950 D. Entscheidungen der Schuldheîreibungs-

scheidung vertretenen Auffassung durchaus festzuhalten Dass Art. 334
die Kompetenz der kautonalen Aufsichtsbehörden und des Bundesrates
(der Schuldbetreibungs und Konkurskammer des Bundesgerichtes)
mit Bezug auf die Handhabung der trausttorischen Bestimmungen des
Betreibungsgesetzes gegenüber den in Art. 17 bis 20 ibid. enthaltenen
Kompetenzvorschriften ausdehnen und alle Entscheidungen über solche
Streitigkeiten, also auch richterliche Entscheidungen, dem Rekurse an die
genannten Aufsichtsbehörden unterwerfen wolle, erscheint in der That als
ausgeschlossen, wenn die Konsequenzen eines derartigen Jnftanzenzuges ins
Auge gefasst werden. In dieser Richtung kann einfach auf die Ausführungen
in der citierten buudesgerichtlichen Entscheidung in Sachen Steiner
verwiesen werben, wo hervorgehoben wird, dass alsdann in denjenigen
Kantonern wo die oberste Gerichtsbehörde gleichzeitig als Aufsichtsbehörde
bezeichnet ist, gegen rich- terliche Entscheidungen des obersten
Gerichtshofes Beschwerde an diesen nämlichen Gerichtshof statthaft
wäre; dass ferner da, wo eine Abteilung des obersten Gerichtshofes
als Aufsichtsbehörde bestellt ist, gegen richterliche Entscheidungen
dieses Gerichtshofes bei einer blossen Abteilung desselben Beschwerde
geführt werden könnte, und dass endlich in denjenigen Kaukonen, wo die
Regierung als Aufsichtsbehörde funktionirt, die Abnormität sich ergäbedass
richterliche Entscheidungen des obersten Gerichtshofes der Überprüfung der
obersten Verwaltungsbehörde unterstellt wären. Artikel 334 ist vielmehr
dahin aufzufassen, dass derselbe ein Beschwerderecht hinsichtlich der
Anwendung der transitorischen Bestimmungen des Betreibungsgesetzes nur
in denjenigen Fällen statuiert, die gemäss Art. 17 in die Kompetenz der
kantonalen Aufsichtsbehörden und des Bundesrates (der Schuldbetreibungs
und Konkurskammer des Bundesgerichts) fallen. Dieser Interpretation
kann auch nicht etwa entgegengehalten werden, dass damit die ganze
Bestimmung des Art. 334 als überflüssig erscheine; auch wenn dieselbe
sich bloss auf Streitigkeiten über Amts- handlungen von Betreibungsund
Konkursämtern bezieht, enthält sie doch bezüglich der zeitlichen Anwendung
des Betreibuugsgefetzes die Besonderheit, dass die hier einschlagenden
Rechts-fragen selbst dann zur Entscheidung der genannten Aufsichtsbehörden
gebracht951

und Konkurskammer. N° 130.

werden können, wenn im übrigen, nach den allgemeinen WIEN; ten
des Gesetzes, weil eben der Weg gerichtlicher agg vorgesehen ist
(vergl. z. B. Art. 148 des Betretbungsgesetze ),

sein Weiterng an dieselben ausgeschlossen wäre. Demnach hat die
Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Auf die Beschwerde wird
wegen Jnkompetenz nicht eingetreten.-130. Entscheid vom 4. Mai 1897 in
Sachen Lehmann.

I. Kurt Lehmann liess den Wilhelm Göpper durch das Betrigiji bungsamt Bem
für eine Forderung von 444 Fr. 60 Cts ne s Zins betreiben. Der Schuldner
schlug Recht Der. Unter Befugng auf Art. 80 des Betretbuugsgesetzes
verlangte Jedoch der Glau tge; beim Gerichtspräsidenten von Berti
(defmtttve) Rechtsoffnugg unes wurde ihm diese unterm 17. Dezember 1896
bewilligt.A oner erklärte gegen diesen Entscheid die Appellation an den
ppe a-

' Kantons Bern. '

tloTTPogltTesLZ Januar 1897 erhielt der SchuldnerN vom Betretbungsamt
Bern für die fragliche Forderung einettdonkursandtoi hung. Der Vertreter
des Gläubigers hatte ·naml1ch, gestutzt auf eine Bescheinigung der
bernischen Obergertchtskanzlet, dass txt Appellationshos unterm
20. Januar den erstmstanzlichen Reich öffnungsentscheid bestätigt
habe, die Fortsetzungfder Betrekgng anbegehrt, und diesem Begehren
hatte das Betreibungsamtoelrn durch Erlass einer Konkursandrohung
an den Schuldkuer MIS; gegeben. Nun beschwerte sich letzterer bei
der bermschen angosna fb Aufsichtsbehörde gegen die Fortsetzung der
Betreibung EUR; hatsj weil diese nicht habe bewilligt werden durfen,
bevor der fecha: vorschlag beseitigt worden sei,und well em Entschew
des Appedationshofes, wonach die Appellationdes Ochuldners gegen Ien
erstinstanzlichen Rechtsöffnungsentschetd abgewiesen woräänt t7vätre,
demselben nicht eröffnet worden sei. Unter Yerufungqauf d r ,B ff:
und 159 ff. des Betreibungsgesetzes, sowie %s 88: ff. es ernt-

9.52 D. Entscheidungen der Schuldbetreihungs--

schen Cidilprozesses wo die Vollstreckung rechtskräftiger Urteile normiert
ist wurde beantragt, es sei die Konkursandrohung vom 21. Januar 1897
als Unstatthaft und ungesetzlich aufzuheben und dem Beschwerdeführer das
Recht auf Schadenersatz vorzubehalten Die angerufene Behörde hiess durch
Entscheid vom 19. Februar 1897 die Beschwerde insofern gut, als sie die
fragliche Konkursandrohung aufhob, im wesentlichen mit der Begründung,
dass nach allgemeinen Grundsätzen des Prozessrechts ein Entscheid erst
Rechtskraft erlange, wenn er den Parteien eröffnet worden sei, dass
deshalb auch der Gläubiger Lehmann vorliegend, gestützt auf eine blosse
Bescheinigung der Obergerichtskanzlei, dass ihm Rechtsössnung bewilligt
wurde, die Fortsetzung der Betreibung nicht habe verlangen können,
bevor eine mündliche oder schriftlicheEröffnung des Entscheides durch
den Präsidenten des Gerichts stattgefunden habe, und dass bei Erlass
der Konkursandrohung eine solche Eröffnung noch nicht erfolgt gewesen
sei. Cines Vorbehalts betreffend einen alljälligen Schadenersatzanspruch
des Schuldners an den Gläubiger Lehmann oder dessen Vertreter, wurde
beigefügt,. bedürfe es nicht.

IH, Gegen diesen Entscheid hat namens des Kurt Lehmann Fürsprech Jahn in
Bern rechtzeitig den Rekurs an das Bundesgericht ergriffen. Die Vorweisnng
des richterlichen Entscheides, durch den Rechtsöffnung erteilt wurde,
führt Rekurrent aus, müsse dem Gläubiger die Berechtigung erteilen, die
Fortsetzung der Befrei hung zu verlangen, und die gegenteilige Auffassung
dass die Erfüllung der Eröffnungsformalitäten abzuwarten sei, würde dem
Zwecke des Rechtsöffnungsverfahrens, wie dasselbe im Betreibungsgesetze
geordnet sei, widersprechen, wie denn auch nirgends vorgeschrieben sei,
dass ein Gläubiger sich auf ein Rechtsöffnungserkenntnis erst berufen
könne, wenn dasselbe den beiden Parteien eröffnet worden sei. Demgemäss
wird beantragt, es sei der Beschwerdesührer Göpper in Abänderung des
Entscheides vom 19. Februar 1897 mit den Anträgen seiner Beschwerde
abzuweisen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Das Rechtsöffnungsverfahren, das dazu dienen soll, fürForderungen,
die sich auf ein vollstreckbares gerichtliches Urteilund Konkurskammer. N°
130. 953

oder auf eine andere beweiskräftige Urkunde gründen, die Fort-

setzung der Betreibung, trotz erhobenen Rechtsvorschlags, zu er-

möglichen, hat in dem letzten definitiven Entwurf des Bundes-

gesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, vom Dezember 1888,

und im Gesetze eine von der frühem abweichende Gestaltung er-

fahren. Während nach der bundesrätlichen Vorlage vom 23. Fe- bruar
1886 und den aus den beiden ersten Beratungen der Bundesversammlung
hervorgegangenen Entwiirsen der Rechtsöfs--

nungsrichter, falls die Begründetheit oder Nichtbegründetheit des
klägerischen Anspruchs liquid vorlag, über letztern selbst zu urteilen

hatte (siehe Art. 85 des bundesrätlichen Entwurfes vom 23. Februar 1886
und Art. 95 des Ergebnisses der zweiten Beratung"), hat nach der Vorlage
vom Dezember 1888 (vergl. Art. 9 1 bis 96) und nach den bestehenden
gesetzlichen Bestimmungen das Rechtsöffnungserkenntnis stets nur den
Charakter eines Vormi-

scheides über das Recht der Betreibung bezw. zur Fortsetzung der-

selben und das Urteil über den Anspruch selbst wird dabei vors behalten
(Art. 83, Abs. 2, und 86 des Betreibungsgesetzes). Mit dieser Änderung
bezüglich des Gegenstandes und der Tragweite des Rechtsbffnungsprozesses
hängt es zusammen, dass auch diebundesrechtlichen Vorschriften über das
Rechtsösfnnngs-Verfahren eine Wandlung durchgemacht haben. Während nämlich
bis zu der letzten Vorlage vom Dezember 1888 bundesrechtlich lediglich
vorgeschrieben war, dass der Rechtsöffnnngsstreit im beschleunigten
Verfahren zu erledigen sei (Art. 82, Absatz 2 und 3 des blindes-.
rätlichen Entwurfes vom I 23. Februar 1886 und Art. 91, Absatz 2 und
92 des Ergebnisses der zweiten Beratung) und dass die Kantone dieses
Verfahren so zu gestalten haben, dass die Prozesse mit Einschluss des
Haupturteils der letzten kantonalen Jnstanz binnen drei bezw. sechs
Monaten erledigt sein sollen (Art. 280 des bundesrättichen Entwurfes
vom 23. Februar 1886 und Art. 304 des Ergebnisses der zweiten Beratung),
findet sich in der letzten Vorlage vom Dezember 1888 (am. Mixer) und im
Gesetze (Art. 84) die tategorische Bestimmung: Im RechtsösfnungsVerfahren
entscheidet der Richter nach Einvernahme der Parteien Binnen fünf Tagen
seit Anbringung des Begehrens. Eine solcheAnordnung war nur möglich,
wenn dem Rechtsössnungsentscheid-

"954 D. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

jeder definitive Charakter genommen und ihm bloss derjenige eines
vorläufigen Ausspruches über die Beseitigung des Rechtsvorschlags
gegeben, wenn er also der Urteilsnatur entkleidet und zu einer bloss
das Betreibungsverfahren betreffenden richterlichen Verfügung gemacht
wurde. Denn naturgemäss kann in den meisten Fällen eine Prüfung des
Anspruchs auf seine materielle Vegründetheit innert so kurzer Frist nicht
in einer Weise vorgenommen werden, dass darauf gestützt ein Urteil in
der Sache selbst ausgefüllt werden könnte. Sobald aber der materielle
Entscheid über die bestrittene Forderung einem besondern Verfahren
vorbehalten wurde, und sich der Rechtsöffnungsrichter nur mit den
gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Rechtsöffnung und den
bestimmten, gegen ein solches Begehren zulässigen Einreden zu befassen
hatte, durfte ohne erhebliche Bedenken verlangt werden dass hierüber
in der kurzen Frist von fünf Tagen entschieden werde. Es bot dies dann
-und hierin ist der ausschlaggebende Grund für die Bestimmung des Art. 84
des Betreibungsgesetzes zu suchen den Vorteil, dass für eine Forderung,
die sich auf eine in bestimmter Weise yvqualifizierter Urkunde stützt,
der vielleicht trölerische Rechtsvorschlag des Schuldners noch so zeitig
aus dem Wege geräumt werden farm, dass es dem Gläubiger möglich ist,
Anschluss an eine Pfändung zu erlangen, die ausgeführt wurde, bevor
er die Betreibung eingeleitet hat, und es wurde so dem Schuldner die
Möglichkeit verschlossen, den Gläubiger einer, auf einen liquiden Titel
sich stützenden Forderung durch blossen Rechtsvorschlag gegenüber andern,
deren Forderungen vielleicht weniger liquid bewiesen werden Können,
zu benachteiligen Dass dies die ratio des Rechtsöffnnngsverfahren-s,
wie es in dem Gesetz Aufnahme gefunden hat, und speziell der Bestimmung
in Art. 84 des Betreibungsgesetzes ist, geht mit aller Klarheit aus der
dem definitiven Entwurfe vom Dezember 1888 beigegebenen Botschaft des
Bundesrates vom 7. Dezember 1888 hervor, worin unter anderm gesagt ist:
Diefen Schutz (d. h. den Schutz des Gläubigers gegen böswillige, an den
Ausschluss desselben von der Teilnahme an einer Pfandung abzielende
Rechtsvorschläge) zu gewähren, ist der Zweck des von der Kommission
eingeführten s ummarischen Rechts.öffnungsverfahrens. Summarisch muss
dieses Verfahren sein, umund Konkurskammer. N° 130. 955

in fünf Tagen sich abwickeln zu können und dem Gläubiger zu ermöglichen,
in der dreissigtägigen Frist einer andern Pfändung sich anzuschliessen;
ist es aber snmmarisch, d. h. sind gewisse Beweismittel ausgeschlossen,
so kann es unmöglich endgültig fein, da sonst der Betriebene in seinem
Verteidigungsrechte ungebührlich geschmälert ware; dem Betriebenen muss
vielmehr unbedingt ,vorbehalten bleiben, die Rechtsöfftiung dadurch
unwirksam zu machen, dass er seinerseits als Kläger auftritt." Nun kann
selbstverständlich innert fünf Tagen über ein Rechtsöffnnngsbegehren
nur eine Instanz sprechen, und ein Rechtsmittelverfahren lässt sich in
dieser Frist unmöglich durchführen Es könnte sich daher fragen, ob nicht
impiicite durch die Bestimmungen des Art. 84 des Betreibungsgesetzes ein
Justanzenzng im Rechtsöffnnngsverfahren ausgeschlossen sei, wie dies das
eidgenössische Justizund Polizeidepartement auch in seinem Kreisschreiben
vom 17. Februar 1891 (Bundesblatt 1891,I,372) ausgesprochen hat. Sei dem
aber wie ihm wolle, so muss jedenfalls bei der gegenwärtigen Ordnung
des Verfahrens und im Hinblick namentlich auf dessen Zusammenhang mit
den Bestimmungen über die Anschlusspsändung den innert fünf Tagen
auszusällenden Rechtsöffnungsenischeiden insofern ein definitiv-er
Charakter beigelegt werden, als gestützt auf dieselben die Fortsetzung
der Betreibung muss verlangt werden können, ohne Rücksicht darauf, ob
gegen dieselben ein Rechtsmittel ergriffen worden sei oder nicht, d. h. es
kann letzteren, auch wenn sie als zulässig betrachtet werden, unmöglich
Suspensiveffekt zuserkannt werden; vielmehr ist zunächst wenigstens der
innert fünf Tagen auszusällende, erstinstanzliche Entscheid, mag dagegen
ein Rechtsmittel ergriffen worden sein oder nicht, massgebend für die
Frage, ob der Rechtsvorschlag als beseitigt zu betrachten sei und die
Betreibung trotz desselben fortgesetzt werden könne.

2. Danach kam es aber vorliegend darauf, dass der Schuldner gegen den
erstinstanzlichen, die Rechtsbffnung gewährenden Entscheid die Appellation
erklärt hatte, und auf das Schicksal dieser Appellation für die Frage,
ob dem Begehren des Gläubigers auf Fortsetzung der Betreibung Folge zu
geben sei, überhaupt nicht an. Vielmehr musste der Betreibungsbeamte
schon gestützt auf den erstinftanzlichen Entscheid, von dem in gehöriger
Form Kenntnis

956 Dss Entscheidungen der Schuidbetreibungs-

erhalten zu haben der Schuldner nicht bestreitet, den Rechtsvorschlag,
vorläufig wenigstens-, als aus dem Wege geräumt betrachten, Und die
Betreibung auf Begehren des Gläubigers fortgesetzt werden-

Aus diesen Gründen hat die Schuldbetreibungs und Konkurs-

kammer erkannt:

Der Rekurs wird begründet erklärt und demgemäss, unter Aufhebung des
Vorentscheides, die Beschwerde des Wilhelm Göpper abgewiesen und die an
letztern am 22. Januar 1897 erlassene Konkursandrohung aufrecht erhalten.

131. Entscheid vom 18. Mai 1897 in Sachen Würthner.

I. Würthner-Gally in Genf liess Frau Morger-Mülier in Basel für
eine Forderung von 447 Fr. 65 Cis. betreiben. Der Zahlungsbefehl
blieb unwidersprochen Auf sein Fortsetzungsbegehren erhielt der
Gläubiger den Bescheid, die Schuldnerin lebe mit ihrem Ehemanne in
Gütergemeinschaft Und könne nicht betrieben werden (g 10 des ehelichen
Güter-rechtes von Baselstadt). Hierüber beschwerte sich Würthner-Gally
gegen das Benutzungsamt Basel bei der kantonalen Aufsichtsbehörde,
indem er in thatsächlicher Beziehung geltend machte, Frau Morgen
betreibe mit Zustimmung ihres Ehemannes ein Handelsgeschäft und
es rühre die in Betreibung gesetzte Forderung aus Lieferung von
Berufsartikeln her; in rechtlicher Beziehung wurde namentlich ans
den bundesgerichtlichen Entscheid in Sachen Neuburger & Cie. verwiesen
(Archiv V, Nr. 65). Die basierische Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde
ab. In ihrem Entscheide wird ausgeführt: Es sei nicht bestritten, dass
Frau Morger mit ihrem Ehemanne in Gütergemeinschaft lebe. Nach § 10 des
baselstädtischen Gesetzes betreffend eheliches Güterrecht, Erbrecht und
Schenkungen vom 10. März 1884 nun könne die Ehefrau während der Dauer der
Gütergemeinschaft aus Verpflichtungen, für welche sie persönlich haftbar
sei, wozu auch die Handelsschulden einer Handels- und Konkurskammer. N°
131. 957

srau gehörten, nicht direkt belaugt, sondern es müsse dafür zuerst
der Ehemann betrieben werden. Diese Bestimmung stehe mit Art. 35
des Obligationenrechtes nicht im Widerspruch Die persönliche Haftung
bedinge nicht notwendigerweise auch die Betreibbarkeit der Ehefrau. Und
ebensowenig erfordere der Zweck der Bestimmung, dass man ihr eine so
grosse Tragweite beimesse. Durch dieselbe habe lediglich dafür gesorgt
werden wollen, dass die Ehefrau ihr Vermögen nicht dem Zugrifs der
Gläubiger, die ihr für ihren Handel oder ihr Gewerbe kreditiert haben,
auf Grund ihrer Weibergutsvorrechte entziehen könne. Zur Erwirkung dieses
Zweckes bedürfe es aber nicht einer Vorschrift, dass die betreffenden
Gläubiger unter allen Umständen gerade aus dem Frauenvermögen gedeckt
werden müssen; vielmehr müsse es genügen, wenn sie dann daraus Deckung
erhalten, wenn sie sonst keine Befriedigung finden, d. h. wenn beim
Manne nichts mehr zu holen ist. In letzterem Falle aber liessen die
Güterrechte durchwegs eine direkte Betreibung der Ehefrau für Schulden,
für die sie persönlich haftet, zu. Endlich sei auch in Berücksichtigung
zu ziehen, dass eine direkte Betreibung der Ehefrau vor Inanspruchnahme
des Mannes in einer Reihe von Kantonen infolge der güterrechtlichen
Eigentumsverhältnisse nicht zur Befriedigung des Kreditors führen würde;
es sei aber nicht anzunehmen, dass das Obligationenrecht mit am. 35
eine in den meisten Fäillen aussichtslose Betreibungsmöglichkeit habe
schaffen wollen. Uberhaupt sei die Frage, ob gegen eine Ehefrau die
Exekution durchgeführt werden könne, uaturgemässeine solche des ehelichen
Güterrechtes, das bestimme, welche Rechte der Ehefrau mit Bezug auf
das eheliche Vermögen zustehen. Diese Rechte seien nun aber während
des Bestandes des ehelichen Güterstandes nicht immer bestimmbar-; sie
würden dies erst bei Auflösung des Güterverhältnisses und in diesem Falle
änderten sie sich dann oft sowohl hinsichtlich Qualität als Umfang. Es
könnten somit auch während der Dauer des ordentlichen Güterstandes jene
Vermögensrechte einen bestimmbaren und damit erequierbaren Vermögenswert
nicht bilden, um so weniger, als bei Verwertung solcher Ansprüche auch
die Pflichtteilsrechte der Erben geschmälert oder ganz vernichtet würden.
Nun unterstehe die Gesetzgebung über das eheliche Güterrecht nicht