504 Givilrechtspflege.

IV. Oblig'ationenrecht. Gode des obligations.

68. geriet! vom 1. Oktober 1904 in Sachen Dr. Haga, Bekl. u. Ber.-Kl.,
gegen Høukutsverwalluugk der Basler Eredttgesellschaft Kl. u. Ver-Bett

Klage der Konkursverwaltzmg einer Genus-Jenseitsfo auf Zahèu-ng
einer Kontakorrentschuld ; Kompensationseinrede des Beklagten aus
Scha-denersaäzfordeflrung gegen de'e Genossenschaft wegen betrùgerisahen
Verieitens zum Bezuge von Obfigaflonen. Umfang der Rechtskraft
des Kollokationsplanes. Art. 24717. SchKG. Art. 213 Z. 3 eod.:
Unzuldss-igkeit der Verrechnung von auf Inhaberpapz'er bereit-Freuden
Foe'deremgm. ssVerszm-ng der Betrugseémsiede ? Art. 28 OB. -Gemigende
Substanziz'enmg der Betrugseinrede? Unterszwhussng, ob Betrug varliege.

A. Durch Urteil vom 24 Juni 1904 hat das Obergericht des- Kantons
Basellands chaft erkannt:

Das Urteil des Bezirksgerichts Liestal d. d. 28. April 1904 lautend:

1. Der Beklagte wird zur Bezahlung von 5934 Fr. 45 Ets. samt Zins à 5
0/3 seit 1. April 1903 an Klagpartei verurteilt; 2. Die Widerklage wird
abgewiesen; wird im Sinne der Motive bestatigt

B Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig und in rich'

tiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag:
Es sei die Klage unter Aufhebung des zweitinsianzlichen Urteils und
Vornahme der Kompensation gänzlich abzuweisen

C. In der heutigen Verhandlung erneuert der Vertreter der Beklagten
diesen Berufungsantrag Der Vertreter der Klägerin trägt auf Bestätigung
des angefochtenen Urteils an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Beklagte kaufte am 3. April 1900 15 Stück zu 4 1e O/0 verzinsliche
Jnhaberobligationen der Basler Kreditgesellschaft zu je 1000 Fr. und
bezahlte sie bar. Acht davon übergab er im gleichen Monat der Gesellschaft
als Fauftpfand für einenIV. Obligationenrecht. 1 ° 68. 505

ihm zu gewährenden Kredit in laufender Rechnung Am 19. April 1902 wurde
Über die Basler Kreditgesellschaft infolge Jnsolvenzerklärung der Konkurs
eröffnet. Der Beklagte meldete in seiner Konkurseingabe vom 15. Mai
1902 eine Forderung von 15 Stück Obligationen, zusammen 15,000 Fr.,
an, wovon acht Stück bei der Debitorin lägen, die Übrigen aus Verlangen
sofort eingelegt würden; davon zog er ab seine Konto-Korrent-Schuld von
7783 Fr. 50 Cis. sowie einige Forderungen als Bürge bezw. Jndossaut von
Wechseln, im Gesamtbetrage von 1750 Fr., so dass seine Forderung sich
auf (15,000 Fr. 9533 Fr. 50 Età.) 5466 Fr. 50 Cts. bezifferte. Jn
dem am 1. Oktober 1902 ausgelegten Kollekationsplan war die Eingabe
des Beklagten wie folgt kolloziertr Koll. Nr. 213. Haga Dr. Karl,
Marktgasse Nr. 3. 1. Vertreten durch die Konkursmasse der Basler
Kreditgesellschast als Faustpfandgläubiger von 8Jnhaberobligationen
bei denAkten (C 1403/10) Fr. 8,000 471% Zins vom 3 April 1902 . . .
14 90 Koll. Nr 213 a.. 2. Vertreten durch Dr. Emil Peter, Advokat,
laut Cessionsanzeige vom 26 Juni 1903 als Faustpfandglaubiger von
2 Juhaberobligationen (C 1411/12) . . . . . . 2,000 41/40/9 vom
3. April 1902 . . . 3 70 Gleicher Vorbehalt wie sub Koll. er. 184
c. (Kollok. Nr. 184 c): Die Forderung wird, weil Dr. Haga Schuldner
der Basler Kreditgesellschaft, nur zugelassen, solange und soweit der
Faustpfandgläubiger nicht vor Ausschüttung der Masse von seinem Schuldner
bezahlt wird. Koll. Nr. 213 b. 3. Als selbständiger Gläubiger laut 5
Jnhaberobligationen (E. 1398/1402) . . . . 5,000 41/40/0 vom 3. April
1902 . . . . . 9 30

Fr. 15,027 90

506 Civilrechtspflege.

Der Dividende ad Posten 3 steht eine Gegensorderung der Masse im
event. Höchstbetrage von 9649 Fr. 40 Cts. nebst 5 fo Konto-Korrent-Zinsen
ab 7899 Fr. 40 Cts. seit 31. März 1902 und 60/0 Wechselzinsen ab
650 Fr. seit 14. April, ab 650 Fr. seit 5. Mai und ab 450 Fr. seit
3. Mai 1902, gegenüber." Der Beklagte stellte in einer Zuschrist vom
3. Oktober 1902 Einwendungen gegen den Kollokationsplan in Aussicht und
beharrte in einer Eingabe vom 11. gl. Monats auf der Kompensation der
Kontokorrentschuld mit seiner Forderung von 15,000 Fr., focht jedoch
den Kollokationsplan nicht an. Die bei der ersten Verteis lung (vom
1. November 1902, 8%) und bei der zweiten Ver-: teilung (vom 1. April
1903, 10 0/0) auf den Beklagten fallenden Beträge von zusammen 2344 Fr
25 Cts. wurden von der Konkursverwaltung an dessen Kontokorrentschuld
verrechnet, so dass diese sich ans 5787 Fr 80 Cts bezw mit Zinsen bis
1. April 1903 auf 5934 Fr. 45 Ets. reduzierte. Diesen Betrag zuzüglich
69]0 Zinsen hat die Konkursverwaltung der Basler Kreditgesellschaft mit
der vorliegenden Klage eingeklagt. Zu bemerken ist noch, dass mit der
Konkurseröffnung gegen den Direktor, Kassier und die Verwaltungsräte der
Basler Kreditgesellschaft Strasuntersuchung wegen Betruges, leichtsinnigen
Bankerottes u. s. m. eingeleitet wurde; diese Strafklage führte im Januar
1903 zur Ueberweisung mehrerer Angeschuldigter und zur Vernrteilung
eines Teiles derselben durch Urteil des Strafgerichts Baselstadt vom
14. Oktober 1903.

2. Der Beklagte hat seine auf Abweisung der Klage schliessende Antwort
-vom November 1903 im wesentlichen wie folgt begründet: Er habe die
15 Juhaberobligationen at pari bezogen gestützt auf die öffentlichen
Publikationen der Basler Kreditgesellschaft und mit Rücksicht auf die
angebliche damalige günstige Situation derselben. Er habe auch nach Ablauf
der Frist zur Bestreitung des Kollokationsplans noch nicht gewusst, was
durch das Strafurteil vom 14. Oktober 1903 hinsichtlich des deliktischen
Verhaltens der Gesellschaftsorgane festgestellt worden sei; erst
nachtraglich habe er durch die Zeitungen u f. w von den Wachenschasten
des Direktors Grob und deren rechtlichen Tragweite Kenntnis erhalten;
Gewissheit sei ihm erst durch das StrafurteilIV. Obligationenrecht. N°
68. 507

geworden Er habe im Juli 1903, als er vom genauen Sachverhalt Kenntnis
erhalten, gegen die Organe der Basler Kreditgesells chast Strafklage
angehoben, und diese sei durch das Strafurteil gutgeheissen worden,
unter Verweis sung seiner Civilansprüche auf den Civiliveg Ubrigens habe
die Klagerin seine Forderung nur vom Standpunkt des Art. 213 Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
1    Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
2    Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen:
1  wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383);
2  wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird.
3  ...
3    Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385
4    Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387

SchKG aus abgewiesen, welcher Standpunkt durch die Feststellungen
des Strafurteils nunmehr dahingefallen sei. Deshalb sei der Beklagte
berechtigt, die einbezahlten 15 ,000 Fr. samt Zins voll geltend zu machen
und anderseits jegliche Verpflichtung zur Zahlung von klagerischen Zins
en seit 3. April 1901 zu bestreiten. Sein Guthaben betrage somit

a) Obligationenbetrag . . . .

b) Zins a 5 0/0 ab 15 000 gr seit 3 April 1902 bis 19. April 1902 . . . .
32 80

c) 3/4 0/0 dito seit 3. April 1900 1902 225 --

Total, Fr. 15,257 80

abzüglich Kontokorrentschuld und Wechselschulden nebst Zinsen, zus. 7846
Fr. 55 Cts. und abzüglich nicht erhaltene Dividende 2307 Fr. 25
Cts. . . . . .

Fr. 15,000 --

5,339 30

Saldo zu seinen Gunsten, Fr. 9,918 50" Diesen Betrag forderte der
Beklagte ursprünglich widerklageweise, stellte ihn aber in der Folge
lediglich zur Kompensation mit seiner Kontokorrentschnld an die Klägerin,
unter Vorbehalt der diese übersteigenden Mehrsorderung. Während die
Klägerin die Replik der Unzulässigkeit der Kompensationseinrede,
wegen Nichtanfechtung des Kollokationsplanes, erhob und weiter das
Vorhandensein eines betrügerischen Verleitens des Beklagten zur
Einzahlung der Obligationen, sowie die Behauptung, dass der Beklagte
erst durch das Strafurteil davon Kenntnis erhielt, dass die Basler
Kreditgesellschaft schon einige Zeit vor dein Konkursausbruch schlecht
gestanben, bestritten und die Behauptung ausgestellt hat, schon in der
ersten Gläubigerversammlung sei diese Tatsache genügend erörtert worden,
-hat der Beklagte in der Duplik seine Betrugseinrede näher substanziiert,
namentlich hervorgehoben, er sei durch die un-

508 Civilrechtspflege.

wahren Angaben des Jahresberichtes der Basler Kreditgesellschaft pro 1899,
ihm zugesandt am 26. März 1900, sowie durch den Rat des Direktors Grob und
des Kassiers Häselfinger zum Beszug der 15 Obligationen veranlasst worden,
und die Behauptungen der Klägerin betreffend den Zeitpunkt der Kenntnis
von den betrügerischen Handlungen und der finanziellen Lage der Basler
Kreditgesellschaft bestritten. Für jenen Betrug sei die Klägerin voll
haftbar, eventuell auch vom Standpunkt des civilrechtlichen Betruges.
Jn der Duplik bezeichnet der Beklagte iseine Forderung als Forderung ex
deljeto, unabhängig von der Forderung auf Grund von Jnhaberpapieren.

3. Während die erste Instanz die Klage gut hiess (und die Widerklage
abwies) mit der Begründung, der Kollokationsplan schaffe mit Bezug
auf die hier streitigen Fragen zwischen den Parteien Recht, da er vom
Beklagten nicht angefochten worden sei, ist die zweite Jnstanz zu ihrem
eingangs mitgeteilten Urteil gelangt auf Grund wesentlich folgender
Erwägungen: Der Kollokationsplan könne nicht massgebend sein für
die streitige Frage der Kompensation; er stelle nur die Passivmasse
fest, regle dagegen nicht auch die Aktivmasse, folglich auch nicht
die Verrechnung von Passiven des Gemeinschuldners mit Aktiven. Seinen
Kompensationsanspruch habe der Beklagte rechtzeitig erhoben. Die Frage
sodann, ob der Beklagte den Nachweis geleistet habe, dass er sich durch
betrügerische Handlungen der Organe der Basler Kreditgesellschaft zur
Einzahlung der Obligationen habe bewegen lassen, müsse verneint werden:
Das Zirkular, auf das der Beklagte sich in der Antwort berufen habe,
datiere erst vom Dezember 1901; die Berufung des Beklagten auf den
Geschäftsbericht pro 1899 aber sei, weil verspätet, nicht zu hören;
auch sei die bezügliche Behauptung nicht bewiesen. Endlich müsste die
Klage unter allen Umständen aus dem Grunde gutgeheissen werden, weil der
Standpunkt des Beklagten in seinem Rechtsbegehren ein durchaus unklarer
sei; denn aus dem behaupteten Betrug leite er nicht das Rechtsbegehren
auf Aufhebung eines Rechtsgeschäftes und auf Rückerstattung seiner
Einzahlung ab, sondern er verlange nur, dass er berechtigt erklärt werde,
die einbezahlten 15,000 Fr. voll geltend zu machen. Dabei erkläre er
seine Forderung auch nochIV. Obiigationenrecht. N° 68. 509

in der Antwort als Forderung aus Obligationen. Nun sei ihm aber das
Recht der vollen Geltendmachung gar nicht verweigert, sondern bloss die
Berechtigung zur Kompensation streitig gemacht worden, weil die fraglichen
Obligationen Jnhaberobligationen seien. Die Bezeichnung der Forderung ais
Forderung ex delicto in der Duplik stelle sich als Klagänderung dar; es
fehle ihr auch vor allem die genügende Substanziierung; denn als Schaden
könnte doch nicht der ganze Betrag der Obligationeneinzahlung aufgefasst
werden, sondern nur derjenige, der im Konkurse zum Verlust kommen merde.

4. Der Prüfung des Bundesgerichts untersteht nach dem Berufungsantrag
des Beklagten einzig die Frage, ob der Beklagte berechtigt sei,
die von ihm geltend gemachte Gegenforderung von 15,000 Fr. mit der
Klageforderung zu kompensieren. Da nicht bestritten ist, dass die
Gegenforderung des Beklagten höher ist als die Klageforderung und nur
noch Kompensation verlangt wird, so ist es nicht nötig, auf die Berechnung
der Gegenforderung einzutreten.

5. Die vor den kantonalen Justanzen dem Kompensationsanspruch zunächst
entgegengehaltene Einrede der abgeurteilten Sache hat der Vertreter
der Klägerin heute ausdrücklich fallen gelassen, und das gewiss mit
Recht. Denn die Vorinstanz hat zutreffend ausgeführt, dass die Rechtskraft
des Kollokationsplanes die Frage nach der Berechtigung zur Kompensation
nicht umfasst, indem der Kollokationsplan lediglich die Forderungen
an den Gemeinschuldner feststellt und ein Gläubiger-, soweit er zur
Verrechnung befugt ist, seine Forderung im Konkursverfahren gar nicht
geltend zu machen braucht. Die Frage, ob der Beklagte die im heutigen
Prozesse von der Konkursverwaltnng geforderte Summe schuldig oder ob
diese Schuld durch Verrechnung getilgt oder tilgbar sei, ist deshalb
durch den rechtskräftig gewordenen Kollokationsplan nicht entschieden;
auch modifiziert umgekehrt die Entscheidung über die Vernachnung den
Kollokationsplan in keiner Weise. In der Unterlassung der Klageerhebung
gegen den Kollokationsplan kann aus dem angeführten Grunde auch nicht ein
Verzicht auf den Kompensationsansprach erblickt werden; dass der Beklagte
diesen Anspruch nicht aufzugeben gesonnen war, ergibt sich deutlich aus
seinen Zuschriften an die Konkursverwaltung vom 3. und 11. Oktober 1902.

510 Civilrech tspflege.

6. Sofern die Gegenforderung des Beklagten sich auf die Obligationen,
die er am 3. April 1900 einbezahlt hat, stützen solltewie er dies nach
seiner Konkurseingabe angenommen hat, wäre die Verrechnung ausgeschlossen,
da diese Obligationen Jnhaberpapiere sind und nach dein klaren Wortlaut
von Art. 213 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
1    Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
2    Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen:
1  wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383);
2  wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird.
3  ...
3    Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385
4    Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387
SchKG die Verrechnung einer auf einem Jnhaberpapier
beruhenden Forderung des Konkursgläubigers unzulässig ist. Der Umstand,
dass die ratio legis dieser Bestimmung die wohl einen Anwendungsfall der
Ziffer 1 eod. enthält und alle Erörterungen darüber, ob das Jnhaberpapier
vor oder nach der Konkurseröffnung erworben worden sei, abschneiden wollte
(vgl. Reichel, Komment. [Weber und Brüstleiu, 2. Aufl.], Art. 213, Anm·
13, S. 298; Jäger, Komment., Art. 213, Nr. 13, S. 388 f.) dem Beklagten
gegenüber nicht zutrifft, da er ja seine Forderung unbestrittenermassen
vor Konkursausbruch erworben hat, schliesst ihre Anwendbarkeit nicht
aus. -

7. Frägt es sich demnach, ob die Gegensorderung des Beilagten nicht
auf einem andern Rechtsgrund beruhe als auf den Jnhaberpapieren, so
ist zu bemerken: Das trifft dann zu, wenn die Behauptung des Beklagten
richtig ist, dass er durch betrügerische Handlungen der Organe der Basler
Kreditgesellschast zum Erwerb der 15 Jnhaberobligationen verleitet worden
sei. Denn alsdann ist für den Beklagten durch das Geben und Nehmen der
Obligationen und die entsprechende Barzahlung ein verbindlicher Vertrag
nicht zustande gekommen; der Beklagte hat alsdann die Gegenleistung
für die Obligationen sine justa causegemacht und auf Grund dieses
Tatbestandes einen Rückforderungsanspruch im Vetrage der eingezahlten
Summe gegen Rückgewähr der Titel, gemäss Art. 73 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 73 - 1 Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.
1    Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.
2    Dem öffentlichen Rechte bleibt es vorbehalten, Bestimmungen gegen Missbräuche im Zinswesen aufzustellen.
OR, erworben. Da
nun nicht bestritten ist, dass der Beklagte den Gegenwert für die 15
Jnhaberobligationen mit vollen 15,000 Fr. in bar geleistet har, so beruht
in der Tat die von ihm zur Kompensation verstellte Forderung nicht auf
Jnhaberpapieren, sondern auf einem andern Schuldgrund, sofern eben seine
Behauptung, dass er durch betrügerische Handlungen zum Vertragsschluss
verleitet worden sei, richtig ist und sofern er mit dieser Behauptung
heute noch gehört werden kann.

8. Wird nun zunächst diese zweite Frage: die Zulässigkeit
desIV. Obligationenrecht. N° 68. 511

Standpunktes des Beklagten, geprüft, so ergiebt sich, dass dieser
Standpunkt aus zwei Gründen verwirkt sein könnte: aus Gründen materieller
Natur gemäss Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR und aus Gründen prozessualer Natur, hinsichtlich
welch letztern die Entscheidung des kantonalen Gerichts Recht macht,
während die erstern der Überprüsung des Bundesgerichts unterstehen. Der
Beweis der Genehmigung eines mit einem Willensmangel behafteten Vertrages
durch den zur Anfechtung befugten Teil (Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR) liegt dem Teile ob,
der sich auf den Vertrag beruft, der also die Vertragsgenehmigung geltend
macht; und er hat insbesondere auch den Beginn der Verwirkungsfrist zu
beweisen (vergl. Urteil des Bundesgerichts vom 4. Juli 1896 i. S. Keller
und Erben Huguenin gegen Dumont, A. S., XXII, S. 824, Erw. 8). Nun hat
die Klägerin eine ausdrückliche Behauptung, dass der Vertrag gemäss
Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR als genehmigt gelten müsse, nicht aufgestellt; das sagt auch
die Vorinftanz, wenn sie indem sie die Verwirkungsfrist des Art. 28
allerdings unrichtig als Verjährungsfrist auffasst ausführt: Zwar ist
die Einwendung der Klagpartei, dass dem Beklagten die Machenschaften der
Verurteilten erst durch die Verurteilung zur Kenntnis gekommen seien, für
eine Abweisung der Betrugseinrede wegen Verjährung nicht genügend, weil
eine solche nicht beantragt worden iii. Der Beklagte hatte behauptet, er
habe auch nach dem Ablauf der Frist zur Anfechtung des Kollotationsplanes
(Oktober 1902) noch nicht gewusst, was erst durch das Strafurteil vom
l4. Oktober 1903 festgestellt worden sei; daraufhin hat die Klägerin
(in der Redlile erklärt, sie bestreite, dass der Beklagte erst durch
jenes Strafurteil Kenntnis von der finanziellen Situation der Basler
Kreditgesellschast erhalten habe, und die Behauptung aufgestellt,
gleich in der ersten Gläubigerversammlung seien diese Tatsachen genügend
erörtert worden. Einen Beweis für diese, vom Beklagten in der Duplik
bestrittene Behauptung hat nun die Klägerin zwar angetragen, aber nicht
zu den Akten gebracht. Sie hat danach den ihr obliegenden Veweis, dass der
Beklagte bereits mehr als ein Jahr, bevor er die in Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR bezeichnete
Eröffnung machte, Kenntnis vom Betrug gehabt habe, nicht geleistet. Diese
Eröffnung ist jedenfalls erfolgt mit der Zustellung der Antwort auf

512 Civilrechtspflege,

bie Klage, im November 1903, denn hier schon hat der Beklagte seine
Forderung von 15,000 Fr. auf die Tatsache gestützt, dass seitens der
Verwaltung der Basler Kreditgesellschaft strafrechtlicher Betrug bei
Begebung ihrer zii/ o/Gcigen Obligationen begangen worden sei; und seine
Ausführung, der Standpunkt der Klägerin, seine Forderung sei nach Art. 213
Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
1    Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
2    Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen:
1  wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383);
2  wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird.
3  ...
3    Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385
4    Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387
SchKG abzuweisen, sei durch die Feststellungen des Strafurteils
nunmehr dahingefallen und er sei berechtigt, die einbezahlten 15,000
Fr. voll geltend zu machen, kann schlechterdings nicht anders verstanden
werden, als dahin, dass der durch das Strafurteil konstatierte Betrug
den Rechtstitel für seine Forderung bilde und dass der Beklagte den
Vertrag also als einen durch Betrug erschlichenen nicht für verbindlich
anerkenne. So hat auch die Klägerin die Antwort verstanden, wie sich
aus ihrer Replik mit aller Deutlichkeit ergiebt.

9. Steht so Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR der auf Betrug gestützten Kompensationseinrede der
Beklagten nicht entgegen, so fragt es sich weiterhin, ob der Beklagte
nicht aus prozessualen Gründen mit dieser Einrede ausgeschlossen
sei, bezw. ob die Vorinftanz ihn aus rein prozessualen Gründen von
der Geltendmachung dieser Einrede ausgeschlossen habe. Soweit nun die
Vorinstanz erklärt, die erst in der Duplik angeführten Tatsachen dürfen,
weil verspätet vorgebracht, nicht berücksichtigt werden, so ist das
Bundesgericht an diese Entscheidung, die sich vollständig im Rahmen des
kantonalen Prozessrechts bewegt, gebunden; das Fundament der Einrede
bleibt daher lediglich der Inhalt der Klagebeantwortung. Die Vorinstanz
hat nun den vom Beklagten in der Antwort Und insbesondere in seinem
Rechtsbegehren angenommenen Standpunkt als durchaus unklaren bezeichnet
und ist (in zweiter Linie, neben der materiellen Verwerfung der Einrede
des Betrugs) aus diesem Grunde zur Abweisung der Kompensationseinrede
gelangt. Allein die Erwägungen der Vorinstanz beruhen in diesem Punkte
auf irrtümlicher Anwendung des materiellen Rechts. Denn wenn sie zunächst
darauf abstellt, dass der Beklagte aus dem behaupteten Betrug nicht das
Rechtsbegehren auf Aufhebung eines Rechtsgeschäftes und auf Rückerftattung
seiner Einzahlung ableite, sondern bloss verlange, dass er berechtigt
erklärt werde, die einbezahlten 15,000 Fr. voll geltend zu machen, so
verkennt fie, dass der Beklagte nach eidg. OR, um die von ihm geltend
gemachte For-IV. Obligationenrecht. N° 68. 513

derung von 15,000 Fr. zur Kompensation zu verwenden, nicht erst ein
Rechtsbegehren auf Rückerstattung dieser Summe und auf Aufhebung des
über den Erwerb der Obligationen abgeschlossenen Rechtsgeschäfts zu
stellen braucht, dass vielmehr zur Kompensation das Behaupten einer
Gegenforderung, die einfache Erklärung des Kompensationswillens
genügt. Diese Willenserklärung aber hat der Beklagte unbestreitbar
abgegeben, und den Nachweis der von ihm behaupteten Gegenforderung hat er
zu führen unternommen, indem er (und zwar schon in der Antwort) einerseits
die Behauptung zum Beweis verstellte, dass er beim Erwerb der Obligationen
auf die öffentlichen Publikationen der Basler Kreditgesell- schaff
vertrauend die finanzielle Situation derselben als günstig aufgefasst
habe, und anderseits sich auf die Feststellungen im Strafurteil vom
14. Oktober 1903 berief, zum Beweis dafür, dass seitens der Verwaltung
bei Angabe der 41X40Xz-igen Obligationen ftrafbarer Betrug vorliege. Diese
Ausführungen des Beklagten können unmöglich anders verstanden werden als
in dem Sinne, dass er gestützt auf den behaupteten Betrug der Organe der
Basler Kreditgesellschaft feine Gegenforderung zur vollen Befriedigung bis
zur Höhe feiner Schuld an die Masse zur Verrechnung bringen wolle-. Die
Ausführung der Vorinftanz, der Beklagte bezeichne seine Forderung als
solche aus Obligationen, widerspricht den Akten; die Bezeichnung seines
Guthabens, Posten a), als Obligationenbetrag 15,000 Fr." will nur sagen:
Betrag der Summe, die für die Obligationen einbezahlt wurde. Das zeigt
denn auch aufs Deutlichste die Zinsenberechnung des Beklagtem er fordert
nicht den Zins auf Grund der Obligationen Sei-z 0/0), sondern 5 0/0,
d. h. einen Zins, der nach Art. 73
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 73 - 1 Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.
1    Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.
2    Dem öffentlichen Rechte bleibt es vorbehalten, Bestimmungen gegen Missbräuche im Zinswesen aufzustellen.
und 50
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
OR gefordert werden kann,
sowie auch die Erhöhung der bereits bezogenen Zinse (von 4 is:-%) auf
5 0/0. Teils auf Missverständnis, teils auf Rechtsirrtum beruht sodann
die weitere Erwägung der Vorinftanz, dass durch das Strafurteil die
Obligationen nicht eine andere Natur erhalten haben und dass dolus an und
für sich kein Kompensationsgrund fei. Denn nicht darum handelt es sich,
ob die rechtliche Natur der Obligationen durch das strafgerichtliche
Urteil modifiziert worden sei, sondern datum, ob durch dieses Urteil
konstatiert worden fei, dass der Beklagte m, 2. 4904 35

514 Givilrechtspflege.

beim Erwerb der Obligationen betrogen wurde und deshalb von Anfang an
einen Anspruch auf Rückerstattnng der ausgelegten Gelder als condictio
besessen habe, d. h. eben einen Anspruch, der unbestreitbar auch im
Konkurse zur Kompensation verwendet werden Emm. Dass der Beklagte seine
Gegenforderung erst in der Duplik als solche ex delicto bezeichnet
hat, ist unerheblich; wesentlich ist, dass er schon in der Antwort den
Tatbestand dieser Forderung geltend gemacht hat. Völlig rechtsirrtürnlich
ist endlich die Ausführung der Vorinstanz, der Schadenersatzforderung des
Beklagten fehle vor allem die Substanziierung, weil als Schaden doch nicht
der ganze Betrag der Obligationeneinzahlung aufgefasst werden könne,
sondern nur derjenige, der im Konkurse zu Verlust kommen werde. Die
Vorinstanz übersieht hier, dass es sich bei der vom Beklagten geltend
gemachten condictîo nicht um eine Forderung an die Masse, sondern um
eine persönliche Konkursforderung (Forderung an den Gemeinschuldner)
handelt, die bei der Kollokation und Verteilung grundsätzlich nicht
anders als die Forderungen aus andern Obligationen zu behandeln ist.

10. Endlich ist mit Bezug auf die Zulässigkeit der auf Betrug gestützten
Kompensationseinrede noch ein letzter möglicher Einwand zu prüfen:
Wie schon in Erwägung 7 angedeutet, steht dem Beklagten die auf
Unverbindlichkeit des Obligationenerwerbes wegen Betrugs gestützte
Kompensationseinrede nur zu gegen Rückgewähr der betreffenden
Titel, und nun hat der Beklagte diese Rückgewähr im Prozesse nie
ausdrücklich anerboten. Indessen erledigt sich dieses Bedenken gegen
die Zulässigkeit der Kompensationseinrede mit dem Hinweis darauf, dass
die Konkursverwaltung im Prozesse die Zulässigkeit der Kompensation nie
von der Rückgewähr der Titel abhängig gemacht hat.

11. Jst somit auf die Frage einzutreten, ob der Beklagte von den Organen
der Basler Kreditgesellschaft durch betrügerische Handlungen zum Erwerb
der Obligationen verleitet worden sei, so sind, da beide Parteien von den
Feststellungen des Strafurteil-Z ausgehen und insbesondere die Klägerin
dessen Feststellungen nie in Zweifel gezogen hat diese Feststellungen zu
Grunde zu legen, das auch obschon die Vorinftanz die Feststellungen des
Strafurteils nicht etwa ausdrücklich oder stillschweigend zu den ihrigen
gemacht hat; denn das Strafurteil bildet einen Bestandteil der Akten,
ge-IV. Obligationenrecht. N° 68. 515

hört zum Prozessftoff, und es sind daher die zur Betrugseinrede
erheblichen Tatsachen dem Strafurteil zu entnehmen das zum Tatbestand des
Prozesses im weiteren Sinne, im Sinne des tatsachlcchen Prozessstoffes
gehört. (Vergl. Hafner, in Zeitsch. für schw. Recht, an. F., Bd. III,
S. 193 ff.) Auf Grund der im Strafurteil enthaltenen Tatsachen nun
ist nicht daran zu zweifeln dass die Betrugseinrede des Betlagten
materiell begründet erscheint-. Im Strafurteil ist u. a. festgestellt,
dass die Basler Kreditgesellschaft seit 1887 in Geschäftsverbindung
mit einer Pariser Firma Gönner & Burgart bezw. Burgart & (Cie., stand,
deren Schuld any die Basler Kreditgesellschaft bis im Jahre 1895 auf über
eine Million angewachsen war; dass die Basler Kreditgesellschaft in dem
1896 durchgeführten Konkurse der Firma mit 845,590 Fr. zu Verlust kam;
dass dieses Verlustes im Jahresabschluss keine Erwähnung getan, vielmehr
der Verlustbetrag in der Bilanz als Attivum weitergefnhrt wurde, ja dass
sogar auf dem Konto Burgart & Cie. in den Bilanzen pro 1896 und 1897
noch Zinsen berechnet wurdens b_ass auch in dem Abschluss pro 1899 noch
die mm Vurgari & (Ste., und ein nicht abgeschriebener weiterer Verlust
von 9190 Fr. als Aktioum enthalten find; dass der nicht veröffentlichte
Rechenschaftsbericht pro 1901 endlich Abschreibungen auf dem Konto
Burgart &, (Sie. im Totalbetrag von 1,077,688 Fr. 87 W. enthielt und mit
einem Passivsaldo von 904,970 Fr. 80 Cis. abschloss; dass die Basler
Kreditgesellschaft seit 1895 mit einer Unterdilanz arbeitete, indem
der Verlust pro 31. Dezember 1895 LDA-0,000 Fr. betrug und Jahr für
Jahr sich erhöhte, so pro 31. Dezember 1900 auf 1,793,000 Fr., während
der Anteilscheinkonto damals 959,500 Fr. betrug; dass trotz dieser
Uberschuldung die Basler Kreditgesellschaft Jahres-berichte aufstellte,
die einen Reingewinn aufwiesen und Jahr für Jahr 4% Dividende und
mehr auszahlte; dass laut den Ausführungen des gerichtlichen Erperten
der Verlust im Jahre 1895 die Liquidation der Gesellschaft unbedingt
erforderlich gemacht hatte, und der Verlust vom Jahre 1896 nicht nur
das ganze Anteilscheinkapital und den Reservefonds-, sondern auch einen
Teil des Obligationenkapitals aufgezehrt hatte. Es ist danach durch das
Strafurteil dargetan, dass die Verwaltung die Bilanzen gefälsrht und
auf Grund falscher Bilanzen Dividenden an die Aktionäre zur

516 Givilrechtspflege.

Verteilung gebracht hat, zu einer Zeit, wo das Gesellschaftsvermögen
nicht mehr zur Deckung der Gesellschaftsgläubiger hinreichte; und
hierin ist auch civilrechtlich ein betrügerisches Verhalten der
Gesellschaftsorgane zu erblicken. Nun ist allerdings nicht bewiesen,
dass dem Beklagten, um ihn zum Erwerb der Obligationen zu verleiten,
speziell Angaben über die finanzielle Lage der Gesellschaft gemacht,
oder dass ihm etwa Jahresberichte zugestellt worden feiert. Allein
in der Fälschung der Bilanzen liegt ein den Kausalzusarnmenhang mit
dem Vertragsabschluss genügend herstellender Tatbestand Die Bilanzen
öffentlicher Kreditinstitute sind allerdings zunächst für deren Aktionäre
bestimmt Allein deren Ergebnisse gelangen erfahrungsgemäss notwendig,
selbst wenn sie nicht veröffentlicht werden sollten, zur Kenntnis der
beteiligten Verkehrskreise, und üben einen bestimmenden Einfluss auf
das Vertrauen aus, welches dem betreffenden Institute geschenkt wird.
Wenn daher die Verwaltung eines öffentlichen Kreditinstitutes dessen
Bilanzen fälscht und das durch die gefälschte Bilanz geschaffene oder
unterhaltene Vertrauen für weitere Geschäfte ausbeutet, so benutzt sie
in arglistiger Weise einen von ihr selbst durch täuschende positide
Handlungen hervorgehobenen Irrtum und handelt damit betrügerisch Bei
derartigen Geschäften einer auf Grund einer wissentlich falschen Bilanz
agierenden Verwaltung liegt nicht einfach der Tatbestand vor, dass eine
Vertragspartei die andere nicht über ihre missliche finanzielle Lage
aufklärt, sondern es wird seitens der einen Vertragspartei resp. ihrer
Vertretung ein von ihr selbst hervorgerufener Irrtum arglistig unterhalten
und ausgenutzt. (Urt. d. Bundesger. vom 21. Juli 1893 i. S. Konkursinasse
der Leihkasse Uster gegen Meyer, A. S., XIX, S. 540.) In Anwendung dieser
Grundsätze aus den Vorliegende-n Fall muss die Kompensationseinrede
gutgeheissen und damit die Klage abgewiesen werden. Demnach hat das
Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Bektagten wird gutgeheissen und damit, in Aufhebung des
Urteils des Obergerichts des Kantons Basellandschaft vom 14. Juni 1904,
die Klage abgewiesen.IV. Obligationenrecht. N° 69. 51?

69. guten vom 2t. Oktober 19021 in Sachen gonfiati-muffe galten
Kl. u. Ber.-Kl., gegen Kantine-main Castor & Cie., Bekl. u. Bein-Bett

Fosirm u. Inhalt der Beiwfitøixyserleicirnirgs beim mündlichen
Verfahren, Art. 67 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
OG. Geltendmachung einer Mietzfflsforderung
für Ueber-. lass-img eines Geschäftséokaäs durch den unbesetzt-rinnt
haftenden Inhaber einer Kommanditgeselischaft ( bezw. durch gessen
Konkm'smasse} im Konkurse der Gesellschaft. V erhält?! is nas-h
innen oder Veried'ltnis der Gesellschaft zu einem Dritten? Art. 537
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 537 - 1 Für Auslagen oder Verbindlichkeiten, die ein Gesellschafter in den Angelegenheiten der Gesellschaft macht oder eingeht, sowie für Verluste, die er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus den untrennbar damit verbundenen Gefahren erleidet, sind ihm die übrigen Gesellschafter haftbar.
1    Für Auslagen oder Verbindlichkeiten, die ein Gesellschafter in den Angelegenheiten der Gesellschaft macht oder eingeht, sowie für Verluste, die er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus den untrennbar damit verbundenen Gefahren erleidet, sind ihm die übrigen Gesellschafter haftbar.
2    Für die vorgeschossenen Gelder kann er vom Tage des geleisteten Vorschusses an Zinse fordern.
3    Dagegen steht ihm für persönliche Bemühungen kein Anspruch auf besondere Vergütung zu.
,
567
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 567 - 1 Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, die ein zu ihrer Vertretung befugter Gesellschafter in ihrem Namen schliesst, berechtigt und verpflichtet.
1    Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, die ein zu ihrer Vertretung befugter Gesellschafter in ihrem Namen schliesst, berechtigt und verpflichtet.
2    Diese Wirkung tritt auch dann ein, wenn die Absicht, für die Gesellschaft zu handeln, aus den Umständen hervorgeht.
3    Die Gesellschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die ein Gesellschafter in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen begeht.
OR. Eatéstenz eines Mietvertrages, ode-r Ueberlass-zmg der
Geschäfislokeele ais Ge-scha'ftseinlage?A. Durch Urteil vom 9. Juli
1904 hat die I. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich
über die Streitfrage: Jst die von der Privatkoukursmasse J. F. Castor
tm Firmakonkurse Castor & Cie. unter Passivetat Nr. 33 geltend gemachte
Mietzinsforderung von 6000 Fr. begründet? erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig Und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht eingelegt, mit den Anträgen:

i. Es sei das angefochtene Urteil in seinem ganzen Dispositiv aufzuheben.

2. Es sei die Klage im Sinne des erstinstanzlich gestellten
Rechtsbegehrens in vollem Umfang zu schützen.

G ......

D. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten den Antrag
auf Bestätigung des angefochtenen Urteils gestellt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Am 15. Mai 1899 schlossen Z'. F. Castor in Zürich und Kraps-Straub
in Frauenfeld einen Kommanditgesellschafts-Vertrag überschriebenen
Vertrag ab zum Betrieb des bisher von Castor allein in dessen Hause am
Limmatquai 72 in Ztirich betriebenen Juwelierund Goldwarengeschäftes
unter der Firma Castor & Cie. Unbeschränkt haftender Gesellschafter war
nach dem Vertrage Castor; Kran war Kommanditär mit einer Einlage von