120 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsvertràge.
Vierter Abschnitt. Quatrième section.
Staatsverträge der Schweiz mit dem Ausland,
Traités de la Suisse avec l'étranger.
D I --
Auslieferungsverfirag mit Oesterreich-Ungarn.. Traité d'extradition
avec I'Autriche-Hong'rie.
18. am vom zzgnàxz 1906 in Sachen giebt.
Stellung des Ausläeferwzgsm'chters Zier Schuldfmge. AMI-Lieferungwegen
Bigamie. Art. i ; 2, Abs. 1 Z. 10 Aufl. Vertrag zwischen der Schweiz
and OesterreichrU-ngmm. Art. 1 Abs. 2 gori.; Oester-r. StGB EUR208;
zürch. StGB § i i 8. Art. i Abs. 3 Aufl.-Vertrag ; Gestern SEGB §
36; zùrch. SZGB g 3 litt. @. Die Bigamie ist nach zùrch. SSGB kein
Dauerdelikt, züvrch. StGB 53l itt. a.
Das Bundesgericht hat, da sich ergeben:
A. Mit Note vom 26. Februar 1906 hat die k. k. österreichischungarische
Gesandtschaft in der Schweiz beim schweizerischen Bundesrate die
Auslieferung des in Zürich wohnenden österreichischen Staatsangehörigen
Josef Riedt nachgesncht, gestützt auf einen Steckbrief des
f. f. Kreisgerichts Eger (Böhmen) vom 18. Dezember 1905, worin
Riedl als des Verbrechen-Z der Doppelehe nach § 206 StGB dringend
verdächtig bezeichnet wird. Das Auslieferungsbegehren bernft sich aus
Art. 2 Biff. 10 des Staatsvertrages zwischen Osterreich-Ungarn Und der
Schweiz vom 10. März 1896. Aus den ihm beigelegten Akten ergibt sich
fol-Auslieferungsvertrag mit Oesterreich-Ungarn. N° 18. 12}
gender Tatbestand: Der im Jahre 1870 geborene Josef Riedl, von Graslitz
in Böhmen, katholischer Konfession, wurde am 15. August 1896 mit der
ebenfalls katholischen Marie Schramek in Wien, wo er sich damals als
Komptoirist aufhielt, ehelich getraut. Am 4. März 1898 bewilligte
das k. k. Bezirksgericht Josefsstadt in Wien den Ehegatten Riedl
die einverständliche Scheidung vonTisch und Bett. Am 26. Juni 1905
ging Jofef Riedl vor dem Standesbeamten des Bezirks Fulham in der
Grafschaft London die Ehe ein mit Petronella Lnisa Augusta Bahn-kein
Der von Riedl oorgewiesene Trauschein bezeichnet diesen unter der Rubrik
"Condition" als geschiedenen Gatten der Maria Riedl, vormals Schramek,
gibt jedoch seine Staatsangehörigkeit und Konfession nicht an. Er trägt
die Beglaubigung der Unterschrift des Standesbeamten durch das deutsche
Generalionsulat in London und darunter die amtliche Bestätigung des
f. f. österreichisch-ungarischen Generalkonsulates in London, dass das
Dokument ein nach englischem Gesetze gültiger Heiratsschein sei.
B. Der Angeschuldigte Riedl, welcher auf Grund des erwähnten Steckbriefes
am 2. März 1906 in Bin-ich, wo er laut Bescheini-. gnng des städtischen
Zentralkontrollbureaus seit dem 16. April 1904 ununterbrochen seinen
Wohnsitz hatte, verhaftet worden war, hat sich der Auslieferung
widersetzt, mit der Begründung: Vorab habe er seine zweite Ehe in
guten Treuen abgeschlossen, d. h. er sei der Meinung gewesen, dass nach
englischen Gesetzenein zu Tisch und Bett getrennter österreichischer
Staatsangehöriger eine neue Ehe gültig eingehen könne, und habe
dem Stande-samt in London über seine Verhältnisse getreuen Ausschluss
erteilt, es fehle ihm somit der zum Verbrechen der Doppelehe erforderliche
Dolus. Sodann seien die österreichischen Gerichte zur Verfolgung dieses
Verbrechens nicht kompetent, weil es allfällig nicht in Osterreich
sondern in London, eventuell auch in Zürich begangen wäre. Endlich
sei die Auslieferung nach dem angerufenen Staatsvertrage auch aus dem
Grunde nicht zulässig, weil die Bigamie· nach § 118 des zürcherischen
StGB nur mit Arbeitshaus bis zu fünf Jahren (desfen Minimum gemäss §
7 daselbst sechs Monate sei) bestraft werde, während die Auslieferung
nur zu gestatten sei, wenn die Strafe im Minimum ein Jahr betrage.
122 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsverträge.
C. Die schweizerische Bundesanwaltschaft gelangt in ihrem sGutachten zu
dem Schlusse, es sei dem Auslieferungsbegehren zu entsprechen; --
in Erwägung:
1. Nach feststehender Praxis hat sich das Bundesgericht als
Auslieferungsgerichtshof im Sinne des Art. 23 und 24 des BG
betr. die Auslieferung gegenüber dem Auslande, vom 22. Januar 1892,
mit der Frage, ob sich der Auszuliefernde des Vergebens, auf welches
sich das Auslieferungsbegehren bezieht, schuldig gemacht habe, ob
insbesondere die subjektiven Erfordernisse für seine Verurteilung
vorliegen, nicht zu befassen, sondern vielmehr, neben den Formalien des
Auslieferungsverfahrens, welche hier zu keiner Bemerkung Anlass geben,
materiell nur zu prüfen, ob hinsichtlich der dem Auszuliefernden
zur Last gelegten Handlung die Voraussetzungen für die Gewährung
der Auslieferung nach Massgabe des zitierten Bundesgesetzes, eines
einschlägigen Staatsvertrages oder einer Gegenrechtserklärung gegeben
seien. Demnach fällt vorliegend der Einwand des Angeschuldigten, dass ihm
der zu seiner Verurteilung erforderliche Dolus fehle, als unerheblich
ohne weiteres ausser Betracht Dagegen ist zu untersuchen, ob die
Auslieferungsbedingungen zutreffen, welche der für den Fall massgebende
Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Osten-eithUngarn,
vom 10. März 1896, in Art. 1 Abs. 1-3 aufstellt. Und zwar hat diese
Untersuchung von Amtes wegen zu geschehen, ohne Rücksicht darauf,
ob von dem Angeschuldigten entsprechende Einwendungen erhoben werden,
da in diesem Auslieferungsverfahren, wie das Bundesgericht bereits in
seinem Auslieferungsentscheide vom 21. Oktober 1903 in Sachen Thieme
(Erw. 3} festgestellt hat, nicht nur die Rechte des auszuliefernden
Individuums gegenüber dem die Auslieferung nachsuchenden Staate, sondern
auch die Rechte des um die Auslieferung ersuchten Staates zu prüer und
zu wahren find.
2. Nun bestreitet der Angeschuldigte vorab mit Recht nichtdass ein
Auslieferungsdelikt im Sinne des Art. 1 Abs. 1 des genannten Vertrages in
Frage stehe. In der Tat erfüllt der Tatbestand, auf den sich die gegen ihn
eingeleitete Strafverfolgung stützt, die Begriffsmerkmale der in Art. 2
Ziff. 10 des VertragesAusheferungsvertrag mit Oesterreich-Ungarn. N°
18. 123
unter den Auslieferungsdelikten ausgeführten strafbaren Handlung
der mehrfachen Che (a polygamie ), welche natürlich die zweifache
Che, bezw. Bigamie, wie sie der im Haftbefehl angerufene §206 des
österreichischen Strafgesetzes, sowie § 118 des StGB für den Kanton
Zürich (Ausgabe vom 6. Dezember 1897) mit der wesentlich identischen
objektiven Begriffsbeftimmung sdes Abschlusses einer neuen Ehe seitens
einer bereits anderweitig gültig verehelichten Person unter Strafe
stellen, begrifflich in sich
schliesst. Denn die vom Angeschuldigten im Jahre 1896 mit
Marie Schraniek in Wien eingegangene, zweifellos rechtsgültige Ehe
war im Zeitpunkte seines zweiten, laut der erwähnten Bescheinigung des
österreichischen Generalkonsulates ebenfalls rechtsgültigen Eheabschlusses
mit Petronella Bayerlein in London, am 26. Juni 1905, nicht aufgelöst,
da die Scheidung der Ehegatten Riedl-Schramek von Tisch und Bett durch
den Beschluss des f. k. Bezirksgerichts Josessstadt in Wien, vom 4. März
1898, gemäss i§ 111 des österreichischen allgemeinen BGB, wonach das Band
einer gültigen Ehe zwischen katholischen Personen nur durch den Tod des
einen Ehegatten getrennt werden kann, diese Wirkung nicht hatte und die
geschiedene Frau Marie Riedl-Schramek, wie
aktenmässig feststeht, am Tage jenes zweiten Eheabschlusses des
Angeschuldigten noch am Leben war.
3. Ferner ist auch die Voraussetzung des Art. 1 Abs. 2 des
Auslieferungsvertrages gegeben, wonach die Auslieferung nur wegen solcher
strafbaren Handlungen stattzufinden hat, welche in der Gesetzgebung des
die Auslieferung begehrenden, sowie des um die Auslieferung ersuchten
Staates mit einer einjährigen Freiheitsstrafe oder mit einer schwereren
Strafe bedroht sind. Die Strafe der zweifachen Ehe (Bigamie) ist nämlich
laut § 208 des österreichischen Strafgesetzes Kerker von einem bis auf
fünf Jahre und laut § 118 des zürcherischen Strafgesetzbuches, das als
Recht des Verhaftungsortes des Angeschuldigten schweizerischerseits
massgebend ist, Arbeitsbaus bis zu fünf Jahren, wobei das Minimum,
gemäss § 7 daselbst, allerdings nur sechs Monate beträgt. Allein dieser
letztere Umstand wird vom Angeschuldigten mit Unrecht zur Bestreitung
der Auslieferungspflicht angerufen. Seine Argumentation, dass die
vorstehende Vertrags-
124 A. Staatsrechtliehe Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsverträge
bestitnmung bei Erwähnung der einjährigen Freiheitsstrafe als· Strafgrenze
das Strafminimum im Auge habe, verträgt sich schlech-
terdings nicht mit dem Wortlaute des Originaltextes jener Be--
stimmung: L'extradition n'aurs. lieu que pour une action pnmssable qui,
d'après la legislation de I'Etat requérantss et_de l'Etat requis, peut
entraîner une peine d'un an d'em ; prisonnement ou une peine plus grave.
Denn die Wenung {, . . . peut entraîner . . . win t u der Au
dass· die Möglichkeit der Berhängung zeinerg eiizijährigen FÎÎÎZÎÎÎ
strafe, d. h. eben wie die Bundesanwaltschaft zutreffend geltend;îcîèt
(v dals hgesetzlidche Firafmaximum vons dieser Höhe,.
er.1eu as ee· "' ' '
Mime, Eng 4). z r its erwahnte Prajudiz in Sachen
4. Endlich fällt da das fragliche Auslieferungsdelikt in. England,
durch den Abschluss der zweiten Ehe in London somit in einem dritten
Staate, begangen worden ist noch die Be-f stimmung des am. 1 Abs. 3
des Auslieferungsvertrages in Betracht, welche die Zulässigkeit der
Auslieferung für solche Fälle an die Bedingungen knüpft, dass
&. die Gesetzgebungen beider Vertragssiaaten die gerichtliche Verfolgung
des Delikts e ' verübt worden ist, und . g statten, auch wenn es im
Auslande-
b. es dem um die Auslieferung ersuchten Staate nicht obliegt den
Delmquenten vor seine eigenen Gerichte zu stellen oder an die Regierung
desjenigen Staates auszuliefern, auf dessen Gebiet die strafbare Handlung
begangen worden ist.
Nun ist das Zutreffen der Voraussetzung sub. ]it.a mit der
Bundesanwaltschaft ohne weiteres zu besahen Denn der Einwand des
Angeschuldigtem dass Osterreich zu seiner Aburteilung mangelsetnes
mlandischen Begehungsortes des ihm zur Last gelegten Verbrechens nicht
kompetent sei, wird widerlegt durch die Vorschriftdes§ 36 osterr. StG,
wonach ein Untertan des österreichischen Katsertums Verbrechen, die
er im Auslande begangen hat beiBetretung im Jnlande der offenbar die
vom Auslande, bewilligte Auslieferung gleichzustellen ist nach dem
österreichischen Gesetz, unter Einrechnung der allfällig bereits im
Auslande für das Verbrechen erlittenen Strafe, zu bestrafen isf. Und
das SIGBAuslieferungsverirag mit Oesterreich-Ungarn. N° 18. 125
des Kantons Zürich statuiert eine ähnliche Strafverfolgungsmöglichkeit,
indem laut seinem § 3 danach zu beurteilen find: c. andere (sc. als die
unter der voraufgehenden lit. b erwähnten, ausserhalb des Kantons gegen
diesen oder dessen Angehörige bekgangenen) Verbrechen und Vergehen, welche
ausserhalb des Kantons von Angehörigen desselben begangen worden sind,
sofern .die zuständige auswärtige Behörde im Falle der Nichtausliefe..rung
die hierseitige Beurteilung verlangt."
Was sodann die Voraussetzung unter lit. b oben betrifft, so besteht
jedenfalls eine Verpflichtung der Schweiz zur Auslieferung des
Angeschuldigten an England wegen des in London vollzogenen Abschlusses
der zweiten Ehe nicht, da der geltende Auslieferungsvertrag zwischen
der Schweiz und Grossbritannien vom 26. Nomember 1880 das Verbrechen
der Bigamie nicht als Auslieferungsdelikt vorsieht. Allein auch zu
eigener Beurteilung des Angeschuldigten ist die Schweiz nach richtiger
Auslegung des massgebenden zürcherischen Strafrechts nicht verpflichtet
Für diese Verpflichtung könnte nur die allgemeine Kompetenznorm des 5
3 lit. a StGB des Kamons Zürich in Betracht fallen, laut welcher nach
dem Gesetze zu beurteilen sind alle auf dem Gebiete des Kantons Von
Jnländern oder Ausländern verübten Verbrechen. Der Kanton Zürich wäre
also gegebenen Falls zu strafrechtlichem Einschreiten verpflichtet,
sofern nach dem in Frage stehenden Sachverhalte das Verbrechen der
Bigamie im Sinne des § 118 StGB auch auf dem Kantonsgebiete begangen sein
sollte. Die Beantwortung dieser Frage hängt ab vom Entscheide darüber,
ob der Tatbestand der Bigamie als mit der Eingehung der zweiten Ehe
abgeschlossenoder aber weiterhin auch durch die blosse Tatsache des
Fortbestehens der Doppelehe konsumiert zu betrachten ist Nun spricht die
fast ausschliesslich herrschende moderne Strafrechtstheorie speziell die
Doktrin der deutschen, mit der zürcherischen wesentlich übereinstimmenden
Strafrechts-Kodifikation der Bigamie im Sinne der ersteren Alternative
den Charakter eines fog. Dauerdeliktes ab (Vergl. z. V. Garraud, Traité
du droit pénal frangais, V S. 178 Ziffer 1900; Hälschner, Lehrbuch des
gemeinen deutschen Straf-rechts II S. 478/79; Binding, idem, besonderer
Teil I § 157 S. 108 Ziffer 4; v. Liszt, idem,
126 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsverträge.
13. Aufl. S. 238 und 392; Olshausen, Komm. z. ReichsSMB, Anm. 5 zu § 171;
Entsch. d.Reichs-Ger. 15 S. 261/62), Und dieser allgemein herrschenden
Auffassung gemäss ist, in Ermangelung einer abweichenden kantonalen
Gerichtspraris, auchdas zürcherische StGB auszulegen, für welches
allerdings Zürchers Kommentar (Amu. an. 4 zu § 118) den gegenteiligen
Standpunkt vertritt. Für jene Auffassung streitet nämlich vorab in
nur-erkennbarer Weise der Wortlaut des § 118, wonachein Ehegatte, welcher
im Bewusstsein . . . . eine neue Ehe eingeht-C sich der Bigamie schuldig
macht. Dazu aber kommt hauptsächlich noch folgende Erwägung: Von einem
Dauer-delikt kann, wie die zitierten Autoren, insbesondere Hälschner,
annehmen, nur die Rede sein, wo sich der verbrecherische Wille des Täters
jederzeit neu verwirklicht, wo die Fortdauer des vom Täter geschaffenen
rechtswidrigen Zustandes durch seinen fortgesetzthierauf gerichteten
Willen bedingt ist. Dies trifft jedoch bei der Bigamie nicht zu. Denn
bei diesem Delikt in seiner angegebenen Bedeutung ist der rechtswidrige
Wille des Täters mit der Eingehung der zweiten Ehe zur abschliessenden
Verwirklichung gelangt.. Der durch diese Willensverwirklichung erzeugte,
allerdings fortdauernd objektiv rechtswidrige Zustand ist vom fernern
Willen des Täters wesentlich unabhängig; er besteht kraft des Gesetzes
und kann nur nach Massgabe der einschlägigen Gesetzes-bestimmungen
(Auflösung der zweiten Ehe durch den Tod eines (Batten, eventuell
durch gerichtliche Richtigerklärung) wieder beseitigt werden. Folglich
kann das Bestehen dieses Zuftandes für sich allein zur Erfüllung des
gesetzlichen Straftatbestandes, der unzweifelhaft einenschuldhaften Willen
(rechtswidrigen Vorsatz) des Täters erfordert, nicht genügen. Der Umstand,
dass nach verschiedenen Strafgesetzgebungeu, so insbesondere auch nach §
118 Abs. 2 StGB des Kantons gerne), die Verjährung der Strafversolgung
bezüglich der Bigamie ausnahmsweise nicht schon mit der Vollendung des
' strafbaren Tatbestandes, sondern erst mit dem Zeitpunkte zu laufen
beginnt, in welchem die eine der beiden Ehen aufgelöst oder für ungültig
erklärt worden ist," in welchem also der rechtswidrigeZustand ein
Ende nimmt, vermag die erörterte Auffassung nicht zu widerlegen. Denn
wenn die singuläre VerjährungsbesiimmungAuslieferungsvertrag mit
Oesterreich-Ungarn. N° 18. 127
auch ihren Grund in der Annahme des Gesetzgebers haben sollte, dass sich
die Bigamie als Dauerdelikt qualifizierte so wurde dies keineswegs, wie
Zürcher anzunehmen scheint, dazu zwingen, dasGesetz in diesem, seinem
Wortlaute nach dem gesagten gar nicht entsprechenden Sinne auszulegen,
da einem blossen Motiv des Gesetzgebers an sich, und namentlich im
Widerspruchelmtt dem Gesetzestexte, natürlich keine entscheidende
Bedeutung beizumessen ist (vergl. hier den bereits zitterten Entscheid
des Reichsgertchts). Die Befahung des Dauerdeliktes würde denn auch die
vom praktischen Standpunkte aus offenbar zu weitgehende Folge haben, dass
eine in Bigamie lebende Person während des Bestehens der beiden Ehen an
jedem Orte ihres Aufenthaltes ohne weiteres ftrasrechtlich belangt werden
könnte. Demnach ist die Verpflichtung des Kantons Zürich zur Verfolgung
des Angeschuldigten zu verneinen, und es erscheint damit die in Rede
stehende letzte Voraussetzung für die Zulässigkeit der Auslieferung
ebenfalls als gegeben. Folglich hat die Auslieferung des Angeschuldtgten
gemass Art. 24 des Bundes-Auslieferungsgefetzes stattzufinden; erkannt:
Die Einsprache des Josef Riedl gegen seine Auslieferung wird-
abgewiesen, und es hat die Auslieferung stattzufinden