676 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IV. Abschnitt. Kantonsverfassungen_

Grundsatzes der Gewaltentrennung nicht vor. Ebensowenig kann von einer
willkürlichen Nichtanwendung des Jagdgesetzes von 1864 die Rede sein. '

3. Auch die Beschwerde aus Art. 60
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 60 Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee - 1 Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
1    Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
2    ...19
3    Der Bund kann militärische Einrichtungen der Kantone gegen angemessene Entschädigung übernehmen.
BV ist unbegründet. Der angefochtene
Entscheid stellt für die verschiedenen Jagdpatenttaer nicht auf das
Bürgerrecht, sondern auf den Wohnort der Bewerber ab. Nicht weil die
Rekurrenten Berner sind, sollen sie nach dem Beschluss eine erhöhte Tare
entrichten, sondern weil sie nicht im Kanton Solothurn wohnen. Der in
einem andern Kanton wohnende Solothurner würde gleich behandelt, wie
umgekehrt der Kantonseinwohner, ohne Rücksicht auf sein Bürgerrecht,
der niedern Taxe teilhaftig ist. Dafür, dass hier das Domizil als
Differenzierungsmoment nur vorgeschoben wäre zur Umgehung des Art. 60
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 60 Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee - 1 Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
1    Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
2    ...19
3    Der Bund kann militärische Einrichtungen der Kantone gegen angemessene Entschädigung übernehmen.
BV,
während der Regierungsrat in Wahrheit auf das Bürgerrecht abstellen wurde,
liegt nichts vor.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird abgewiesen.

II. Eigentumsgarantie. Inviolabilité

de la propriété.

113. gti-teu vom 5. Oktober 1910 in Sachen Blaue-: gegen Mifid).

Dem Eigentümer eines servitutbelasteten Grundstücks gegenüber ausgeübter
Zwang zur Ablösung der Servitut (nicht zu verwechseln mit dem umgekehrten
Fall der Expropriation einer Sercitut). Zulässigkeit eines solchen
Zwangs im Kanton Zürich, dessen Baugesetz behufs Ermöglichung einer
rationellen Ueberbauung der städtischen Quartiere nötigenfalls geradezu
die Zusammenlegung sämtlicher Grundstücke eines ganzen Quartiers und
die Bildung neuer Parzellen, sowie ihre Verteilung unter die Eigentümer
der frühern Parzellen unter Ausgleichung der Wertuntersehiede durch
Geldzahlungen vorsieht.

A. Der Rekurrent ist Eigentümer des Grundstückes Kat. Nr. 1044 an der Ecke
Freudenbergstrasse-Hinterbergftrasse inII. Eigentumsgaranlie. N° 113. 677

Zürich V. In dem Grundstücke befinden sich nach Angabe der städtischen
Wasserversorgung die Wasserleitung für eine der Stadt Zürich gehörende
Brunnenstube (L), welche in dem unterhalb an die Liegenschaft des
Rekurrenten anstossenden Grundstücke Kat.-Nr.1043 des Edwin Rothschild
liegt. Von der Brunnenstube aus geht das Wasser in die städtische
Leitung in der Kleinjoggstrasse und kreuzt das Gebiet der einzigen
Quartierstrasse des Quartierplanes Nr. 218, welcher am 14. Juli 1909
vom Stadtrat festgesetzt worden ist Das Grundstück des Rekurrenten ist
in den Quartierplan einbezogen worden. Die Wasserleitungsservitut soll
nach der Vorlage des Stadtrates und im Einverständnis mit dem genannten
Edwin Rothschild, welcher zu bauen beabsichtigt, aufgehoben werden, und
es ist als Anteil des Rekurrenten an den Ablösungskosten von insgesamt
3450 Fr. der Betrag von 1400 Fr. in den Kostenverleger eingesetzt. Dieser
enthält hierüber folgende Ausführung:

Die Wasserfassung liegt in den Grundstücken Kat. Nr. 1043 und 1044
an der Kleinjoggstrasse. Im erstgenannten Grundstück befindet sich die
zugängliche Brunnenstube. Die Quelle liefert im Mittel aus den monatlichen
Wassermessungen der letzten 10 Jahre 6,9 Liter per Minute; folglich
beträgt der Wert der Quelle 531. 500 Fr. per Minutenliter 3450 Fr.

Es ist nicht vorauszusehen, ob die Quelle durch den Bau derStrassen
beeinträchtigt wird, dagegen liegt es im Interesse der Besitzer der
Grundstücke Kat. Nr. 1043 Edwin Rothschild und 1044 Fritz Nauer, das,
Wasserrecht abzulösen, damit das Land baulich verwertet werden kann."

Der Rekurrent bestritt zunächst den Bestand der Servitut undprotestierte
sodann gegen die Ablösung, da die Servitut ihn am Bauen nicht hindern
könne. Seine bezüglichen Beschwerden wurden jedoch vom Stadtrat am
14. Juli 1909, vom Bezirksrat artt 9. Dezember 1909 und vom Regierungsrat
am 2. Juni 1910 abgewiesen.

Aus den Erwägungen des regierungsrätlichen Beschlusses ist hervorzuheben t

Die Frage, ob bauhindernde Servituten im Quartierplanverfahren überhaupt
abgelöst werden können, scheine nicht bestritten zu sein und sei auch
bis jetzt von den Verwaltungsbehörden sowohl

678 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. lV. Abschnitt. Kantonsverfassungen.

als von den Gerichten stets bejaht worden. Bestritten sei dagegen
die Existenz der Wasserleitungsservitut auf dem Grundstücke des
Rekurrenten. Es sei aber nicht Sache der Verwaltungsbehörden, diesen
Streit zu entscheiden; vielmehr sei diese Frage vom Gerichte zu
beurteilen.

Soweit der Rekurrent verlange, dass nur ein Recht, nicht eine
Pflicht zur Ablösung der Servitut festgestellt werde, sei der Rekurs
unbegründet. Dieses Begehren verstosse eben gegen den Grundsatz, dass
alle Beteiligten im Verfahren gleich zu behandeln seien. Ferner würde
die Anerkennung des Begehrens überhaupt auch die Vollstreckbarkeit des
genehmigten Quartierplanes hindern, indem dieser in Bezug aus die Ablösung
der Servituten erst durchgeführt werden könnte, wenn der Belastete seine
Zustimmung gäbe. Eine Pflicht des Belasteten zur Ablösung der Servituten
müsse auch deshalb festgesetzt werden, weil sonst der Servitutberechtigte
gegenüber denen machtlos wäre, die ihre Liegenschaften nicht zugleich
mit den übrigen verwerten wollten. Die verbleibenden Belasteten könnten
sich, wenn die unterhalb ihrer Grundstücke durchführenden Wasserleitungen
infolge der Erstellung von Bauten oder des Baues von Strassen abgegraben
und die Anstalten entfernt würden, ohne Entschädigung von der Last
befreien, weil die Anstalt ihren Zweck verloren hätte. Es sei aber auch
ganz allgemein zu sagen, dass die Vereinigung der Servitutverhältnisse
im Quartierplan jederzeit dann müsse verlangt werden können, wenn
ein Interesse seitens des Belasteten oder des Berechtigten vorhanden
sei. Nur unter dieser Voraussetzung könne der Zweck des Quartierplanes
Überhaupt erreicht werden. Es wäre eine ungerechte Bevorzugung der
Belasteten, wenn nur sie den Zeitpunkt der Ablösung der Lasten zu
bestimmen hätten. Allerdings müsse anerkannt werden, dass in einzelnen
Fällen die Ungerechtigkeit in dem Verlangen nach sofortiger Ablösung der
Servitutrechte liegen könne, namentlich dann, wenn der Berechtigte an
der Ablösung kein praktisches Jnteresse habe, wie z. B. an der Aufhebung
einer Baubeschränkung auf einem bereits überbauten Grundstück. Es wäre
daher denkbar, dass Ausnahmen von dem Prinzip der Vollstreckbarkeit des
genehmigten Quartierplanes im einzelnen Falle zugelassen würden. Solche
Ausnahmen wären durch Beschluss der betreffenden Behörde oder im
Rekursverfahren besonders festzu-Il. Eigentumsgarantie. N° 113. 679

stellen. Im allgemeinen aber müsse im Interesse einer klaren Regelung
der Rechtsverhältnisse daran festgehalten werden, dass alle Ansprüche
aus dem Quartierplanverfahren nach der Genehmigung des Planes sollen
vollstreckt werden können.

Im übrigen sei es Sache des Richters, die Existenz des Servitutrechtes
festzustellen. Es erscheine selbstverständlich dass eine Ablösungssumme
nur zu bezahlen sei, wenn die Existenz des Rechtes nachgewiesen sei. Über
den Betrag der Ablösungssumme und über die Schätzung der Interessen des
Edwin Rothschild und des Rekurrenten zu befinden, sei ebenfalls nicht
Sache der Verwaltungsbehörden. Endlich sei in diesem Verfahren auch
die Frage nicht zu untersuchen, ob der Fall eintreten werde, dass der
Rekurrent gar keine Entschädigung zu bezahlen habe.

B. Gegen diesen Beschluss richtet sich der vorliegende, rechtzeitig und
formrichtig ergriffene staatsrechtliche Rekurs mit dem Rechtsbegehren,
das Bundesgericht wolle erkennen:

1. Es sei sowohl nach der zürcherischen Verfassung Und dem zürcherischen
Baugesetz als nach der Bundesverfassung unzulässig, der Stadt Zürich
und den am stadtzürcherischen Quartierplanverfahren Nr. 218 Beteiligten
das Recht einzuräumen, zu jeder beliebigen Zeit nach Durchführung des
Schätzungsverfahrens den Rekurrenten dazu zwingen zu dürfen, dass er
die angeblich auf seinem Lande Kat. Nr. 1044 an der Freudenbergstrasse
(zukünftige Kraftstrasse) haftende Wasserrechts-Servitutlast ablösen
und der Stadt dafür 1400 Fr. resp. die im Schätzungsverfahren noch zu
ermittelnde Summe zahlen müsse;

2. es seien daher sowohl der Regierungsratsbeschluss vom 2. Juni 1910
als der durch denselben bestätigte zürcherische Staatsratsbeschluss
vom 14. Juli 1909, Dis-positiv 1 und Dispositiv La, sowie damit auch
die in letzterem erwähnte Aufstellung über Servitutenbereinigungen und
der Kostenvoranschlag ec. aufgehoben, soweit darin ein Zwang gegen den
Rekurrenten ausgesprochen wird, auf erstes Verlangen der Stadt Zürich
oder anderer am Quartierplan Beteiligter die angeblich der Stadt an
seinem Grundstück zustehenden Wasserrechts-Servitutrechte gegen 1400 Fr
eventuell gegen eine (noch festzusetzende) Entschädigungssumme abkaufen
zu müssen und

AS 36 l _ 1910 45

680 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IV. Abschnitt. Kantonsverfassungen.

3. es sei der Stadtrat Zürich deshalb verpflichtet, in seinen Beschluss
vom 14. Juli oder in den dazu gehörenden Kostenvoranschlag folgende 3
Zusätze aufzunehmen:

1. Dass nur ein Recht, nicht eine Pflicht, zur Ablösung des
städt. Wasserrechtes (falls eine Wasserleitung zur Brunnenstube L in
Kat. 1044 wirklich vorhanden sein sollte) für den Rekurrenten besteht; ·

2. dass vom Rekurrenten resp. seinem Rechtsnachfolger eine
Ablösungssumme(Anfechtung des Quantitatives von 1400 Fr.
event. vorbehalten) bloss dann zu bezahlen ist, wenn er das Begehren
um Ablösung der (angeblichen) Servitutlast stellt oder wenn sich bei
Beginn einer Baute auf seinem Grundstück eine Kollision mit einer
Wasserrechtsservitut der Stadt Zürich zeigt; ,

3. dass die Stadt eine Ablösungssumme vom Rekurrenten resp. seinem
Rechtsnachfolger jedenfalls nur dann beanspruchen kann, wenn von
ihr vorher ein Servitutrecht durch Besitz einer Wasserleitung in der
Kat. Nr. a1044 und die Beeinträchtigung derselben durch eventuelle
Uberbauung von Kat. 1044 nachgewiesen wird.

4. es seien dem Rekurrenten die Kosten zurückzuvergüten, welche der
Bezirksrat Zürich und der zürcherische Regierungsrat bei Abweisung seines
Rekurses von ihm erhoben hat (12 Fr. 50 Cts. und 42 Fr. 20 Cts·).

Eventuell sei der Betrag der Ablösungssumme im Kostenverleger auf
Seite 20 zu streichen und einzuschalten, dass eine Ablösungssumme
erst in dem Zeitpunkt zu ermitteln und bezahlen sei, in welchem die
Kat. Nr. 1044 überbaut oder verkauft werde (ähnlich wie § 32 litt. a
und b des Baugesetzes), beides unter der Voraussetzung, dass alsdann
vorher festgestellt sein werde, ob und inwieweit eine Überbauung einer
in Kat. 1044 etwa vorhandenen Wasserleitung Wasser entziehen würde. '

Weiter eventuell wahre sich der Rekurrent das Recht, diesen Antrag im
Schätzungsverfahren zu stellen.

Aus der Begründung des Rekurses ist folgendes hervorzuheben:

Die Hauptstreitfrage sei die, ob nach Gesetz und Staatsverfassung ein
Grundeigentümer gezwungen werden könne, gegenII. Eigentumsgarantie. N°
113. 88]

seinen Willen eine auf seinem Grundstück ruhende Servitutlast abzulösen
und dem Servitutberechtigten sein Recht gegen eine vom Stadtrat bestimmte
und eventuell im Schätzungsverfahren festzusetzende Geldsumme abzukaufen
Diese Frage sei zu verneinen. Der gegenteilige Entscheid der zürcherischen
Behörden verletze den Art. 4 KV (Garantie wohlerworbener Privatrechte)
und beruhe auf einer willkürlichen und offenbar unrichtigen Handhabung
des zürcherischen Baugesetzes.

Zwangsabtretungen seien zwar nach Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV zulässig; und durch
Volksabstimmung sei im Baugesetz für das Quartierplanverfahren und
für Grenzbereinigungen als weitere Ausnahme den Nachbaren in ihren
Privatinteressen, damit sie ihr Grundeigentum richtig überbauen
können, das Recht eingeräumt worden, Abtretung von Land zur Erstellung
von Quartierstrassen oder zu Grenzregulierungen sowie Verzicht auf
die Überbauung hindernder Servitutrechte gegen Ersatz durch Land
oder gegen Geldentschädigung zu erzwingen. Nirgends aber gestatte
das Bundesgesetz, jemanden zu. zwingen, dass er sein Land von einer
Servitutlast befreie, dass er sein Vermögen zum Abtan von auf seinem Land
haftenden Servitutlasten verwende. Es könne wohl Abtretung von Rechten
verlangt werden, um eine zweckentsprechende Überbauung zu ermöglichen (g
23 cit.), aber es könne niemand gezwungen werden, entgegen bestehenden
Servitutlasten zu bauen und zn diesem Zweck sofort, bevor er überhaupt
bauen wolle und könne, die entgegenstehenden Servitutrechte durch
Abkan abzulösen. Es gebe überhaupt keine Gesetzesbestimmung, wonach
jemand gezwungen werden könnte, etwas zu kaufen. Wo das Baugesetz bei
Grenzregulierungen und Güterzusammenlegungen zum Erwerb von Land nötige,
da geschehe es nicht durch Zwang zur Zahlung, sondern durch Zwang zum
Abtausch gegen anderes Land (§ 18, 24 mtb 25 des Baugesetzes); und wer
nicht in der Lage sei, Aufgeld aus eigener Tasche zu verwenden, könne
auf Grund des Gesetzes (è 21 Schlusssatz des Baugesetzes und § 13 und
14 der Verordnung) erwirken, dass er jedenfalls nicht mehr Land erwerben
müsse, als er herzugeben habe, sodass er nicht gegen seinen Willen Geld
auszahlen müsse. Auch da, wo das Baugesetz das Recht einräume, einen
Grundeigentiimer mit Mehrwertsbeiträgen an den Bau einer öffentlichen
Strasse zu

682 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IV. Abschnitt. Kantonsverfassungeu.

belasten, gewähre es ihm das Gegenrecht, sich von der Zahlung durch
Heimschlagung des Grundstückes zu befreien (§ 31 34 Baugesetz), und es
sei Überdies durch § 32 vorgesorgt, dass der Grundeigentümer nicht durch
sofortiges Einverlangen des Geldes ruiniert werden könne. Wenn es die
Meinung des Gesetzes gewesen wäre, dass ein Grundeigentümer gezwungen
werden könnte, gegen seinen Willen für sein Land die Freiheit von
Servituten zu erkaufen, so wären gewiss ähnliche Bestimmungen wie in §
32 hinsichtlich des Zeitpunktes der Zahlungspflicht getroffen worden.
Aber das Gesetz vermeide es überall offensichtlich, einen Zwang zu
Zahlungen und zum Erwerb von Rechten auszulegen; so zwinge es auch keinen
Grundeigentümer, an dem Bau von Quartierstrassen zu partizipieren, auch
wenn er sonst sein Grundstück mangels Zufahrt nicht überbauen könne (§
22 Abs. 2 der Verordnung). Dieselbe ratio legis führe aber dazu, dass
auch keinem Grundeigentüiner die Pflicht aufgezwungeu werden dürfe,
bauhindernde Servituten abzulösen, also einen Zwang gegen den Besitzer
des Servitutrechtes auszuüben. Die ratio legis gehe expressis verbis
nur dahin, die Überbauung zu ermöglichen, nicht aber, sie zu erzwingen
(§ 23). Es erscheine demnach als reinste Willkür, die durch keine
Gesetzesbestimmung unterstützt werden könne, wenn Stadtrat, Bezirksrat
Und Regierungsrat der Stadt Zürich das Recht einräume, den Rekurrenten
zum Abkan ihrer angeblichen Servitutrechte zu zwingen und zu jeder Zeit
nach Durchführung des Schätzungsverfahrens über das Quantitativ des
Kaufpreises dessen sofortige Zahlung von vielleicht mehreren tausend
Franken zu verlangen. Durch solches Verfahren könnten ja sogar gut
situierte Bürger von heute auf morgen in Konkurs getrieben werdenÜbrigens
bliebe bei Bestätigung des Regierungsbeschlusses ganz unklar, wer nach
Abkan des Servitutrechtes der Stadt das Recht auf das Wasser bekomme;
müssten Nauer Und Rothschild das vorhandene Wasserquantum im Verhältnis
ihrer Zahlungsquote teilen ? und wie solle das effektuiert werden? oder
dürfe dann jeder von ihnen nach Belieben nach Wasser graben resp. durch
Bauten dem andern den Wasserzusluss entziehen? Solche Fragen würden
doch auch im Gesetz geordnet worden sein, wenn die Auffassung des
Regierungsrates richtig wäre.II. Eigentumsgarantie. N° 113. 683

C. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat Abweisung des Rekurses
beantragt.

Aus seiner Rekursantwort sind folgende Erklärungen hervorzuheben: Bei der
Durchführung des Quartierplanes seien besondere Verhältnisse, namentlich
auch Billigkeitsgründe, immer in weitgehendem Masse berücksichtigt
worden. Auch der Rekurrent werde dort seine Begehren geltend machen
können. Es werde keineswegs von ihm verlangt, dass er ohne weiteres
die Aufstellung des Stadtrates Zürich für die Ablösung der streitigen
Last anerkenne, sondern es stehe ihm das Recht zu, den Umfang und den
Geldwert der Last durch den Richter genau feststellen zu lassen. Ferner
sei es dem Rekurrenten unbenommen, mit Bezug auf die Zahlungsbedingungen
alle Rechte geltend zu machen. Wenn die Last das Bauen nicht hindere,
was durch den Richter festzustellen sein werde, könne entweder gar keine
oder nur eine reduzierte Ablösungssumme gefordert werden. Die Frage, wie
das in die Brunnenstube L abfliessende Wasser in Zukunft zu behandeln sei,
werde ebenfalls durch den Richter entschieden werden; diese Frage bilde
einen Gegenstand des Schätzungsverfahrens; desgleichen die weitere Frage,
ob dem Rekurrenten eine Zahlungsfrist zu gewähren sei.

D. Aus dem kantonalen Baugesetz für Ortschaften mit städtischen
Verhältnissen, vom 23. April 1893, sind zu zitieren:

g 18. Wenn die Grenze zweier Grundstücke schiefwinklig auf die
Strassengrenze trifft, so ist eine neue, möglichst senkrecht zur
Strassenachse stehende Grenze anzustreben.

Dies soll zunächst auf dem Wege des Abtausches versucht werden. Wenn
aber hiedurch die eine Parzelle so verschmälert würde, dass die
Erstellung einer ordentlichen Baute nicht mehr möglich wäre, so ist
das zur besseren Gestaltung beider Baustellen nötige Land gegen Ersatz
des vollen Verkehrswertes von dem Eigentümer der grösseren Parzelle
abzutreten, soweit dies ohne Nachteil für eine richtige Überbauung
derselben geschehen kann.

Wenn eine an der Strasse liegende Parzelle zu wenig Tiefe hat, Um
überbaut werden zu können, so kann der Eigentümer unter den gleichen
Voraussetzungen eine Grenzbereinigung mit den rückwärts liegenden
Grundstücken verlangen, sofern nicht die

6754 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IN. Abschnitt. Kantonsverfaswngeu.

Eigentümer derselben vorziehen, die an der Strasse liegende Par-

zelle zu erwerben

§ 19, Abs. i. Für die Einteilung des zwischen Hauptstrassenzügen
liegenden Landes zum Zwecke der Uberbauung und für die Anlegung von
Quartierstrassen, welche das innere des Geländes mit den Hauptstrassen
verbinden, haben die beteiligten Grundeigentümer einen Quartierplan
aufzustellen

§ 21. Bei der Einteilung eines Quartieres ist darauf zu achten, dass
eine den Anforderungen der öffentlichen Gesundheitspflege entsprechende
Überbauung möglich wird, dass sich die anzulegenden Quartierstrassen
den Hauptverkehrsstrassen Und den benachbarten Quartierstrassen passend
anschliessen und dass die entstehenden Vorteile den verschiedenen
Grundeigentümern in billigem Verhältnisse zukommen

g 22. Können sich die Grundeigentümer Über die Quartiereinteilung
nicht einigen, so ist jeder einzelne berechtigt zu verlangen, dass
der Gemeinderat den Quartierplan festsetze. In diesem Falle hat der
Gemeinderat die sämtlichen beteiligten Grundeigentümer anzuhören.

§ 23. Um eine Quartiereinteilung im Sinne des § 21 und eine
zweckentsprechende Überbauuug der einzelnen Grundstücke zu ermöglichen,
ist der Gemeinderat berechtigt, Grenzveränderungen und nötigenfalls die
Zusammenlegung und Neueinteilung sämtlicher Grundstücke vorzunehmen

Ebenso kann die Mehrheit der Grundeigentümer, insofern sie zugleich
Über mindestens die Hälfte der Grundfläche verfügen, vom Gemeinderate
die Vornahme solcher Änderungen verlangen

§ 24. Bei der Neueinteilung eines ganzen Quartieres werden sämtliche
Grundstücke zusammengelegt. Die für Strassen abzugebende Bodenfläche
wird von der Gesamtfläche abgezogen und es werden sodann neue Parzellen
so ausgeschieden, dass jeder Beteiligte im Verhältnisse des von ihm
eingeworfenen Teiles zum Ganzen einen dem bisherigen gleichwertigen
Anteil wieder erhält. Hiebei sind die mit jedem Grundstücke bisher
verbunden gewesenen Vorzüge und Nachteile möglichst zu berücksichtigen

Die Einteilung ist Sache der Verwaltungsbehörden Über das
Verfahren, soweit dasselbe nicht durch dieses Gesetz geordnet
ist,ll. Eigentumsgarantie. N° 113. 685

sowie über die Verlegung der allgemeinen Kosten, namentlich derjenigen der
Planaufnahme und der Vermarkung, wird der Regierungsrat eine Verordnung
erlassen, welche dem Kantonsrate zur Genehmigung vorzulegen ist.

§ 25. Soweit Ersatz an Land nicht in vollem Umfange möglich ist, findet
die Ausgleichung unter den Beteiligten durch Barzahlung statt.

Wer ein Grundstück einwirft, auf welchem wegen zu geringer Breite
oder wegen anderer Verhältnisse die Erftellung eines Wohnhauses nach
den Vorschriften dieses Gesetzes nicht möglich wäre, kann gegen volle
Entschädigung ausgekauft werden

Wer dagegen ein überbaubares Grundstück einwirft, kann einen Baugrund
von annähernd gleichem Umfange beanspruchen und darf gegen seinen Willen
nicht mit einer blossen Geldentschädigung abgefunden werden

§ 26. Die Ermittlung der Entschädigungen, insbesondere die Wertung der in
Abtretung fallenden Parzellen, sowie die Festsetzung der Ausgleichungsund
Auskaufsummen erfolgt nach dem Gesetze über Abtretung von Privatrechten.

Von der Verordnung betreffend das Verfahren bei Prüfung von Quartierplänen
und bei Grenzregulierungen, vom 24. Februar 1894 kommt endlich in
Betracht:

§ 13, Abs. 2: Ist eine Neueinteilung damit (sc. mit der Aufstellung des
Quartierplanes) verbunden, so ist zugleich eine Aufstellung zu machen
über die erforderlichen Auskäufe, Abtauschungen, Entschädigungen für
Abtretungen, Verzichte auf Servitaten, Pfandbereinigungen usw. (§ 25
des Baugesetzes); die hiezu nötigen Schätzungen erfolgen durch die in §
10 bezeichnete Kommission.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Da der Rekurrent sich über Verletzung der in Art. 4 KV enthaltenen
Garantie wohlerworbener Privatrechte, sowie über Willkür beschwert,
ist das Bundesgericht zur Behandlung des Rekurses kompetent.

Dagegen könnte es sich gegebenen Falls, entsprechend der rein
kassatorischen Funktion des staatsrechtlichen Rekurses, für das
Bundesgericht nur darum handeln, den angefochtenen Regierungsbe-

686 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IV. Abschnitt. Kantonsverfassungen.

schluss aufz u h e b e n , während dem Rekursantrag 3, sowie dem ,

Eventualantrag unter keinen Umständen Folge gegeben werden könnte.

2. Was zunächst die behauptete Verletzung der Garantie wohlerworbener
Privatrechte betrifft, so liesse sich die Frage aufwerfen, ob diese
Garantie auch von demjenigen angerufen werden könne, welcher nicht
in einem ihm zustehenden Eigentumsoder sonstigen dinglichen Rechte
beschränkt, sondern lediglich zu einer Geldleistung angehalten wird,
ln. a. W.: ob sich die Garantie wohlerworbener Privatrechte wirklich,
wie der Rekurrent annimmt, ganz allgemein auf das Vermögen beziehe. Diese
Frage braucht jedoch anlässlich des vorliegenden Falles deshalb nicht
entschieden zu werden, weil der Rekurs sich auch vom Standpunkt jener
extensiven Interpretation der Garantie wohlerworbener Privatrechte als
unbegründet erweist.

3. Vorerft steht ausser Frage und wird auch vom Rekurrenten
stillschweigend anerkannt, dass die Eigentumsgarantie. bezw. die
Garantie wohlerworbener Privatrechte, nicht vor jedem Eingriff in das
Eigentum bezw. in andere wohlerworbene Rechte schützt, sondern nur vor
solchen Eingriffen, welche der gesetzlichen Grundlage entbehren. Der
Rekurrent hat denn auch selber nicht etwa den Standpunkt eingenommen, das
kantonale Baugesetz, auf welches sich der angefochtene Beschluss stützt,
sei verfassungswidrig; sondern er will sich durchaus an dieses Gesetz
halten und bestrebt sich bloss, darzutun, dass dasselbe einen Zwang
zur Ablösung von Servituten gegenüber dem Belasteten nicht vorsehe. Es
fragt sich also in der Hauptsache nur, ob wirklich ein solcher Zwang dem
zürcherischen Baugefetze nicht entspreche und daher ein der gesetzlichen
Grundlage entbehrender Eingriff vorliege.

4. Es ist richtig, dass ein dem Servitutbelasieten gegenüber auszuübender
Ablösungszwang im kantonalen Baugesetze und auch in der Verordnung
betreffend das Verfahren bei Prüfung von Quartierplänen und bei
Grenzregulierungen nirgends ausdrücklich vorgesehen ist. Das Gesetz
selber spricht lediglich (in § 18) von einer Verpflichtung zum Abtausch
sowie zur Abtretung von Land gegen den vollen Verkehrswert, und sodann
(in § 22 ff.) von einer Zusammenlegung und Neueinteilung sämtlicher Grund-

Il. Eigentumsgarantie. N° 113. 687

stücke eines Quartiers, wobei für den Fall, dass Ersatz an Landnicht in
vollem Umfange möglich sei, eine Ausgleichung durch Barzahlung bezw. ein
Auskauf in Aussicht genommen wird, immerhin mit dem Vorbehalt, dass wer
ein überbaubares Grundstück einwirft, gegen seinen Willen nicht mit einer
blossen Geldentschädigung abgefunden werden darf. Das Gesetz regelt somit
direkt nur die Frage, ob und inwieweit ein Grundeigentümer angehalten
werden könne, ein dingliches Recht gegen Geld abzutreten, nicht auch
umgekehrt die Frage, ob unter Umständen jemand gezwungen werden könne,
ein dingliches Recht zu erwerben und dafür eine Barzahlung zu leisten,
bezw. ob der Eigentümer eines servitutbelasteten Grundstückes gezwungen
werden könne, sich von der Servitnt loszukaufen Und was die erwähnte
Verordnung betrifft, so sind in § 13 derselben zwar neben den Auskäufen,
Abtauschungen, Pfandbereinigungen und Entschädigungen für Abtretungen
auch Verzichte auf Servituten vorgesehen; es ist aber nicht gesagt,
ob und von welcher Seite ein Zwang zurAblösung einer Servitut bezw. zum
Verzicht auf dieselbe ausgeübt werden könne. -

Nun ist dem Rekurrenten gewiss zuzugeben, dass die Zulässigkeit eines
dem Servitutbelasteten gegenüber auszuübenden Zwanges zur Ablösung sich
keineswegs von selbst versteht und auch nicht ohne weiteres aus der
Zulässigkeit der Expropriation folgt; denn die Expropriation bedingt
bloss einen Zwang zur Abtretung eines

Rechtes bezw. zum Verzicht auf dasselbe gegen Geldentschädignng,

nicht umgekehrt einen Zwang zum Erwerb eines Rechtes oder zum Loskauf
von einer Last, also zur Zahlung einer Geldsumme. Und es kann auch
nicht gesagt werden, dass die Möglichkeit, einen Servitutbelasteten zum
Loskauf seiner Servitnt zu zwingen, in demselben Masse eine Vorbedingung
der rationellen Überbauung eines Quartieres sei, wie umgekehrt die
Möglichkeit, einen Servitutberechtigten zum Verzicht auf seine Servitut
gegen volle Entschädigung zu zwingen. Endlich bedeutet zweifellos der dein
Servitutbelasteten gegenüber ausgeübte Zwang zum Loskauf von der Servitut
unter Umständen einen empfindlicheren Eingriff in die Rechtsphäre des
Privaten, als der dem Servitut-· berechtigten gegenüber ausgeübte Zwang
zum Verzicht aus

688 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IV. Abschnitt. Kantonsverfassungen,

seine Servitut. Denn, während in diesem letztern Falle, wie überhaupt
bei jeder Expropriation, an Stelleeines mehr oder weniger leicht
realisierbaren Vermögensobjektes eine liquide Geldforderung tritt,
wird umgekehrt in jenem Falle eine vielleicht subjektiv nicht schwer
empfundene oder sogar zur Zeit noch gar nicht eristent gewordene Last
in eine möglicherweise sofort fällige Geldschuld umgewandelt

5. Ergibt sich demnach die Zulässigkeit eines dem Servitutbelasteten
gegenüber auszuübenden Ablösungszwanges nicht schon aus der Zulässigkeit
der Expropriation, und ist ein solcher Zwang auch im zürcherischen
Baugesetz für Ortschaften mit städtischen Verhältnissen nicht ausdrücklich
vorgesehen, so ist doch anderseits unverkennbar, dass der Sinn und Zweck
des genannten Gesetzes zweifellos dahingeht, unter Umständen auch einen
solchen Ablösungszwang eintreten zu lassen. Das Gesetz bezweckt die
Ermöglichung einer rationellen Überbauung der städtischen Quartiere. Um
diesen Zweck zu erreichen, wird nicht nur die Expropriation einzelner
Grundstücke bezw. einzelner Servituten zulässig erklärt, sondern
nötigenfalls geradezu die Zusammenlegung sämtlicher Grundstücke eines
ganzen Quartiers und die Bildung neuer Parzellen, welche dann unter
Ausgleichung der Wertunterschiede durch Geldzahlungen unter die Eigentümer
der früheren Parzellen verteilt werden. Es ist selbstverständlich, dass
bei einer solchen Zusammenlegung zahlreiche bisher bestandene Servituten
untergehen und dass speziell auch dieser Untergang von Servituten durch
die in § 25 vorgesehenen Barzahlungen ausgeglichen werden muss. Wäre es
nun die Absicht des kantonalen Gesetzgebers gewesen, solche Ausgleichungen
mittels Barzahlung jeweilen nur für denjenigen obligatorisch zu
erklären, der die Geldleistung entgegenzunehmen hat, nicht auch für
denjenigen, der sie zu leisten hat, ein Rechtszustand, der offenbar in
zahlreichen Fällen die Durchführung des Umlegungsverfahrens erschweren,
wenn nicht gar vereiteln würde so wäre dies zweifellos im Anschluss an §
25 oder an anderer Stelle irgendwie zum Ausdruck gebracht worden. Fehlt
aber eine solche Ausnahmebestimmung, so ist anzunehmender Gesetzgeber
habe die Ausgleichung durch Barzahlung wenigstens für diejenigen Fälle
obligatorisch erklären wollen, in welchen aufII. Eigentumsgarantie. N°
113. 689

andere Weise und ohne Benachteiligung einzelner Eigentümer zu Gunsten
anderer die rationelle Überbauung des betreffenden Quartiers nicht
durchzuführen wäre. Dies trifft nun aber gerade im vorliegenden Falle
zu. Wenn dem Rekurrenten auch zweifellos nicht zugemutet werden könnte,
die angeblich auf seinem Grundstücke lastende Quellenservitut deshalb
abzulösen, weil er dadurch am Bauen gehindert werde, so muss doch
dem Mitbelasteten des Rekurrenten, welcher sein Grundstück baulich
zu verwerten beabsichtigt, die Ablösung der Servitut ermöglicht
werden. Dann muss aber auch, falls diese Servitut wirklich zugleich
auf dem Grundstück des Rekurrenten lastet, dieser zur Tragung seines
Anteils an der Ablösungssumme angehalten werden können, da er sich sonst
auf Kosten seines Mitbelasteten, der die ganze Ablösungssumme zu zahlen
hätte, bereichern würde.

6. Beruht somit im konkreten Falle, weil es sich um zwei Mitbelastete
handelt, von denen der eine zu bauen beabsichtigt, der dem andern
Mitbelasteten gegenüber ausgeübte Zwang auf gesetzlicher Grundlage,
so muss die Frage, ob ein verfassungswidriger Eingriff in ein
wohlerworbenes Privatrecht des Rekurrenten vorliege, und a fortjori auch
die Frage, ob der angefochteue Beschluss einen Akt der Willkür bedeute,
verneint werden; letzteres ganz abgesehen davon, dass der vorliegende
Entscheid des Regierungsrates einer konstanten Praxis der zürcherischen
Verwaltungsbehörden entspricht, was sich u. a. aus den vom Rekurrenten
produzierten Akten i., S. des Artistischen Instituts Orell Füssli
A.-G. ergibt.

Dagegen ist mit der Abweisung des vorliegenden Rekurses nicht gesagt,
dass ein Zwang zur Ablösung von Servituten ganz allgemein jedem
Servitutbelasteten gegenüber zulässig sei, also auch dann, wenn die
Ablösung überhaupt keinem praktischen Bedürfnis entspricht, wie dies
insbesondere bei solchen Baubeschränkungen vorkommen kann, welche auf
bereits überbauten Liegenschaften lasten.

Auch ist, was speziell den vorliegenden Fall betrifft, ausdrücklich
davon Vormerk zu nehmen, dass nach den verbindlichen Erklärungen des
Regierungsrates mit dem angefochtenen Beschlusse lediglich prinzipiell
die Verpflichtung des Rekurrenten zur Ablösung der Servitut, falls und
insoweit dieselbe wirklich auch auf seinem

690 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. IV. Abschnitt. Kantonsverfassungen.

Grundstücke lastet, festgestellt ist, dass dagegen dem Richter der
Entscheid darüber vorbehalten bleibt:

1. ob und in welchem Umfange der Rekurrent an der Aufbringung der
Ablösungssumme, welche dem Geldwert der Quelle bezw. der Wasserleitung
entspricht, zu partizipieren habe, also:

a) ob die fragliche Servitut wirklich auch auf dem Grundstück des
Rekurrenten und nicht, wie dieser behauptet, nur auf der Liegenschaft
seines Nachbars Edwin Rothschild laste, bezw. ob und in welchem Umfange
die streitige Wasserleitung im Grundstücke des Rekurrenten liege;

b) ob und bis zu welchem Grade die Servitut für den Rekrurenten
bauhindernd sei;

c) ob ausser dem Rekurrenten und Rothschild noch andere Personen an
der Ablösung interessiert seien (z. B. infolge einer Kollision der
Wasserleitung mit der zu bauenden Quartierstrasse), in welchem Falle
selbstverständlich dem Rekurrenten nicht zugemutet werden könnte, mit
Rothschild allein die ganze Abfindungssumme aufzubringen ;

2. ob diese Ablösungssumme mit 3450 Fr. richtig berechnet sei;

3. ob dem Rekurrenten eine Zahlungsfrist nach Analogie von § 32 Abs. 2
des Baugesetzes zu gewähren sei;

4. wie das in die Brunnenstube L abfliessende Wasser in Zukunft zu
behandeln sei; insbesondere welche Rechte an der Quelle dem Rekurrenten
und welche Rechte dem Edwin Rothschild zustehen werden.

Alle diese Punkte werden durch die Abweisung des vorliegenden Rekurses
in keiner Weise präjudiziert

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.ll. Eigentumsgarantie. N° 114. 691

114. guten vom 8. Dezember 1910 in Sachen Ehenspetger gegen Wirtshause-r-

Keine Verletzung der Eigentumsgarantie durch Verweigerung einer
Baubewilligung für ein Wohnhaus wegen Fehlens einer Zufahrt und daheriger
Erschwerung der Löscharbeiten im Falle einer Feuersbrunst. Zulässigkeit
einer solchen Verweigerung der Baubewilligung auch wenn, wie dies im
Kanton Schafihausen der Fall ist, das Baugesetz nicht ausdrücklich
vorschreibt, dass jedes neu zu erriehtende Wohnhaus eine Zufahrt haben
müsse. Ueberblick über die bezüglichen Bestimmungen verschiedener
anderer Kantone.

A. Der Rekurrent ist Eigentümer der Liegenschaft Grundbuch Nr. 797 in der
Unterstadt in Schaffhausen. Diese besteht aus Gebäulichkeiten einerseits
und aus unbebautem Terrain andererseits. Das letztere stösst an die
Ringmauer des Munots an; es umfasst 30,65 Aren mtb war bis in die jüngste
Zeit mit Reben bestanzt, während diese gegenwärtig ausgerodet sind; von
der Strasse ist dieses Land nicht sichtbar, da es sich hinter dem Wall
der alten hohen Häuser nördlich der Unterstadt befindet. Es kann nur zu
Fuss erreicht werden, mtb zwar entweder von der steilen Munottreppe aus,
die von der Unterstadt zum Kastell hinaufführt, oder vom Gerberbach aus
vermittelst eines schmalen Und steilen Treppenweges, der im Eigentum
des Rekurrenten steht, oder endlich durch das Etzenspergersche Haus zum
Grossen Weinberg (Br. KatNr. 73) hindurch. Der Rekurrent ersuchte nun den
Stadtrat von Schaffhausen um die Bewilligung, auf dem nicht überbauten
Teile seiner Liegenschaft ein Wohnhaus zu errichten. Der Stadtrat wies
das Gesuch durch Beschluss vom 16. Februar 1910 in Anwendung der §§
116 mtb 67 des Baugesetzes ab, und zwar gestützt auf Erwägungen bauund
feuerpolizeilicher Natur und unter Hinweis auf zwei Präzedenzfälle
(i. S. Widtmann und i. S. der Gesellschaft für Erstellung billiger
Wohnhäuser). Der Stadtrat erklärte in diesem Entscheide, es müsse bei
Ausführung von Bauten zu Wohnzwecken unter allen Umständen, und zwar
gerade auch im Interesse der Bewohner selbst, darauf gesehen werden, dass
solche Bauprojekte genügend breite Zufahrtswege bei nicht allzu ungün-