580 Civilrechtspflege.

allerdings die Kläger als Verleger angibt und ebenfalls die Kündworthsche
Übersetzung enthält, der musikalische Teil die Hauptsache, der Text die
Nebensache bildet; dass die Partitur die neuen deutschen Übersetzungen
als Eigentum der Verleger, d. h. eben der Firma Breitkopf & Härtel,
bezeichnet, der Beklagte daher wohl der Meinung sein konnte, mit der
Partitur auch das Vervielfältigungsrecht am Text erworben zu haben;
dass ein besonderer Vermerk in der Partitur, für den Nachdruck des
Textes bedürfe es besonderer Bewilligung der Kläger, fehlte; dass der
Beklagte sich den Text von der Ziircher Harmonie geben liess und auf
dem betreffenden Textbuch ebenfalls nur von einer Bewilligung der Firma

Breitkopf & Härtel die Rede war, und der Beklagte annehmen _

konnte, diese Bewilligung sei mit dem Erwerb sämtlicher für die Ausführung
nötigen Materialien seitens Breitkopf & Härtel miterworben, so kann von
einer groben Fahrlässigkeit nicht mehr gesprochen werden. Der Umstand,
dass die Harmonie Zurich vorsichtiger war als der Beklagte, indem sie
s. Z. die Bewilligung zum Nachdruck des Tertbuches mit der Klindworthschen
Ubersetzung von den Klägern erworben hatte, Vermag dem Beklagten nicht zu
schaden, da ihm diese Tatsache erst nach der Ausführung vom 10. Dezember
1903 bekannt geworden ist. Von diesem Gesichtspunkte aus ist daher,
in Gutheissung der Berufung, die Klage abzuweisen. Demnach hat das
Bundesgericht erkannt: Die Berufung wird als begründet erklärt und in
Aufhebung des Urteils des Dreiergerichts des Kantons Baselstadt vom
27. Juni 1904 die Klage abgewiesenVI. Fahrikund Handelsmarken. N° ?8. 581

VI. Fabrikund Handelsmarken.

Marques de fabrique.

76. gv,-tei! vom 7. Oktober 1904 in Sachen geerntet, Bekl. u.Ber.-Kl.,
gegen H. von am & Ste., Kl. u. Ber.-Bekl.

Nichtigkeitsktage gegen eine Marke gestützt darauf, dass sie die Marke
ames Dritte-n eerletze. Zulässigkeit der K lage und Akée'vlegétimaiéon.
Art. 6, Abs. 1} 27 Z. 1, 14 Z. 2 MSc-hè}.

Das Bundesgericht hat, da sich ergeben:

A. Durch Urteil vom 18. Mai 1904 hat die II. Appellationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich über die Rechtsfrage: Ist die
schweizerische Marke Nr. 15,781 Alpha zu löschen ?" erkannt:

Der Beklagte ist verpflichtet, die schweizerische Marke Nr. 15,781 Alpha
iöschen zu lassen.

B. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht eingelegt, mit dem Antrag auf
Abweisung der Klage.

C .....

D. In der heutigen Verhandlung erneuert der Vertreter des Beklagten
seinen Berufungsantrag.

Der Vertreter der Klägerin trägt auf Abweisung der Berufung an; --

in Erwägung:

1. Am 6. Mai 1889 war dem Freiherrn von Bechtolsheim ein eidgenössisches
provisorische-s Patent (Nr. 839) für eine Scheidezentrifuge erteilt
worden, und am 15. Dezember 1897 hatte eine Übertragung dieses Patentes
auf die Aktiebolaget Separator" in Stockholm stattgefunden Diese
Gesellschaft ist Inhaberin der schweiz. Wortmarke (Nr. 10,641) Alfa Laval
für Maschinen und Geräte für die Milchindustrie vom 16. Dezember 1898;
sie bringt die patentierte Scheidezentrifuge unter

582 Civilrechtspflege.

der Bezeichnung Alfa Separator in den Handel. Der Beklagte seinerseits
liess am 27. April 1903 unter Nr.15,781 die schweiz. Wortmarke Alfa
für Maschinen und Geräte für milchwirtschastliche Zwecke-, sowie Teile
derselben, und für milchwircschaftliche Produkte eintragen. Der Teilhaber
Sg. von Arr der klägerischen Firma stellte nun an der schweizerischen
landwirtschaftlichen Ausstellung in Frauenfeld (September 1903)
einen Separator" mit der Bezeichnung Aktiebolaget Separato];
Stockholm Alfa-Laval Patent, sowie auf einem Tableau angebrachte
und sonstige Ersatzteile zu Alfa-Separatoren aus und brachte auch
verschiedene auf den Alsa-Separator hinweisende Plakate öffentlich
an, wobei er sich auf einem solchen Plakat als Lieferant von Alfa:
Separatoren bezeichnete. Infolgedessen erhob der Beklagte gegen ihn
Klage wegen Verletzung des Markenschutzgesetzes, und durch Urteil des
Bezirksgerichts Frauenfeld vom Si. Dezember 1903 wurde .S}. von Arx
wegen Übertretung dieses Gesetzes verurteilt. Daraufhin leitete die
Firma die vorliegende Klage anf Löschung der Marke des Beklagten ein,
die sie damit begründete, Alfa sei Sachbezeichnung für die von der
Aktiebolaget Separator in den Handel gebrachten Scheidezentrifugen und
daher Gemeingut; eventuell sei die Marke Alfa deceptiv, indem sie mit der
der Aktiengesellschaft Separator angehörenden Marke Alfa Laval täuschende
Ähnlichkeit besitze. Der Beklagte hat der Klage gegenüber vorgebracht,
die Marke Alsa sei neu, alt sei nur die Marke Alfa Laval; eventuell
hat er die Legitimation der Klägerin zur Klage bestritten, da sie nicht
Rechte aus der Person eines Dritten der Aktiebolaget Separator herleiten
könne; endlich hat er geltend gemacht, die Separator-Gesellschast sei
mit der Verwendung der Marke Alfa durch ihn einverstanden. Demgegenüber
hat die Klägerin daraus hingewiesen, dass eine Übertragung einer Marke
ohne Übertragung des Geschäfte-s nach Art. 11
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 11 Gebrauch der Marke - 1 Die Marke ist geschützt, soweit sie im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen gebraucht wird, für die sie beansprucht wird.
1    Die Marke ist geschützt, soweit sie im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen gebraucht wird, für die sie beansprucht wird.
2    Als Gebrauch der Marke gelten auch der Gebrauch in einer von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form und der Gebrauch für die Ausfuhr.
3    Der Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Gebrauch durch diesen selbst.
MSchG unzulässig sei.

2. Während die erste Instanz die Klage abgewiesen hat, mit der
Begründung, der von der Klägerin zu führende Nachweis-, dass die Marke
Alfa" descriptiver Natur und daher Gemeingut sei, sei nicht geleistet,
ist die zweite Instanz zu ihrem eingangs mitgeteilten Urteile gelangt
gestützt auf die Erwägungen: Alfa" sei ursprünglich jedenfalls nicht
Sachbezeichnung und daher ein;Vl. Fabrikund Handelsmarken. N° 76. 583

markenfähiges Wort gewesen. Ob es dadurch zum Gemeingut geworden sei,
dass auch andere als die Gesellschaft Separator das Wort für von ihnen
fabrizierte Apparate von der Beschaffenheit der Alfa-Separatoren
benutzten, könne dahingestellt bleiben, da jedenfalls der Beklagte
kein Jndividualrecht auf die Marke "Alfa besitze, weil sie deceptiver
Natur sei und ein allfälliges Marken: recht nur der Aktiengesellschaft
Separator zustehen wlîrde. Auf die Einwilligung dieser Gesellschaft
zur Führung der Marke Alfa könne sich der Beklagte nicht berufen, weil
eine Geschäftsübertragung nicht stattgefunden habe und überdies ein
Verzicht dieser Gesellschaft auf ihr Markenrecht nicht vorliege. Die
Aktivlegitimation der Kiägerin endlich ergebe sich aus dem Interesse,
das die Klägerin schon wegen der gegen ihren Anteilhaber H. von Arx
erhobenen Strafklage an der Feststellung, dass dem Beklagten an der
Marke Alfa ein Markenrecht nicht zustehe, habe.

3. Auch heute hat der Vertreter des Beklagten in erster Linie an der
Bestreitung der Aktivlegitimation der Klägerin festgehalten und dafür
geltend gemacht, es handle sich bei der Gutheissung der Klage aus dein
von der Vorinstanz als entscheidend herangezogen-en Gesichtspunkt der
täuschenden Ahnlichkeit der Marke des Beklagten mit derjenigen der
Aktiengesellschaft Separator um die Zulassung einer Einrede ans dem
Rechte eines Dritten, eben dieser Gesellschaft, und das gehe nicht
an; im Gegensatz zu dem Falle, wo die Richtigkeit einer Marke wegen
Freizeichenqualitat behauptet werde, in dem allerdings gemäss dem
Entscheide des Bundesgertchts vom 30. März 1904 i. S. Bergmann & (Sie.
gegen Buchmann (A. S., XXX, T. 2, S. 122, Erw. 3) jedem Interessenten
die Klage auf Löschung zustehen müsse, handle es sich hier um eine
bloss relative Richtigkeit, eine Ansechtbarkett der Marke wegen eines
ihr entgegenstehenden Markenrechts, und diese Anfechtbarkeit könne
nur von dem Markenberechtigten selber, nicht von einem Dritten geltend
gemacht werden. Dieser Standpunkt steht von vornherein der Klage nicht
entgegen, soweit sie, wie-das vor den kantonalen Jnstanzen hauptsächlich
der Fall war, auf die Qualität des Wortes Alfa als Sachbezeichnung und
daher Freizeichen gestützt war. Ob die Klage von diesem Gesichtspunkt
aus begründet ist, könnte jedoch aus Grund der heutigen Aktenlage vom
Bundesgericht nicht beurteilt werden, da es an den

584 Givilrechtspflege.

zum Entscheide notwendigen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
hierüber gebricht. Es ist daher zu untersuchen, ob die Klage aus dem von
der Vorinstanz angeführten Grunde geschützt werden kann, und hier ist
in erster Linie die Prüfung der Aktiolegitimation der Klägerin notwendig

é. Nun ist dem Vertreter des Beklagten zuzugeben, dass sich der
heute zu entscheidende Fall mit dem durch Urteil vom 30. März 1904
entschiedenen Fall Bergmann & Cie. gegen Buchmann nicht vollständig
sondern nur insoweit deckt, als er die Zulässigkeit einer Klage auf
Löschung einer Marke, die nichts anderes bedeutet und bedeuten kann als
eine negative Feststellungsklage, ausspricht; des weitern aber sich in
der charakterisierten Weise von jenem Falle unterscheidetAllein dieser
allerdings vorhandene Unterschied führt nicht zu der vom Beklagten
beanspruchten Konsequenz der Verneinung der Aktiolegitimation der
Klägerin. Denn wenn die Klägerin die Richtigkeit der Marke des Beklagten
herleitet aus dem Grunde, dass sie das Markenrecht eines Dritten
verletze, in dieses Recht eingreife, und dass daher dem Beklagten ein
Markenrecht nicht zustehe, so macht sie nicht nur eine relative, nur
auf Antrag des Verletzten in casu der Aktiengesellschaft Separator
eintretende Richtigkeit oder Ansechtbarkeit geltend; sie behauptet
Vielmehr eine täuschende Ähnlichkeit der angefochtenen Marke mit einer
früher eingetragenen und besser berechtigten, und stützt sich damit
auf einen Rechtsgrund, der seinen Boden im öffentlichen Interesse
hat: eine rechtswidrige Marke ist nicht nur im Interesse des wirklich
Markenberechtigten, des Verletzten, nichtig, sondern sie ist es absolut,
in dem Sinne, dass aus ihr keine Rechte hergeleitet werden können und dass
ihr die Einrede der Richtigkeit von jedem Interessenten entgegengehalten
werden farm. Die Beschränkung des Klagrechts wegen Markenverletzung auf
den getäuschten Käuser und den Inhaber der Marke (Art. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
? Ziff. 1 MSchG)
steht dem nicht entgegen, da es sich nicht um eine Klage wegen Verletzung
des Markenrechts eines Dritten, sondern um die allerdings in der Form
einer Klage, aber einer negativen Feststellungsklage, geltend gemachte
Schutzbehauptung eines wegen Markenrechtsverletzung strafrechtlich
Verfolgten, die Marke, aus die sich die Strafverfolgung stützt, sei
nichtig, handelt. Auch Art. 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
Biff. 2 MSchG kann derVI. Fabrikund
Handelsmarken. N° 76. 585

Zulässigkeit einer solchen Nichtigkeitsklage und -Einrede nicht
entgegengehalten werden; denn wenn diese Bestimmung dem eidg. Amt für
geistiges Eigentum allerdings die Befugnis zur Lösrhung von Amtes wegen
nur bei solchen Marken giebt, die Gemeingut find, oder die gegen die
guten Sitten verstossen, von den rechtswidrigen Marken dagegen nicht
spricht, so erklärt sich dies wohl daraus, dass aller Regel nach zur
Löschung solcher Marken der wahre Berechtigte austreten wird und ein
Eingreifen des Amtes ex officio hier weniger notwendig erscheint; dagegen
will damit nicht die Einrede der Richtigkeit auch einer rechtswidrigen
Marke nur dem wahren Berechtigten gegeben sein, sondern die Bestimmung
schliesst nicht aus, dass jeder Jnteressent diese Einrede und gegebenen
Falls die darauf gestützte negative Feststellungsklage soll erheben
können. Aus diesen Gründen kann nicht von einer unzulässigen Einrede
ex jure tertii gesprochen und muss die Aktivlegitimation der Klägerin
anerkannt werden. (S. auch die Ausführungen bei Kohler, Recht des
Markenschutzes, S. 161.)

E). In der Sache selbst nun muss mit der Vorinstanz gesagt werden, dass
der Marke des Beklagten Alfa gegenüber derjenigen der Aktiengesellschaft
Separator Alfa Laval keine selbständige Bedeutung zukommt und dass sie
neben dieser nicht bestehen kann; der Beklagte hat denn auch schon Vor
der Vorinstanz anerkannt, dass ihm die Eintragung seiner Marke ohne
die Einwilligung der mehrgenannten Gesellschaft nicht möglich gewesen
wäre. Darin aber, dass die Übertragung der Marte dieser Gesellschaft auf
den Beklagten ohne Übertragung des Geschäftes nicht möglich gewesen sei,
ist der Vorinstanz ebenfalls lediglich beizustimmen, unter Hinweis aus
Art. 11
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 11 Gebrauch der Marke - 1 Die Marke ist geschützt, soweit sie im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen gebraucht wird, für die sie beansprucht wird.
1    Die Marke ist geschützt, soweit sie im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen gebraucht wird, für die sie beansprucht wird.
2    Als Gebrauch der Marke gelten auch der Gebrauch in einer von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form und der Gebrauch für die Ausfuhr.
3    Der Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Gebrauch durch diesen selbst.
MSchG, der sich daraus erklärt, dass Zweck der Marke ist, eine
Ware als aus einem bestimmten Geschäft, von einem bestimmten Produzenten
u. s. w. herriihrend, zu bezeichnen; --

L erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der II. Appellationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. Mai 1904 in allen Teiten
bestätigt.