348 B. Civilreehtspflege.

comportait l'obligation d'établir que les titres engagés étaient la
propriété du failli et devaient par conséquent rentrer dans la masse. Or,
à. cet égard, la Banque federale s'est bornée à des affirmations,
mais n'a entrepris aucune preuve. En outre, il était impossible que le
Tribunal reeonnùt, implicitement ou explioitement, cette propriété au
failli sans que la partie qui la conteste, soit la dame Cusin, eùt été
appelée à faire valoir ses droits.

Néamnoins, c'est àtort que la défenderesse a soutenu et que la Cour
de justice de Genève a estimé que la Banque aurait du diriger sen
action contre dame Cusin en conformité de l'art. 250, alinéa 2 in fine
LP. Les termes de cet article et la rubrique sous laquelle il figure:
verification des créanees et collocatiou, montrent clairement qu'il ne
s'applique qu'aux créauces admises par l'administration de la failIite
dans l'état de collecation, mais non aux revendications formées par des
tiers, qui n'ont évidemment pas à figurer dans le dit état. Le cas où
des tiers revendiquent des objets détenus par la masse est spécialement
prévu par l'art. 242 LP. Cet article dispose que lorsque l'administration
conteste la revendication, elle doit assigner au revendiqnant un délai
de dix jours pour intenter action. En revanche, il est muet au sujet de
1a procédure à suivre par les créanciers qui voudraient contester une
revendication admise par l'administration. Il va de sei qu'il n'y a pas
lien en cas pareii de recourir à. l'autorité de surveiilance en vertu de
l'art. 17 LP. Il ne s'agit pas, en effet, d'une question de procédure,
mais bien d'une question de droit materie] dont la solution est de la
competence de I'autorité judiciaîre. En l'absence d'autre voie de droit
prévue par la loi, le créancier qui voudra_ contester une revendication
admise par I'administration devra procéder eu conformité de l'art. 280
LP., en demandaut la cession des droits prétendus de la masse sur les
biens revendiqués. (Voir en ce sens une decision du Conseil fédérai
en matière de droit de retention: Archives III [1894J, n° 127}. Dans
l'espece, la Banque fédérale n'était nullement obligée d'avoir receurs
à ce procédé pour faire reconnaître le droit de propriété du failli sur
les titres revendiqués par dame Cusin etIX. Civilstreitigkeiten Zwischen
Kantonen und Privaten, ele. N° 50. 349

par suite obtenir leur réalisation par l'administration de faillite, elle
pouvait, ainsi qu'il & été démontré plus haut, exiger de l'administration
la restitntion des titres et en poursuivre la réalisation en dehors de
la faillite.

La Banque federale n'é-tant pas tenue d'agir en conformité des art. 17
et 260 LP., il s'ensuit que l'on ne saurait lui opposer l'inobservation
des délais prescritssi par ces articles pour soutenir que ses droits
seraient aujourd'hui périmés;

Par ces motifs, Le Tribunal fédéral pronunce: Le recours est éearté et
l'arrèt de la Cour de justice civile de Genève confirmé dans le sens
des eonsidérants qui précèdent.

Siehe auch Nr. 39, Urteil vom 26. Februar 1897 in Sachen Flury gegen
Steinbruchgesellschaft Ostermundingen.

IX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen einerseits und Privaten oder
Korporationen anderseits. Difi'érends de droit civil entre des cantone
d'une part et des corporations ou des particuliers d'autre part.

50. Urteil vom 29. Januar 1897 in Sachen Kamen Solothurn gegen Schläfli
und Konsorten.

A. Am 30. April 1876 wurde Johann Weltner, von Läusendorf, Kantons
Solothurn, zum Oberamtmann der Amici Solothurn-Lebern gewahît. Derselbe
wurde durch Wiederwahleu vom Z. Juki 1881, 4. Juli 1886, 5. Februar 1888
und 3. Juli 1892 in seinem Amte durch die Volkswahl bestätigt Bei feiner

350 B. Civilrechtspfiege.

letzten Wiederwahl für die Periode von 1892 1896 verpflichteten
sich die Beklagten für ihn als solidarische Amtsbürgen bis auf den
Betrag von 20,000 Fr. durch notarialischen Bürgschaftsart vom 80. Juli
1892. Zufolge eines Auftrages des Finanzdepartementes vom 9. Juni 1894
fand am 12.-14. Juni eine Untersuchung der Kasse und Buchführung des
Oberamtmanns Weltner durch die solothurnische Kantonsbuchhalterei
statt. Da diese Untersuchung einen erheblichen Kassadefekt ergab,
wurde Weltner am 19. Juni 1894 vom Regierungsrat des Kantons Solothurn
in seinem Amte eingestellt In der Folge wurde gegen Welrner, welcher
das Kassadefizit nicht decken konnte, Strafklage erhoben, und er, auf
sein Geständnis hin, vom Schwurgerichtshofe des Kantons Solothurn am
20. Juli 1894 zweier Unterschlagungen schuldig erklärt und zu einer
Einsperrung von 24,... ".Z Jahren, sowie zu Nebenstrafen verurteilt,
ebenso als verpflichtet erklärt, der Staatskasse des Kantons Solothurn
den ihr erwachsenen Schaden im Betrage von 14,517 Fr. 75 Cis. zu
ersetzen, sowie für ferner zum Vorschein kommende Fehlbeträge als
haftbar erklärt. Weltner wurde vom Staate für den Fehlbetrag Betrieben.
Die Pfändung blieb indessen fruchtlos und der Staat kam mit seiner
ganzen Forderung zu Verlust. Die Staatskasse forderte daraufhin die
Amtsbürgen zur Deckung des Defizites bis 10. Dezember 1894 auf, diese
lehnten jedoch die Zahlung ab, indem sie die Schuldpflicht bestritten. Mit
Schriftsatz vom 17. April 1895 erhob daraufhin der Staat Solothurn gegen
sie Klage beim Bundesgericht, indem er den Antrag stellte: Die Beklagten
seien unter solidarischer Haft gehalten, an den klägerischen Fiskus des
Kantons Solothurn 14,428 Fr. 05 (Cfs. mit Zins à 5%) seit 10. Dezember
1894 und 1 Fr. 50 Cis. Betreibungskosten zu bezahlen, unter Kostenfolge
Dabei behielt sich der Kläger die Geltendmachung allfällig weiter zum
Vorschein kommender Veruntreuungen des alt Oberamtmann Weltner vor.

B. Die Beklagten trugen auf Abweisung der Klage unter Kostenfolge
an. Sie bestritten weder für den Qberamtmann Weltner die behauptete
Amtsbürgschaft gültig eingegangen zu haben, noch die Grösse des von
demselben hinterlassenen Kassadefizites. Dagegen machten sie folgende
Einwendungen geltend: 1. Die Amts-IX. Civilstreitigkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc. N° 50. 351

bürgschaft sei von ihnen unter der selbstverständlichen Voraussetzung
übernommen worden, dass die Kontrolle der staatlichen Organe gegenüber
dem Oberamtniann in der gesetzlich genau vorgeschriebenen Weise
stattfinde. Diese Kontrolle sei nach dem solothurnischen Verwaltungsrechte
eine dreifache Dem Regierungsrate liege nach § 38 der Staatsverfassung
vom 23. Oktober 1887 die Aufsicht über sämtliche ihm untergeordneten
vollziehenden Behörden, also auch die Oberamtmänner ob, welche nach §
1 des Reglements über Kassaund Buchführung vom 14. Mai 1852 besondere
Verwaltung und Rechnung zu führen haben. Durch Reglement vorn gleichen
Tage sei auch der Pflichtenkreis des Kantonsbuchhalters näher umschrieben
und bestimmt worden, demselben liege die vorläufige Revision der
verschiedenen, monatlich von den Rechnungsgebern eingehenden Rechnungen
ob. Nachdem die monatlich eingesandten Rechnungen, welche vorher von dem
Buchhalter revidiert und mit den Quittungen und Revisionsbemerkungen dem
Finanzdepartement zu weitern geeigneten Verfügungen zugestellt werden,
vom gedachten Departement geprüft und richtig befunden worden seien,
habe der Buchhalter die Zusammenstellung der verschiedenen Einnahmen
und Ausgaben zu besorgen und die Rechnungen in die betreffenden Bücher
einzutragen. Durch Verordnung vom 14. Dezember 1867 sodann habe der
Regierungsrat beschlossen, das Finanzdepartement sei angewiesen,
jeweilen bei Eingabe der Monatsabschlüsse die Kassabestände der
verschiedenen Rechnungsgeber zu prüfen, sie mit den voraussichtlichen
Ausgaben des künftigen Monats zu vergleichen. Die in diesen Vorschriften
vorgesehene dreifache Aufsicht durch Regierungsrat, Finanzdepartement
und Kantonsbuchhalter sei nun dem Oberamtmann Weltner gegenüber während
seiner ganzen Amtsdauer in keiner Weise gehandhabt worden. Während es
in der Natur der Sache liege, dass eine Rechnungsrevision bei einem
kassaführenden Rechnungsgeber nur dann vollständig und zuverIässig sei,
wenn jeweilen auch eine Prüfung des Kassabestandes stattfinde, haben
während der ganzen Amtsdauer des Weltner zwei einzige Kassarevisionen,
am 26· Oktober 1885 und am 28. März 1887 stattgefunden. Bei diesen beiden
Untersuchungen habe sich gezeigt, dass der Oberamtinann Weltner sich in
feiner Amts-

352 _ _ B. Civilrechtspfiege.

führung schwere Jnkorrektheiten und betrügerische 's-Handlungen schon
damals habe zu Schulden kommen lassen. Er sei mit den Bucheintragnngen
um Wochen und Monate im Rückstande gewesen und habe sich inzwischen mit
privaten Aufzeichnungen (Brouillons) beholfen, und habe es unterlassen,
Baareingänge zu buchen, habe absichtlich monatelang die Ansbezahlung
von Gläubigern der Amtskasse verzögert, um den grössten Teil des
Kassabestandes während längerer Zeit zinstragend auf seinen Namen
anzulegen, und sich so den Zinsertrag rechts-widrig anzueignen. Zu diesem
Zwecke habe er die amtlich bezeichneten Depositenstellen umgangen, und sei
so nie in der Lage gewesen, den Buchsaldo baar in der Kasse nachzuweisen,
sondern habe zur Deckung stets jene persönlichen Guthaben im Betrage
von mehreren tausend Franken zu Hülfe nehmen müssen. Ungeachtet der
Aussetzungen des Kantonsbuchhalters habe Weltner diese Missbräuche in
vollem Umfange fortgesetzt, denn sie seien alle im Jahre 1887 neuerdings
konstatiert worden. Ausser diesen beiden Kassarevisionen durch den
Kantonsbuchhalter, welche zudem nach dem Reglement vom 14. Mai 1852
bloss vorläufige gewesen seien, denen eine genaue Nachprüfung durch das
Finanzdepartement hätte folgen sollen, seien keine der vorgeschriebenen
Kontrollmassregeln beobachtet worden. Auch die durch die Verordnung vom
11. Dezember 1867 vorgeschriebene monatliche Prüfung der Kassabestände
habe niemals stattgefunden. Eine Pflicht zu mindestens jährlicher
Prüfung der Buchführung und des Kassabestandes der Rechnungsbeamten
ergebe sich übrigens schon aus der durch Art. 38 der Kantonsversassung
dem Regierungsrat auferlegten Aussichtspflicht. Allein auch eine solche
Prüfung habe nie stattgefunden Man habe sich vielmehr Jahre lang mit den
von Weltner monatlich eingereichten, von ihm einseitig und willkürlich
aus-gefüllten Rechnungsbogen begnügt. Nach den Ergebnissen der beiden
Kassarevisionen von 1885 und 1887 hätten die Aufsichtsbehörden damals
und in den folgenden Jahren sich zu ferneren regelmässigen Kassastiirzen
veranlasst finden sollen, umsomehr-, als die Kassabestände Weltners
nach dessen Monatsrechnungen stets steigende Zahlen ausgewiesen haben,
die schliesslich nahezu das dreifache des sonst üblichen erreicht haben,
ein Umstand, der als höchst ver-IX. Civilstreitigkeiten Zwischen Kantonen
und Privaten, etc. N° 50. 353

dächtig habe erscheinen müssen. Weltner sei weder wegen der in den
Jahren 1885 und 1887 begangenen missbräuchlichen Handlungen, noch wegen
seither vorgekommener Unregelmässigkeiten jemals vom Finanzdepartement
oder vom Regierungsrat zur Rechenschaft gezogen oder auch nur gerügt
worden. Die Aufsichtsbehörden haben daher die ihnen nach Gesetz, nach der
Natur des Verhältnisses und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben
obliegenden Aussichtspslichten nicht erfüllt, so dass die Beklagten
jeglicher Schuldpflicht enthoben seien. 2. Eventuell sei zu bemerken:
Bei der Wiederwahl des Oberamtmanns Weltner im Juli 1892 habe kein
Kassasturz stattgefunden Der Staat sei daher gar nicht in der Lage,
feststellen zu können, welche Beträge in der Zeit vom 31. Juli 1892
bis 9. Juni 1894, d. h. innerhalb der Periode, für welche die Beklagten
einzig als Amtsbürgen haften, von Weltner veruntreut worden seien. Das
Journal ergehe auf 31. Juli 1892 einen Kassabestand von 6529 Fr. 66
(été. Man wisse aber nicht, ob dieser Betrag thatsächlich in der Kasse
sich vorgefunden habe. Ferner habe Weltner nicht nur der Kasse direkt
Baarbeträge entnommen sondern auch solche gar nicht {n'è Journal
eingetragen und direkt eingesteckt. Diese Operationen habe Weltner
vermutlich schon Jahre lang gemacht, und insbesondere sei der direkte
Kassantanko mutmasslich schon Jahre lang vorhanden gewesen, nachgeschleppt
und stets mit neuen Geldbezügen gedeckt worden, Am 12. Juni 1894 habe
sich der Fehlbetrag der Kasse gegenüber den Vucheinträgen auf 8637 Fr. 51
Ers. belaufen, und derselbe habe jedenfalls schon im Jahre 1892, bei
Beginn der letzten Amtsdauer, bestanden. In der Strafuntersuchung habe
Weltner ausgesagt, Ende der letzten Amtsperiode habe er ein Kassadefizit
von 4500 5000 Fr. gehabt. Diese Angabe sei jedoch bedeutend zu niedrig
gegriffen, wie sich ans den Familienverhältnissen Weltner's schliessen
lasse. Die bedeutendsten Aus-lagen für die Erziehung seiner Kinder
(die den vermögenslosen Mann viel Geld gekostet habe) seien in die
zweite Hälfte der achtziger Jahre gefallen. Zur Zeit seiner letzten
NenWahl im Juki 1892 seien aber diese Verhältnisse vollständig geändert
gewesen. In den Jahren 1892 1894 habe Weltner, der lehr einfach gelebt
und vom Zi. Juli 1892 bis zu seiner Amtsxxm 1897 '23

354 B. Givilrechtspflege.

entsetzung keinerlei ausserordentliche Ausgaben gehabt habe, kaum seinen
Jahresgehalt aufgebraucht. Es liege daher hohe Wahrscheinlichkeit dafür
vor, dass Weltner seine Unterschlagungen in frühem Amtsperioden, für
welche die Beklagten nicht haften, begangen habe. _ ss

C. In der Replik bestreitet der klägerische Fiskus, dass die
Beaufsichtigung des Oberamtmanns Weltner nicht in der gesetzlich
und regletnentarisch vorgeschriebenen Weise stattgefunden habe,
und führt in dieser Richtung aus: Die Kassageschäfte des Oberamtes
zerfallen in zwei Teile, einerseits in die Einnahmen und Ausgaben
von Geldern für den Fiskus (die sog. Amtsgelder), anderseits in die
Erhebung von Gelde-m bei und die Ablieferung von solchen an Dritte
(die Verwaltung der Depositengeloer). Die Buchführung der Oberamter sei
seit 1. Januar 1892 neu geordnet und zwar dahin, dass die Oberamtmänner
zu führen haben: 1. ein Kassabuch, enthaltend Amtsund Depositengelderz
2. Konto-Kommt für die Amtsgelderz 3. Konto-Kommt für die Depositengelderz
4. Urteilskontrolle; 5. Ausstandsrodelz 6. Formularienkontrolle.
Bezüglich der Amtsgelder habe der Oberamtmann nach den erhaltenen
Jnsiruktioneu einerseits Monats-, anderseits Jahresrechnung abzulegen. Die
Monatsrechnungen erzeigen in Gesamtposten die Einnahmen und Ausgaben
des abgelaufenen Monates, für welche letzteren jeweilen die Belege
beizubringen seien. Die Jahresrechnungen enthalten neben den Kassaposten
auch ein Verzeichnis der Aussiände, d. h. der noch

unerledigten Kassageschäfte Bezüglich der Depositengelder habe der

Oberamtmann seit dem 1. Januar 1892 jeden Monat den Umsatz und den
Saldo anzugeben, den Konto-Kommt zu führen und am Ende des Jahres dem
Kantonsbuchhalter ein Bordereau der Saldi einzureichen. Am Schlusse
jeder Monatsund Jahresrechnung sei der Kassasaldo zu ergänzen. Die
Aufsicht über die staatlichen Kassaführer und speziell die Oberamtmänner
sei stets in folgender Weise ausgeübt worden: a. Durch Revision der
Monatsund Jahresrechnungen Die Monatsrechnungen werden zunächst auf ihre
arithmetische Richtigkeit, hernach daraufhin geprüft, ob die einzelnen
Posten richtig rubriziert, die Berechnung des Saldo und die Ausscheidung
desselben in Amtsund Desw-IX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und
Privaten, etc. N° 50. 855

sttensaldo richtig vorgenommen seien. Die hauptsächkjchste Prüfung
aber bestehe darin, dass die sämtlichen Ausgaben der Amtskasse an
Hand der Belege geprüft werden. Bei den Jahresrechnungen sodann werden
die Einnahmen eingehend untersucht, an Hand der von den verschiedenen
Verwaltungsabteilungen darüber geführteu Register und aufgestellten
Listen. Werden nun durch die Prüfung

ss der Monatsrechnung Fehler aufgedeckt, so mache der Kantons-

buchhalter, wenn es sich nicht nur um ganz leichte Versehen handle, dem
Finanzdepartement Mitteilung, welches hierauf die nötigen Verfügungen
treffe. Die Jahresrechnung und das Ergebnis ihrer Prüfung werden
dem Finanzdepartement in allen Fällen unterbreitet, welches hieran
an den Oberamtmann die nötigen Weisungen erlasse und den jährlichen
Rechenschaftsbericht verfasse. Der Regierungsrat befasse sich mit Kassa:
und Rechnungsangelegenheiten nur insoweit, als einzelne Vorkommnisse oder
die Behandlung einschlagender Vorlagen hiezu Veranlassung geben. b. Durch
die Überwachung der Kassabestände. Wenn nach den Monatsrechnungen der
Kasfasaldo im Verhältnis zu den Geschäften und dem Umsatz der Amtsstelle
eine übermässige Höhe erreichen sollte, werde der betreffende Beamte
angewiesen, eine Ablieferung an die Staatskasse zu vollziehen; hieran
beziehe sich die Verordnung vom 13. (nicht wie die Beklagten angaben vom
14.) Dezember 1867. c. Durch zeitweilige Kassafiürze verbunden mit einer
Untersuchung über die Führung sämtlicher Bücher und Kontrollen. Die
Verordnung vom 13. Dezember 1867, auf welche sich die Beklagten für
das Gegenteil berufen, wolle nichts anderes, als dass der jeweilen
in den Rechnungen angezeigte Monatssaldo auf seine Angemessenheit im
Vergleich mit den mutmasslichen Ausgaben des nächsten Monates geprüft
werde, keineswegs aber, dass jeweilen bei jeder Rechnungsrevision
Kasfastiirze vorgenommen werden, was eine unerfülllbare, und zudem,
da sich die betreffenden Beamten zum Voraus sichern könnten, unnütze
Formalität ware. Niemals, weder vor noch nach der Verordnung von 1867,
seien denn auch bei Anlass der Abgabe der Monatsrechnungen von Seite der
Oberamtmänner Kassastürze vorgenommen worden, woraus herVokgehg dass
diese Verordnung solche nicht vorschreibe. Kassastürze seien übrigens
niemals eine Garantie für die Aufdeckung ge-

356 B. Givilrechtspflege.

schehener Unterschlagungen, so lange eine Kontrolle der Einnahmen nicht zu
Gebote stehe; diessalls sei zu bemerken, dass die Oberamtmänner im Kanton
Solothurn eine Anzahl Einnahmen haben, welche schwer oder gar nicht,
oder erst in viel späterer Zeit kontrolliert werden können. Übrigens
seien im Kanton Solothnrn, dessen Rechnungskontrolle eine strenge fei,
in den Jahren 1889 1894 bei den verschiedenen Rechnungsgebern im ganzen
59 Kassastiirze vorgenommen worden, obschon solche nicht vorgeschrieben
seien. Allerdings habe eine lange Krankheit und der Tod des Adjunkten
des Kantonsbuchhalters in Bezug aus die Kassasiürze in der letzten Zeit
etwelche Verzögerung herbeigeführt, welche jedoch nicht zu vermeiden
gewesen sei. Die Berichte des Kantonsbuchhalters über die bei Weltner
in den Jahren 1885 und 1887 vorgenommene Untersuchung der Kassaund
Buchführung haben durchausnicht ergeben, dass Weltner sich schwerer
Jnkorrektheiten und betrügerischer Handlungen schuldig gemacht habe. Das
von ihm gesührte Brouillon sei kein Privatbuch, sondern ein amtliches
Hülssbuch, wie es auch bei andern Oberàrntern, angesichts der srÜhern,
etwas schwersälligen lEinrichtung der Kassabücher unbeanstandet im
Gebrauch gestanden habe. Nachdem auf 1. Januar 1892 eine neue und
praktische Komptabilität eingerichtet worden sei, welche die Brouillons
überflüssig gemacht habe, seien diese auch bei Wenner nicht mehr im
Gebrauch geblieben. Die Kassaeingänge seien im Brouillon alle gebucht
gewesen. Bei der Kassarevision vom Jahre 1885 sei allerdings die Be-

merkung gemacht worden, dass die Kreditoren der Fremdenkasse zu _

spät ausbezahlt werden; dies sei jedoch kein Vergehen gewesen und habe auf
die Amtskasse keinen Bezug gehabt. Der Umstand, dass Weltner die Depositen
aus der Hiilsskasse aus seinen eigenen Namen machte, sei eine materiell
bedeutungslose Jnkorrektheit gewesen, da Welmer niemals die Absicht gehabt
habe, sich auf diesem Wege Gelder anzueignen, was daraus hervorgehe, dass
er aus der Art der Anlage kein &";th gemacht und die Rückbezüge stets zu
Gunsten der Amtskasse verwendet habe. Gleich nach der Kassauntersuchung
vom März 1887 habe Weltner seine Deswsiten ordnungsgemäss bis zu seiner
Amtsentsetzung im Juni 1894 auf der solothurnischen Kantoualbank gemacht,
und zwar ans das Oberamt Solothurn-Lebern. Auch hier habe er die Zinsen
jedesIX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
50. 3.5?

Jahr in Rechnung gebracht. Die Ergebnisse der beiden KassaUntersuchungen
von 1885 und 1887 seien demnach durchaus nicht beunruhigend gewesen,
es habe denselben vielmehr entnommen werden dürfen, dass Weltner seine
Kasse in Ordnung halte, indem er bei beiden Untersuchungen diejenigen
Kassabestände vorgewiesen habe, welche seine Bücher erzeigten. Die bei
jenen Anlässen konstatierten Fehler seien nicht so schwerer Art gewesen,
um gegen ihn ernsthaftes Misstrauen zu rechtfertigen, und zwar um so
weniger, als seine Lebensführung eine einfache und tadellose gewesen
sei. Die Monatsrechnungen werden nicht samt und fonderà, sondern
nur dann dem Finanzdepartement vorgelegt-, wenn Unregelmässigkeiten
vorgekommen seien. Jnfolge solcher habe Weltner öfters Weisungen
und mehrfach Rügen erhalten, teils durch den Kantonsbuchhalter,
teils durch das Finanzdepartement. Wiederholt, und zwar schon vor
Eingebung der Amtsbürgschast durch die Beklagtern haben auch die
Staatswirtschastskommission und der Kantonsrat Veranlassung genommen, aus
die saumselige Geschäftsführung Weltner's hinzuweisen Dabei habe allgemein
die Aufsassung geherrscht, Weltner sei wohl ein unbeholfener, aber kein
ungetreuer Beamter. Dem Vorsteher des Finanzdepartememes sei es nicht
möglich, eine Prüfung der Monatsabschliisse sämtlicher Rechnungsgeber
selbst vorzunehmen. Es sei richtig, dass die Monatsabschliisse Weltneris
bedeutende Baarsaldi erzeigten, allein

übermässig gross seien dieselben für das Oberamt Solothurn-Lebern,

das einen sehr grossen Geldumsatz habe, nicht gewesen. Soweit bei den
Kassauntersuchungen von 1885 und 1887 Verstösse konstatiert worden
seien, seien dem Weltner die gebotenen Rügen und Weisungen sofort
zu Teil geworden. Er habe die Aussetzungen im Berichte von 1885 sogar
selbst unterschrieben. Es werde bestritten, dass die Aussichtsbehörden
sich in der Beaufsichtigung Weltner's eine Fahrlässigkeit oder gar Dofus
haben zu Schulden kommen lassen; gegenteils gehe aus den Akten hervor,
dass sie aus Ordnung gehalten und ihre Pflichten vollkommen erfüllt
haben. Was die Behauptung anbetresse, dass Weltner schon bei der Neuwahl
von 1892 in seiner Kasse ein Desizit gehabt habe, si spreche dafür gar
kein Anhaltspunkt. Im Jahre 1887 habe kein Defizit bestanden. Die Saldi
der Monatsabschliisse vom Dezember 1891, vom Januar, Februar, März,
April, Mai und

358 B. Givilrechtspflege.

Dezember 1892 sprechen nicht dafür, dass Weltner zur Zeit der Neuwahl
von 1892 die von den Beklagten behaupteten Unterschlagungen schon verübt
habe. Ein Beweis dafne, dass er vor der Neuwahl Einnahmen gemacht hätte,
die nicht gebucht worden waren, liege nicht vor. Für die gebuchten
Ausgaben habe er monatlich die Belege beizubringen gehabt, mit Ausnahme
der Ausgaben der Fremdenkasse. Hier haben die Untersuchungen allerdings
ergeben, dass Weltner in kleinen Posten 100 Fr. 45 Cts. ausgebucht
habe, ohne dass die Auszahlung faktisch geschehen sei. Für diese 100
Fr. 45 Cfs. werden jedoch die Beklagten nicht belangt. Der Betrag
sei von den frühem Amtsbürgen ohne weiters gedeckt worden. Die in der
Strafuntersuchung gemachten Angaben Weltners über den Zeitpunkt der
Entstehung des Defizites seien nicht zuverlässig. Er habe offenbar den
wahren Sachverhalt zu verschleiern gesucht. Möglich sei es auch, dass
er' gegen seinen Schwager Erzer, den früheren Burgen, einen Racheakt
habe begehen wollen, indem Erzer zur Zeit des Ausbruchs der Katastrophe
jede Beihülfe abgelehnt habe. Voraus-gesetzt, es hätte zu Beginn der
neuen Amtsperiode im Jahre 1892 ein Kassasturz mit Bücheruntersuchung
stattgefunden, und es hätte damals Weltner eingenommene Gelder zu sich
gesteckt und nicht gebucht gehabt, so hätte das nicht konstatiert werden
können. Bei der Untersuchung vom Jahre 1894 sei das möglich gewesen,
weil man nach der Feststellung des Kassadesizites den Weltner wie einen
Verbrecher behandelt habe, auf welchen man energisch eingedrungen sei,
seine

ans den Büchern nicht ersichtlichen Unterschlagungen namhaft zu ss

machen, und auch dritte Personen, welche Zahlungen gemacht hatten, von
sich aus mitgeholfen haben, diese Zahlungen nachzuweisen. Viele derartige
Unterschlagungen haben Überdem erst später festgestellt werden können. Die
Erheblichkeit der Ausführungen über Weltner's Familienverhältnisse werde
bestritten, die Mittel zur Deckung der Erziehungskosten seien teils durch
das Frauengut, teils durch Anleihen aufgebracht worden. Dass Weltner
in den Jahren 1892 1894 kaum seinen Jahresgehalt aufgebraucht habe,
werde bestritten. Bei periodischen Bestätigungen im Amte finden keine
Kassastürze statt. Die prompte Vornahme einer derartigen Massregel wäre
auch ein Ding der Unmöglichkeit; sie würde den Kantonsbuchhalter oder
seinen Adjunkten für ein vollesIX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen
und Privaten, etc. N° 50. 359

Vierteljahr ausschliesslich in Anspruch nehmen, was nicht angehe. Da bei
den periodischen Wiederwahlen immerfort auch Neuwahlen stattfinden, seien
Finanzdepartement und Kantonsbuchhalter vollauf in Anspruch genommen,
neben den laufenden Geschäften auch die Amtsübergabe an die Neugewählten
und deren Einführung in das Amt zu vollziehen

D. Aus Antrag des Klägers wurde dem früheren Amtsbürgen des Oberamtmanns
Weltner, Theodor (ärger, und den Erben des verstorbenen Amtsbürgen Johann
Erzer (Ollo und Arthur Erzer) der Streit verkündet. Dieselben haben sich
indessen, trotz Zustälung aller Verfügungen, am Prozesse nicht beteiligt.

E. In der Duplik halten die Beklagten an ihren Ausführungen über die
Aufsichtspflicht des Regierungsrates und des Finanzdepartements-,
sowie Über die Art und Weise der gegenüber dem Oberamtmann Weltner
geübten Kontrolle fest. Aus den daherigen Vorbringen ist hervorzuheben:
Dem Oberamtmann Weltner seien, mit Ausnahme der vom Kantonsbuchhalter
anlässlich seiner zweimaligen Anwesenheit auf dem Amtslokal persönlich
gemachten Bemerkungen, weder seitens des Finanzdepartements-T noch des
Regierungsrates, der Staatswirtschaftskommission und des Kan:tonsrates
jemals Rügen oder Weisungen zugekommen, obschon aus den Berichten des
Kantonsbuchhalters vom 26. Oktober 1885 und 28. März 1887 hervorgehe,
dass Weltner sich schon damals der vollendeten Unterschlagung, nicht
einer blossen Jnkorrektheit schuldig gemacht habe. In beiden Fällen sei
er nicht im Stande gewesen, den Kassabestand in baar nachzuweisen, bei
der ersten Untersuchung haben volle 4000 Fr., bei der zweiten 2000 Fr.
gefehlt. Beide Beträge habe Weltner der Kasse des Qberanrtes

' entnommen, ohne den Ausgang im Journal zu buchen. Ange-

sichts des Resultates dieser Untersuchungen qualifiziere sich das
Unterlassen jeglicher Vorkehren gegen den sehlbaren Beamten als grobes
Verschulden der Aufsichtsbehörden. Es sei ausser Zweifel, dass der
Kantonsrat, wenn ihm durch die Rechenschaftsberichte des Regierungsrates
pro 1885 und 1887 Kenntnis von jenen Kassarevisionen gegeben worden wäre,
bei der in andern Fällen dokumentierten Strenge gegen Weltner schon das
erste Mal eine Strafe verhängt, und bei einem Rückfall Amtsentsetzung
ausgesprochen haben würde. Die sehlende Kontrolle habe es Weltner

330 B. Civilrechtspflege.

auch ermöglicht, seine Defraudationen zu verschleiern, so dass es heute
für die Beklagten unmöglich sei, genau festzustellen, welches der Zustand
auf dem Oberamt Solothurn-9ebern in frühem Jahren, und speziell bei
Beginn der letzten Amtsperiode, gewesen sei. Die Äusserung Weltner's in
seinem Verhör vor dem Untersuchungsrichter, er habe schon vor der letzten
Neuwahl ein Kassadefizit gehabt, sei jedenfalls mit Berücksichtigung
aller Verumständungen des Falles richtig, nur sei wohl der von ihm
genannte Betrag von 4500 5000 Fr. zu niedrig gegriffen, indem Weltner
offenbar nur den Kassabestand mit den wirklichen Bucheintragungen auf
einen bestimmten Zeitpunkt verglichen habe, während er thatsächlich
mit den Buchungen, die er nie selbst besorgt, sondern durch seinen
Sekretär aus dem Brouillon in's Journal habe schreiben lassen, stets
im Rückstande gewesen sei. Dass Weltner zu seinem Schwager Erzer in
feindseligem Verhältnis gestanden sei, werde bestritten F. Der Beweis ist
von den Parteien durch Urkunden und Zeugen geführt worden. Der anfänglich
beantragte Sachverständigenbeweis ist von den Parteien fallen gelassen
worden. In dem Beschluss des Regierungsrates vom 28. September 1894 wird
das Defizit folgendermassen festgestellt: 1. Fehlbetrag an eingegangenen
und gebuchten Geldern (nach dem Kassabuchabschluss vom 12. Juni 1894)
. Fr. 8,587 51 2. Eingeuomme, aber nicht gebuchte Gelder (in 54 Posten)
3 Ausgebuchte, aber nicht wirklich berausgabte Gelder . . . . . . . .
166 --

Total Fr. 14,973 55 wovon in Abrechnung zu bringen als derjenige Betrag,
derdem Weltner infolge seither konstatierter Missrechnnngen, unrichtiger
Buchungen und als restierendes Gehaltsguthaben (151 Fr 75 Ets) habe zu
Gut geschrieben werden

müssen . . . . . . . . 461 40

6,270 04

IsIX. Givilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 50. 361

In einem Borderau zu diesem Beschlusse sind dagegen noch zwei weitere
nicht gebuchte Abschlagszahlungen aus den Jahren 1893 und 1894 von
zusammen 16 Fr. 35 Cts. dazu gezählt, so dass die Gesamtsumme des
Defizits auf 14,528 Fr. 50 Ets. sich belaust, oder, nach Abzug der 100
Fr. 45 Età, welche anerkanntermassen auf die frühere Amtsperiode fallen,
auf den Betrag von 14,428 Fr. 05 Cts.

G. In der heutigen Verhandlung halten die Vertreter der Parteien die im
Schriftenwechsel gestellten Anträge unter erneuter Begründung aufrecht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Kompetenz des Bundesgerichts ist unbestritten, und unbestreitbar
gegeben.

2. In der Sache selbst kann zunächst einem begründeten

Zweifel nicht unterliegen, und ist auch unter den Parteien nicht

streitig, dass die beklagten Vliegen nur für denjenigen Schaden haften,
welcher durch die auf Grund der Bestätigungswahl vom 3. Juli 1892
erfolgte Amtsführung des Oberamtmanns Weltner entstanden ist, nicht
aber für den Schaden, den dieser in frühem Amtsperioden, für welche
andere Amtsbürgen sich verpflichtet haben, gestiftet hat. Darnach
gehört aber zum Fundament der erhobenen Klage die Behauptung und
der Beweis, dass Oberamtmann Weltner den eingeklagten Schaden in der
durch die Bestätigungswahl vom Z. Juli 1892 eingeleiteten Amtsperiode
verursacht habe, und es qualifiziert sich die Einwendung der Beklagten,
das Kassadefizit sei nicht in dieser Periode entstanden, sondern bereits
bei Beginn der Amtsperiode vorhanden gewesen, nicht als Eint-ede, sondern
als motiviertes Läugnen des Klagegrundes. Denn mit dieser Behauptung
bestreiten die beklagten Bürgen, dass dem Dienstherrn ein Schaden aus
demjenigen Anstellungsverhältnisse des verbürgten Beamten entstanden sei,
für welches einzig sie die Bürgschaft übernommen haben; sie läugnen also
das Klagefundament. Für dieses trifft aber die Beweislast den Kläger;
diese's hat zu beweisen, dass der Kassadefekt dem durch die Bürgschast
der Bekkagten versicherten Anftellungsverhältnisse Weltner's entstamme,
dass er aus einer Amtsthätigkeit desselben herrühre, für welche sie sich
verbürgt haben.

362 B Civilreehtspflege.

3. Frägt es sich, ob der Kläger diesen ihm obliegenden Beweis erbracht
hahe, so ist zu bemerkeni Gemäss den (nicht bestrittenen) Klagsanbringen
und dem dein Regierungsratsbeschluss vom 28. September 1894 beigefügten
Borderau setzt sich der Kassadefekt des Qberamtmanns Weltner ans drei
Teilen zusammen: Jin Betrage von 8587 Fr. 51 Cts. hat derselbe Gelder
unterschlagen, welche in seinen Büchern als eingegangen eingetragen waren;
im Betrage von 5824 Fr. 99 Ets. (d. h. von 6270 Fr. 04 Età, mit Zurechnung
der beiden im Nachtrag zum Borderau des Regierungsratsbeschlusses vom
28. September 1894 ausgeführten Posten von 16 Fr. 35 CW., von 6286 Fr. 39
Cts., jedoch abzüglich der vom Kläger in Abrechnung gebrachten 461 Fr. 40
Cts.) hat er Zahlungen, die ihm seit seiner letzten Wiederwahl geleistet
worden waren, nicht gehucht, und für 166 Fr. endlich Ausgaben gebucht, die
von ihm nicht wirklich geleistet worden waren. An letzterm Posten fällt
indessen der Betrag von 100 Fr. 45 Cis. zum vorneherein in Abzug, weil
die daherigen angeblichen Zahlungen die frühere Anitsperiode betreffen,
deshalb auch von den früheren Amtsbürgen Weltner's vergütet und auch nicht
eingeklagt worden find. Demnach steht fest, einerseits, dass Qberamtmann
Weltner während seiner letzten Aintsperiode im Belaufe von 6286 Fr. 39
Cis. 461 Fr. 40 Cis = 5824 Fr. 99 Ets. Gelder eingenommen hat welche
er nicht als eingegangen buchte, anderseits, dass er während dieser
gleichen Amtsperiode 65 Fr. 55 Cts. als ausgegeben buchte, welche er
nicht wirklich verausgabt hat. Hinsichtlich dieser beiden Beträge nun dari
der Beweis als geleistet erachtet werden, dass dieselben in der letzten
Amtsperiode des Oberamtinanns Weltner unterschlagen wurden; denn es steht
nach dem Ausgeführten fest, dass während dieser Periode Weltner Gelder
im Betrage von 5824 Fr. 99 Ets. einnahm, ohne den Eingang zu Buchan, und
anderseits Gelder im Betrage von 65 Fr. 55 Ets. als ausgegeben eintrag,
ohne die sachbezüglichen Ausgaben wirklich zu leisten. Nun muss aber
bis zum Beweis des Gegenteils angenommen werden, dass ein Kassabeamter,
der Eingänge zu buchen unterlässt, welche hernach in der Kasse fehlen,
und Ausgänge bricht, welche nicht wirklich erfolgt sind, die betreffenden
Beträge eben in dem Momente unterschlagen habe,IX. Civilstreitigkeîien
Zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 50. 363

wo die nicht gebuchten Eingänge ihm zugeflossen, bezw die gebuchten,
aber nicht wirklich geleisteten Zahlungen von ihm eingetragen wurden. Ein
Kassabeamter, welcher eingegangene Gelder nicht bucht, die hernach in der
Kasse fehlens muss fur so lange als überwiesen erachtet werden, diese
nicht eingetragenen Gelder unterschlagen zu haben, als nicht dargethan
wird, dah er trotz der unterlasseneu Eintragung diese Eingänge doch
der Kasse abgeliefert habe, und ein Kassabeamter, welcher Zahlungen
als geschehen bucht, die er nicht wirklich geleistet hat, muss als
ubersuhrt erachtet werden, diese Beträge in demjenigen Momente ,ber
Kasse entfretndet zu halten, wo er sie als ausgegangen salschlichO
gebucht hat. Es ist freilich möglich, dass in einem derartigen galle der
Kassabeamte die eingegangenen, nicht gebuchten Gelder nicht wirklich
nnterschlagen, sondern zur Kasse abgeliefert-und die Vuchung nur
deswegen unterlassen hat, um begangene sruhere Unterschlagungen zu
verschleiern, und dass er zum gleichen Zwecke augh die Buchung nicht
geschehener Zahlungen vorgenommen hat. ,ment zu vermuten ist das doch
nicht, sondern derjenige, welcher sich hieraus beruft, muss es beweisen,
muss dar-thun, dass den Beamte die Gelder, über deren Verblieb er sich
nicht ausgewsesen hat, welche er nach dem Bestand seiner Buchführung
in seine Tasche gesteckt hat, doch in Wirklichkeit ablieferte. In caem
haben nun die beklagten Bürgen einen Beweis dafür, dass die Unterlassung
der Buchung gemachter Einnahmen aus der letzten Amtsperiode und die
Buchung nicht gemachter Zahlungen aus _der gleichen Zeit sich als blosse
Buchhaltungsmanipulationen behufs Verschleierng früherer Unterschlagungen
darstelle, nicht erbracht, 1a im Grunde nicht einmal unternommen Nach den
Jlussagen des ehemaligen Oberamtmanns Weltner hätte dieser wahrend seiner
letzten Amtsdauer sogar mehr neue Unterschlagungen begangen, als dem
Betrage der während dieser Zeit gemachten und nicht gebuchten Einnahmen
und nicht gemachten aber gebuchten Zahlungen entsprechen weirde. Die
Familienverhältnisfe Weltner s, auf welche sich die Beklagten dafür
berufen haben, dass dessen Unterschlaguktgrn aus früherer Zeit stammen
müssen, sind nicht beweisend; frkiltch ist richtig, dass die Ansprüche,
welche die Familie Welinerp in der Zeit vors der letzten Amtsperiode,
bevor feine Kinder erzogen

354 B. Civilrechtspflege. 'î',

waren, grösser gewesen sein werden, als später, allein irgend eine
sichere Schlussfolgerung dahin, dass Weltner seine Unterschlagungen
ganz oder zum grossen Teil zu der Zeit müsse begangen haben, wo seine
Familienlasten am driickendsten waren, ist nicht möglich. Anderseits ist
allerdings auch ein Beweis dafür nicht geleistet, dass der Übrige Teil
des Defizits, welcher der Differenz zwischen dem wirklichen Kassabestand
vom 12. Juni 1894 und den damaligen Bucheinträgen entspricht, auf die
letzte Amtsperiode des Oberamtmanns falle; es fehlt vielmehr an allen
zuverlässigen Anhaltspunkten dafür, um festzustellen, wann dieser Teil des
Daesizits entstanden ist. Nach den Ansiagen Weltner's freilich ware ein
grösserer Teil des Defizits, als dem Betrage der nicht gebuchten Eingänge
und fälschlich gebuchten Zahlungen entspricht, aus Unterschlagungen aus
der Zeit der letzten Amtsperiode zurückzuführen. Allein diese Aussage
Weltner's ist für sich allein um so weniger beweisend, als sie ganz
unbestimmt gehalten ist, und Weltner, so viel wenigstens den Akten zu
entnehmen, über seine Unterschlagungen gar keine Aufzeichnungen gemacht
hat, vielmehr einfach blindlings, je nach Bedürfnis, in die Kasse hinein
gegriffen zu. haben scheint, ohne sich genau Rechenschaft darüber zu
geben, auf welchen Betrag seine Unterschlagungen dadurch nachund nach
anwachsen.

4. Nach den vorstehenden Ausführungen ist also die Klage ohne weiters
abzuweisen, soweit sie den Betrag von 6351 Fr. 94 (Sis... abzüglich
der vom Kläger in Abrechnung gebrachten 461 Fr. 40 Cis- also von 5890
Fr. 54 Cis. übersteigt, und fragt sich nur noch, ob diese letztere Summe
gutzuheissen, oder ob nicht vielmehr die von den Beklagten erhobene
Einrede begründet jet, der klägerische Fiskus sei nicht berechtigt,
Ersatz dieses Schadens zu verlangen, weil er denselben durch gröbliche
Fehler in der Beaufsichtigung des Oberamtmanns Weltner selbst verschuldet
habe. Grundsätzlich ist hinsichtlich dieser Einrede zu bemerken: Wie
vom Bundesgericht in seiner Entscheidung in Sachen Aargau gegen-Wart
und Genossen (Amtl. Stimle Bd. XIX, S. 483) ausgeführt worden ist,
hat bei der Amtsbürgschaft der Geschäftsherr für Arglist und grobe
Fahrlässigkeit in der Beaufsichtigung seiner Beamten einzustehen und er
kann daher Ersatz eines Scha-IX. Givilstreitigkeiten zwischen Kantonen
und Privaten, etc. N° 50. 365

dens nicht verlangen, dessen Herbeiführung er selbst durch dolose

oder grob sahrlässige Unterlassung der durch die Umstände gebo-

tenen Kontrolle erst ermöglicht hat. Dagegen geht die Aufsichts-

pflicht des Geschäftsherrn doch nicht so weit, dass er für Voll-

kommenheit seiner Kontrolleinrichtungen und ihrer Handhabung

einzustehen hätte, vielmehr besteht diese Aufsichtspflicht des Ge-

schäftsherrn als Pflicht gegenüber den Bürgen nicht weiter, als

die bona fides der Bürgschaft es fordert, so dass als Verstösse

gegen diese Aufsichtspflicht nur solche Verfehlungen erscheinen,

welche dein Geschäftsherrn entweder zur Arglist anzurechnen find,

oder doch auf grober, Unverzeihlicher Nachlässigkeit, aus leicht-

sertiger Nichtbeachtung der Rechtsstellung und der Interessen der Bürgen
beruhen, und daher durch die Grundsätze von Treu und Glauben revrobiert
erscheinen. Jusbesondere kann der Geschäfts.herr nicht allemal dann
ohne weiters als haftbar angesehen werden, wenn er oder seine Organe
besonders scharfe Kontrollbestimmungen, welche im Interesse gerade des
Geschäftsherrn aufgestellt und seinen Organen zur Beachtung vorgeschrieben
sind, in dem einen oder andern Punkte nicht ganz genau sollten beachtet
haben. Fragt es sich, ob nach Massgabe dieser Grundsätze ein grobes,
die Etsatzpflicht der Bürgen ausschliessendes Verschulden anzunehmen
sei, so trifft in dieser Richtung die Beweispflicht die Burgen, und zwar
müssen dieselben zu ihrer Befreiung zweierlei nachweisen, einmal, dass
der klagende Fiskus bezw. dessen Organe sich in der Beaufsichtigung
des Oberamtes solcher Handlungen oder Unterlassungen schuldig
gemacht habe, welche rechtlich als Arglist oder grobe, unverzeihliche
Fahrlässigkeit sich qualifizieren, und zweitens, dass diese Handlungen
oder Unterlassungen in kausalem Zusammenhang mit dem eingetretenen
Schaden stehen, derart, dass ohne diese Handlungen oder Unterlassungen
dieser ganz oder teilweise nicht eingetreten oder doch abgewendet worden
wäre. Arglist des Klägers oder seiner Organe ist nun nicht behauptet,
wohl aber in verschiedenen Richtungen grobe Fahrlässigkeit. Zunächst ist
behauptet worden, die durch Verfassung und Reglemente vorgeschriebene
Kontrolle über die Geschäftsführung und speziell Kassaführuag des Weltner
sei in keiner Weise thatsächlich gehandhabt worden. Dies ist indessen
nicht richtig. Diejenige Art der Rech-

366 B. Civilrechtspflege.

nungskontrolle, welche das solothurnische Verwaltungs-recht positiv
vorschreibt, ist gegenüber dem Oberamtmann Weltner in ihren wesentlichen
Bestandteilen wirklich geübt worden. Denn: die vor-

geschriebenen Monatsund Jahresrechnungen des Oberamtmanns

sind regelmässig eingeholt und geprüft worden; allerdings wurden die
Monatsrechnungen in der Regel nur vom Kantonsbuchhalter untersucht,
und nur diejenigen derselben dem Finanzdepartement

unterbreitet, welche zu wesentlichen Aussetzungeu Veranlassung

gaben, so dass es nötig erschien, Weisungen dieses Departementes
einzuholen, während § 2 des Reglementes für den Kantonsbuch-

halter vom 14. Mai 1852 voraussetzt·, dass, nach der Prüfung

der Monatsrechnungen durch den Kantonsbuchhalter, auch das
Finanzdepartement selbst eine solche vornehme. Das beobachtete Vorgehen
war aber ganz allgemein und ständig geübte Verwaltungspraxis, es kann in
demselben in der That bloss eine formelle Jnkorrektheit, nicht aber eine
materiell bedeutungsvolle Pflichtverletzung erblickt "werden. Denn die
Sachlage, welche die Bildung der betreffenden Praxis bedingte, war, wie
auch der Zeugenbeweis bestätigt, offenbar die, dass dem Finanzdepartement
eine selbständige, eigene Prüfung der sämtlichen Monatsrechnungen
doch nicht möglich gewesen wäre, dasselbe daher, wenn ihm sämtliche
Monatsrechnungen zugesandt worden waren, sich wesentlich auf eine formelle
Thätigkeit, auf ein Visum der Bemerkungen desKantonsbuchhalters hätte
beschränken müssen, eine Formalität, welche ohne sachlichen Nachteil
unterblieb. Die Jahresrechnungen des Oberamtmanns sodann wurden jeweilen
sämtlich vom Finanzdepartement geprüft und zwar wurde diese Überprüfung
nicht als blosse Formsache aufgefasst, sondern ernsthaft durchgeführt,
wie der vom Adjunkten des Kantonsbuchhalters bezeugte Umstand beweist,
dass der Finanzdirektor den Anlass zur Anordnung des Kassasturzes, welcher
zur Entdeckung des Defizites Weltner's führte, aus einer Wahrnehmung
schöpfte, welche er bei Prüfung der Jahresrechnung Weltner's pro 1893
gemacht hatte. Periodische Kassastürze bei den staatlichen Rechnungsgebern
schrieb das solothurnische Verwaltungsrecht nicht vor. Die Beklagten
meinen, es liege eine sachbezügliche Vorschrift in der Verordnung
des Regierungsrates vom 13. Dezember 1867, allein unzweifelhaft mit
IX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten. etc. N° 50. 367

Unrecht. Unter der Prüfung der Kassabestände, wie sie diese Verordnung
vorschreibtz sind nicht Kassastürze verstanden, sondern lediglich die
Untersuchung des in der Monatsrechnung angegebenen Kassasaldos daraufhin,
ob derselbe in richtigem Verhältnis zu den mutmasslichen Bedürfnissen
des künftigen Monats stehe. Darauf deutet schon, dass die Verordnung das
Finanzdepartement anweist, die vorgeschriebene Prüfung der Kassabestände
jeweilen bei Eingabe der Monatsabschlüsse vorzunehmen, was darauf
hinweist, dass es sich um eine Prüfung handelt, welche auf Grund dieser
Monatsabschlüsse ohne weitere? geschehen kann, und keine, im Kassalokal
vorzunehmende, Revision des wirklichen Kassabestandes erfordert. Vollends
klar wird dies, wenn man den § 1 der eitierten Verordnung in seinem
vollständigen Text in's Auge fasst, wonach die dem Finanzdepartement
erteilte Weisung dahin geht, jeweilen bei Eingabe der Monatsabschlüsse
die Kassabestände zu prüfen, sie mit den voraussichtlichen Ausgaben
des künftigen Monats zu vergleichen, und da, wo sich ergibt, dass ein
Missverhältnis zwischen der Kasse und den mutmasslichen Bedürfnissen
vorhanden ist, auf die betreffenden Kassen Anweisungen zu Gunsten der
Staatskasse auszustellen Wenn die Verordnung hätte anordnen wollen,
dass alle Monate bei allen Rechnungsführern Kassastürze vorgenommen
werden sollen, so hätte sie dies gewiss ausdrücklich gesagt, und hätte
nicht (was ja ganz unzweckmässig gewesen wäre) bestimmt, dass diese
Kassastürze jeweilen bei Eingabe der Monatsausweise, also zu einem den
Rechnungsführern von vorneherein genau bekannten Moment stattfinden
sollen. Auch die Entstehungsgeschichte der Verordnung vorn 13. Dezember
1867 zeigt deutlich, dass diese nicht Kassastiirze, sondern nur eine
Prüfung der durch die Monatsausweise vorgewiefenen buchmässigen
Kassabestände aufihre Angemessenheit hin im Auge hatte; denn die
Verordnung ist aus eine Bemerkung der Staatswirtschastskommisfion, dass
die Monatsausweise einzelner Rechnungssteller unnötig hohe Käf-stabestände
ergeben, veranlasst worden. Diejenige Prüfung der Kanabestände nun, wie
sie die Verordnung vom 13. Dezember 1867 Vorschrieb scheint in der That im
wesentlichen geübt worden zu Tein. Zwar hat das Finanzdepartement nicht
in allen Fällen selbst die Kassabestände der Monatsrechnungen geprüft,
sondern nur

·368 B Csiivilrechtspflege.

dann, wenn diese Rechnungen zu besondern Bemerkungen Veranlassung
gaben; allein an Stelle des Finanzdepartementes hat, nach den Aus-sagen
des Kantonsbuchhalters Moll, die Kantons: buchhalterei die fragliche
Kontrolle regelmässig ausgeübt und darin nun, dass diese Verrichtung
vom Finanzdepartement dem Kautionsbuchhalter überlassen wurde, kann eine
grobe Fahrlässigkeit, welche den Staat den Bürgen gegenüber verpflichten
würde, nicht erblickt werden. Seitens der Kantonsbuchhalterei ist, nach
der Zeugen-aussage des Kantonsbuchhalters Moll, Weltner in früheren
Jahren wiederholt zu Ablieferungen an die Staatskasse aufgefordert
worden, welchen Aufforderungen er in der Regel nachgekommen sei. Jn
den letzten Jahren feiner Amtssührung sind allerdings derartige
Aufforderungen nicht erfolgt, obschon die Kassabestände, welche feine
Monatsrechnungen aufwiesen, verhältnismässig als hoch erscheinen Allein
es kann doch nicht gesagt werden, dass die fraglichen Ziffern dem
Kontrollbeamten ohne weiters, bei auch nur gewöhnlicher Aufmerksamkeit
als unverhältnismässig hoch, als missbräuchlich und verdachterweckend
haben erscheinen müssen. Denn die Ziffern der Monatsrechnungen Weltner's
sind nicht etwa von Monat zu Monat gewachsen, sondern weisen je nach den
verschiedenen Monaten ziemlich erhebliche Differenzen auf; es bleiben
anch, nach der vom Kläger mit der Replik eingereichten Zusammenstellung,
die Saldi der Monatsrechnungen Weltner's aus den Jahren 1892 und 1893 im
Jahresdurchschnitt wesentlich hinter denjenigen des Oberamtes Olten-Gösgen
zurück. Es ist denn auch als erwiesen zu erachten, dass der Verkehr des
Oberamtes Solothurn-Lebern einen grössern Kassabeftand als bei andern
Rechnungsstellern, speziell Oberämtern, als erforderlich, oder doch
erklärlich scheinen liess. Die Unregelmässigkeiten in der Buchführung,
wie sie im Fernern zu Lasten des Oberamtntanns Weltner konstatiert find,
dass er nämlich sein Kassabnch nicht selber führte, und infolge dessen
die Einträge in dasselbe, d. h. die Über-träge aus dem von ihm persönlich
geführten Brouillon, stets etwas verspätet erfolgtensind im vorliegenden
Fall ohne sachliche Bedentung·; die betreffen- den Fehler haben, da das
Brouillon der amtlichen Kontrolle offenlag, in nichts zur Entstehung
oder längern VerschleppungIX, Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und
Privaten, etc. N° 50. 369

des Defizites beigetragen. Nun ist allerdings richtig, dass die wirksame
Kontrolle einer Kassaführung eine von Zeit zu Zeit mit der Prüfung
der Bücher verbundene Revision des wirklichen Kassa.bestandes, einen
Kassasturz, erfordert, und dass bis in die jüngste Zeit solche Kassastürze
nur selten vorgenommen wurden, dass speziell bei dem Oberamtmann Weltner
während der ganzen 18jährigen Zeit seiner Amtsführung nur drei Kassastürze
stattgefunden haben; Da jedoch eine bestimmte, periodische Kassastürze
anordnende Vorschrift nicht bestand, so kann davon nicht die Rede {ein,
dass eine positive Norm, auf deren Beachtung die Amtsbürgen hätten rechnen
können, in gröblicher Weise verletzt worden sei. Zugegeben mag freilich
werden, dass eine vollkommen ausgerüstete und vollkommen sorgfältig
verfahrende Verwaltung trotz dieses Mangels einer ausdrücklichen
Vorschrift weit häufiger zu dem Kontrollmittel des Kassasturzes gegriffen
hätte, als dies im Kanton Solothurn bis in die jüngste Zeit allgemein
und speziell gegenüber dem Oberamtmann Weltner geschehen ist. Allein
der Kontrollapparat der solothnrnischen Staatsverwaltung war nun eben,
wenigstens bis in die jüngste Beit, durchaus kein vollkommener, sondern
arbeitete nur langsam und schwerfällig. Der Regierungsrat hat in seinen
Geschäftsberichten wiederholt sein Bedauern ausgesprochen, dass es nicht
möglich gewesen sei, bei allen Rechnungsstellern, während eines Jahres,
Kassastürze vorzunehmen. Für Vollkommenheit des Kontrollapparates steht
nun aber der Dienstherr den Amtsbürgen nicht ein. Die Frage, inwieweit
staatsrechtlich die staatlichen Oberbehörden verpflichtet seien, für
vollständig zweckmässige Organisation der Rechnungsund Finanzkontrolle
zu sorgen, ist von der andern Frage, wie weit privatrechtlich der Staat
dem Amtsbürgen gegenüber für Mängel in der Beaufsichtigung der Beamten
einzustehen habe, durchaus verschieden. Die letztere Verpflichtung geht,
wie oben ausgeführt worden ist, nicht weiter, als die bona fides des
Bürgschaftsvertrages es erfordert, d. h. der Staat hat nur für Arglist
und dieser gleich zu achtende grobe, unentschuldbare Fahrlässigkeit
einzustehenz er haftet nicht für jeden Verstoss gegen die Sorgfalt,
welche eine vollkommen ausgerüstete, vollständig sorgfältig verfahrende
Verwaltung aufwenden würde, sondern nur für grobe, unxxm 1897 24

370 . B. Civitrechtspflegesi,

verzeihliche Verstösse, welche auch eine minder sorgsame Verwaltung
sich in der Regel nicht zu Schulden kommen lässt, sondern welche eine
unentschuldbare Nichtbeachtung der Interessen der Burgen bekunden. Eine
Fahrlässigkeit dieser Art kann nun darin, dass in concreto die
solothurnischen Behörden eine völlig ausreichende Finanzkontrolle nicht
geschaffen haben, und daher die Kassastiirze während langer Zeit nur in
grossen Zwischenraumen vorgenommen haben, nicht gefunden werden.

5. Darnach liegt denn aber für eine grobe, die Burgen befreiende
Fahrlässigkeit überhaupt nichts vor, sofern nicht den Aufsichtsbehörden
des Oberamtmanns Weltner solche Thatsachen zur Kenntnis gekommen
waren, welche denselben, bei auch nur einiger Aufmerksamkeit, als der
Veruntreuung verdächtig erscheinen lassen mussten. Nach dem festgestellten
Thatbestand kann dies jedoch nicht als erwiesen betrachtet werden. Die
bei den Kassauntersuchungen vom 26. Oktober 1885 und 28. März 1887
konstatierten Unregelmässigkeiten Weltner's in der Buchund Raffa:
sührung waren doch nicht derart, dass sie bei den Kontrollbeamten, wenn
diese nicht grob-fahrlässig verfuhren, den Verdacht erwecken mussten,
Weltner sei ein Beamter, welcher, zur Verhütung von Veruntreunngen,
besonders scharf im Auge behalten werden müsseDer Rückstand in der
Führung des Kassabuchs war speziell bei der zweiten Untersuchung ein
unerheblicher, der nicht geeignet war, bei den Kontrollbeamten Verdacht
zu erregen. Die Bemerkung im ersten Revisionsberichte, die Kreditoren
der sog. Fremdenkasse seien verspätet ausbezahlt worden kehrt im zweiten
nicht wieder, und

es ist wohl anzunehmen, dass dieser, übrigens nicht auf Untreue,·--

sondern bloss auf Samnseligkeit hindeutende Fehler nicht wieder
konstatiert wurde. Dagegen ist allerdings in beiden Untersuchungsberichten
festgestellt, dass der Oberamtmann die Kassaposten der Verwaltungen
des Bezirksschulfonds von Greuchen und Niederwyl der sog. Fremdenkasse
nicht einverleibt hat, und dass er verfügbare Gelder vorschriftswidrig
nicht bei den amtlichen Depositenstellen, sondern bei der solothurnischen
Hülfskasse aus seinen eigenen persönlichen Namen hinterlegt hat. Allein
was zunächst die erste Unregelmässigkeit anbelangt, so mochte sie
dem Kontrollbeamten als eine blosse, auf Ungeschick zurückzuführende
Ordnungswidrig-IX. Civflstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten,
etc. N° 50. 371

keit erscheinen, und es ist übrigens nicht dargethan, dass dieselbe
auch nach der zweiten Bemerkung des Kantonsbuchhalters noch fortgedauert
habe, und betreffend die Anlage der verfügbaren Gelder sodann ist zwar
richtig, dass die gerügte Anlage eine durch- aus ordnungswidrige war,
dagegen indizierte sie nicht, dass ein Kasfadefizit vorliege, oder dass
der Oberamtmann überhaupt unredlicher Absichten verdächtig sei. Denn die
in den vorgelegten Depositenscheinen genannten Gelder waren zur Zeit der
Kasselrevision wirklich bei der solothurnischen Hülfskasse deponiert
und der Kontrollbeamte hat, wenigstens bei der zweiten Kassarevision,
sich darüber auch vergewissern indem er sich einen Kontokorrentausng
von der Hülsskasse vom damaligen Tage vor-weisen liess. Dass die
Anlage auf den persönlichen Namen des Oberamtmanns dem Kontrollbeamten
nicht verdächtig schien, ist wohl erklärlich, da eben Weltner sich
eines durchaus unbescholtenen Rufes erfreute, und ihm sachlich diese
Art der Anlage keine grössere Verfügungsgewalt über das Depositum
gewährte, als wenn dieses auf den Namen des Oberamt-es gemacht worden
wäre. Da die vom Oberamtmann vorgelegten Depositenscheine den wirklich
geleisteten Depositen entsprachen, also den darin ausgedrückten Wertbetrag
wirklich repräsentierten, so stimmte der effektive mit dem buchmässigen
Kassabestand überein, und der Kontrollbeamte durfte also ohne grobe
Fahrlässigkeit annehmen, es liege ein Grund, über die Kasfaführung sich
zu beunruhigen und diese einer besondern Aussicht zu unterstellen, nicht
vor, dies um so mehr, als Weltner, nach dem Ergebnis des Zeugenbeweises,
einfach lebte, und allgemein als rechtschaffener, wenn auch unbeholfener
Beamter galt, dem Veruntreuungen nicht zuzumuten seien.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Klage wird in dem Sinne
gutgeheissen, dass die Beklagten Verurteilt werden, dem Kläger unter
solidarischer Haft die Summe Von 5890 Fr. 54 Cis nebst Zins zu 5 0/0
seit dem 10. Dezem-

ber 1894 zu bezahlen. Mit seiner Mehrforderung ist der Kläger abgewiesen