598 A, Staate-rechtliche Entscheidungen. [. Abschnitt. Bundesverfassung.

voraussetzt. Es kann daher der streitige Gerichts-stand in Jenselaken
nicht auf ein allgemeines Domizil des Rekurrenten gestutzt werden. Es
lässt sich aber auch nicht, wie der Rekursbeklagte darzutun versucht,
aus einem besonderen Geschäftsdouiizil jenes ableiten. Denn der Begriff
des Geschäftsdomizils ist offenbar auf Musiker, die lediglich von ihren
Fachkenntnissen und -sähigkeiten Gebrauch machen, ohne damit zugleich
irgend eine kaufmannische Unternehmung zu verbinden wie z. B. Verkauf,
und Miete von Musikinstrumenter Musikalienhandlung ze. nicht anwendsban
Der Musiker übt als solcher einen künstlerischen Beruf ausî welcher
keinen äusserlichen Geschäftsbetrieb bedingt, wie er bei Unternehmungen
auf dem Gebiete des kaufmännischen Erwerbs lebens, bei gewerblichen,
landwirtschaftlichen oder Haiidelsgeschaften, regelmässig vorhanden
ist. Nur bei derartigen Unternehmungen hat die bundesgerichtliche Praxis
in Anwendung des Art: 59 BV ein vom allgemeinen Wohnsitz getrenntes
Geschäftsdomizil, bezw. eine geschäftliche Zweigniederlassung neben der
Hauptmederlassufng (Centrale) eines Geschäfts, anerkannt, im übrigen
aber eine Mehrheit gleichzeitiger Wohnsitze nicht zugelassen Und es
besteht kein zwingender Grund, von dieser Praxis abzuweichenz eine
weitere Fassung des Wohnsitzbegriffes im Sinne der in Rede stehenden
Verfassungsbesiimmung könnte, wenn sie auch vielleicht einzelnen
Anwendungsfällen gerechter würde, im ganzen doch leicht dazu führen,
die Garantie jener Verfassungsbestimmung in zu weitgehendem Masse
zu beschränken Demnach kann auch von einem blossen Geschäftsdomizil
des Rekurrenten auf Beatenberg und von Zusammenhang der Forderung des
Retursbeklagten mit einem solchen nicht die Rede sein. Vielmehr durfte
der Neiurrent für diese Forderung nur an seinem allgemeinen Wohnsitze, in
Montreux, belangt werden. Folglich ist die Anhandnahitie und Beurteilung
der fraglichen Streitsache durch das Gerichtsprasidium Interlaken als
im Widerspruche mit Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BV stehend aufzuheben. Bei dieser Sachlage
braucht auf die weiteren Argumente Tdes Rekursbekkagten nicht eingetreten
zu werden, insbesondere bedarf die Frage keiner Erörterung, ob auch
schon bei Annahme eines Geschäftsdomizils des Rekurrenten aus Beatenberg
die Zuständigkeit des Richteramts Jnterlaken ans Grund des §11 Bern.
CPO begründet wäre; -V. Kompetenz des Bundesgerichtes. N° 103. 599

erkannt:

Der Rekurs wird gutgeheissen, und damit das Erkenntnis vom flö. September
1905 samt dein zugehörigen Kompetenzund Be-

weisentscheid vom 5. September 1905 des Gerichtspräfidiums Interlaken
aufgehoben.

Vergl. auch Nr. 107.

V. Kompetenz des Bundesgerichtes.

Compétences du Tribunal fédéral.

103. Eztrait de i'arrèt du 22 ;décembre 1905 dans la cause Village Suisse
contre Henneberg et Allemand.

Competence du Tribunal fédéral pour nommer des arditi-es. Art. 52
ch. 1 OJF.

1. La mission et le pouvoir de nommer des arbitres ne rentrent pas dans
les attributions légales du Tribunal fédéral; celui-ci peut cependant
accepter cette mission, mais il kaut pour cela que let demande lui en
soit adressée par toutes les parties intéressées, ou tout au moins que
toutes les parties intéressées y consentent.

2. En l'espèce, la demande de nomination d'arbitres siest adressée au
Tribunal fédéral par une seule des parties en cause, la Société du Village
Suisse; l'autre partie, MM. Henneberg et Allemand, non seulement ne se
joint pas à la. demande, mais y fait formellement opposition. La, Société
du Village Suisse, & la vérité, invoque la clause XIV du contrat passé
entre parties le 10 aoüt 1898, ainsi conque: Toutes les contestations
qui pourra-Leut surgir entre la société et les entrepreneurs seront
tranchées souverainement et sans appel par trois arbitres nommés d'un
commun accord, sinon per le Tribunal fédéral. Mais cette clause, à elle

XXXI, !. 1905 39

600 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.

seule, ne suffit pas pour établir le ccnsentement de MM. Henneberg et
Allemand à la nomination d'arbitres demandée an Tribunal fédéral par
I'autre partie; elle établit seulement l'obligation, pour MM. Henneberg
et Allemand, de consentir à ce que les arbitres soient nommés par le
Tribunal fédéral, dans le cas et dans les conditions prévus en la dite
clause. Or, MM. Henneberg et Allemand, dans le cas present, contestent
cette obligation, et eontestent aussi que le cas et les condiditions
prévus par la clause compromissoire se rencontrent en l'espèce. Il faut,
dès lors, avant qu'il pnisse etre passe a la nomination des arbitres,
qu'un jugement ait prealahlement prononcé qu'il y a lieu à arbitrage
et que les a-rbitres doivent etre nommés conformément à l'art. XIV de
la convention. Or, un pareil jugement ne peut pas non plus, aux termes
de l'art. 52 chiff. 1° OJF, étre rendo par le Tribunal fédéral, attendo
que cette contestation n'est pas portée devant ini par les deux parties.

3. Dans cette situation, le Tribunal federal ne peut faire droit, en
l'état, à la nomination d'arbitres reqnise; il échet de laisser à la
diligence des parties le soin de nantir le juge competent, pour statner
sur leur désaccord.

Par ces motifs, le Tribunal federal décide : Il n'est pas donné suite
à. la, demande de nomination d'arbitres formée par la Société du Village
Suisse .YL Staatsrechtlicne Streitigkeiten zwischen Kantonen. N° 104. 601

VI. Staatsrechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen. Diffèrends de
droit public entre cantons.

104. Arke-il vom 18. @sstosset 1905 in Sachen Kann-n Thurgau gegen
Kanten Dittish-

Steuerdomizil einer bevormundeten Person, die sich ausserhalb des
Vor-mwdsclmfiskantons auf/edit. BG bet-r. civilr. Ver/;. d. N. u. A.,
Art. 4 Abs. 3; 17.

A. Die im Jahre 1863 gebotene, in Truttikon, Bezirk Andes: singen,
heimatberechtigte Elise Keller steht seit dem Jahre 1897 wegen geistiger
Erkrankung unter Vormundschaft Die Vormundschaft wird vom Gemeinderat
von Truttikon geführt, wo die Elise Keller bis zu ihrer Erkrankung
auch gewohnt hatte. Die letztere war von 1898 1900 in einer Anstalt in
Männedors, hernach in der kantonalen Jrrenansialt Burghölzli bei Zürich
untergeBrecht. Im März 1902 nahm sie ihre Stiefschwester, Frau Spiess in
KundolsingemWillisdorf bei Diessenhofen, im Einverständnis des Voruiundes,
Adam Bai in Truttikon, zu sich. Seither befand sich die Elise Keller bei
den Eheleuten Spies}, wo sie vom Vormund bisweilen besucht wurde. Bei
der Orisbehörde WillisdorfDiessenhosen sind auch ihre Ausweisschriften
deponiert, die ihr von der Gemeinderatskanzlei Truttikon ausgehändigt
wurden.

Ende 1904 wandte sich der Regierungsrat von Thurgau an denjenigen
von Zürich mit dem Gesnch, die Vormundschaft über Elise Keller sei an
die Waisenbehörde von Diessenhofen, als an die Behörde des Wohnorts
zu übertragen. Der Regierungsrat von Zürich lehnte dies ass, weil
Elise Keller in WillisdorsDiessenhofen kein rechtliches Domizil
habe. Der Regierungsrat von Thurgau wandte sich hierauf mit einem
zweiten Gesuch an denjenigen von Zurich, es möchte mit Rücksicht auf
das tatsächliche Domizil der Elise Keller in Kundolsingen-Willisdors
wenigstens das Steuerrecht des Kantons Thurgau anerkannt und die
Bormundschaftsbehörde angewiesen werden, das Kapitalvermögen des Mündels
daselbst zu versteuern. Auch dieses Gesuch wurde vom Regierungsrat von
Zurich unterm 22. Juni 1905 mit der