell mit dein Interesse
des- Strafgläubigers hierau, in einein unbilligen Missverhältnis steht
-was lediglich zu ihrer Ermässigung durch den Richter auf Grund des
Art. 182
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 182
OR genügen würde , sondern dass sie inihrer Anwendung direkt
den wirtschaftlichen Ruin des Schuldner-sherbeiführenwürde und sich
geradezu als wucherische Ausbreitung dieses wirtschaftlich schwächern
Vertragsteils durch den wirtschaftlich stärkeren Gläubiger darstellt
(ng. hierüber aus der deutschen GerichtsprarisSeufferts Archiv 61
Nr. 197 S 351 ff. um Entsch. des RG 68 Nr. 58 S 229 ff.). Um eine solche
Situation: handelt es sich hier offenbar nicht. Denn ein wirtschaftliches
Abhängigkeitsverhältnis, wie der wucherische Missbrauch der Machtdes
Stärkeren erfordert, bestand zwischen der Klägerin als selbständiger
Bauuniernehmerin und dein Vetlagten als Bauherrus überhaupt nicht. Und
zudem ist weder dargetan, dass die Klägeriu

zur Eingehung der Konventionalstrafbedingungen in ungehörigers

Weise gedrängt worden ist, noch, dass die Erfüllung der über nommenen
Strafverpflichtung ihre ökonomischen Kräfte schlechthin übersteigen
würde. si

Ebenso nnbehelflich ist auch die Berufung der Klägerin auf dieangeblich
zu kurze Arbeitsfrist. Die Klägeriu war, wie die.Vorinstanzen zutreffend
ausgeführt haben, auf Grund ihrer Fachkenntnis in der Lage, sich über die
Möglichkeit der Arbeitsaus führung in der vertraglicb vorgesehenen Zeit
Rechenschaft zu. gehen. Sie hat daher mit ihrer freien Entschliessung,
den Vertrag einzugehen, die Verantwortung für die Einhaltung der gesetzten
Frist, die übrigens nach dem Befunde des gerichtlichen Experten an sich
möglich war, rechtmässig übernommen

3. Aus dem Gesichtspunkte des vom Vetlagten zu. vertretenden Verschuldens
an der verspäteten Vertrags-ersüilung hat die Klägerin vor Bundesgericht
noch folgende Einwendungen aufrecht erhalten: Die Ausführung ihrer
Arbeiten sei. verzögert worden:

a) durch nicht rechtzeitige Ablieferung der Baupläne seitens
desbanleitenden Architektenz -- 3. Obligationenrecht. N° 17. 99

b) durch die Verspätung der Fundamentausgrabungen durch den Unternehmer
der Erdarbeitenz

c) durch die Ausführung von der Klägerin nachträglich übertragenen
Mehrarbeiten;

d) durch den Rückstand der Maurerarbeitenz

e) zufolge der vom Beklagten nach Eintritt des Frostwetters erzwungenen,
jedoch unnötigen Erstelluug eines Schutzdaches, das die Fortsetzung der
Arbeiten bei Tauwetter verunmögticht habe.

Bei Beurteilung dieser Einwendungen sind die kantonalen Jnstanzen mit
Recht von der Annahme ausgegangen, dass die Klägerin hinsichtlich der
behaupteten Entlastungstatbefiände beweishflichtig sei (vergl. AS
23 Nr. 38 Etro. 4 S. 235). Und in der Beweisfrage selbst haben sie
wesentiich auf Grund der eingehalten technischen Expertise und,
hinsichtlich der Notwendigkeit des Schutzdaches (lit. e), auch in
Berücksichtigung des eigenen Verhaltens der Klägerin, die das Dach auf
Verlangen des Beklagten gemäss dem Vertragsnachtrage vom 8. November 1907
erstellte, ohne dieser Zumutung gegenüber zunächst das dort vorgesehene
Schiedsverfahren anzurufen in allen Punkten aktengeinäss und daher für
das Bundesgericht verbindlich entschieden. Es kann deshalb einfach auf
die einschlägigen Erwägungen des vorinstanzlichen Urteils verwiesen
werden. Danach steht fest, dass die Kiägerin wegen nicht rechtzeitiger
Planlieserung (lit. a.) während 14 Tagen und wegen Rückstande-Z der
Maurerarbeiten (lit. d) während weiteren 10 Tagen, also insgesamt
während 3 4 Wochen, in der Durchführung ihrer Arbeiten ohne eigene
Verantwortlichkeit gehemmt mar.

4. Auf Verzögerung durch höhere Gewalt beruft sich die Klägerin heute
noch unter Hinweis darauf, dass ihre Arbeiter im Oktober 1907 einen
Streit durchgeführt hätten, der ohne ihr Verschulden ausgebrochen sei
und dessen Wirkungen sie nicht durch Beschaffung von Ersatzarbeitern
abzuwenden vermocht hohe. Die Vorinstanz hat, entgegen dem Entscheide des
Bezirksgerichts, diesen Einwand gutgeheissen und die Klägerin demnach für
weitere 8 Tage ihres Leistungsverzugs entschuldigt, mit der Begründung,
jener Streik lasse sich nach den Akten in der Tat nicht auf einen
besonderen Anstand der Klägerin mit ihren Arbeitern zurückführen,

100 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. !. Eaterieflreehflicbe Mai-.

sondern habe seinen Grund in den damals aus dem Platze Winterthur im
Baugewerbe allgemein unruhigere Arbeiter-verhältnissen gehabt, denen
gegenüber die Klägerin ohtnnächtig gewesen sei. ' .

An die in dieser Argumentation liegende tatsächliche Feststellung
der Ursache des Streits ist das Bundesgericht gebunden; dein vom
kantonalen Richter hieraus gezogenen rechtlichen Schlusse aber kann nicht
beigepslichtet werden. Der Begriff der .höheren Gewalt ist vom Gesetzgeber
selbst nicht nmschrieben werben, und das Bundesgericht hat es in seiner
bisherigen Praxis vermieden, zu dessen verschiedenen wissenschaftlichen
Definitionen in bestimmter Weise Stellung zu nehmen. Immerhin führen
die vorliegenden Präjudizien (vergl. AS 23 Nr. 154 Erw.2 S. 1123;
28 ]I Nr. 29 Erw. 6 S. 253 f; 31 II Iii-,B? Erw.3 S. 218; 35 II
Nr. 70 Erw· 2 S. 546; 36 II Nr. 9 Erw. 4 S. 60) im Einklang mit der
Doktrin zu dem Schlusse, dass darunter nur Ereignisse zu beziehen
sind, die, wie insbesondere gewisse Naturerscheinungen, überraschend
und mit unwiderstehlicher Gewalt über den Betroffenen hereinbrechen,
deren Eintritt also nicht voraussehbar ist und deren Wirkungen nicht
abgewendet werden können. Zu diesen Ereignissen aber gehört der Streit
unter den heutigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen jedenfalls
allgemein nicht. Vielmehr ist an'der schon i. S. Müller g. A.-G. Stickerei
Feldmühle (AS 281. c.) vertretenen Auffassung unbedenklich festzuhalten,
dass nämlich der Streit im heutigen Wirtschaftsleben als Kampfmittel der
Arbeiter zur Durchsetzung ihrer ökonomischen und sozialen Bestrebungen
so gebräuchlich geworden ist, dass er vom Arbeitgeber in gewissem Masse
stets vorausgesehen und häufig auch in seinen Wirkungen durch geeignete
Gegenmassnahmen ab-

geschwächt oder sogar völlig illusorisch gemacht werden kann. Er

bildet ein erfahrungsgemäss insbesondere dem Bangetverbe imma: nentes
Störungsntoment, derart, dass ein Bauunternehmer heutzutage jederzeit
mit der Möglichkeit wenigstens gelegentlicher kürzerer Unterbrechungen
des normalen Arbeitsbetriebes durch StreitBewegungen rechnen und seine
Verpflichtungen danach einrichten annà, sei es durch entsprechend largere
Bemessung der Ausführungszeit bei grösseren Unternehmungen, sei es durch
vertraglichen Vor-

!3. Obligaiionenrecht. N° 17. 101 behalt des Streilrisitos gegenüber dem
Bauherm Demnach kann unter den hier gegebenen Verhältnissen, entgegen
dem Entscheide der Borinstanz, der in Rede stehende Streit von nur
achttägiger Dauer nicht als ein Ereignis höherer Gewalt anerkannt und
zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt werden.

5. Zur Begründung ihres eventuellen Begehren-s um Nichtberücksichtigung
der Zeit des Winterunterbruchs der Arbeiten (17. Dezember 1907 bis
23. März 1908) bei Berechnung der Konventionalstrafe hat die Klägerin
geltend gemacht, die vorn Beklagten zu erwartende Verzögerung ihrer
Arbeiten hätte für sich allein d. h. auch ohne die weitere von ihr
selbst verschuldete Verzögerung schon zur Folge gehabt, dass die
Errichtung des Rohbaues bis zum Frosteintritt und damit die Vornahme der
Jnnenarbeiten während der Winterszeit mit Vollendung des Ge. bäudes aus
den vorgesehenen Frühjahrstermin nicht mehr möglich gewesen sei. Allein
dieser Umstand spielt für die grundsätzliche Frage des Verfalls der
Konventionalstrafe keine Rolle-; hiefür genügt vielmehr die blosse
Tatsache, dass die Klägerin mit den übernommenen Arbeiten an dem um die
Verzögerungssrist zu Lasten des Beklagten verlängerten Vertragstermin,
d. h. zirka Mitte November 1907, nicht fertig war, sondern die Arbeiten
faktisch erst gegen Ende April 1908 beendigt hat, ohne sich für die
Zwischenzeit über einen weitern Entlastungsgrund im Sinne des Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68

OR ausweisen zu können. (Als ein solcher, speziell als höhere Gewalt
kann nach dem früher Gesagten natürlich nicht etwa der Frosieintritt
angerufen werben, da diesem Ereignis unzweifelhaft das Erfordernis
der Mcht-Voraussehbarkeit mangelt.) Anders wäre, wie der Vertreter des
Beklagten heute zutreffend eingewendet hat, nur zu entscheiden, wenn
die Auslösung der Konventionalstrafe vom Eintritt eines Schadens des
Strafgläubigers zufolge der Nichteinhaltung der Vertragsfrist abhängen
würde; dies ist aber nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 180
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 180 - 1 Fällt ein Übernahmevertrag als unwirksam dahin, so lebt die Verpflichtung des frühern Schuldners mit allen Nebenrechten, unter Vorbehalt der Rechte gutgläubiger Dritter, wieder auf.
1    Fällt ein Übernahmevertrag als unwirksam dahin, so lebt die Verpflichtung des frühern Schuldners mit allen Nebenrechten, unter Vorbehalt der Rechte gutgläubiger Dritter, wieder auf.
2    Ausserdem kann der Gläubiger von dem Übernehmer Ersatz des Schadens verlangen, der ihm hiebei infolge des Verlustes früher erlangter Sicherheiten od. dgl. entstanden ist, insoweit der Übernehmer nicht darzutun vermag, dass ihm an dem Dahinfallen der Schuldübernahme und an der Schädigung des Gläubigers keinerlei Verschulden zur Last falle.
OR
nicht der Fall. 6. Jst demnach die Konventionalstrafe an sich mindestens
d. h. in dem der Klägerin günstigsten Falle einer Aufrundung der in
Erwägung 3 oben ermittelten Abzugszeit auf 4 Wochen -in dem von der
Vorinstanz berechneten Betrage von 86,800 Fr·

102 A. Oberste Zivilgerichtsînstm. [. Materiellrechfliche Entscheidungen.

verfallen, so bleibt noch zu prùfm, ob dieser Betrag dem Bellagten gemäss
seinem Hauptantrage voll zuzusprechen sei oder ob nicht vielmehr, im
Sinne des Eventualbegehrens der Klägerin, eine Reduktion der Strafsumme in
Anwendung des auf. 182 OR sich rechtfertige. Hiebei ist davon auszugehen,
dass nach verbindlicher, weil auf das Gutachten des technischen Experten
gestützter, Feststellung der Vorinstanz die der Klägerin gesetzte
Ersüllungsfrist so knapv bemessen war, dass sie überhaupt nur für
den zum vornherein unwahrscheinlichen Fall eines vollständig glatten
Verlaufes der Arbeiten eingehalten werden konnte, und dass überdies der
Endtermin der Frist so nahe an den Winter herangeriickt war, dass eine
Uberschreitung dieses Termins die Gefahr des längeren Arbeitsunterbruchs
durch den Frosteintritt mit sich brachte. Dazu kommt entscheidend, dass
die vom Beklagten zu verantwortende Verzögerung der Arbeiten um zirka 4
Wochen diese Gefahr jedenfalls erheblich gesteigert, wenn nicht gerader
zur Verwirklichung gebracht hat. Denn angesichts der Tatsache, dass die
Klägerin ihre Arbeiten nach deren Wiederaufnahme im Frühjahr in ungefähr
einem Monat (23. März bis 27. April) zu Ende geführt hat, darf mit der
Möglichkeit gerechnet werden, dass sie ohne diese Verzögerung die Arbeiten
noch vor Eintritt der Frostperiode beendigen und damit die schwere Folge
des Laufes der Konventionalstrafe während der ganzen-Winterszeit hätte
abwenden können. Unter diesen Umständen erscheint eine ganz erhebliche
Reduktion der verfallenen Strafsumme als Gebot der Billigkeit Und wenn
nun die Vorinstanz den Strafznspruch auf 15,000 Fr. beschränkt hat,
so liegt für das Bundesgericht keine Veranlassung vor, diese Anwendung
ihres billigen Ermessens zu beanstanden, besonders da jene Summe den vom
kaufmännischen (Experten ermittelten effektiven Schaden des Beklagten
zufolge der verspäteten Fertigstellung des Baues zum grössten Teil deckt
und der vornistanzliche Entscheid demnach auch aus diesem Gesichtspunkte,
der bei Anwendung von Art. 182
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 182
OR sehr wohl mit herangezogen werden kann,
den Verhältnissen des Falles im Hinblick auf das beidseitige Verschulden
der Parteien durchaus gerecht wird. Das angesochtene Urteil ist somit in
der Hauptsache ohne weiteres zu bestätigen. Dagegen ist dem eventuellen
Begehren der Klägerin um3. Obiigalionenreeht. N° 18. 103

Festsetzung des Zinsbeginns schon auf den 1. Juli 1908 zu entsprechen,
da die abweichende Bestimmung des obergerichtlichen Dispositives nach
der zugehörigen unangefochtenen Begründung Auf einem blossen Ver-sehen
beruht; erkannt: Die Berufungen beider Parteien werden abgewiesen und es
wird das Urteil der I. Appellationskammer des zürcherischen Obergerichts
vom 27. September 1911 bestätigt, immerhin mit der Berichtigung des
Dispositives 1, dass der Zins schon vom 1. Juli 1908 an zu bezahlen ist.

_18. gettar vom 9. gum 1912 in Sachen game-gem, Kl. u. Ber.-Kl., gegen
Brechen Bell. u; Ver.-Bell.

Prokurx. Gehört eine Garaeetieübernahme zu den Recktshaadlungen, zu
denen der Prokeerist befugs ist ?

_Handefsfrau. Umfang der zum regelmässigen Betrieb ihres Gewerbe-8
gehörigen Geschäfte.

A. Durch Urteil vom 23. November 1911 hat die II. Appellationskammer
des zürcherischeu Obergerichts in vorliegender Streitsache erkannt:
Die Klage wird abgewiesen und dem Be{legten in der Betreibung Nr. 3819
definitive Rechtsöffnung erteilt für den Betrag von 2500 Fr. nebst 5
°/o Zins seit 5, April 1911, für die Vetreibungsund Rechtsbffnnngskosten
und 10 Fr. Entschädigunth

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin gültig die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen und die Anträge gestellt und begründet:
1. Das angefochtene Urteil sei in dem Sinne abzuändern, dass die von
der Klägerin eingereichte Aberkennungsklage abgewiesen und der vom
Beklagten in Betreibung gesetzte Anspruch von 2500 Fr. als unbegründet
abgewiesen werde. 2. Eventuell sei das angefochtene Urteil aufzuheben
und das Beweisverfahren darüber anzuordnen, ob die Garantieverpslichmng,
die der Ehemann Böhler zu Gunsten der Firma Schlesinger gegenüber dem
Rechtsvorgänger des Klägers abgegeben hat, im Interesse der Firma
Böhler-Bieri abgegeben worden sei und ob es sich hiebei um eine
Rechtshandi