388 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

wurde abgewiesen und eine Weiterzithng an die obere kantonale
Aufsichtsbehörde blieb erfolglos Gegen den Entscheid der letztern hat
M Stöcklin den Rekurs an das Bundesgericht ergriffen. Es wird geltend
gemacht: Es frage sich nicht nur, ob die Fristansetzung gesetzlich
zulässig sei, sondern weit mehr, ob sie den Verhältnissen angemessen
sei. Dies letztere müsse aber verneint werden. Man könne einem Gläubiger
nicht zumuten, bevor er das Schicksal seiner Forderung kenne, eine Anzahl
kostspielige Betretbungsprozesse zu führen. Durch ein Hinausschieben der
Fristansetzungen bis nach Erledigung des Aber-kennungsprozesses würden
keine Rechte Dritter gefährdet, dagegen entstünden im umgekehrten Falle
unter Umständen gänzlich unnütze Kosten. Der Gläubiger könne auch nicht
damit vertröstet werden, dass er mit dein Begehren um provisorische
Psändung zuwarte, da dadurch der Zweck der Psändung vereitelt würde. Die
Verfügung des Betreibungsamtes sei daher, wenn vielleicht auchim
gesetzlichen Rahmen gehalten, doch deshalb nicht zulässig, weil sie den
Verhältnissen nicht angemessen sei. In Erwägung:

Dass bei einer Pfändung, die, weil der Schuldner die Werkennungsklage
ausgespielt hat, bloss provisorischen Charakter trägt, die Liquidation der
aus die gepfändeten Objekte erhobenen Eigenturns: bezw. Pfandrechtsoder
Retentionsansprüche Dritter gemäss den Bestimmungen von Art. 106 und
107 bezw. 109 des Betreibungsgesetzes erst nach der Erledigung des
Aberkennungsprozesses stattzufinden habe, ist im Betreibungsgesetz
nirgends vorgeschrieben Es folgt dies auch nicht in zwingender Weise
aus der übrigen Gestaltung des Verfahrens Wohl ist die Gültigkeit
der provisorischen Pfändung in erster Linie abhängig von der im
Aberkennungsprozess zu entscheidenden Frage nach dem Bestande der
Forderung Allein diese Frage beherrscht doch das weitere Verfahren nicht
in der Weise, dass nicht, während der Werkennungsprozess schwebt, in
eventum die von Dritten auf die gepfändeten Objekte erhobenen Anspruche
liquidiert werden könnten. Die Pfändnng besteht vorläufig zu recht und
bewirkt die Verschigenschaft der gepfändeten Objekte Der Drittausprecher
hat deshalb ein Interesse daran, dass jetzt schon mit Bezug aus seinen
und Konkurskammer. N° 71. 389

Anspruch das gesetzliche Avisierungsverfahren, eventuell das
gerichtliche Vindikationsverfahren vor sich gehe. Für den Fall,
dass neben der provisorischen aus die gleichen Objekte auch definitive
Pfänduugen ausgeführt worden sein sollten, würde es zudem zu einer völlig
ungerechtfertigten Verzögerung und Komplikation des Verfahrens führen,
wenn gegenüber dem provisorisch pfandenden Gläubiger mit der Einleitung
des Verfahrens nach Art. 106 und 107 bezw. 109 zugewartet würde bis
nach Erledigung des Aberkennungsprozesses Kann somit die Abweisung
der Beschwerde des Rekurrenten durch die kantonalen Aufsichtsbehörden,
wie übrigens dieser selbst zuzugeben scheint, nicht als gesetzwidrig
bezeichnet werden, so ist sein Rekurs ohne weiteres abzuweisen, da es der
Schuldbetreibungs und Konknrskammer nicht zusteht, den Entscheid auch auf
seine Angemessenheit einer Überprüfung zu unterstellen (vergl. Art, 19 in
Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 1 des Betreibungsgesetzes);
hat die Schuldbetreibungs und Konknrskammer erkannt: Der Rekurs wird
abgewiesen

71. Urteil vom 1. Juni 1898 in Sachen Schenk.

Art. 260 Beira-Ges. Im Beste-Zinsen einer Gläubigervereammlung, mit
dem sehn-keiner einer Massefordeneng einen Vergleich abzuschliessen,
liegt kein Verzicht auf diese Forderung.

I. Mit Entscheid vom 16. April 1898 wies die Aufsichtsbehörde in
Betreibungsund Konkurssachen für den Kanton Bern eine Beschwerde der Firma
J. Schenks Söhne, Müllermeister, an der Matte in Bern, Rechtsvorsahrerin
des Rekurrenten F. Schenk, gegen das Konkursamt Bern, bezw. gegen
die im Konkurse der Firma Stettler & Jenni, Bauunternehmer, in Bern,
an der Gläubigerversammlung vom 18. März 1898 gefassten Beschlüsse,
als unbegründet ab. Der Entscheid bezog sich auf folgende thatsächliche
Vorgänge: Der Firma J. Schenks

390 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

Söhne wurde von der Firma Stettler & Jenni eine Forderung von 8000 Fr
aus C. Danuser, Geschäftsmann, in Bern, abgetreten, unter Übernahme
der Gewähr für die Realität derselben und für die Zahlungsfähigkeit
des Schuldners. Danuser will diese Abtretung nicht anerkennen, und es
schwebt darüber ein Prozess. Im Konkurse von Stettler & Jenni wurden
J. Schenks Söhne von daher bedingt für 9105 Fr. 10 Cts. angewiesen. Die in
diesem Konkurse am 18. März 1898 abgehaltene zweite Gläubigerversammlung
beschloss nun, die Konkursverwaltung, eventuell in Verbindung mit einer
zu ernennenden Kommission, sei berechtigt, bezüglich der zur Masse
gehörenden Forderungen der Firma Stettler & Jenni, so insbesondere
bezüglich einer Forderung an C. Danuser von über 9000 Fr. und der
gegen denselben anzuhebenden Anfechtungsklagen von über 15,000 Fr.,
mit den betreffenden Schuldnern Vergleiche abzuschliessen. Gegen
diesen Beschluss beschwerten sich J. Schenks Söhne bei der beruischen
kantonalen Aufsichtsbehörde, weil ihnen dadurch nicht nur die Möglichkeit
abgeschnitten werde, die Abtretung der bezüglichen Rechtsansprüche der
Masse gemäss Art. 260 des Betreibungsgesetzes zu verlangen, sondern sie
auch verhindert werden, die Rechte aus der zu ihren Gunsten ergangenen
Cession geltend zu machen. Die Beschwerdeanträge gingen dahin: Es seien
die Beschlüsse der Gläubigerversammlung im Konkurse der Firma Stettler &
Jenni als unzulässig aufzuheben, soweit diese Beschlüsse dahin gehen,
die Konkursverwaltung, eventuell In Verbindung mit einer zu ernennenden
Kommission sei berechtigt, mit den Schuldnern der Firma Stettler & Jenni
Vergleiche abzuschliessen. Eventuell, es seien diese Beschlüsse insoweit
aufzuheben, als darin nicht vorbehalten wird, dass jeder Gläubiger
berechtigt sei, die Abtretung von Rechtsansprüchen zu verlangen,
auf welche in den Vergleichen von der Konkursverwaltnng, resp. den
Gläubigern der Firma Stettler & Jenni, verzichtet wird. Evenwell: Es
sei in die Vergleiche ein bezüglicher Vorbehalt im Sinne von Art. 280
B.-G. aufzunehmen.

II. Gegen den Entscheid der bernischen Aufsichtsbehörde hat F. Schenk,
Rechtsnachfolger der Firma J Schenks Söhne, den Reknrs an das
Bundesgericht ergriffen. Die Beschwerdeanträgeund Konkurskammer. N°
71. 891

werden aufrecht erhalten und eventuell wird beigefügt: Wenn der
Konkursmasse Stettler & Jenni Vergleichsvorschläge gemacht würden, die
die Konknrsverwaltung anzunehmen gewillt sein sollte, so verlange der
Nekurrent zum mindesten, dass ihm von den Vorkehren der Konkursverwaltung
Kenntnis gegeben werde, um sich darüber schlüssig zu machen, ob er,
Rekurrent, die angebotene Vergleichssmnme gegen Abtretung der Rechte
der Konkurs masse an diese einbezahlen wolle.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskanimer zieht in Erwägung:

Der Bes schluss der Gläubigerversammlung vom 18 Marz 1898 bezieht sich
nur auf das Verhaltnis der Konkursmasse zu C. Danuser. Die Rechte, die
dem Rekurrenten an letztern aus der Cession Und an die Masse Stettler &
Jenni aus dem Gewährsversprechen zustehen, werden durch jenen Beschluss,
bezw. durch die Ausführung desselben, wie die Vorinstanz richtig bemerkt,
an sich in keiner Weise berührt. Soweit daher die Beschwerde sich darauf
stützte, ist-sie mit Recht ohne weiteres abgewiesen worden. Fraglich kann
nur fein, ob nicht die Gläubigerversammlung durch die Art und Weise, wie
sie über ihre, bezw. des Schuldners Ansprüche an C. Danuser verfügte,
dem Gesetze zuwider gehandelt oder Sonderrechte des Rekurrenten als
Konkursgläubiger verletzt habe eun kann aber vorab darüber kein Zweifel be
st,ehen dass ' die Glanbigerversammlung mit ihrem Beschluss innerhalb des
Rahmens ihrer formalen Kompetenz geblieben ist (Vergl. Art. 237 Abs. 3
Ziff. 3 und Art. 253 des Betreibungsgesetzes). Aber auch davon, dass
durch den Beschluss die durch Art. 260 Abs. 1 des Betreibungsgesetzes
den einzelnen Gläubigern mit Bezug auf Massaansprüche eingeräumten
Rechte verletzt worden seien, kann, zur Zeit wenigstens-, keine Rede
fein. Art. 260 Abs· 1 gewährt den einzelnen Gläubigern das Recht,
sich in die Rechte der Masse einweisen zu lassen, nur hinsichtlich
solcher Ansprüche, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger
verzichtet hat. Nun kann in dem Beschlusse der Gläubigerversammlung,
mit einem Massaschuldner einen Vergleich abzuschliessen, jedenfalls nicht
schon zum vornherein ein Verzicht auf die Geltendmachung des betreffenden
Anspruchs erblickt werden, vielmehr ist der Abschluss

XXIV, 1. 1898 26

392 Entscheidungen dei Schuldbetreibuugs-

eines Vergleichs aller Regel nach gerade eine besondere Art der
Geltendmachung des Anspruchs-, und es liegt die Voraussetzung des Art. 260
Abs. 1 jedenfalls nicht schon dann vor, wenn die Gläubigerversammlung die
Konkursverwaltung ermächtigt, mit einem Massaschuldner einen Vergleich
abzuschliessen. Dann kann aber auch nicht gesagt werden, dass der
angefochtene Beschluss das in am. 260 Abs. 1 des Betreibungsgesetzes
erwähnte Sonderrecht der Konkursgläubiger missachte, und es muss
daher der Hauptantrag des Rekurrenten verworfen werden. Es liegt auch
durchaus kein Grund ver, worauf der Rekurrent eventuell angetragen hat,
das Recht der Massaglàubiger, gegebenen Falls die Abtretung der Rechte
der Masse zu verlangen, ausdrücklich vorzubehalten, und noch weniger
steht es den Aufsichtsorganen zu, der Konkursverwaltung von vorneherein
darüber Weisung zu erteilen, dass sie allfällige Vergleichsprojekte zur
Kenntnis des Rekurrenten bringe, ganz abgesehen davon, dass ein dahin
gehendes Begehren vor der kantonalen Aufsichtsbehörde nicht gestellt war.
Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

72. Arrét da 1 jai n 11898, dans la cause Degmndi.

Insaisissabilité des carnets de Caisse d'épargne postale italienne en
Suisse? Droit applicable.

A. Le 16 février 1898, l'Office des poursuites de la Chaux de-Fonds
a saisi, à l'instance de Giuseppe Aceto, a Bellinzone, et en mains de
Pascal Mario, President de la Société italienne, à Neuchatel, un carnet de
Caisse d'épargne postale italienne N° 17334, série 45 de Ponte-Tresa, du
montant de 1000 lires, appartenant a Jean Degrandi, a la Chaux-de-Fonds.

Cette saisie a été signifiée au tiers-détenteur du livret leund
Konkurskammer. N° 72. 393

19 février 1898. Deux nouveaux créanciers, Pierre Raffini, à, Genève, et
la Première distillerie par actions, à Bale, ont été admis a y participer,
ce dont avis a aussi été donné au détenteur du livret les 25 février et
2 mars 1898.

Le débiteur a porté plainte auprès de l'Autorité infén'eure de
surveillance et conclu à l'annulation de la dite saisie par le motif
qu'aux termes de la loi italienne du 27 mai 1875 sur les caisses
d'épargne postales les livrets de dépòt délivrés par ces caisses seraient
insaisissables.

Le Juge de paix de la Chaux-de-Fonds, Autorité inférieure de Surveillance,
& écarté la plainte par décision du 3 mars 1898.

Degrandi en a appelé è, l'Autorité de surveillance cantonale, qui a
écarté aussi le recours, en date du 12 mai 1898, par les motifs suivants:

La loi italienne, souveraine dans les limites du Royaurne d'Italie, n'a
point de force sur le territoire de la Confédération Suisse. Le livret
saisi se trouvant sur ce territoire ne saurait dès lors ètre considéré
comme insaisissable par la seule raison que la loi italienne lui donne
ce caractère en Italie. Mais le recourant n'invoque aucune autre raison
et ne peut se prévaloir d'aucune dispositîon de lalégislation suisse;
en particulier il n'est pas possible de faire rentrer par analogie le
livret saisi dans l'une ou l'autre des categories d'objets et biens
insaisissables énnmérés aux art. 92 et 93 LP.

B. Le 21 mai, Degrandi & adressé un recours au Tribunal fédéral contre
la décision de l'Autorité cantonale nenchateloise. Il expose en résumé
ce qui suit:

]] est vrai que le livret saisi ne rentre dans aucune des categories
énumérées a l'art. 92 LP. Mais il existe d'autres biens insaisissables
en vertu de prescriptions du droit civil. (Voyez Reichel, dans la
Zeitsch. für schw. Recht. XIII, p. 55.) L'énumération de l'art. 92
LP. n'est pas limitative, ainsi que le Tribunal federal l'a reconnu dans
son arrét du 9 février 1897 (Voyez Rec. off. XXIII, N° 58).

Or, dans l'espèce, le carnet saisi a été créé en Italie, par