-528 A. Oberste Zivilgeriehtsinstanz. l. Materiellrechtliche
Entscheidungen.

Quant au fait que la défenderesse a tàché de remédier à l'inconvénient
que présentaient ces camions, il n'implique pas, contrairement ä. ce
qu'admet la Cour cantonale, la reconnaissance par le vendeur d'une
garantie Speciale concernant le fonctionnement des automobiles. Dans sa
lettre du 8 janvier 1908, la demanderesse ne parle pas d'une obiigation
du vendeur, elle demande seulement que la Compagnie défenderesse fasse
son possible pour que les camions puissent marcher quel temps qu'il
fasse . Et la défenderesse répond par lettre du 11 janvier qu'elle fera
le travail désiré et le facturem au prix le plus juste . Ge n'est pas là
l'attitude du vendeur qui reconnaît avoir garanti la marche journalière
des camions vendus. La. demanderesse n'a fait aucune objection a la lettre
du 11 janvier, ce qui permet de snpposer qu'elle non plus n'estimait pas,
à cette époque, que la Compagnie défenderesse avait pris l'engagement
que les cannone marcheraient par tous les temps.

Pour tous ces motifs, la demande en reduction de prix apparaît comme mal
fondée et l'arrèt de la Cour de Justice doit etre reforme en conséquence.

Par ces motifs,

Le Tribunal fédéral prononce:

I. Le recours par voie de junction est écarté.

II. Le recours principal est admis et l'arrét cantonal réssformé
dans ce sens que la partie demanderesse est déboutée de sa demande,
les conclusions libératoires de la partie dé'fenderesse étant
admises.Berusnngsinstanz : 2. Allgemeines Odligationenrecht. N° 7°}. 529

77. gettar vom 25. Yovembet 1916 in Sachen gem: 11. Leihkalse gtoswis,
Kl. u. Ber.-Kl., gegen Histssli, Bekl. u. Ber.-Bekl.

Art. 65 Abs. 2 OG: Die Hemmung der Rechtskraft des kant. Urteils
durch die Berufung erstreckt sich nicht auf die Pflicht zur Zahlung
der für die Prozessführang vor den kantonalen Instanzen erhobenen
Gebühren und Auslagen; deren Bezahlung involviert keinen Verzicht
auf die Berufung. Kreditvertrag (über die Gewährung eines Darlehens in
ZaufendeeRechnung :), im Gegensatz zum Koniokorrentvertrag. -Art. 503 OR
: Kündigung der auf unbestimmte Zeit eingegangenen Bürgschaft. Inhalt
der Kündigungsanzeige. Befreiung des Bürger}? wegen Unterbrechung der
vom Gääubéger angehobenen Beäreibung (Art. 503 Abs. 1 in fine u. Abs. 3
OR)? wegen Nicktbenachsir'ichtigung des B'ürgen vo'm. Konkurse des
Hauptschuldners (Art. 510 Abs. 2 OR)? wegen Zustimmung des Gki'ubigers
zum Nacklasseertrage des Hanptschuldners, ohne vorher dem Be'-Bryan
die Abtretung der Foréerung anzubieten (Art. 303 Abs. 2 SchKG)? wegen
Preisgabe vorhandener Sicherheiten seiéens des Glis-abime (Art.. 508 OR)?

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Prozesslage:

A. Laut Kreditvertrag vom 5. Juni 1903 eröffnete die Klägerin, Spar:
und Leihkasse Boswih dem Fabrikanten Josef Stöcin in Besenbüren einen
laufenden Kredit von 6000 Fr., verzinslich à 4:4/% 9/0". Der Schuldner
Stöckki unterzeichnete den Vertrag als Konto-Korrent-Nehmer. Zur Sicherung
des Kredit[zeit-ages bis zu dessen gänzlicher Abzahlung verpflichteten
sich als solidarische Bürgen: Jos. Müller, Gemeinderat, in Boswil,
und der Beklagte Theodor Stöckli, Wirt, in Besenbüren.

Jm Oktober 1906 fiel der Hauptschuldner Stöckli in Konkursz dieser
fand jedoch durch einen Nachlassvertrag seinen Abschluss, dessen nähere
Verhältnisse aus den Akten nicht ersichtlich sind.

Am 21. Mai 1907 wurde der Klägerin durch das Betreibungsamt Boswil eine
Rechtliche Aufkündigung des Beklagten, folgenden Inhalts, zugestellt:
Es wird der Spar: und Leihkafse Boswil rechtlich angezeigt, dass er die
mit J. Müller, Gemeinde-

530 A. Oberste Zivilgerichtsiustanz. [. Materiellrechtliche
Entscheidungen.

ammann, in Biinzen um 6000 Fr. dem Josef Stöckli-Müller, Fabrikant,
von Besenbüren eingegangene Bürgschaft rechtlich ke. Und verlangt
derselbe innert gesetzlicher Frist andere Bürgschaftsleistung oder deren
gänzliche Abzahlung

Besenbüren, den 21. Mai 1907.

Th. Stöckli, Witt.

Hieran liess die Klägerin den Hauptschuldner Stöckli mit Zahlungsbefehl
vom 22. Juni 1907 dessen Ausfertigung sie am 21. Juni verlangt haben
will für 7335 Fr. 10 Cfs. als den Betrag seiner Schuld auf 1. Januar
1907, laut KontoKorrent und Buch, nebst 41/9 °}0 Zins seit diesem Tage,
betreiben. Stöckli erhob keinen Rechtsvorschlag, und die Betreibnng nahm
durch Pfändnng und Jssfanm)e'cnaerttmg, an denen sich auch noch andere
Gläubiger Beteiligten, ihren Fortgang. Das Ergebnis war ein nngedeckter
Forderungssaldo der Klägerin von 4067 Fr. 70 Cis Wert 1; Januar 1909.

B. Im vorliegenden Prozesse belangt nun die Klägerin den Beklagten auf
Grund seiner Bürgschaftsverpflichtung für die Hälfte dieses Betrages
mir 2033 Fr. 85 (Età. nebst 41/2 0/0 Zins seit 1. Januar 1909, nachdem
der Mitbürge Müller die andere Hälfte bezahlt hat.

Der Beklagte hat diesem Anspruche gegenüber wesentlich folgende
Einwendungen erhoben:

1. Die Bürgschaft des Beklagfen sei nach Art. 503 OR dahingefallen;
denn die Klägerin habe aus die Kündigung der Bürgschaft vom 24. Mai
1907 hin die verbürgte Forderung, welche als Kontokorrent-Gu1haben
jederzeit fällig gewesen sei, nicht, wie Art. 503 Abs. 1 vorschreibe,
binnen 4 Wochen rechtlich geltend gemacht, sondern die Betreibung des
Hauptschuldners am 22. Juni 1907 verspätet angehoben.

2. Überdies habe die Klägerin diese Betreibung auch nicht nach Vorschrift
des am. 503 Abs. 1 OR ohne Unterbrechung fortgesetzt, sondern durch
Erklärung ihres Verwalter-Z mit Zuschrist vom 4. August 1907 an das
Betreibungsamt, dass sie das gestellte Pfändungsbegehren für 14 Tage
zurückziehe, dem Hauptichuldner ohne Wissen und Willen des Beklagten
wieder Frist erteilt. Ohne diese Fristerteilung wäre es der Klägerin
möglichBerufungsinstanz : 2. Allgemeines Obligationenrecht. N° 77, 531

gewesen, mit früheren Gruppen an der Pfändung teilzunehmen und sich
einen Betrag in der Höhe der nun eingeklagten Forde-

rung zu sichern.

3. Ferner habe die Klägerin ihre Rechte gegen den Beklagten als Bürgen
auch dadurch verwirkt, dass sie dein vorn Hauptschuldner angebotenen
Nachlassvertrage zugestiinmt babe, ohne dem Beklagten Anzeige gemacht
und ihm die Abtretung ihrer Forderung gegen Zahlung angeboten zu haben
(Art. 303 Abs. 2 SchKG)

4. Im September oder Oktober 1907 habe der Präsident der

Klägerin, Alois Ammann, dem Hauptschutdner die Erlaubnis

gegeben, dem letzteren gepfändete Vermögensgegenstände aus freier Hand
zu verkaufen. Ohne die hierauf vorgenommenen Verkäufe, deren Erlös der
Hauptschnldner teilweise für sich verwendet habe,

swäre die Klägerin voll gedeckt worden; sie könne deshalb den

Beklagten für ihren Verlust gemäss am. 508 OR nicht belangea.

5. Endlich habe die Klägerin den Beklagten vom Eintritt des Konkurses
über den Hanptschuldner nicht nach Vorschrift des Art. 510 Abi. 2 OR
benachrichtigt.

Neben der Geltendmachung dieser Einwendungen gegenüber der sKlägerin hat
der Beklagte dem Betreibungsbeamten von Biinzen den Streit verkündet,
weil er in der Betreibungsangelegenheit des Hauptschuldners Stöckli mit
grosser Nachlässigkeit vorgegangen

·-sei und dadurch sowohl der Klägerin als auch dem Beklagten

Schaden zugefügt habe C. Durch Urteil vom 29. April 1910 hat das
Obergericht des Kantons Aargau, in Bestätigung des Entscheides der ersten
Instanz (des Bezirksgerichts Muri), die Klage abgewiesen Der kantonale
Richter hat den ersten Einwand des Beklagten (Ziffer 1 in Fakt. B oben)
gutgeheissen Und ist auf die weiteren

Einwendungen der Verteidigung nicht eingetreten

D. Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Anwalt der Klägerin
rechtzeitig und in richtiger Form die Berufung an

das Bundesgericht erklärt und die Abänderungsanträge gestellt:

1. Der Klageschluss sei gutzuheissen Der Beklagte sei richter.lich zu
ver-urteilen, der Klägerin 2085 Fr. 85 Cts. nebst Zins ,zu 41/2 0/0 seit
1. Januar 1909 zu bezahlen-

532 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. I. Materiellrechtliche
Entscheidungen,

2 . .(Kostenfolge)

_,3 Eventuell Es sei auch ein nachträglicher Verzicht auf die
Bürgschaftsaufkung durch Anerkennung der Regresspflicht (Angriff des
Kollokationsplanes) festzustellen, es seien die angerufenen Beschwerden
und Prozessakten einzuverlangen und zu prüfen, sowie die Parteibefragung
durchzuführen. Zur Durchführung dieser Beweise seien die Akten an die
Vorinstanzen zur11ckzuweisen.

E. In seiner Vernehmlassung auf die Berufung hat der Beklagte in erster
Linie folgende Einwendungen erhoben:

1. Die Berufung sei verwirkt, da die Klägerin laut vorgelegter
Bescheinigung der Gerichtskasse Muri bereits die sämtlichen unterund
obergerichtlichen Kosten bezahlt und damit das obergerichtliche Urteil
als rechtskräftig anerkannt habe.

2. Der Vorstand der Klägerin habe in seiner Sitzung vom 18. Juni 1910'
einstimmig beschlossen, das obergerichtliche Urteil nicht weiterzuziehenz
der Anwalt der Klägerin sei deshalb zur Prozessführung nicht mehr
legitimiert.

Eventuell hat der Beklagte die Berufungsanträge materiell bestritten.

F. Gegenüber den beiden prozessualen Einwendungen des Beklagten hat der
Vertreter der Klägerin eine neue Vollmacht des Verwaltungsrates der
Kasse vom 7. Juli 1910, speziell zur Berufung an das Schweizerische
Bundesgericht,s sowie eine Zuschrift des Kassaverwalters vom 8. Juli
1910 zu den Akten gebracht, worin der mVerwalter erklärt, dass die
Bezahlung der kantonalen Gerichts-kosten nur erfolgt sei, weil die
Gerichts-fasse Muri Bezahlung verlangt habe mit der Androhung der
rechtlichen Einforderungz --

in Erwägung:

1. Was die prozessualen Einwendungen des Berufungsbeklagten betrifft,
entfällt die Bestreitung der Legitimation des Anwaltes der Klägerin
zur Berufungserklärung ohne weiteres angesichts der von jenem
nachträglich beigebrachten Prozessvollmacht, und auch die Einrede der
Berufungsverwirkung erweist sich als unbegründet. Die Bezahlung der
kantonalen Gerichtskosten, gemäss dem letztinstanzlichen kantonalen
Urteile, kannBerufungsmstanz: 2. Allgemeines Obligationenrecht, N° 77. 533

nämlich nicht als Anerkennung dieses Urteils seitens der bezahlenden
Partei angesehen werden; denn die Pflicht zur Bezahlung der von
den Kantonen für die Prozessführung vor ihren Gerichten erhobenen
Gebühren und Auslagen wird von dem in Art. 65 Abs. 1 OG statuierten
Suspensiveffekte des Rechtsmittels der Berufung nicht berührt, sondern
bestimmt sich ausschliesslich nach den Vorschriften des kantonalen
Prozessrechts. Dieses kann insbesondere vorschreiben was tatsächlich in
verschiedenen Kantonen Rechtens ist -, dass die kantonalen Gerichts-kosten
von der zu ihrer Tragung verurteilten Partei sofort zu bezahlen
find, trotzdem das kantonale Urteil wegen der möglichen oder bereits
erfolgten Weiterziehung der Streitsache auf dem Wege der Berufung an
das Bundesgericht hinsichtlich der Verpflichtungen der Parteien unter
einander noch nicht vollstreckbar ist und auch die Verlegung jener
Gerichts-kosten noch nicht definitiv feststeht So hat gerade vorliegend
die Klägerin nach der glaubwürdigen Erklärung ihres Verwalter-s die
kantonalen Gerichtskosten nur bezahlt, um die ihr angedrohte zwingsIoeise
Eintreibung zu vermeiden; folglich kann aus dieser Zahlung ein Verzicht
der Klägerin auf die Anrufung des Bundesgerichts nicht abgeleitet werden

2 Ju der Sache selbst geht die Vorinsianz von der Annahme aus, das
Vertragsverhältnis zwischen der Klagerin und dem Hauptschuldner der
vorliegend geltend gemachten Forderung, Josef Stöckli, qualifiziere
sich als Kontokorrentvertrag. DieserVertragstypus setzt voraus
(dergl. A. S'. 29 II Nr. 35 Erwg. ò S 336z Staub, Kommentar zum deutschen
HGB, 8. Aufl. § 355, Amu. 8, S. 1255), dass zwischen den Vertragsparteien
gegenseitig Forderungen und Schulden bestehen, die periodisch zur
Verrechnung gebracht werden. Dies trifft jedoch hier nicht zu. Aus
dem bei den Akten liegenden sog. Konto-Korrent-Auszug" der Klägerin
für Josef Stöckli (der ubrigens den technischen Erfordernissen einer
Kontokorrentabrechnung in keiner Weise entspricht) geht keineswegs
klar und deutlich- hervor, dass aus beiden Seiten (Kreditnehmer
und Kreditgeber) Forderungen und Schulden bestanden haben und dass
gegenseitig Ansprüche und Leistungen eristent geworden find, wie das
Obergerichi feststellt

534 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. [. Materielirechtliohe
Entscheidungen-

Jn der fraglichen Rechnungsaufstellung figuriert vielmehr die Klägerin
bloss als Gläubigerin und Josef Stöckli bloss als Schuldner; denn die
Aufstellung enthält einerseits nur den auf 1. Juni 1907 ermittelten Saldo
des Gnthabens der Klägerin an Stöckli aus dem ihm gewährten Kredit, nebst
späteren Zinszuschlägen und einem weiteren nebensächlichen Kreditposteu
der Klägerin, und anderseits nur die von bezw. für Stöckli der Klägerin
auf jene Saldoforderung geleisteten Abzahlungen. Danach handelt es sich
beim Verhältnis zwischen den beiden um ein einfaches Darlehen, das die
Klägerin Stöckli vereinbarungsgemäss laut dem Kreditvertrag vorn 5. Juni
1903 in laufender Rechnung kreditiert d. h. in der Weise gewährt hat,
dass er den Darlehensbetrag nach Belieben in einzelnen Raten sollte
beziehen und ebenso auch in einzelnen Raten sollte zurückbezahlen
können, wobei die Klägerin über die Abwickelung dieses Geschäftes
nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung eben eine laufende
d. h. zusammenhängende Rechnung, nach Art der Kontokorrentrechnungen,
zu führen hatte. Etwas weiteres kann aus der Tatsache, dass Stöckli den
Kreditvertrag als Konto: Korrentnehmer unterzeichnet hat, nicht gefolgert
werden. Über die Rückzahlung des Darlehens aber enthält der Kreditvertrag
keine Vereinbarung: er fixiert weder einen bestimmten Termin, innerhalb
dessen der gesamte Darlehensbetrag zurückerstattet sein sollte, noch
verpflichtet er den Schuldner zur Rückerstattung auf Kündigung innert
bestimmter Frist oder auf beliebige Aufforderung seitens der Klägerin
hin; folglich war das Darlehen nach Gesetz (Art. 335 DLR) jederzeit auf
sechs Wochen kündbar und konnte von rechtswegen nur unter Beobachtung
dieser Kündigungsfrist zurückgefordert werden.

Es erhebt sich nun allerdings die Frage, ob dieser ursprünglich
vertragsbezw.gesetzesgetnässe Rechtszustand nicht nachträglich, zufolge
der Eröffnung des Konkurses über den Schuldner Stöckli vom Oktober
1906, in dem Sinne abgeändert worden sei, dass das Darlehen als seither,
gemäss am. 208 SCENE, s jederzeit fällig und auf Verlangen ohne weiteres
zurückzahlbar angesehen werden musz. Tatsächlich sind die Vertragsparteien
selbst später nach dieser Auffassung vorgegangen, indem die Klägerin im
Juni 1907 den Hauptschuldner Stöckli ohne vorgängigeBerufuugsinstanz :
2. Allgemeines Obligationenrecht. ZW 77. 535

Kündigung des Darlehens für dessen Saldo betrieben hat und Stöckli
sich diese Betreibung widerspruchslos hat gefallen lassen. Allein für
die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites fällt entscheidend in
Betracht, dass sich der Beklagte selbst nicht in unzweidentiger Weise
auf diesen Standpunkt gestellt hat. In seiner Rechtlichen Kündigung der
Biirgschast, vom 21. Mai 1907, hat er weder verlangt, dass die Klägerin
die Forderung gegenüber dem Hauptschuldner ohne weiteres innert vier
Wochen rechtlich geltend mache, wie Art. 503 Abs. 1 OR dies für den Fall
einer bereits fälligen Hauptschuld vorsieht, noch, dass die Klägerin
gemäss Art. 503 Abs. 2 OR zunächst durch Kündigung die Fälligkeit des
Darlehens bewirke und hieraus im Sinne des Art. 503 Abs. 1 vorgehe. Er
hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Klägerin aufzufordern,
inuert gesetzlicher Frist für andere Bürgschastsleistung oder gänzliche
Abbezahlung der Darlehensschuld zu sorgen. Wenn nun auch anzunehmen wäre,
dass diese Fortunlierung der Bürgschaftskündigung unter normal-en, klaren
Verhältnissen genügt hätte was dahingestellt bleiben kann , so ist doch
zu sagen, dass dem Beklagten unter den hier gegebenen Umständen, mit
Rücksicht auf die durch den Konknrsausbruch über den Haupischnlduer und
den hierauf zu Stande gekoinmeuen Nachlassvertrag geschaffene Unklarheit
der rechtlichen Situation, die Pflicht obgelegen hatte, sich in bestimmter
Weise darüber anszusprechen, welches Vorgehen ob nach Art. 503 Abs. 1 oder
Abs. 2 er von der Klägerin als Gläubiger-in verlange Jndem er dies nicht
getan hat, kann er keinen Befreiungsgrund im Sinne von Art. 503 Abs. 3 OR
daraus ableiten, dass die Klägerin mit der, festgestellterinassen erst am
22. Juni 1907 angehobenen Betreibung des Hauptschuldners die gesetzlich
vorgeschriebene Frist von vier Wochen zur rechtlichen Geltendniachung
der fälligen Forderung nicht eingehalten hat. Die Klage kann somit,
entgegen dem Entscheide des kantonalen Richters, nicht auf Grund des
ersten Einwandes des Beklagten abgewiesen werden.

3. Jst demnach auf eine Prüfung der weiteren Einwendungen des Beklagten
einzutreten, so erscheinen dessen Behauptungen, dass die Klägerin die
gegen den Hauptschuldner angehobene Betreibung nicht ohne Unterbrechung
fortgesetzt, sowie, dass sie

AS 36 n 1910 35

536 A. Oberste Zivilgeriohtsiustanz.I. Haterieilrechlliche Entscheidungen.

den Beklagteu entgegen der Vorschrift des Art. 510 Abs. 2 OR vom
Konkurse des Hauptschuldners nicht benachrichtigt habe (Ziffern 2
und 5 in Fakt. B oben), ohne weiteres als unbehelflid). Denn was den
ersteren Einwand betrifft, geht aus den Akten nicht hervor, dass die
Erklärung des Verwalter-s der Klägerin vom 4. August 1907, er ziehe das
verlangte Pfändungsbegehren für 14 Tage zurück, irgend einen Einfluss
aus das Ergebnis der Betreibung gehabt hat. Jene Erklärung scheint
überhaupt nicht aufrecht erhalten worden zu sein, da das Benutzungsamt
laut vorliegender Psändungsurkunde auf Grund eines Psändungsbegehrens vom
9. August am 10. August 1907 für die Forderung der Klägerin eine Psändung
vorgenommen hat. Auf die nicht erfolgte Benachrichtigung vom Ausbruch
des Konkurses über den Hauptschuldner aber kann sich der Beklagte nicht
berufen, da unbestrittenermassen feststeht, dass er selbst an diesem
Konkurse mit einer eigenen Forderung beteiligt war und somit hievon
ohnehin Kenntnis hatte.

Nähere Erörterung dagegen bedürfen die beiden Einwendungen, dass die
Klägeriu dem Nachlassvertrage im Konkurse des Hauptschuldners zugestimmt
habe, ohne dem Beklagten nach Vorschrift des Art. 803 Abs. 2 SchKG die
Abtretung ihrer Forderung angeboten zu haben (Zisser 3 in Fakt. B oben),
sowie namentlick), dass die Klägerin dem Hauptschuldner den freihändigen
Verkauf gepsändeter Waren gestattet und so ihr und dem Beklagten gebotene
Sicherheit preisgegeben habe (Art. 508 OR). In beiden Richtungen ist
jedoch der Tatbestand nicht genügend abgeklärt, um den direkten Abspruch
durch den Berussrichter zu ermöglichen Es rechtfertigt sich daher, die
Streitsache zur vorgängigen Beurteilung dieser beiden Punkte aus Grund
des in Betracht fallenden Beweismaterials in Anwendung des Art. 82 Abs. 2
OG an die Vorinstanz zurückzuweisenz -

erkannt:

Die Berufung der Klägerin wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil
des aargauischen Obergerichts vom 29. April 1910 aufgehoben und die
Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Motive an die kantonale
Instanz zurückgewiesen wird.Beruf'imgsinsîanz : ?.. Allgemeines
Ohiigaiiunenrechl. N 78. 53?

78. guten vom 26. grauem-Her 1910 in Sachen Caisse
d'Epargne de la. Valle'e de Tavannes, Kl. u. Ver.-KL, gegen
untre-Hinglchaftsgenojsenschaft für den graut-m Yom,

Bekl. u. Ber.-Bekl.

Haftung aus Amtsbürgschaft ? Mangel einer Scrkzîdigeeîeg {Ses atee-rok
die Bürgschaft gesicherten Amts-(Geschäfts WWW : a) Pera-gottnung einer
Wechselforderung des Geschàft-shm'm an den BTZ-ryan mit einer Fordermeg
des Burg-en an den Angesäellten, für dm die Bürgschaft besiséeht ;
Ungî'ilt-igkeic sie-r Verrechnung wegen ais-erweiterten Gutgidubiglieii
des BeSt-men bee ihrer Vornuhme (Entgegennahme des Wesshsels). ä)
Unéerschlagmeg von Geädern durch, den Angestellten,

,

diz? e?" der Kasse des Gesc/ulfäskewn zur Ausmkèung em
eine-nGe-schäfisgläeebzger entnommen und für diesen Gldeebz'ge-r inne hat,
bei Bechtsmdsxigkeit dieser GPZ/lezetmcll-me (en sich.

A. Durch Urteil vom 8. Mai 1910 hat der Appellationshof des Kantons Bern
in vorliegender Streitsache erkannt:

Der Klage-ein ist ihr prinzipales Klagsbegehren zugesprochen für einen
Betrag von 1635 Fr. 50 Ets. nebst Zins davon à 5 0/0 seit 25. Juni 1906 ;
soweit dieses Begehren weitergeht, ist die Klägerin damit abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin gültig die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen mit den Anträgen: das angefochtene Urteil sei
dahin abzuändern, dass die Beklagte verurteilt werde, der Klägerin
die eingeklagten 14,507 Fr. 25 Cis-. voll, nebst Zins zu 50/0 seit der
Zustellung der Vorladung (25. Juni 1906), zu bezahlen, eventuell aber
eine richterlich zu bestimmende Summe

C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Berufungsklägerin
den Hauptantrag seiner Berufung erneuert und erklärt, den eventuellen
Antrag fallen zu lassen.

Der Vertreter der Berufungsbeklagten hat aus Bestätigung des angesochtenen
Entscheides angetragen. '

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Klägerin, Caisse d'Epargne de la. Vallée de Tavannes, hat den
Alfred Faigaux bis zum 24. April 1905 als