60 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.

mit Grund als vorhanden betrachten können. Dann kann aber auch die
Klaufel in Biff. 5 des Bestellscheins der Berufung der Refun-enim auf
am. 59 BV nicht im Wege stehen. Das angefochtene Urteil ist daher wegen
Verletzung diefer Verfassungsbeftimmung aufzuheben (vergl. Urteil des
Bundesgerichts vom 3. Oktober 1907 in Sachen Thiévent*, ferner AS 26 I
S. 185, 442 Erw. 2, 32 I S. 647); erkannt:

Der Nekurs wird gutgeheissen und demgemäss der Entscheid des
Gerichtspräsidenten I Bern vom 29. Oktober 1907 aufgehoben.

* AS 331Nk. m s. 736 fl. (Anm. d. Red. j. Paèl.)

V. Gesetzgebungsrecht des Bundes betreffend. das Obligationem-echt, etc.
Attributions lég-islatives de la Confédération en matière de droit
des obligations.

Vergl. Nr. 5 und 13.II. Schuidhetreibung und Konkurs. N° 10. 61

Zweiter Abschnitt. Seconde section.

Bundesgesetze. Lois fédérales.

M

I. Persönliche Handlungsfàhigkeit. Capacità civile.

Vergl. Nr. 3.

II. Sehuldbetreibung und Konkurs. Poursuite pour dettes et faillite.

10. guten vom 30. Januar 1908 in Sachen Nestlé and Anglo-Swiss Condensed
Milk Company

gegen Yroiestantisehe sachgemeinde des Danks-ne Jug (@Bergericht 51m).

Rückforderung bezaher Steuern, gestützt qui Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG.Rekm's gegen
Inkempetenzee-klärung der Gerge-Este ; Kompetenz des Bundesgerichts,
Art. 189
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
Unterabsatz zu Aps. 2 ( Abs. 3) OG: Gerichtsstandsfrage. Art. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 2 - 1 In jedem Betreibungskreis besteht ein Betreibungsamt, das vom Betreibungsbeamten geleitet wird.
1    In jedem Betreibungskreis besteht ein Betreibungsamt, das vom Betreibungsbeamten geleitet wird.
2    In jedem Konkurskreis besteht ein Konkursamt, das vom Konkursbeamten geleitet wird.
3    Jeder Betreibungs- und Konkursbeamte hat einen Stellvertreter, der ihn ersetzt, wenn er in Ausstand tritt oder an der Leitung des Amtes verhindert ist.
4    Das Betreibungs- und das Konkursamt können zusammengelegt und vom gleichen Beamten geleitet werden.
5    Die Kantone bestimmen im Übrigen die Organisation der Betreibungs- und der Konkursämter.

UebergWgsbestzmmung-en"zmBV. Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG statuiert nicht die
Zuldsségkeit der Rückforderung; öfl'entlicierechtlicher Forderungen auf
dem Bechis-wma.

A. Die Rekurrentin, die Nestlé and Anglo-Swiss Condensed Milk Company
in Cham hatte für die Jahre 1904 Find 1905 am 4. Januar und 12. April
1906 infolge Petretbung und Rechtsöffnung der Rekursbeklagten, der
Proteftannschen Kirchge-

62 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. Il. Abschnitt. Bundesgesetze.

meinde des Kantons Bug, 1793 Fr. 80 Cis. Kirchensteuern und Kosten
bezahlt. Mit Klage vom 18. August 1906 belangtes sie die Rekursbeklagte
gestützt auf Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG beim Kantonsgericht Zug auf Rückzahlung dieses
Betrages, indem sie geltend machte, dass sie die fraglichen Kirchensteuern
nicht schuldig sei. Durch Urteil vom 10. April 1907 erklärte sich das
Kantonsgericht inkompetent zur Behandlung der Klage der ,Rekurrentin, und
auf Beschwerde der letztern bestätigte das Obergericht Zug am 9. Oktober
1907 dieses Urteil. Die Begründung beider Gerichte geht dahin: Mit der
Klage werde vom Richter einematerielle Überprüfung der Frage verlangt,
ob die Rekurrentin der Rekursbeklagten gegenüber in den Jahren 1904 und
1905 kirchensteuerpslichtig gewesen sei. Der Entscheid über diese Frage
falle aber nach zugerischem Recht in die ausschliessliche Kompetenz der
Administrativbehörden, in deren Befugnisse der Richter nicht eingreifen
könne.

B. Gegen dieses Urteil hat die Nestlé and Anglo Swiss Condensed Milk
Company den staatsrechtlichen Rekurs ans Bundesgericht mit dem Antrag auf
Aufhebung ergriffen. Es wird ausgeführt, der Anspruch auf Rückzahlung
nicht geschuldeter Steuern sei zivilrechtlicher Natur, wofür auf AS 1
S. 46 Erw. 3 verwiesen werde. Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG statuiere ausdrücklich das
Recht der Rückforderungsklage, wenn infolge Betreibung bezahlt worden
sei. Die willkürliche Verneinung der Kompetenz durch die zugerischen
Gerichte involviere daher eine Rechtsverweigerung. '

C. Die Protestantische Kirchgemeinde des Kantons Zug hat aus Abweisung
des Rekurses angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Rekurrentin beschwert sich nicht wegen willkürlicher Verletzung
tantonalen Rechtes sie behauptet nicht, dass nach zugerischem Recht für
den mit der Klage erhobenen Anspruch auf Rückzahlung der fraglichen
Steuern wegen mangelnder Schuldpflicht der Rechtsweg offen steht ,
sondern sie macht ausschliesslich geltend, dass die zugerischen Gerichte
nach Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG die Rücksorderungsklage hätten behandeln sollen
und dass sie sich in Missachtung der genannten bundesrechtlichen Norm
unzuständig erklärt hätten. Die Kompetenz des Bundesgerichts für diese
Be-ll. Schuldbetreihung und Konkurs. N°10. 63

schwerde ergibt sich aus Art. 189 Abs. 3 QG, wonach der Rechtssprechung
des Bundesgerichts in allen Fällen die Gerichtsstandsfragen vorbehalten
find. Die Frage, ob Art. 86 leg. cit. auch für die Rückforderung
von Steuern und dergl, d. h. von öffentlichen Leistungen, die infolge
Betreibung bezahlt worden sind, gilt, ob für solche Resiitutionsansprüche
nach dem Betreibuugsgesetz der ordentliche Rechtsweg offen steht, ist
freilich keine Gerichtsstandsfrage im eigentlichen, engem Sinn. Doch
versteht die Praxis unter Gerichtsstandsfragen gemäss Art. 189 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172

OG nicht nur Fragen der örtlichen Zuständigkeit, sondern, nach einein
etwas weitern Sprachgebrauch, auch solche der sachlichen Zuständigkeit
der Gerichte (AS 25 I S. 30 Erw. 1, S. 437 Erw. L;, 22 S. 379 Erw. 1;
vergl. auch Reichel, Kommentar zum OG, Nr. 3 zu Art. 189). Mit einer
Frage der letztern Art hat man es aber hier zu tun, da streitig ist,·ob
Art. 86 dem ordent=si lichen kantonalen Richter eine sachliche Kompetenz
im angegebenen Sinn verleiht und ob darnach die zugerischen Gerichte
die Klage der Rekurrentin hätten beurteilen sollen.

Man kann vorliegend die Kompetenz des Bundesgerichts auch aus Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
der
Übergangsbestimmungen der BV herleiten: in der Beschwerde der Relurrentin
liegt nämlich die Behauptung, dass die zugerischen Gerichte, statt
sich nach Art· 86 leg. cit zuständig zu erklären, sich nach kantonalem
Recht unzuständig er:klärt hätten, dass also die derogatorische Kraft
des Bundesrechts

im Verhältnis zum kantonalen Recht verkannt sei (AS 32 I

S. 657 (SZ-rw. 2).

2. Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG statuiert das Recht auf Rückforderungsfinge im
ordentlichen Prozessweg (innerhalb eines Jahres seit der Zahlung), wenn
infolge Betreibung eine Nichtschuld bezahlt worden ist. Gemäss ihrer
allgemeinen Formulierung ist man bei erster Betrachtung versucht, die
Bestimmung auch auf den Fall zu beziehen, da jemand eine nicht geschuldete
öffentliche Leistung infolge Betreibung bezahlt hat. Doch ergibt nähere
Uberlegung, dass dies nicht die Meinung des Gesetzes sein kann.

Der Anspruch auf Rückzahlung von öffentlichen Leistungen, insbesondere
Steuern, gehört jedenfalls da, wo die Schuldpflicht in Abrede gestellt
wird, nach allgemeiner Anschauung dem öffentlichen Recht un; denn die
Begründung des Anspruchs erfolgt in

64 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. Il. Abschnitt. Bundesgesetze.

erster Linie aus der öffentlichrechtlichen Tatsache des
Nichtrerpflichtetseins, und dieser Klaggrund bildet die Kernfrage des
Rückforderungsstreites, neben der andere Klaggründe die geschehene Zahlung
2c. , die man als privatrechtliche betrachten mag, durchaus zurücktreten
(die in AS 1 S. 48 Erw. 3 angedeutete gegenteilige Auffassung ist nach
dem gesagten unhaltBar). Jst aber der fragliche Anspruch publizistischer
Natur, so wird er nach allgemeiner Regel im Zweifel in die Zuständigkeit
der administrativen Behörden fallen und vom Rechtsweg ausgeschlossen sein,
es sei denn, dass der letztere nach positiver fante: naler Vorschrift
oder auch zufolge einer ständigen Praxis als zulässig erscheint. Jn
der Tat steht in einer Reihe von Kantonen für die Rückforderung nicht
geschuldeter Steuern der Rechtsweg ofer (s. z. V. für Zürich, Streuli,
Kommentar zum Rechts'pflegegesetz S. 21 Nr. 8, Supplement dazu S. 8
Nr. 13), während dies in andern nicht der Fall ist (z. B. Bern, s. ZbJV
1904 S. 356). Nach der gedachten Auslegung des Art. 88 leg. cit. wäre
also für einen kantonalen öffentlichrechtlichen Anspruch, zum Teil
entgegen dem kantonalen Recht, von Bundeswegen der Rechtsweg geöffnet.

3. Offentliche Ansprüche des Staates, der Gemeinde usw. werden aller
Regel nach geltend gemacht auf Grund einer behördlichen Verfügung, eines
Verwaltungsaktes, der die Zahlungs.pflicht ausspricht. Bei Steuern ist
die Steuerveranlagung diese verbindliche Feststellung der dem einzelnen
obliegenden Steuers-fliehn Der öffentliche Anspruch wird rechtskräftig
und (definitiv) dollstreckbar, wenn der betreffende Verwaltungsakt
vom Pflichtigen nicht mehr angefochten werden kann. Nimmt man bei
der Auslegung des Art. 86 leg. cit., wonach diese Bestimmung auch für
die Rücksordernng öffentlicher Leistungen gilt, an, dass der darnach
angerufene ordentliche Richter an die Rechtskraft des die Zahlungspflicht
aussprechenden Verwaltungs-altes nicht gebunden sei, d. h. unabhängig
davon die Frage der Schuldpflicht selbständig untersuchen könne, so hätte
man es hiebei mit einem tiefgreisenden Eingriff des Bundesgesetzgebers
in die Organisation der .kantonalen Gerichtsund Administrativbehörden
und in die Abgrenzung der Zuständigkeiten beider zu tun. Dann hätte es
näm-ll. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 10. 65-

lich der Pflichtige in der Hand, in jedem Falle, wo infolge Betreibung
bezahlt worden ist, durch Erhebung der RücksorderungsPlage eine
richterliche Überprtifung der öffentlichrechtlichen Tatsache der
Schuldpflicht, namentlich der Steuerpflicht, herbeizuführen, ohne
Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang das kantonale Recht eine solche
richterliche Kontrolle der Verwaltung vorsieht, die Anrufung des Richters
bei der Bestreitung publizistischer Ansprüche und bei der Rücksorderung
solcher gestattet. Und dieser Eingriff wäre durch die Kompetenznorm in
Art. 64
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 64 Forschung - 1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30
1    Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30
2    Er kann die Förderung insbesondere davon abhängig machen, dass die Qualitätssicherung und die Koordination sichergestellt sind.31
3    Er kann Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben.
BV, die dem Bund die Gesetzgebung über das Betreibungswesen
und das Konkursrecht zuweist, nicht gedeckt; denn eine Klage auf
Rückzahlung öffentlicher-, infolge Betreibuug erfolgter Leistungen
mit weitester richterliche-: Kognition in der angegebenen Bedeutung
würde sich, weil über die Vollstreckungszwecke weit hinausgehend,
nicht mehr als betreibungsrechtliches Institut darstellen. Auch
ist nicht ersichtlich, welche zwingendenpraktischen Gründe den
Bundesgesetzgeber zu einer derartigen Uberschreitung seiner Kompetenz
veranlasst haben sollten. Deshalb darf aber auch Mangels bestimmter
dringender Anhaltspunkte, nur wegen des allgemeinen Worttanks, der
Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG nicht im Sinn eines solchen Eingriffs in die Organisation
der kantonalen Behörden und die Ordnung ihrer Zuständigkeiten verstanden
werden. Die generelle Fassung des Art. 86 erklärt sich daraus, dass der
Gesetzgeber bei dieser Bestimmung die öffentlichrechtlichen Ansprüche,
die ebenfalls durch Betreibung zu vollstrecken sind (Art. 43, 80 Abs. 2,
AS 22 S. 654) aus den Augen verloren hatte, wie ja das SchKG bei der
nähern Ausgestaltung des Verfahrens nach verschiedenen Richtungen auf
die öffentlichrechtlichen Ansprüche und die Vesonderheiten, die sich aus
ihrer Natur ergeben sollten, keine Rücksicht nimmt (s. die Verhandlungen
des schweizer. Juristenvereius 1907 S. 63 f.).

4. Auch in der beschränkten Bedeutung, dass der Richter an die
rechtskräftigen Verfügungen der Verwaltungsbehörden gebunden ist und nicht
selbständig über die Stenerpflicht befinden farm, ist die Zulässigkeit
des Rechtsweges für die Rückforderung von öffentlichen Forderungen
(unter Bestreitung der Schuldpflicht) nicht aus Art. 86 leg. cit. zu
folgern. Die Kognition des Richters--

AS 34 1 1908 5

66 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetze.

wäre hiebei in Ansehung der Schuldpslicht auf die Frage beschränktf ob ein
vollstreckbarer, d. h. rechtskräftiger Verwaltungsakt vorlag; er hätte
also bei unterlassenem Rechtsvorschlag die dem Rechtsösfnungsrichter
nach Art. 80 Abs. 2 obliegende Prüfung nachzuholen und bei erfolgter
Rechtsöfsuung den Entscheiddes Rechtsöfsuungsrichters zu über-prüfen
Eine Rückforderungsklage in solch begrenztem Sinn liesse sich mit
Rücksicht auf den Zusammenhang mit dem Vollstreckungsverfahreu bei weiter
Auslegung vielleicht unter die Kompetenznorm des Art. 64
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 64 Forschung - 1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30
1    Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30
2    Er kann die Förderung insbesondere davon abhängig machen, dass die Qualitätssicherung und die Koordination sichergestellt sind.31
3    Er kann Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben.
BV bringen
Aber ein wirkliches Bedürfnis nach einer derartigen Komplikation
des Verfahrens kann nicht als vorhanden anerkannt werden. Da,
wie bereits bemerkt, die Betreibung der öffentlichen Forderungen,
zumal der Steuern, aller Regel nach auf Grundvon rechtskräftigen
Verwaltungsakten geschieht und bei Zweifeln über die Rechtskraft der
die Schnldpflicht bestreitende Betriebene fast immer Rechtsvorschlag
erheben wird, würde die Rückforderungsklage nur in den seitesten Fällen
Erfolg haben. Sie würde kaum eine irgendwie wirksame Garantie gegen
unbegründetes öffentlichrechtliche Ansprüche Und deren Vollng bilden,
sondern lediglich zu unnötigen Weiterungen und Kosten Anlass geben.
Und da nun nichts in Art. 86, ber, wie hervorgehoben, offenbar nur die
Rückforderung privatrechtlicher Zahlungen im Auge hat, darauf hinweist,
dass bei öffentlichrechtlichen Ansprüchen eine Restitutionsklage unter
besonderer beschränkter Kognition des Richters zulässig sein foll,
rechtfertigt es sich, die Geltung dieser Bestimmung für die Rückforderung
publizistischer Leistungen (wegenf be- haupteter Nichtschuld)
Überhaupt abzulehnen. (Vergl. auch Entscheide des Obergerichts und des
Regierungsrates Bern, Monatsblau für bem. Rechtsor. 1894 S. 301, 1897
S. 398; ZbJVs 1904 S. 356.)

Aus dem gesagten ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid,. der die
Kompetenz der zugerischen Gerichte für die Klage der Rekurrentin verneint,
mit em. 86 SchKG nicht in Widerspruch stehn

Demnach hat das Bundesgericht _ erkannt: Der Rekurs wird
abgewiesen.ll. Schuldhetreihung und Konkurs. N° 11. 67

11. glrteil vom 5. Februar 1908 in Sachen g. Eiseuhntsgeigasn gegen
Regierung-rat gppmzelr ;).-311).

Art. 86 SehKG' Das Erfordernis einer der Kl " ' , . age vor a trema-ng
uerstöst gegen Bundesrecht. g ngzgen Be

A. Durch Entscheid des Gerichtspräsidenten des Hinterlandes Appenzell
A.-Rh., vom 8. Dezember 1906, wurde dem J. JMöller in Necker auf Grund
eines Verlustscheines gegen den Rekurrenten desinitive Rechtsössnung
erteilt für den Betrag von 4042 Fr. 80 Ets. nebst Zins. Der Rekurrent
bezahlte dem Möller diesen Betrag am 26. Mai und 3. Oktober 1907. Am
18. Oktober 1907 richtete der Rekurrent folgende Eingabe an das
Vermittleramt Herisau: Da ich gegen J. J. Möller in St. Gallen eine
Rückforderungsklage nach Massgabe des Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG zu erheben habe,
so ersuche ich Sie, auf Montag, den 28. OktoBet .vormittags einen
Vermittlungsvorstand anzuordnen. Das Vermittleramt sandte ihm die
Eingabe mit der Bemerkung zurück: Wie Ihnen schon früher mitgeteilt,
muss in Forderungssachen der betreffende Zahlutrgsbefehl die Grundlage
zur Vermittlung-Zuerhandlung bilden- Îlber diesen Cntscheid beschwerte
sich der Reknrrent beim Regierungsrat von Appenzell A.-Rh., der die
Beschwerde am 26. November 1907 mit folgender Begründung abwies:
Sowohl die Zivilprozessordnung wie auch eine konstante Gerichtspraxis
verlangten für das ordentliche Verfahren in Zwilsachen ein für den
Rechtsanspruch grundlegende-Z Aktenstück, einen Zahlungsbefehl oder
ein Rechtsbot mit erfolgtem Rechtsidee-schlag Ausgenommen hievon seien
lediglich die Genugtuungsund Ehescheidungsbegehren. Es werde in dieser
Hinsicht speziell auf die Art.1
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 1 Gegenstand - Dieses Gesetz regelt das Verfahren vor den kantonalen Instanzen für:
a  streitige Zivilsachen;
b  gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
c  gerichtliche Angelegenheiten des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts;
d  die Schiedsgerichtsbarkeit.
, 2
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 2 Internationale Verhältnisse - Bestimmungen des Staatsvertragsrechts und die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 19873 über das Internationale Privatrecht (IPRG) bleiben vorbehalten.
, 38
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 38 Motorfahrzeug- und Fahrradunfälle - 1 Für Klagen aus Motorfahrzeug- und Fahrradunfällen ist das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei oder am Unfallort zuständig.
1    Für Klagen aus Motorfahrzeug- und Fahrradunfällen ist das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei oder am Unfallort zuständig.
2    Für Klagen gegen das nationale Versicherungsbüro (Art. 74 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dez. 195823; SVG) oder gegen den nationalen Garantiefonds (Art. 76 SVG) ist zusätzlich das Gericht am Ort einer Zweigniederlassung dieser Einrichtungen zuständig.
, 39
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 39 Adhäsionsklage - Für die Beurteilung adhäsionsweise geltend gemachter Zivilansprüche bleibt die Zuständigkeit des Strafgerichts vorbehalten.
und 41
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 41
ZPO verwiesen, die
nur insoweit durch das Betreibungsgesetz ersetzt seien, als sie damit
im Widerspruch stünden. Art. 41 sage deutlich, dass der Vermittler die
Parteien erst nach erfolgtem Rechtsvorschlag zur Vermittlung laden
solle. Ein Rechtsvorschlag aber setze einen Zahlungsbefehl oder ein
Rechtsbot voraus. Die praktische Bedeutung dieser Bestimmung sei