412 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

Mitschuldner Mater kann sich deshalb im Erekutionsverfahren nicht darauf
berufen, dass seine Verpflichtung ebenfalls durch Pfand gesichert sei,
und seine Beschwerde erweist sich danach als unbegründet.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird gutgeheissen und in Aufhebung des Entscheides der
kantonalen Aufsichtsbehörde die Beschwerde des Elias Maier abgewiesen.

100. Eutscheid vom 23. Dezember 1902 in Sachen Solothurner Kantonalbank.

Naclelassvertmg ; Abtretung eines Warenlagers zur Liquidation. gemäss
einem Kolloieationsplane. Aeafeckéung dieses Kollakatinnspèanes.
Inkompetenz der Aufsichîsbehòrden, weil es sich um ein privatrechtliches
Verhältnis zwischen den Gldubigern und dem Konkursamò hci-fedeli.

I, Am 17. März 1902 bestätigte das Amtsgericht Solothurn: Lebern als
Nachlassbehörde den von August Fliickiger, Handelsmann in Solothurn,
vorgelegten Nachlassvertrag, nach welchem der Nachlassschuldner seinen
Gläubigern sein aus 58,700 Fr. geschätztes Warenlager überliess,
damit dasselbe liquidiert und der Erlös den Gläubigern nach Mitgabe
eines bereits aufgestellten Kollokationsplanes zugeteilt werde. Die
Liquidation sollte durch das Konkursamt Solothurn nach den Vorschriften
des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vorgenommen
werden. Die Solothurner Kantonalbank hat in diesem Nachlassverfahren eine
Bürgschastsansprache von 11,092 Fr. 30 Cts. angemeldet. Gleichzeitig
wurde Über den Hauptschuldner der Konkurs durchgeführt, und die
Solothurner Kantonalbank hat auch hier ihre Forderung angemeldet. Diese
war pfandversichert, und es wurde davon im Konkurse des Hauptschuldners
der grösste Teil aus den Pfändern gedeckt; als ungedeckte Berlustsumme
blieb ein Betrag von 2905 Fr. 25 Cis. Übrig. Das Konkursamt hat nun in
der Verteilungsliste zum Nachlassvertrag des Bürgeu August

und Konkurskammer. N° 100. 413

Flückiger in Anwendung von Art. 218 des Betreibungsgesetzes gleichwohl die
volle Summe von 11,092 Fr. 30 Cts. aufgenommen. Hiegegen beschwerte sich
die Solothurner Kantonalbank, weil sie sich als Gläubigerin einer andern
Forderung dadurch benachteiligt glaubte, bei der Solothurner kantonalen
Aufsichtsbehörde mit dem Antrag: Es möchte in der Verteilungsliste und
Schlussrechnung des August Flückiger, Jakobs sel., Kaufmann von und in
Solothurn, der Forderungsbetrag von 11,092 Fr. 30 Cis-. an die Summe
von 2905 Fr. 25 Cis. reduziert werden

II. Laut Entscheid vom 22. November 1902 trat die Aufsichtsbehörde aus
die Beschwerde wegen Jnkompetenz nicht ein, mit folgender Begründung:
Nach dem oben festgestellten Tatbestande [iegt der Beschwerde die Frage
zu Grunde, in welchem Umfange die Forderung der Solothurner Kantonalbank
im Nachlassvertrag des August Flückiger zur Geltung gelangen soll. Es
liegen also Beziehungen materiellrechtlicher Natur des einen Gläubigers
zu dem andern Gläubiger im Nachlassvertrage der vorliegenden Beschwerde zu
(Stunde, welche Verhältnisse vom Richter zu beurieilen sind und nicht den
Gegenstand einer Beschwerde nach Art. -l7 B.-G. Über Schuldbetreibung
Und Konkurs bilden könneu.

IH. Gegen diesen Entscheid hat die Solothurner Kantonalbank den Rekurs an
das Bundesgericht ergriffen und den vor der kantoaaien Aufsichtsbehörde
gestellten Antrag erneuert. Die Kompetenz betreffend wird ausgeführt:
Die Anfechtung einer Verteilungslifte habe im Konkurse nach der
Praxis auf dem Beschwerdewege zu erfolgen. Es frage sich somit bloss,
ob im vorliegenden Falle eine Beschwerde deshalb nicht zulässig sei,
weil es sich hier nicht um eine Verteilungsliste im Konkurse, sondern
in einem Nachlassverfahren ausser Konkurs handle. Diese Frage sei zu
verneinen, wofür aus die im kanionalen Entscheide angeführte Stelle des
bundesgerichtlichen Entscheides, Bd. XXV, 2, Seite 953,* sowie auf die
Tatsache verwiesen wird, dass das gesamte Nachlassverfahren über August
Flückiger nach dem Inhalte des gerichtlich bestätigten Nachlassvertrages
durch das Konkursamt Solothurn nach Massgabe der Bestimmungen des
Konkursverfahrens durchzuführen gewesen und durchgeführt worden sei.

* Sep.-Ausg. II, s. 362.

414 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung: Das Konkursamt
Solothurn hat die Berteilungsliste im Nachlasst-erfahren über August
Flückiger, die von der Rekurrentin angefochten werden will, nicht kraft
gesetzlicher Ermächtigung und

amtlicher Pflicht, sondern in Ausführung eines privatrechtlichen '

Auftrags der Gläubiger aufgestellt Es handelt sich um die Ausführung eines
Nachlassvertrages, wobei das Konkursamt als solches nicht mitzuwirken
hatte. Was aber die Eigenschaft des Konkursbeamten als Sachwalter im
Nachlassverfahren betrifft, so gfanden die gesetzlichen Funktionen
desselben ihren Abschluss mit der Bestätigung des Nachlassvertrages,
und wenn die Gläubiger den Konkursbeamten mit der Liquidation und der
Verteilung des Erlöses der ihnen nach dem Vertrag abgetretenen Aktiven
des Nachlassschuldners betrauten und er dies besorgte, so hat man
es dabei mit einem privatrechtlichen Auftragsverhältnis zu tun und
nicht mit der Ausführung der dem Sachwalter gesetzlich obliegenden
Pflichten Die Aufsichtsbehörden sind nun nur eingesetzt, um über die
Anwendung des Gesetzes zu wachen und um diejenigen Verfügungen der darin
vorgesehenen Amtsstellen auf ihre Gesetzmässigkeit und Angemessenheit
zu prüfen, die diese in Ausübung ihres öffentlich-rechtlichen Mandates
erlassen haben. Dagegen unterstehen ihrer Kontrolle solche Massnahmen
jener Amtsstellen nicht, die diese nicht in Ausübung ihrer gesetzlichen
Befugnisse und Pflichten, sondern kraft eines besondern, privatrechtlichen
Auftrages getroffen haben. Dass vor-liegend bestimmt wurde, es sei
die Liquidation nach den Regeln des Konkursgesetzes durchzuführen,
ändert hieran nichts, da diese Regeln nicht kraft Gesetz, als Normen
öffentlichen Rechts, sondern kraft Verständigung der

Beteiligten als Inhalt des Vertrags zur Anwendung zu kommen hatten.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs
wird abgewiesenund Konkurskammer. N° 101. 415

101. Entscheid vom 23. Dezember 1902 in Sachen Hürlimann.

Pfändung eines ideelleee Anteils eines Miteigentiémers.

I. In einer Betreibung Nr. 8266, welche die Rekurrentin gegen ihren
Ehemann, A. Hürlimann in Zürich III, angthbell hatte, xliess das
Betreibungsamt Zürich III durch dasjenige-von Seel-ach einen dem Schuldner
zustehenden ideellen Drittanteil an LiegenWaffen in Seebach pfänden,
welche Liegenschaften zu je einem anderen Drittanteile dem Leopold Haas in
Zürich V bezw. dem Hartmann Koch in Zürich III gehören. Gleichzeitig wies
das Betretbungsamt Zürich III dasjenige von Seebach an, die Liegenschasten
in amtliche Verwaltung zu nehmen. _

Gegen letztere Anordnung beschwerten sich Haas und Koch, Insdem
sie verlangten, die Verwaltung sei wie bisher in den Handen des
Miteigentümers Koch zu belassen, undn es seien die Beschwerdesührer
nur gehalten, einen allfälligen Uberschuss der Mietzmse über die Zinsen
der grundversicherten Kapitalien und die Reparaturkosten hinaus an das
Betreibungsamt abzuliefern _

Nachdem die untere Instanz in Gutheissung der Beschwerde die angeordnete
amtliche Verwaltung aufgehoben hatte, rekurterte grau Hürlimann hiegegen
an die kantonale Aufsichtsbehorde mit dem Antrage, die betreibungsamtliche
Verfügung zu besiattgen.

II. Laut Entscheid vom 8. November 1902 wurde der Rekurs der Frau
Hürlimann abgewiesen, im wesentlichen mit folgender Begründung: _ . · _ _

Gegenstand der Pfändung könne nicht die tm Mkteigentum des Schuldners
stehende Liegenschaft sein, sondern nur der ideelle Liegenschaftsanteil
Es handle sich um die Psandung eines Anteils an einem unverteilten
Gemeinschaftsvermögen im Sinne von Art. 104 B.-G. Diese Pfändung
hätte allerdings das Betreibungsamt Zürich III selbst vornehmen und den
eingep·sändetenRechtsanspruch durch das Betreibungsamt Seebach lediglich
schatzen lassen sollen. Aus diesem formellem Grunde rechtfertige sich
aber eine Aufhebung der Pfändung nicht, sondern es sei dieselbe fortan wie