814 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

einmal Eigentum erworben habe, als eine für die Frage der
Rückserstattungspflicht präjudizielle Vorfrage betrachtet haben, indem
sie Von der Ansicht ausgingen, es könne die Rückerstattung der Titel nur
Versügt werden, wenn angenommen werde, Anton Spengler ssei nie Eigentümer
derselben geworden. Es liesse sich also die Auffassung vertreten, die
Vorinstanz habe, bevor sie zur Behandlung des zweiten Klagebegehrens
schritt, zunächst über die im ersten Klagbegehren aufgeworfene Frage,
ob Eigentum übergegangen sei, einen Entscheid gefällt und habe bei
Fällung dieses Entscheides einen Satz des eidgenössischen Rechtes (den
Satz nämlich, dass Eigentum auch bei Ungültigkeit der cause übergehen
könne) verletzt. Es sei daher gegen diesen Teil des kantonalen Urteils
die Berufung an das Bundesgericht zulässig, und es müsse somit, falls das
Bundesgericht dazu gelange, die zur Gültigkeit des Eigentumssüberganges
erforderlichen Rechtsakte (Besitzübertragung, Judossament usw.) als
vorhanden anzunehmen, Rückweisung der Sache an die Vorinstanz behufs
Beurteilung der Einrede der mangelnden Handlungsfähigkeit erfolgen. Selbst
wenn nun aber die zur Gültigkeit des Eigentumsüberganges erforderlichen
Rechtsakte als vorhanden angenommen und nach Rückweisung der Sache an
die Vorinsianz diese letztere dazu gelangen würde, es sei auch die
Frage der Handlungsfähigkeit des Joseph Spengler zu besahen, woraus
sich die Abweisnng des ersten Klagebegehrens ergeben würde, so könnte
hiedurch doch am Endresultate des Prozesses, nämlich an idem Entscheide
über das zweite Rechtsbegehren der Klage, nichts geändert werden. Denn
dieses Rechts-begehren müsste alsdann, wiewohl mit anderer Motivierung
(nämlich gestützt auf die Grundsätze über ungerechtfertigte Bereicherung),
wiederum gutgeheissen werden. Ob aber die Beklagte zur Rückerstattung der
streitigen Titel deshalb verurteilt wird, weil ihr Rechtsvorgäuger nie
Eigenstümer derselben geworden sei, oder deshalb, weil er zwar Eigentümer
geworden, jedoch obligatorisch zur Rückgabe derselben verpflichtet
gewesen sei, ist für die Parteien praktisch durchaus gleichgültig.

3. Sofern also nicht angenommen werden wollte, das erste Rechtsbegehren
der Klage sei überhaupt nur ein Motiv zur Begründung des zweiten
und es sei somit, da auf dieses Motiv nichtsXII. Rechnungswesen der
Eisenbahnen. N° 102. 815

sankomme, von vorneherein nur eine Frage des kantonalen Rechtes zu
entscheiden gewesen, weshalb das Bundesgericht zur Beurteilung der
Sache inskompetent sei, so müsste das Eintreten aus die Berufung doch
·jedenfalls wegen mangelnden rechtlichen Interesses -der Parteien an der
Beurteilung des einzig dem eidgenössischen Rechte unterstehenden ersten
Klagebegehrens, also wegen Gegenstandslosigkeit der Berufung abgelehnt
werden; --

erkannt: Aus die Berufung wird nicht eingetreten.

XII. Rechnungswesen der Eisenbahnen.

eComptabilité des compagnies de chemins de fer.

' 102. Zweit vom 1. Dezember 1908 m Sachen Henweizerische
Heetalbahngesellscnafh Ref., gegen: Hchweizertseheu Bundesrat Ren-Bett

Baukonto der Eîsenbahngesellschaften. Subventionen von
Eisenbahncmternehmungen. Was sind Subventionen &. fonds perdu , Art. 9
".". d. Ee'senbahm'eclmungsyesetz vom 27. März 1896: Subvèntionen mit
Gewinn-erweckt fallen dummer. Bedeutungdm' Geseézesmaterialien für die
Gesetzesauslegung Kosten für Versetzung einer Lokomotivremise, Art. 4
Abs. 1; 5 Abs. 1; 9 litt c ibid. Bauzinse auf dem Aktienkapital. Art. 4
Abs. 3 lag. cit. '

A. Durch Beschluss vom 18. Oktober 1907 hat der SchweizeTische
Bundesrat die Jahresrechnung pro 1906 der Reknrrentin, der
Schweizerischen Seetalbahngesellschaft in Hochdorf, die die frühere
Reinach-Münster-Vahngesellschaft am 18. Mai 1906 durch Fusion sin sich
aufgenommen hatte, genehmigt, jedoch mit dem Vorbehalte,

dass vom Baukonto auszuscheiden seien unter andern:

I. Die Subvention der Gemeinden und Korporationen von 180,000 Fr.
II. Die Ausgabe für das Versetzen der Lokomotivremise von 1783 Fr. 13 Ets.
its 34 n _ 1908 53

816 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz. III Die zu 5% berechneten Bauzinse auf dem
Aktienkapitab 18,852 oer. . ss vor]; Gegen îdiese drei Verfügungen
hat die Schweizertsche See-. talbahngesellschaft am 31. Oktober 1908,
also rechtzeitig, den durch Art 16 des Rechnungsgesetzes vom 27. Mai
1896 vorgesehenen Rekurs an das Bundesgericht ergiffen, mit dem Begehren,
sie aufben. ' _. zuhDer Schweizerische Bundesrat hat in seiner Antwcort
beantragt, seinen Beschluss betreffend den Baukonto in allen geriet} zu
[lee stätigen und den Rekurs im ganzen Umsange als unoegruntet

ten. · ' · ' ahzgkedser Replik und Duplik haben die Parteien die
gestellten

' r alten. AHÈÎISÈÎÈÎÎÈ eExzkrfahrens haben sie eine Reihe von Urtundfenl
als Beweismittel zu den Aktendgegeben, die, soweit erforderlich, im

· ° ewürdi t wer en. . . · reckTCEsnchgachJlxethen wie-d jeder der
drei Rekurspunkte htnsichtdlich der tatsächlichen Verhältnissen und der
Parteivorbringen geson er . behandelt I. Subvention von 180,000 Fr.

° ' er Be ie un steht folgendes fest: Für die Reina =Mänstjägghn
leizsteken gdie Einwohnergemeinden MunstterBund Gunzwil, die
Korporationsgemeinde Munster und das Stis erhi;s Münster Kapitalbeiträge
von zusammen 180,000 Fiv wogeggrei ein in entsprechendem Betrage
Genussscheine erhielten Diesen twrgn ugewisses Anrecht aus den
Reingewinn eingeräumt, derar, cgtzhjzeg nächst die Aktionäre eine
Dividende von ò's2 Anime?) funs EFa @nvon 40/0, erhalten sollten, und
dann aus dem Ubersxhuss [; Ndsaéhaber der Genussscheine eine solche
von 81/2 resp. 4 0, uln @meine allsällige Restanz beiden gleichmassig
zuzukommenllha FEFÈ: übrigen sollten die Genussscheine weder Rechte am
"(Scie sägiese in mögen noch Stimmrecht in der Gesellschaft begründen.g
d 84) dekrStatuten der Reinach-Münster-Bahngesellschaftl(§§ Ehr ten
aufgestellten Bestimmungerzgsiritgnackh dieergasgxesxon in die a u ,

n e ell at u erg . · ... derLngtileäTtkkrizrjentsth bringt nun zur
Begründungahres Ptanfs punktes an: Es handle sich nicht Um Oubvennonen
afon S-XII. Rechnungswesen der Eisenbahnen. N° 102. 81?

perdu im Sinne von Art. 9 litt. d des Rechnungsgesetzes (worauf der
Bundesrat seine Verfügung stützt). Denn zum Begriff solcher Subventionen
gehöre nicht nur, dass das einbezahlte Kapital nicht zurückbezahlt
werden müsse, sondern auch dessen Unverzinslichkeit und Ausschluss
von jeder Beteiligung am Gewinn. So habe denn auch die Botschaft vom
11. November 1895 zum Rechnungsgesetz (Bundesblatt 1895 IV S. 62/63)
ausdrücklich erklärt, dass von der Bestimmung des Art. 9 litt-. d
Subventionen ausgenommen seien, die am Reinertrage des Unternehmens
in irgendwelcher Form partizipieren oder rückzahtbar find. Auch in den
Räten sei dieser Grundsatz als ganz selbstverständlich hingestellt worden
wofür z. B. auf das Votum des ständerätlichen Berichterstatters zu Art. 9
(ftenographisches Bülletin, Dezember 1895, S. 765) verwiesen werde.

Demgegenüber macht der Bundesrat, vertreten durch das eidg.
Eisenbahndepartement, in der Antwort geltend: Die vorliegende freiwillige,
nicht wieder einbringliche Leistung an den Bahnbau entspreche vollkommen
den Subventionen è, fonds perdu des Art. 9.. Die Leistung sei an
eine öffentliche, zum Vorteil der Gegend ent:stehende Unternehmung
erfolgt. Die daraus entstandenen Anlagewerte bilden ein öfsentliches
gemeinsames Gut und an Stelle von vermögensrechtlichen Beziehungen zur
Bahngesellschast trete ein indirektes Verhältnis, hier ein Anrecht auf
allfällige Ertragsüberschüsse". Bei einer Veräusserung oder bei einem
Rückkause der Bahn seien die Subventionen und die ihnen entsprechenden
Anlagewerte nicht loszukaufen und der Aktiengesellschaft nicht zu
vergüten. Für die Gesellschaft seien sie auch keine Schuld. Deshalb
dürften die 180,000 Fr. nicht in den Passiven der Bilanz erscheinen
und seien die Bankosten nicht um diesen Betrag zu vermindern. Ohne die
verlangte Herabsetzung des Baukontos ergäbe sich für die Aktionäre ein
unbegründeter, dem Wesen der Subvention widersprechender Überschuss von
180,000 Fr. Daran ändere das Gewinnanrecht nichts. Ansprüche auf das
Stammoder Aktienkapital und solche aus die Rendite seien zweierlei Dinge,
mit verschiedener Funktion und ohne Zusammenhang in der Gestaltung der
Rechnung Erster-e Ansprüche kämen ziffermässig in der Bilanz unter den
Passiven zum Ausdruck, letztere, bei genügender Betriebsergebnis, bloss in

818 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

der Gewinnund Verlustrechnung. So seien z. B die 170000 Genussscheine der
Jura-Simpion-Bahn in den Passiven deroBilanz nur pro memoria vorgemerkt
gewesen, obschon hieradie mgnhaher neben Gewinnanrechten noch ein Anrecht
auf den allfalligen Aquidationsüberschuss bis zu 50 Fr. per Schein gehabt
hatten. Die abweichenden Äusserungen der bundesrätlichen Botschaft und
des ständerätlichen Berichterftatters vermöchten die richtige Anwendung
des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, und es könne ihnen ubrigens die
präzise Auffassung des nationalrätlichen Berichterstatters uber die
Subventionen à fonds perdu entgegengehalten werden In der Replik bringt
die Rekurrentin weiter an: A fonds perdu sei nach dem Wortsinn und
Sprachgebrauch des tagiiichen Lebens nur ein Kapital gegeben, das für
den Gebet vollstandig und ohne dass er einen Gegenwert erhalten hatte,
verloren ist, wie bei einem unsreiwilligen Verlust, nicht aber ein
Kapital, das noch Erträgnisse abwerfe. Die angeführten Beweise daus den
Gesetzesmaterialien seien von entscheidender Bedeutung für die Auslegung
des Art. 9 litt. d; was den nationalrätlichen Berichterstatter anbelange,
so habe er sich über die Frage in Wirklichkeit nicht ausgesprochen und
hätte er das gewiss getan, wenn er·anderer Meinung gewesen wäre als die
Botschaft und der Berichterstatter im Ständerat. Bei einer Veräusserung
oder beim Rückkaus mussten sich die Subvenienten sicherlich nicht gefallen
lassen, einfach ignoriert zu werden; sondern sie könnten dein Erwerber
oder Ruckkäuser gegenüber das gleiche Recht auf Gewinnanteil geltend
machen, wie es ihnen gegen die Rekurrentin zustehe. Von dein behaupteten
Aktivenüberschuss von 180,000 Fr. in derMBilanz sei keine Rede, da
ja das Subventionskapital in die Pasfwen eingestellt werde. Sollte
das über die Genussscheine der Jura-SimplonBahn gesagte zutreffen,
so wäre damit eine ungefetzliche Behandlung der Rekurrentin doch nicht
gerechtfertigt Ubrigens Bonne anderseits darauf verwiesen werden, dass das
Subventionskapital der Gotthardbahn in den Passiven der Bilanz figuriere,
wahren-it in den Aktiven der gesamte Betrag des Baukontos, mit anegrisf
der gleichfalls am Reinertrag anteilsberechtigten Sud-ventionen enthalten
sei. Dabei sei zu bemerken, dass der Bundesrat die Rückkanfssumme
bezw. den konzessionsgeinässen Reinertrag deshalbXII. Rechnungswesen
der Eisenbahnen. N° 102. 819

kürzen wolle, weil die Gotthardbahn für zwei Betriebsjahre den
Subvenienten Ertragsanteile verabfolgt habe.

Jn der Duplik entgegnet der Bundesrat: Die Bedeutung des Ausdruckes
ä fonds perdu im allgemeinen Sprachgebrauch entspreche seiner
Auslegung des Art. 9 litt. d, indem unter fonds (fonds social,
fonds public, fonds perdu) im allgemeinen bestimmte Kapitalsummen
verstanden werden. Auch Art. 656
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 656 - 1 Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
1    Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vorrechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenänderung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.
2    Die Vorrechte können sich namentlich auf die Dividende mit oder ohne Nachbezugsrecht, auf den Liquidationsanteil und auf die Bezugsrechte für den Fall der Ausgabe neuer Aktien erstrecken.
OR verlange die vom Bundesrat geforderte
Rechnungsaufstellung. Dass in der von der Seetalbahn eingereichten Bilanz
ein Aktivenüberschuss wirklich vorhanden sei, ergehe sich daraus, dass
das ihr gegenübergestellte Passivum (Genussscheinkapital der Reinach:
Münster-Bahn 180,000 Fr.) ein fiktives sei, in Wirklichkeit nicht
bestehe. Uber die Stellung der Subvenienten bei einem Besitzeswechsel
oder Rückkan sei zur Zeit nicht zu entscheiden; es genüge, daran
hinzuweisen, dass die Subvenienten sich für solche Fälle keine
Kapitalrückzahlung ausbedungen hätten. Die bei der Jura-Sitnplon-Bahn
vorgenommene Berrechnung fei, wie noch bemerkt werde, seinerzeit
mit der eidg. Aufsichtsbehörde vereinbart worden. Was die unrichtige
Verbuchung des Subventionskapitals der Gotthardbahn anbetrefse, so
stumme eben hier die erste Bilanzaufstellung aus einer gen, da der
Bund das Rechnungswesen der Eisenbahnen noch nicht zu prüfen und zu
überwachen gehabt und auch das OR noch nicht bestanden habe. Nach dem
Rückkan werde aber diese Rechnungsstellimg geändert werden. In der
Rückkaufsbotschaft von 1897 und der Beilage XI dazu sei denn auch die
Subvention vom Anlagekapital abgezogen worden, weil der Gesellschaft
keine Ansprüche auf sie zustehen. Die ganz gleichen Rechtsverhältnisse
lägen bei der Rekurrentin vor.

II. Ausgabe für das Versetzen der Lokomotivremife (1783 Fr. 13 Cts.)

Jn tatsächlicher Beziehung ergibt sich hier aus den Tiffen, dass die
Reinach-Münster-Bahn, um ihre Linie an die der Seetalbahn anzuschliessen,
im Bahnhof Reinach eine der letztern gehörende Lokomotivremise versetzen
musste. Der Plan für die Versetzung bestand, wie unbestritten, schon vor
der Fufion, dagegen ist die Versetzung und die Abrechnuiig (laut einer
Angabe des Bundesrates in der

830 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

Duplih erst nachher erfolgt. Seine Verfügung hatte der Bundesrat auf
Art. 5 des Rechnungsgesetzes gestützt. Vor Bundesgericht berufi er sich
auch auf Art. 9 litt. c dieses Gesetzes.

Jm Rekurse wird über diesen Punkt ausgeführt: Art. 5 treffe nicht zu,
weil das Versetzen nicht nach Eröffnung des Betriebes- stattgefunden habe,
sondern beim Bau der Linie Reinach-Münster, zu dein Zwecke des Anschlusses
dieser Linie an die der Seeialbahn. Es handle sich also um Baukoften, die
den übrigen durch die Erfiellung der Linie Reinach-Münster verursachten
gleichständen. Die Fusion spiele bei der Frage keine Rolle, da es sich
stets nur frage, wieviel der Bau der Linie Reinach-Münster gekostet habe.

Der Bundesrat entgegnet in der Antwort: Durch das Versetzen der Remife
hätten das Bauobjekt und die Bahnanlage keinen ziffermässigen Mehrwert
erhalten. Es verhalte sich ähnlich wie bei der Erweiterung oder dem
Umbau von Stationen, Werkstätten und dergl. oder der nachträglichen
Anlage von Doppelgeleisem welche Kosten jeweils der Betriebsrechnung
oder dem Verlustkonto und nicht dem Anlagekonto beigesetzt würden. Als
Beispiel können die Umänderungen auf der Gotthardbahnstation Goldau
infolge der Einführung der nördlichen Zufahrtslinien dienen. (Jn der
Duplik wird noch auf die Station Zug und die Posten im Baubudget der
Bundesbahnen für 1908, die zu Lasten des Betriebes verrechnet werden,
verwiesen.) Auch ohne die Fusion wäre die ReinachMünster-Bahn nach Art. 9
litt. c des Rechnungsgefetzes verpflichtet gewesen, Aufwendungen für
Einrichtungen ausserhalb des Bahngebietes anders als auf dem Baukonto
zu verrechnen. Übrigens sei die Fusion eine blosse Formalität gewesen,
da die neue Linie von Anfang an administrativ und finanziell eine
Unternehmung der Seetalbahn gewesen sei.

In der Replik erwidert die Rekurrentint Art. 9 lit, (: treffe nicht zu
in Fällen wie hier, wo es sich um eine Aufwendung handle, die nötig
gewesen sei, um das für die Linie der ReinachMünster-Bahn bestimmte
Tracé durch Beseitigung eines darin stehenden Gebäudes freimachen zu
können. Die Aufwendung für den Abbruch und die Wiederherstellung des
Gebäudes sei im Falle einer freiwilligen Verständigung ebenso gut eine
Auslage für den Bahnbau, wie im Falle, wo fie, Unter Durchführung der
Erdw-XII. Rechnungswesen der Eisenbahnen. N0102. 821

zpriatinn, in Form einer Expropriationsentschädigung hätte erfolgen
müssen. Art. 9 litt. c habe Aufwendungen im Sinne, die nicht die
Erstellung der Bahnlinie selbst, sondern andere Verpflichtungen {g,
B. aus Art. 6 und 7 des eidg. ErprGes.) der Bahngesellschaft verursachen.

Zn der Duplik bringt der Bundesrat noch neu an: Die Auskgabe betreffe
eine Vergütung für eine Änderung im Gebiete der Nachbarunternehmung,
woraus der Anschlussbahn kein Eigentum rund auch kein Bilanzwert
erwachse. Gegenüber der ReinachMünster-Bahn rechtfertige sich die
Streichung aus dem Baukonto gaus Art. 9 litt. c, gegenüber der nachher
mit ihr fusionierten -Seetalbahn aus Art. 5.

111. Bauzinsen bei der Reinach-Münster-Bahn von 18,852 Fr.

_ 1. Am Z. August 1904 wurde die konstituierende Generalversammlung
für die Reinach-Miinster-Bahngesellschaft abgehalten. Im Protokoll
darüber und in den damais festgesetzten Statuten ist von Bauzinsen
nicht die Rede. Dagegen schloss die konstituierte Gesellschaft am
gleichen Tage, durch ihren Verwaltungsrat handelnd, mit der Seetalbahn,
für die ihre Direktion handelte, einen Vertrag ab des Inhaltes: I. Die
Seetalbahngesellschaft liefert der Reinach-Münster-Bahngesellschaft
das zum Bau der Linie ,Reinach-Münfter, exklusive den Subventionen
nötige Baukapital und nimmt als Rückzahlung Aktien der letztern
Gesellschaft entssgegen. II. Die Reinach:MfinstenBahugeÎeflschaft
verzinst das zu liefernde Kapital während der Bauzeit mit 59/0. III. Die
Einzahlungen haben gemäss den Beschlüssen des Verwaltungsrates Der
Reinach-Miinster-Bahngesellschaft zu erfolgen." Auf diesen Vertrag
stützt die Rekurrentin ihren Anspruch, den fraglichen Zinsenbetrag von
18,852 Fr., der den Aktionären der ReinachMünsier-Bahn während des Baues
ausbezahlt wurde, nach Art. 4 Abf. 3 Rechnungsgesetz dem Baukonto zu
belasten. ·

2. Zur Begründung dessen wird im Rekurse ausgeführt: Art. 4 Abf. 2 stelle
alternativ und nicht kumulativ zwei Erfordernisse

auf mit der Bestimmung, dass die Auszahlung von Aktienzinfen .gemäss einer
Vorschrift der Statuten oder gemäss Vertrag stattgefunden- haben muffe.

822 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgeriehtsinstanz.

Der Bundesrat erwidert hierauf in seiner Antwort: NachsArt. 630 OR müssten
die Bauzinse in den Statuten, dem konstitutionellen Akte der Gesellschaft,
vorgesehen, also von der General-

versammlung beschlossen sein. In diesem Sinne sei auch Art. 4-

Abs. 3 Rechnungsgesetz auszusassen,.der für die Eisenbahngesellschaften
kein neues Recht geschaffen habe. Unter den darin erwähnten Verträgen
könnten nur Abmachungen verstanden werden,

die den grundlegenden Satzungen der Gesellschaft gleichwertig und'

von den Aktionären beschlossen seien. Der Vertrag vom 3. August 1904
sei kein solches Abkommen.

Jn der Replik wird geltend gemacht: Art. 4 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 4 - 1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
1    Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
2    Wenn die Vertragschliessenden oder ihre Bevollmächtigten sich persönlich des Telefons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.
Rechnungsgesetz
werde nicht wie behauptet, von Art. 630
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 630 - Die Zeichnung bedarf zu ihrer Gültigkeit:
1  der Angabe von Anzahl, Nennwert, Art, Kategorie und Ausgabebetrag der Aktien;
2  einer bedingungslosen Verpflichtung, eine dem Ausgabebetrag entsprechende Einlage zu leisten.
OR eingeengt. Eine solche
Auslegung versiosse gegen den klaren Wortlaut dererstern Bestimmung,
die ausdrücklich neben der statutarischen dievertragliche Aushedingung
von Bauzinsen vorsehe. Diese Bestimmung sei eben die lex Specialis
gegenüber der des Art. 630 undletzterer zeitlich nachfolgend. Nach
dem frühem Rechnungsgesetzes und der bundesgerichtlichen Praxis (AS 15
Nr. 120 i. S. Gotthardbahu) seien denn auch die Bahnen durchaus nicht
an die Vorschrift gebunden gewesen, die der Rekursbeklagte ans Art. 630
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 630 - Die Zeichnung bedarf zu ihrer Gültigkeit:
1  der Angabe von Anzahl, Nennwert, Art, Kategorie und Ausgabebetrag der Aktien;
2  einer bedingungslosen Verpflichtung, eine dem Ausgabebetrag entsprechende Einlage zu leisten.

OR herauslese. Bei der weittragenden Bedeutung, die die Belastung des
Baukontos habe, namentlich auch für den Rückkauf, könne dasGesetz die
Zulässigkeit dieser Belastung unmöglich von Formalitäten, wie sie der
Rekursbeklagte hervorhebe, abhängig machen... Entscheidend sei, dass die
Bahn zufolge einer übernommenen Verpflichtung die zum Bau verwendeten
Gelder, auch soweit sie den Gegenwert von Aktien gebildet hätten, habe
verzinsen müssen.

Die Duplik enthält noch folgende Anbringen: Die Grundregel für die
Aktienzinfe liege auch seit dem neuen Rechnungsgesetz immer" noch
im OR. Das neue Gesetz habe nur eine Erweiterung des Begriffes,
aber nicht eine Erleichterung oder grundsätzliche Änderung in der
Anrechnung von Aktienzinsen gebracht. Solche Zinseberührten die
Verhältnisse der Gesellschafter und könnten nur von diesen beschlossen
werden. Man stelle sich z. B. vor, dass eineUnternehmung von der
Bedeutung der Lötschbergbahn einen-. 5 0Oigen Aktienzius ausserhalb der
Generalversammlung beschliessenwürde. Das angerufen-e bundesgerichtliche
Urteil i., S. der. Gott-:XII. Rechnungswesen der Eisenbahnen. N° 102. 823-

hardbahn treffe nicht zu, weil hier Bauzinse für die Erstexlung des
zweiten Geleises und nicht Aktieuzinse in Frage stehen. Ubrigens sei
nach den rechtlichen Verhältnissen der Aktiengesellschaft für Verträge
vorliegende-: Art kein Platz, weil im Rahmen der Gesellschafter unter
sich keine Kontrahenten und Parteien austreten können und die Gesellschaft
allein als der Zusammenschluss aller Aktionäre die massgebenden Satzungen,
die Modalitäten für die- Veibringnng des Grundkapitals und die allsällige
Verzinsung- während der Bauperiode zu beschliessen habe. Tatsächlich sei
dennauch die Seetalbahngesellschaft für die Unternehmung ReinachMünster
kein unbeteiligter Dritter-, sondern ihr Hauptaktionär.. Als solcher habe
sie sich nicht durch einen Sondervertrag Aktienzinse sichern können. Der
Vertrag sei ein Abkotnmen (der Gesellschaft) mit sich selbst oder der
Gesellschafter unter sich und genügeso dem Rechnungsgesetz nicht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

I. Hinsichtlich der Subventionen von zusammen 180,000 Fr.

ZU entscheiden ist, ob die Subvention einer Eisenbahnunternehmung
auch dann eine solche à fonds perdu im Sinne von-; Art. 9 litt-. d des
Eisenbahnrechnungsgesetzes vom 27. März 1896sei, wenn der Subvenient zwar
auf eine Rückzahlung des geleisteten; Kapitals verzichtet, sich dagegen
ein bestimmtes Anrecht am Gewinn der subventionierten Unternehmung
ausbedungen hat.

Der Wortlaut des Gesetzes zunächst spricht für die Bejahung der
Frage. Damit ein Kapital à fonds perdu geleistet werde, wird nach
dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nicht erfordert, dassder Leistende,
ausser dem Verzichte auf eine Rückzahlung des( Kapitals, auch auf jeden
Gegenwert für das Empfangene absieht, namentlich also auf jedes Zinsoder
Gewinnanrecht, so dass eralso das Kapital ohne Vorbehalt zu seinen Gunsten
schenken würde. Vielmehr bedeutet im Französischen das Wort fonds (fundus)
Geldsumme, Kapital, im Gegensatz zu den daraus erzielbaren Erträgnissen
(revenus, intéréts, bénéfices) und wird von der Hingabe eines Kapitals
ä fonds perdu namentlich auch bei derRentenbestellung gesprochen,
also in einem Falle, wo diese Hin-

i824 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

gabe gerade zu dem Zwecke, Gegenleistungen zu erhalten, erfolgt.
Soweit man also nur auf den Wortlaut von Art. 9 litt. d absftelln fallen
die Subventionen mit Gewinnanrecht mindestens ebenso gut unter diese
Bestimmung als die ohne solches.

Der grammatikalischen Auslegung entspricht nun aber auch die logische,
und zwar führt diese in zwingender Weise zu dem nämlichen Ergebnisse:
Um die Bedeutung und Tragweite der vorLiegenden Bestimmung zu erfassen,
ist sie im Zusammenhang mit dem Inhalte und dem Zwecke des ganzen Gesetzes
zu würdigen. Dieses Unterstellt das Rechnungswesen der Eisenbahnen einer
staatlichen Kontrolle, und zwar hauptsächlich in der Absicht, durch
Aufstellung einheitlicher Normen über die Gestaltung der Rechnungen den
Rückkan vorbereiten zu helfen und Schwierigkeiten -Vorzubeugen, die sich
ohne eine solche Überwachung und Vereinheitlichung des Rechnungswesens
bei der spätern Festsetzung der Rückkaufsentschädigung bieten würden
(vgl. auch bundesrätL Botschaft zum Gesetze, Schweiz. Bundesblatt
1895 IV S. 56). Und da nun laut den Konzessionen der einzelnen
Eisenbahnunternehmungen die Rückkaufsentschädigung sich entweder nach dem
Reingewinn oder nach dem Anlagekapital der Unternehmung bestimmt, so ist
es dem Gesetze wesentlich darum zu tun, dass diese Begriffe in den Büchern
und Rechnungen der Gesellschaften ihren ziffernmässigen Ausdruck finden
(wobei im übrigen hier nicht zu prüfen ist, wiefern ihre Formulierung im
Rechnungsgesetz die konzessionsmässigen Entschädigungsansprüche einzuengen
vermag). Im vorliegenden Falle steht von den beiden Begriffen der des
Anlage-kapitals in Frage und dieses soll nach dem Gesetz im Baukonto zur
Darstellung kommen. Über den Baukonto aber bestimmt zunächst Art. 4 in
grundsätzlicher Weise, dass er nur mit denjenigen Kosten belastet werden
dürfe, die vom Konzessionsinhaber für die Erstellung oder den Erwerb der
Bahn und die Beschaffung des Betriebsmaterials aufgewendet worden find. Es
soll damit verhütet werden, dass der Konzessionsinhaber beim Rückkaufe
eine Entschädigung beanspruche, die durch den Gesamtbetrag, auf den ihn
das Rückkaufsobjekt zu stehen kam, nicht voll gedeckt ist, und dass er
sich derart durch den Rückkan bereichere. Dieser allgemeine Grundsatz
wird nun in am. 9 litt. d für einen besondern FallXII. Rechnungswesen
der Eisenbahnen. N° 102. 825

spezialisiert, nämlich den, wo zur Erstellung der Bahn nicht rückzahlbare
Subventionen gedient haben. Soweit dies der Fall gewesen ist, hat der
Konzessionsinhaber für die Erstellung kein Kapital aufwenden müssen,
sondern statt seiner ein Dritter, der Subvenient, und würde deshalb
der Konzessionsinhaber, wenn er als Rückkaufspreis den gesamten in der
Anlage investierten Kapitalbetrag verlangte, mehr beanspruchen, als
was ihn die Anlage gekostet hat. Was aber den Subvenienten betrifft,
so hat er seinen Beitrag nicht mit der Absicht geleistet, damit dem
Konzessionsinhaber selbst etwas unentgeltlich zuzuwenden und also,
wenn dieser, wie regelmässig der Fall, eine Aktiengesellschaft ist, die
Aktionäre in ihren persönlichen Vermögensrechten zu begünstigen. Vielmehr
geht sein Wille stets dahin, die konzefsionierte Unternehmung als seine
im öffentlichen Interesse liegende zu fördern, ihr Zustandekommen zu
ermöglichen oder zu erleichtern. Hinsichtlich der Subventiouen kann
also der Konzessionsinhaber beim Rückkan einen Entschädigungsanspruch
nicht darauf stützen, dass er eigenes und namentlich von dritter Seite
unentgeltlich erhaltenes Kapital für den Bahnbau aufgewendet habe. Geht
man hievon aus, so müssen aber die Subventionen mit und diejenigen
ohne Anteilsrecht am Gewinn der Unternehmung, soweit es sich um die
Bewertung des vom Konzessionsinhaber aufgewendeten Anlagekapitals
und dessen rechnungsmässige Wiedergabe im Baukonto handelt, ais
gleichartig angesehen werden. Ob die Subvenienten während der Zeit bis
zum Rückkan aus den Betriebsüberschüssen bestimmte Anteile zugeschieden
erhalten haben oder nicht, mag von gewissem, hier nicht zu erörterndem
Einfluss sein auf die Bemessung des Reingewinnes, wenn dieser für die
Rückkaufsentschädigung massgebend isf, nicht aber für die Ermittlung
dessen, was der Konzessionsinhaber als Anlagekapital aufgewendet hat. Denn
in dieser Hinsicht haben die Beiträge der Subvenienten in beiden Fällen
die nämliche Funktion erfüllt, nämlich dem Konzessionsinhaber ohne
Rückgabepslicht ein Kapital zu beschaffen und aus fremden Mitteln das
Werk ausführen zu helfen.

Nun macht allerdings die Rekurrentin gegenüber dieser Auslegung von Art. 9
litt. d geltend, dass bei der Ausarbeitung des Gesetzes die umgekehrte
Auffassung zum Ausdruck gekommen sei.

826 A. Entscheidungen des Bundesgeriehts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

Das trifft in der Tat zu, indem die bundesrätliche Botschaft bone
11 November 1895 (BBl loc cit. S 62/63) und der standerätliche
Berichterstatter (Stenographisches Bülleiin, Dezember 1895 S. 765)
sich mit aller Bestimmtheit dahin ausgesprochen haben,. dass unter die
vorliegende Vorschrift keine Subventionen fallen, dieam Reinertrag des
Unternehmens in irgendwelcher Form teil nehmen. Und mit Unrecht beruft
sich der Rekursbeklagte hiegegen auf das Votum des nationalrätlichen
Berichterstatters über den Gesetzeseniwurf (Stenographisches Bülletin
1896 S. 31), da dieser über die Frage sich nicht besonders geäussert hat
Nun ist aber gegenüber diesen Anbringen der Rekurrentin zu bemerken,
dass damit die Bedeutung der Gesetzesmaterialien für die Auslegung
des Gesetzes überschätzt wird. Sol e Materialien den Charakter von
blo en F iii smitteln ür die Auslegung,denenSinn und Geit des Gee es im
allgemeinenund dem praktisÆr Zwecke dem es die e "gu, gis der gesetzliche
Wille In dem·betreEenden Punkte entnommen werden mug. Denn der im Gesege

Ausarbeitung des Geesetzes über dessen künftigen Inhalt Mgt jin-d
Jm wetzert aa re t tritt das um so deutlicher zu Tage, als hier die
Buendesversammlung zwar den Text des spatern

Gesetzes berät und endgültig feststellt, das Gesetz selbst aber nur
durch die stillschweigende Zustimmung des o, esäi wie sie in der WWW
lie t ode r dio a tmmung zu Stande kommt also durch AQL in denen eine
r des Gesetzestertes, nicht aber auch der GeWW (vergl. tm übrigen auch
r. 1 S. 845 und 271 Nr. 93 S. 530). Hier

nun hat sich aus den vorstehenden Ausführungen bereits ergeben, dass
die von der Rekurrentin angeführten, bei der Ausarbeitung des Gesetzes
gemachten Äusserungen über den Inhalt der jetzigen litt. d des Art. 9 dem
Wortlaut und namentlich dem Sinne und Zwecke der Bestimmung widersprechen;
diese Äusserungen erweisen sich damit als für die Auslegung bedeutungslos
Noch wenigerXll. Rechnungswesen der Eisenbahnen. N° 102. 827

farm gegenüber dem gesagten der übrigens von der Rekrutrentin nicht
geltend gemachte Umstand in Betracht fallen, dass Unter dem frühem
Rechnungsgesetz vom 21. Dezember 1883, das eine der litt. d des jetzigen
Art. 9 entsprechende Bestimmung nicht enthielt, die bundesrätliche
Praxis, wie es scheint, die Buchung von Subventionen mit Gewinnanrecht
auf Baukonto zugelassen und das Bundesgericht in einem Urteil i. S. der
Vereinigten Schweizerbahnen (AS 13 Nr. 18 a. E.) sich beinebens zu Gunsten
dieser Auffassung ausgesprochen hat. Und endlich entkräftet es die obigen
grundsätzlichen Erwägungen nicht, wenn die Rekurrentin einbringt, dass bei
der Gotthardbahn die ebenfalls gewinnBerechtigten Subventionen im Baukonto
belassen werden. Diese nach dem gesagten unrichtige Behandlung mag sich,
wie der Bundesrat ausführt, daraus erklaren, dass diese Subventionen
und ihre Buchung aus eine Zeit zuruckreichen wo das Rechnungswesen der
Eisenbahnen vom Bundesrate noch nicht überwacht wurde; und praktisch
ist sie jedenfalls ohne Bedeutung, indem der Rückkaus der Gotthardbahn
aus der Grundlage nicht des Anlagekapitals, sondern des kapitalisierten
Reingewinnes sich vollziehen wird. Mit Recht hat übrigens der Bundesrat
diesem Beispiel die Behandlung des Genussscheinskapitals der frühem
Jura-Simplon-Bahn gegenübergehalten, die der oben entwickelten Auslegung
der litt. d des Art. 9 entspricht

Damit kommt man dazu den Rekurs im vorliegenden Punkte abzuweisen und
die bundesrätliche Verfügung, wodurch die fraglichen Subventtonen pöti
zusammen 180 ,000 Fr. aus dem Baukonto weggewiesen wurden, zu besEcktigen
Infolgedessen-kaentgegen der Behauptung der Rekurrentin, auch nicht
mehr als Passivposten in der Bilanz erscheinen, wie sich auch aus dem
Schlusssatz des Art. 9 ergibt. Ob und in welcher Weise im übrigen das
Subventionskapital der Rekurrentin in ihren Büchern sigurieren könne
oder müsse, ist nicht zu entscheiden; und ebenso wird, wie der Bundesrat
selbst erklärt, durch den gegenwärtigen Entscheid der Rechtsstellung
nicht vorgegriffen, in der sich die Subvenienten in Hinsicht auf ihr
Gewinnanteilsrecht später bei einer Veräusserung oder einem Rückkan der
Bahn befinden.

828 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

II. Hinsichtlich der Kosten für die Versetzung der Lokomotioremise
(1783 Fr. 13 Età.). 1. Mit Unrecht beruft sich der Bundesrat für die
Entfernung-, dieses Postens aus dem Baukonto zunächst auf Art. 5 Abs. 1
Rechnungsgefetz, laut dem nach Eröffnung des Betriebes die--

Kosten der Ergänzungs-: und Neuanlagen . dem Baukonto nur

belastet werden dürfen, wenn dadurch eine Vermehrung oder wesentliche
Verbesserung der bestehenden Anlagen und Einrichtungen erzielt wird. Denn
die vorliegende Ausgabe ist nicht nach Eröffnung des Betriebes- und
nicht zur Bestreitung einer Ergänzungs-

oder Neuanlage gemacht worden, sondern für die Erstellung der-

Bahn-i im Sinne von Art. é Abf. 1 Rechnungsgesetz.

Das ist ohne weiteres klar, wenn man die Reinach-MünsterBahngesellschaft
für sich allein ins Auge fasst und absieht von-s ihrer nachherigen Fusion
mit der Seetalbahngesellschaft. Damit sie die Linie Reinach-Münster voll
erstellen und den Betrieb auf ihr eröffnen konnte, musste sie ihr Geleise
an die Bahnhofanlage in Reinach und daselbst an das Gekeife der Seetalbahn
anschliessen, und das war, wie unbestritten, nur dadurch möglich, dass die
bis-: herige Lokomotivremise der Seetalbahn versetzt und damit Platzfür
die Einfahrt der Reinach-Münster-Bahn geschaffen wurde.... Die Kosten,
die der Reinlich-MÜnfter-Bahngesellschaft aus der von ihr vorgenommenen
Versetzung und Herstellung des Geleife-s anschlnfses und der Einsahrt
erwuchsen, sind solche der anfänglichen Bahnanlage.

Daran ändert nun auch die spätere Fusion der beiden Gesellschaften
nichts, und zwar auch dann nicht, wenn, wie der Bundesrat geltend
macht, die Ausführung der fraglichen VersetzungsundAnschlussarbeit
erst nach ihr stattgefunden hat. Dieser Umstand vermag der
genannten Arbeit den Charakter einer für die Erstellung und den
Betrieb der Linie Reinach-Münster notwendigen nicht nachträglich zu
nehmen. Dass die Hauptlinie der Seetalbahngesellschaft, zu deren Bau
diese sich seinerzeit als Konzessionsinhaberin konstituiert hatte,
bei der Ausführung der Arbeit schonerstellt und in Betrieb war, ist
unwefentlich Denn die LinieReinach-Münster bildet, wenn auch nunmehr
im Besitze der Seetalbahngesellschaft, doch Gegenstand einer besondern
Konzefsion,XII. Rechnungswesen der Eisenbahnen. MMS. 829

und sie stellt ein besonderes Bauund Rückkaufsobjekt dar. Sie ist
deshalb für sich gesondert und nicht als Teil des Gesamtnetzes der
Seetalbahngesellschaft zu betrachten, soweit es sich fragt, welche der
bei ihrer Erstellung gemachten Aufwendungen Anlagekosten nach Art. 4
Rechnungsgesetz seien. Demgemäss wird denn auch über sie eine besondere
Banrechnnng neben der für die Stammlinie geführt offenbar infolge einer
kraft Art. 3 Rechnungsgefetz erteilten Anordnung des Bundesrates und
jedenfalls mit Billignng dieser Behörde

2. In zweiter Linie beruft sich hier der Bundesrat auf die litt. c des
Art. 9 Rechnungsgesetz, wonach nicht auf Baukonto getragenwerden dürfen:
die Subventionen oder Beiträge an andere Eisenbahnen, sowie an Strassen,
Brücken und Gebäude, welche ausserhalb des eigenen Bahngebietes liegen
oder im Eigentum Dritter verbleiben, und zwar auch dann, wenn solche Werke
von der Bahnunternehmung selbst aus eigene Kosten ausgeführt werden-. Es
lässt sich hier zunächst fragen, ob man es bei der vorliegenden Auslage
mit einer Snbvention oder einem Beitrage im Sinne dieser Bestimmung
zu tun habe, insofern diese Begriffe voraussetzen, dass durch die
Leistung der Bahn an das betreffende Werk die Interessen eines Dritten
gefördert werden sollen, während es sich hier nur darum handelt, ohne
Schädigung eines Drittinterefses, desjenigen der Seetalbahugesellschaft,
das Jnteresse der Reinach: Münster-Bahngesellschaft an der Ermöglichung
des Geleiseanschlusfes zu befriedigen. Auf alle Fälle ist aber zu sagen,
dass. nicht jedes Werk, das ausserhalb des eigenen Bahngebietes ausgeführt
wird oder im Eigentum Dritter verbleibt, unter die Bestimmung fällt. Jhr
allgemeiner Wortlaut mag zwar diese Aus- legung zulassen Allein sachlich
ist sie unhaltbar-, da es nicht angeht, vom Anlagekapital stets und
vorbehaltlos alles auszuschliessen, was für ausserhalb des Bahngebiets
liegende oder im Dritteigentum befindliche Einrichtungen aufgewendet
worden ist. Denn solches Einrichtungen können zu den unumgänglichen
Bestandteilen der Bahnanlage gehören oder für die Eröffnung des Betriebes
notwendig sein, und wollte man alsdann die Buchung des dafür Verauslagten
auf Baukonto verweigern, so läge darin eine dem Konzefsionsinhaber
nachteilige unzulässige Einschränkung des irr

(830 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

Art. 4 Rechnungsgesetz aufgestellten Grundsatzes-, dass alles-, was "für
die Erstellung der Bahn aufgewendet wurde, diesem Konto belastet werden
darf. Freilich behält Art. 4 Abs. 1 den Art. 9 und damit auch die litt. c
dieses Artikels vor. Aber die Einengung wenn nicht bloss Präzisierung
, die er durch diese Bestimmung erfährt, liegt nur darin, dass vom
Baukonto die Aufwendungen für Arbeiten usw. ausgeschlossen werden, die
nicht für die Bahnanlage selbst und ihre anetriebsetzung, sondern für
Einrichtungen usw. gemacht wurden, die damit in einem bloss mittelbaren,
nähern soder entfernteren Zusammenhang stehen (s. auch bundesrätL
Botschaft zum Gesetze loc. cit. S. 62). Von solchen Aufwendungen und
nur von ihnen lässt sich sagen, dass der Konzessionsinhaber sie nicht
für das eigentliche Rückkaufsobjekt, die Bahnanlage, gemacht habe,
und dass sie daher, weil nicht in die Rückkaufssumme einzubeziehen,
auch nicht auf Bankonto zu buchen seien, zumal da sder Mehrwert, der
mit ihnen durch Hebung der Rentabilität der Linie, durch Erleichterung
des Betriebes usw. hat geschaffen werden wollen, häufig kaum bestimmbar
oder problematisch ist. Hier ist saber kein solcher Fall, sondern einer
des Art. 4 gegeben: Denn wie gesagt, gehörte die vorgenommene Versetzung
der Remise und die Einrichtung des Auschlusses zum vollständigen Ausbau
der Linie Reinach-Münster und war sie für die Betriebseröffnung dieser
Linie notwendig. Zudem ist auch durch die vorgenommenen Arbeiten der
Anlagewert der Linie in einem bestimmten Punkte erhöht worden, nämlich
durch die tatsächlich geschaffene, in Form eines Besitzstandes rechtlich
gesicherte Möglichkeit, die Züge auf dem Gebiete der Nachbarlinie in den
Bahnhof Reinach einzuführen und den Verkehrsanschluss zu bewerkstelligen.

Nach all dem ist also der Rekurs in diesem Teile gutzuheissen tbund das
Begehren der Rekurrentin um Belassung der 1783 Fr. 18 Cts. im Baukonto
zu schützen.

III. Hinsichtlich der Bauzinse auf dem Aktienkapital von 18,852 Fr.

Es steht zunächst fest, dass bei der Konstituierung der
Reinachsslliiünstewälsahngesellschaft (3. August 1904) eine
Auszahlung von Bauzinsen an die Aktionäre nicht beschlossen wurde, die
Gesellschaftsesiatuten eine solche nicht vorsehen und überhaupt irgend
ein Gesell- X"Rechnungswesen der Eisenbahnen. N° 102. 831

schasksbesfhkuss in diesem Sinne nicht ergangen ist. Die Rekrukrentin
halt aber all das für unnötig, indem sie geltend macht: Art. 4 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 4 - 1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
1    Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
2    Wenn die Vertragschliessenden oder ihre Bevollmächtigten sich persönlich des Telefons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.

Rechnungsgesetz gestatte, indem er die Vorschrift .-·des Artsz630 Abs. 2
OR erweitet-e, die Belastung des Baukontos mit Aktienzinsen nicht nur,
wenn die Auszahlung gemäss seiner Vorschrift der Statuten, sondern auch
wenn sie gemäss Vertrag( stattgefunden habe. Hier nun sei sie gemäss
dem Vertrages erfolgt, den die Reinach=Mfinster=Bahngesellschaft
am 3. August 1904, unmittelbar nach ihrer Konstituierung, mit der
·Seetalbahngesellschaft abgeschlossen hat.

Demgegenüber ist zunächst zu bemerken, dass es sich bei der Auszahlung
von Bauzinsen an die Aktionäre um ein RechtsverIshaltnis interner Natur
der Aktiengesellschaft handelt, um Rechte der einzelnen Gesellschafter
als solcher gegenüber der Gesellschaft Die Begründung dieser Rechte
erfolgt also durch einen Rechtsakt der die gegenseitigen Beziehungen von
Gesellschaftern und Gesell- sschaft Segen. Die wohl begrifflich notwendige
Form dieses Rechts·aktes ist aber die des Gesellschaftsbeschlusses,
während ein Vertrag zwischen den Aktionären und der bereits konstituierten
Gesellschaft d. h. zwischen den Organen der letztern und ihr selbst sich
kann; cdenfen lässt. Ein solcher Vertrag liegt denn auch hier tatsächlich
rntcht vor, da derjenige vom 3. August 1904 zwischen der Gesellkschaft
und einem Dritten, der Seetalbahn, abgeschlossen wurde. Für ssich allein
konnte dieser Vertrag ein Recht der Aktionäre auf Auszahlung von Bauzinsen
nicht begründen, da er unfähig war, die Internen gesellschaftlichen
Beziehungen zu verändern, wozu es einer 4W1llensäusserung der zuständigen
Gesellschaftsorgane bedürft hatte. Zudem wird im genannten Verträge nicht
von einer Zinszahlung san die Aktionäre gesprochen, sondern von einer
Verzinsung des von der Seetalbahngesellschaft zu liefernden Baukapitalsz
und wenn diese Gesellschaft nach dem fraglichen Verträge als Rückzahlung
sfür das Baukapital Aktien empfangen soll, so ist zu bemerken, sdass das
gesamte Aktienkapital der Reinach=Mfinster=58ahngesell= schaft laut dem
Protokoll über die vorangegangene konstituierende Generalversammlung
bereits gezeichnet war, so dass es sich gegenüber der Seetalbahn um
Bezahlung nicht sowohl vonAktiem als Even Darlehenszinsen handeln konnte.

AS 34 u 1908 54

832 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberste
Zivilgerichlsinstanz.Jm übrigen braucht die Frage, wiefern bei der
Ausbedingungx von Aktienzinsen ein Vertrag die statutarische Festsetzung
oder densonstigen Gesellschaftsbeschluss zu ersetzen vermag, nicht näher
er:örtert zu werden. Immerhin darf bemerkt werden, dass der Ausdruck
Vertrag" in Art. 4 Abs. 3 Rechnungsgesetz wesentlich auf-;Versprechen sich
bezieht, die vor der Gründung der Gesellschaft in Emissionsprospekten
usw. gegenüber den spätern Aktionären gemacht werden (vgl. auch die
bundesrätL Botschaft zum Gesetz loc. cit. S. 59).

Damit erweist sich das Begehren der Rekurrentin, den frag-· lichen
Posten von 18,852 Fr. unter dem Titel bezahlter Aktienzinse im Baukonto
zu belassen, als unbegründet, da es an einer rechtsgültigen Ausbedingung
solcher Zinszahlungen nach Art. 4Abs. 3 fehlt.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Rekursbegehren betreffend die Subventionen von 180,000 %n und die
Bauzinsen von 18,852 Fr. werden abgewiesen, dasjenigebetreffend die
Kosten für die Versetzung der Lokomotivremise vom 1783 Fr. 13 Cts. wird
gutgeheissen und die Belastung des Bau-: kontos mit diesem Posten als
zulässig erklärt.B. Entscheidungen des Bundesgerichts als einziger
Zivilgeriehtsinstanz. Arrèts rendus par le Tribunal fédéral comme
instanee unique en matière civile.I. Zivilstreitigkeiten Zwischen Kantonen
einerseits und. Privaten oder Korporationen anderseits. Diflérends de
droit civil _ entre des cantone d'une part et des partieuliers ou des
corporations d'autre part.

103. girrt-il vom 16. Dezember 1908 in Sachen Haut-m Megan, KL, gegen
Muniz. Yheinsasilinm, Si.-E., Bekl.

Klage des Staates gegen eine konzessiom'eri . e Unternehmung M Nachzapiung
von Koezesszonsaògaben. Geffentlich rechtliche fNatur. Nwhtanwendbarkezt
der K ompetenzbestimmung des Art. 52 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 4 - 1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
1    Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
2    Wenn die Vertragschliessenden oder ihre Bevollmächtigten sich persönlich des Telefons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.
OG.

Das Bundesgericht hat da sich ergeben:

Mit Klage vom 16. November 1908 hat der Regierungsrat ges antonsyzargau
namens dieses Kantons gegen die A.-G. er weiz. einsalinen in Rheinfelden
beim Bandes eri t d Rechtsbegehren gestellt: g ch ai

Die Beklagte sei zu verurteilen, dem Kläger an Konzessionsabgabe sur
die Jahre 1890 und 1891 zusammen 30,000 Fr. nachzuzahlen, samt Zins zu
5'3/0 seit 1. Januar 1908.