800 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

stanzliches Urteil vor; der Zivilpunkt hatte gar nicht mehr den-.
Gegenstand der Beurteilung des angefochtenen Urteils zu bildenEs fehlt
also hier an einem anfechtbaren Entscheide. Eine selbst- ständige Berufung
hinsichtlich der Kosten ist nach bekanntem Grundsatze ausgeschlossen; das
Kostendispofitiv ist übrigens auf Grunddes Entscheides im Strafpunkte
erfolgt. Ebenso hängt die Abweisung des Konfiskationsbegehrens
aufs engste mit der Entscheidung im Strafpunkte zusammen Die ganze
Berufung bezwecktdenn auch offensichtlich nichts anderes als eine
erneute Prüfung des Prozesse-s durch das Bundesgericht (I. Abteilung)
als Berufungsinstanz, die zu einem vom Entscheide des Kassationshosess
abweichenden Resultate führen soll. Das ist aber schon im Hinblickauf die
gegenseitige Stellung der verschiedenen Abteilungen des Bundesgerichts
zu einander ausgeschlossen Der Ausspruch des Kassationsbofes, dass
der Beklagte sich der behaupteten Verletzung des Urheberrechtsnicht
schuldig gemacht habe, muss hiernach auch für das Bundesgericht als
Berufungsinstauz zum mindesten tatsächlich bindend sein (vgl. auch
BGE 32 I S. 186 ff. Erw. 3); eine erneute Prüfung der grundsätzlichen
Frage der Verletzung des Urheberrechts,. die der Kläger Choudens will,
ist ausgeschlossen; hierüber liegt auch für den Zivilpunkt res judicata
vor; erkannt:

Aus die Berufungen wird nicht eingetreten.

99. Eli-teil vom 6. Yovember 1908 in Sachen Trilliqu, KI. u. Ber.-Kl.,
gegen Rtteugeselllchast ErmiBrandt & frère, Bekl. u. Ver-BekrBerufung,
Zulässigkeit. Sie ist unzulässig gegen Schiedsspf'üohe,

auch rote-Fee zweiter Instanz. Art. 58 OG. Das Bundesgericht hat da
sich ergeben:

A. Der Kläger war bei der Rechtsvorgängeriu der Beklagten,.

der Kollektivgesellschaft Louis Brandt & frère, Uhrenfabrik in Viel,
Nachtwächter gewesen und erhob im März 1907 gegenüber der-XI. Organisation
der Bundesrechtspflege. N° 99. 80}

Beklegten Anspruch auf Bezahlung von Überstunden Am 19. April 1907 kam
zwischen den Parteien ein Kompromiss zustande, welcher u. a. folgende
Bestimmungen enthielt:

Sämtliche aus dem Vertragsverhältnis des Jakob Trittibach zu der
früheren Firma Louis Brandt & frère und deren Rechtsnachfolgerin
abgeleiteten streitigen Ansprüche des Trittibach sind schiedsgerichtlich
zu beurteilen. Als Schiedsrichter bezeichnen die streitenden
Parteien den Gerichtspräsidenten von Biel, z. Z. Hm. Man Neuhaus,
Fürsprecher in Bies. Der Schiedsrichter leitet die Prozessiustruktion
nach den Grundsätzen des ordentlichen Verfahrens, wie dasselbe im
bem. Zivilprozessgesetz von 1883 umschrieben ist. Der Schiedsrichler
urteilt in gleicher Weise und ohne an eine Frist zur Urteilsfällung
gebunden zu sein, über die Streitpunkte als erste Instanz und es bleibt
den Parteien das Recht der Appellation (Berufung) an die zuständigen
oberen Jnstanzen ausdrücklich vorbehalten (§ 379 Abs . 2 P). Die Parteien
sind von der Beobachtung der Grundregeln der Eventualmaxime entbunden. Sie
haben sich jedoch aller Weitläufigkeiten bei Folge der Auserlegung
der dadurch verursachten Kosten möglichst zu enthalten. Zustellungen,
Ladungen und Eröffnungen jeder Art geschehen durch eingeschriebeuen Brief
der die entsprechende Beilage übermittelt. Die Protokollauszüge über die
Verhandlungen während der Instruktion können von den Parteien ausgefertigt
werden und verdienen vollen Glauben, wenn sie vom Justruktionsrichter
unter-zeichnet ober von den Parteien selbst bezw. ihren Anwalten vidimiert
sind. Weitere Vereinfachungen des Verfahrens können im Laufe desselben
formlos konveniert werden

Gesiützt auf diesen Kompromiss erfolgte am 6. Juni 1907 seitens des
Trittibach Klage im Schiedsgerichtsverfahrentl mit dem Rechtsbegehren:

1. Die Société anonyme Louis Brandt &: frère sei zu verurteilen, dem Jakob
Trittibach die im Ansstellungsvertrag vom 15. Januar 1898 vorgesehene
Vergütung für sogen. Überstunden im Verhältnis zur jeweiligen Lohnung
zu leisten ,eventuell:

Die Beklagte sei zu verurteilen, dem Kläger die im Anstellungsvertrag vom
15. Januar 1898 vorgesehene Vergütung für sogen. Überstunden im Verhältnis
zum dort vorgesehenen Taglohn mit je 45 Ets. für die Stunde zu leisten.

802 A. Entscheidungen des Bnudesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

2. Der dem Jakob Trittibach für sogen. Überstunden durch die Société
anonyme Louis Brandt & frei-e geschuldete Betrag sei gerichtlich
festzustellen und seit 8. März 1907 als 5% Zins tragend zu erklären. si

Der Kläger erklärte, einen Betrag von über 2000 Fr. zu fordern.
Die klägerischen Ansprüche seien schiedsgerichtlich zu beurteilen; es
werde auf die Kompromissurkunde verwiesen, welche von den Parteien und
dem amtierenden Schiedsrichter erster Instanz- unterzeichnet sei.

B. Nachdem der Gerichtspräsident von Biel mit Entscheid vom 13, Mai
1908 die Klage im Betrage von 2033 Fr. 10 Cis. gutgeheissen hatte,
erkannte am 23. September 1908, infolge Appellation der Beklagten,
der Appellationsund Kassationshof des Kantons Bern wie folgt:

Jn Abänderung des schiedsgerichtlichen Urteils ist der Kläger mit seinen
Rechts-begehren abgewiesen.

C. Gegen dieses Urteil hat der Kläger unter Beilegung einer Rechtsschrift
die Berufung an das Bundesgericht zu ergreifen erklärt, mit dem Antrag
auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Entscheides.

D. Die einschlägigen Bestimmungen der bernischen Zivilprozessordnung
(revidiertes Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zwil-
rechtsstreitigkeiten vom 2. April 1883) lauten:

§ 379 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2: Hat der Gegenstand des Streites den Wert,
durch welchen die Zulässigkeit der Appellation bedingt ist, so kann bei
der Übertragung zum Sprache die Weiterziehung an den Appellationsund
Kassationshof vorbehalten werden.

Haben die Parteien die Appellation uicht ausdrücklich vorbehalten,
so ist solche beim Schiedsspruche in keinem Falle zulässig.

è 373 Satz 1: Die gerichtlichen Behörden des Kantonssind verpflichtet,
jede innert der Grenzen des § 368 erfolgte Ubertragung zum Schiedsspruche
anzunehmen.

Dazu § 368: Nur Streitigkeiten über Rechtsgegenstände, in betreff
welcher den Parteien das willkürliche Verfügungsrecht zusteht, können
von diesen der Beurteilung durch Schiedsrichter unterworfen werden;
--XL Organisation der Bundesrechtspflege. N° 99. 803

in Erwägung:

î. Wie stets erkannt wurde (vergl. AS 12 S. 144, 22 S. 89 und S. 1064,
23 S. 831), ist die Berufung an das Bundesgericht gegen Schiedsfprüche
nicht zulässig, da dieselben nicht als kautonale Haupturteile im Sinne
von Art. 58 OG erscheinen.

Nun steht im vorliegenden Falle zunächst ausser Frage und wird speziell
auch in der Berufungserklärung anerkannt, dass der Entscheid des
Gerichtspräsidenten von Viel d. d.18. Mai 1908 sich als Schiedsspruch
qualifiziert. Fraglich ist nur, ob das gleiche auch vom Entscheide des
Appellationsund Kassationshofes d. d. 23. September 1908 gelte. Diese
Frage ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsklägers ebenfalls
zu besahen.

Allerdings hatten die Parteien, wenn auf die zweite oben sub A
wiedergegebene Bestimmung des Kompromisses abgestellt wird, nur den
Gerichtspräsidenten von Biel als Schiedsrichter bezeichnet, wie denn
auch in den Bestimmungen des Kompromisses über das Verfahren formell
nur von den Funktionen des Schiedsrichters die Rede war. Allein
abgesehen davon, dass dann in der Klage ganz allgemein bemerkt wurde,
die klägerischen Ansprüche seien schiedsgerichtlich zu beurteilen,
hatten sich die Parteien in jenem Kompromiss ausdrücklich das Recht der
Appellation im Sinne von § 379 der kantonalen ZPO vorbehalten und es war
demgemäss der Gerichtspräsident von Biel als erste Instanz bezeichnet
worden Darnach konnte aber der Appellationsund Kassationshof nur als
zweite schiedsrichterliche Instanz, also nicht in seiner Eigenschaft
als ordentliches staatliches Gericht urteilen.

Anders würde es sich verhalten, wenn im Kanton Bern gegenüber allen
Schiedssprüchen der Entscheid des obersten kantonalen Gerichtshofes
angerufen werden könnte. Dies ist jedoch nach der zitierten Bestimmung der
Zivilprozessordnung nicht der Fall, sondern es bedarf nach derselben eines
ausdrücklichen Vorbehaltes der Parteien, ein Vorbehalt, welcher materiell
der Ernennung eines zweitinstanzlichen Schiedsrichters gleichkommt

Dass übrigens im vorliegenden Falle auch nach der Auffassung der
Klagpartei die zweite Instanz ebenfalls als Schiedsgericht zu urteilen
hatte, ergibt sich aus dein Umstande, dass der Gerichts-

804 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
zivilgerichtsinstanz.

präsident von Biel in der Klage (vergl. oben sub A am Schlusse)
ausdrücklich als Schtedsrichter erster Instanz bezeichnet worden war, was
doch die Existenz eines Schiedsrichter zweiter Instanzfix voraus-setzte

2. Qualifiziert sich demnach der angefochtene Entscheid des
Appellationsund Kassationshofes, ebenso wie derjenige des Gerichts-
präsidenten von Viel, als ein Schiedsspruch, so ist eine Berufung an
das Bundesgericht nach dem eingangs erwähnten Grundsatze im vorliegenden
Falle ausgeschlossen

Hieran wird auch dadurch nichts geändert, dass sich die Parteien im
Komvromiss die Appellation an die zuständigen obern Jnstanzen vorbehalten
hatten, worin vielleicht die Absicht lag, sich auch die Möglichkeit einer
Anrufung des Bundesgerichts zu sichern. Als staatlicher Gerichtshof kann
das Bundesgericht, wie bereits ausgeführt wurde, die Berufung nicht an die
Hand nehmen; als dritte schiedsrichterliche Instanz kann das Bundesgericht
aber deshalb nicht urteilen, weil es überhaupt (vergl. AS 18 S. 504,
20 S. 864) als solches zur Ausübung schiedsrichterlicher Funktionen
ebensowenig berechtigt wie verpflichtet ist und weil insbesondere das
OG keine den §§ 373 und 379 der bernischen Zivilprozessordnung analogen
Bestimmungen enthält, ganz abgesehen davon, dass speziell im vorliegenden
Falle die Bestimmungen des Kompromisses über Entbindung der Parteien
von den Grundsätzen der Eventualmaxime, über Zustellungen, Ladungen und
Eröffnungen, über Ausfertigung von Protokollauszügen durch die Parteien,
namentlich aber über die Möglichkeit, weitere Vereinsachungen des
Verfahrens im Laufe desselben sormlos zu konvenieren, für das Verfahren
vor Bundesgericht nicht passen würden; --

erkannt: Auf die Berufung wird nicht eingetreten-XI. Organisation der
Bundesrechtspflege. N° 100. 805

3100. Arrét du 12 novembre 1908 dans la cause Fame, def., dem. rec. el
rec., c. Fama, dem def.?ssec. et int.

Becours en réforme ; recevabilité. Reoours contre un jugement en matière
de divorce et pronongant, d'une part, IS divoree, mais renvoyant
l'affaire, en ce qui concerne les effets du divorce, à la première
instance cantonale. Violation de l'art. 49 ,art. 2 loi fed. sur le
mariage, Suspension du recours en 'réforme. '

Vu le jugement rendu par le Tribunal cantonal valaisan, *siégeant
comme Cour civile, le 9 juillet 1908, lequel prononce: 1. Le mariage
contracté le 25 février 1886 par devant l'officier de l'état civil du
Xe arrondissement de Paris entre Adolphe-Sigismond-Dionigi Fama, né à
Saxon le 3 avril 1850 et Miriame-GabrieHe-Lia Dreyfus, née à Paris le
10 décembre 1864, est djssous per le divorce.

2. La demoiselle Andree Fama est confiée à la garde du pere.

3. M. Adolphe Fame. paiera les frais d'entretien complet s de darne Fama,
jusqu'au moment où, la question des ins téréts civils étant liquidée,
elle aura repris possession de d

eyes

sen patrimoine, sur Ia base des mesures provisionnelles

prises pendant le procès par le Juge instructeur selon ju- gement du i
février 1907. Il pajera de plus le montant ' de fr. 300 par an jusqu'à
la meme époque pour la. garde robe de dame Fama et autres accessoires.

La. cause est renvoyée en première instance pour in situation et
jugement sur les efiets du divoree concernant * les biens des époux,
en tant qu'il n'en &. pas été statué par le present jugement.

4. (Frais judicie ires.)

5. Toutes les autres conclusions des parties sont ecar te'es. '

Vu le recours en reforme interjeté aupres du Tribunal fédéral en date du
12 septembre 1908. par dame Fama, contre ce jugement du 9 juillet 1908,
en méme temps que contre les trois jugements i-ncidentels qui l'ont
precede, des