Urteilskopf

145 III 85

13. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichenAbteilung i.S. A. SA gegen Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_489/2018 vom 3. Januar 2019

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Sachverhalt ab Seite 86

BGE 145 III 85 S. 86

A. Die A. SA (Beschwerdeführerin) ersuchte das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) am 23. Oktober 2015 um Eintragung der Wort-/Bildmarke Nr. 63209/2015 "adb" (fig.) für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35 und 42. Das Zeichen sieht wie folgt aus:
Das IGE wies das Markeneintragungsgesuch mit Verfügung vom 6. Dezember 2016 mit der Begründung ab, das Zeichen übernehme das Sigel "ADB" der Asian Development Bank und sei aus diesem Grund vom Markenschutz ausgeschlossen.
B. Diese Verfügung focht die A. SA beim Bundesverwaltungsgericht an. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 30. Juli 2018 ab, soweit es darauf eintrat, und bestätigte die Verfügung des IGE. (...) Das Bundesgericht weist die von der A. SA erhobene Beschwerde in Zivilsachen ab. (Auszug)

Erwägungen

BGE 145 III 85 S. 87

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Nach Art. 2 lit. d
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
MSchG (SR 232.11) sind Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen, vom Markenschutz ausgeschlossen. Das IGE stützte seine Verfügung auf das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1961 zum Schutz von Namen und Zeichen der Organisation der Vereinten Nationen und anderer zwischenstaatlicher Organisationen (nachfolgend: NZSchG; SR 232.23). Es erwog, das Sigel "ADB" sei durch dieses Gesetz geschützt. Die hinterlegte Marke "adb" (fig.) verstosse daher gegen "geltendes Recht" im Sinne von Art. 2 lit. d
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
MSchG.
2.2 Art. 1 Abs. 1 NZSchG untersagt, ohne ausdrückliche Ermächtigung des Generalsekretärs der Organisation der Vereinten Nationen folgende, der Schweiz mitgeteilte Kennzeichen dieser Organisation zu benützen: ihren Namen (in irgendwelcher Sprache), ihre Sigel (in den schweizerischen Amtssprachen oder in englischer Sprache) sowie ihre Wappen, Flaggen und anderen Zeichen. Art. 1 Abs. 2 NZSchG erstreckt dieses Verbot auch auf Zeichen, die mit diesen Kennzeichen verwechselt werden können. In der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung dieses Absatzes erstreckte sich das Verbot auf "Nachahmungen dieser Kennzeichen". Die Botschaft vom 18. November 2009 zur Änderung des Markenschutzgesetzes und zu einem Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen ("Swissness"-Vorlage [nachfolgend: Botschaft Swissness], BBl 2009 8650 Ziff. 2.3.7) hält fest, dass sich durch die Verwendung des Kriteriums der Verwechselbarkeit anstelle des bisherigen Begriffs "Nachahmung" keine materielle Änderung ergebe. Art. 2 NZSchG dehnt das Verbot auf Kennzeichen von Spezialorganisationen der Vereinten Nationen und angeschlossener zwischenstaatlicher Organisationen aus. Art. 3 NZSchG zieht auch die Kennzeichen von anderen zwischenstaatlichen Organisationen in den Schutzbereich ein, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten der Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (SR 0.232.04), angehören. Art. 4 NZSchG hält sodann fest, dass die Namen und Sigel und eine Wiedergabe der Wappen, Flaggen und anderen Zeichen der in den Art. 1-3 NZSchG

BGE 145 III 85 S. 88

genannten zwischenstaatlichen Organisationen, die den Schutz des NZSchG erhalten, veröffentlicht werden (Abs. 1). Für jede Organisation tritt der Schutz am Tag der Veröffentlichung ein, welche sie betrifft (Abs. 2). Gemäss Art. 5 Satz 1 NZSchG darf, wer in gutem Glauben vor der in Art. 4 NZSchG vorgesehenen Veröffentlichung Namen, Sigel, Wappen, Flaggen oder andere geschützte Kennzeichen zu benützen begonnen hat, diese Benützung fortsetzen, sofern daraus der betroffenen zwischenstaatlichen Organisation kein Nachteil erwächst. Schliesslich darf gemäss Art. 6 NZSchG ein Zeichen, dessen Gebrauch nach diesem Gesetz unzulässig ist, oder ein mit ihm verwechselbares Zeichen nicht als Marke, Design, Firma, Vereins- oder Stiftungsname oder als Bestandteil davon eingetragen werden. Diese Bestimmung wurde im Rahmen der erwähnten "Swissness"-Vorlage geändert und lautete in der bis am 31. Dezember 2016 anwendbaren Fassung wie folgt: Firmen, deren Gebrauch nach den Vorschriften dieses Gesetzes verboten ist, dürfen im Handelsregister nicht eingetragen werden (Abs. 1). Ebenso sind Fabrik- und Handelsmarken und gewerbliche Muster und Modelle, die gegen dieses Gesetz verstossen, von der Hinterlegung ausgeschlossen (Abs. 2).
2.3 Mit Veröffentlichung im Bundesblatt vom 12. Mai 2009 wurde das Sigel "ADB" der "Banque asiatique de développement" gemäss NZSchG geschützt (BBl 2009 3190). Es ist unbestritten, dass die von der Beschwerdeführerin hinterlegte Marke die Buchstabenfolge "adb" verwendet. Damit liegt grundsätzlich die Übernahme eines geschützten Kennzeichens vor, wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat. Die Beschwerdeführerin macht auch nicht geltend, die übernommene Buchstabenfolge gehe in der von ihr hinterlegten Marke gewissermassen "unter" oder es komme ihr im Rahmen der gesamten Ausgestaltung des Zeichens eine weitere eigenständige Bedeutung zu - sei es als beschreibender Begriff oder generische Bezeichnung der Alltagssprache -, was nach der Rechtsprechung eine Ausnahme vom Verbot des Gebrauchs rechtfertigen könnte (vgl. BGE 135 III 648 E. 2.5). Hingegen meint sie, ihr stehe ein Weiterbenützungsrecht im Sinne von Art. 5 NZSchG zu, da sie das Zeichen "ADB" seit 1995 in verschiedenen Darstellungsformen als Unternehmenskennzeichen und Marke für ihre Produkte und Dienstleistungen verwendet habe. (...)

BGE 145 III 85 S. 89

3.

3.1 Der Schutz, den das NZSchG den Kennzeichen zwischenstaatlicher Organisationen gewährt, geht weiter als derjenige, den die Minimalvorschrift von Art. 6 ter der Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums verlangt. Dies gilt auch für die in Art. 5 NZSchG getroffene Regelung (BGE 135 III 648 E. 2.4; BGE 105 II 135 E. 2c S. 139).
3.2 Auch das MSchG und das Bundesgesetz vom 21. Juni 2013 über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz, WSchG; SR 232.21) sehen Weiterbenützungsrechte vor. So hält Art. 14 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG unter der Marginalie "Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen" fest, dass der Markeninhaber einem anderen nicht verbieten kann, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen. Die Lehre hält - jedenfalls teilweise - dafür, dass diese Bestimmung den Inhaber des Weiterbenützungsrechts nicht berechtige, sein bisher nicht eingetragenes Zeichen noch nachträglich eintragen zu lassen (vgl. UELI BURI, Das Weiterbenützungsrecht nach Art. 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG - eine Bestandesaufnahme, in: 125 Jahre Markenhinterlegung, sic! 2005 Sondernummer S. 114; LUCAS DAVID, in: Basler Kommentar, Markenschutzgesetz/Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl. 1999, N. 4 zu Art. 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG; MICHAEL ISLER, in: Basler Kommentar, Markenschutzgesetz/Wappenschutzgesetz, 3. Aufl. 2017, N. 20 zu Art. 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG; siehe aber PHILIPPE GILLIÉRON, in: Commentaire romand, Propriété intellectuelle, 2013, N. 21 f. zu Art. 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG). Umgekehrt sieht Art. 14 Abs. 3
SR 232.21 Bundesgesetz vom 21. Juni 2013 über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz, WSchG) - Wappenschutzgesetz
WSchG Art. 14 - 1 Ein Zeichen, dessen Gebrauch nach den Artikeln 8-13 unzulässig ist, darf nicht als Marke, Design, Firma, Vereins- oder Stiftungsname oder als Bestandteil davon eingetragen werden.
1    Ein Zeichen, dessen Gebrauch nach den Artikeln 8-13 unzulässig ist, darf nicht als Marke, Design, Firma, Vereins- oder Stiftungsname oder als Bestandteil davon eingetragen werden.
2    Das Eintragungsverbot gilt auch in den Fällen, in denen Artikel 8 Absätze 4 und 5 den Gebrauch zulässt.
3    Vom Eintragungsverbot ausgenommen sind Zeichen, für die das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein Weiterbenützungsrecht nach Artikel 35 erteilt hat.
WSchG ausdrücklich eine Ausnahme vom Eintragungsverbot für Zeichen vor, für die das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein Weiterbenützungsrecht nach Art. 35
SR 232.21 Bundesgesetz vom 21. Juni 2013 über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz, WSchG) - Wappenschutzgesetz
WSchG Art. 35 Weiterbenützungsrecht - 1 In Abweichung von Artikel 8 dürfen nach bisherigem Recht gebrauchte Wappen und damit verwechselbare Zeichen noch längstens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes weiter gebraucht werden.
1    In Abweichung von Artikel 8 dürfen nach bisherigem Recht gebrauchte Wappen und damit verwechselbare Zeichen noch längstens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes weiter gebraucht werden.
2    Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann auf begründeten Antrag hin die Weiterbenützung des Schweizerwappens oder des mit diesem verwechselbare Zeichens gestatten, wenn besondere Umstände vorliegen. Der Antrag muss spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gestellt werden.
3    Besondere Umstände liegen vor, wenn nachgewiesen wird, dass:
a  das Schweizerwappen oder ein damit verwechselbares Zeichen seit mindestens 30 Jahren durch dieselbe Person oder ihre Rechtsnachfolgerin ununterbrochen und unangefochten für die Kennzeichnung der von ihr hergestellten Waren oder angebotenen Dienstleistungen verwendet worden ist; und
b  an der Weiterbenützung ein schutzwürdiges Interesse besteht.
4    Bei Dienstleistungsmarken liegen besondere Umstände vor, wenn nachgewiesen wird, dass:
a  das Schweizerwappen oder ein damit verwechselbares Zeichen Bestandteil einer vor dem 18. November 2009 eingetragenen oder hinterlegten Marke ist; und
b  an der Weiterbenützung ein schutzwürdiges Interesse besteht.
5    Die zuständige kantonale Behörde kann auf Antrag hin die Weiterbenützung des Wappens der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden gestatten. Das kantonale Recht regelt die entsprechenden Voraussetzungen.
6    Die Weiterbenützung darf nicht zu einer Täuschung über die geografische Herkunft im Sinne der Artikel 47-50 MSchG16, über die Nationalität der Benutzerin oder des Benutzers, des Geschäfts, der Firma, des Vereins, der Stiftung oder über geschäftliche Verhältnisse der benutzenden Person, wie namentlich über angebliche amtliche Beziehungen zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton, führen. Das Weiterbenutzungsrecht kann nur mit dem Geschäftsbetrieb oder dem Teil des Geschäftsbetriebes, zu dem das Zeichen gehört, vererbt oder veräussert werden.
WSchG erteilt hat. Diese letzte Bestimmung soll den Interessen traditioneller Schweizer Unternehmen und Vereine Rechnung tragen, die das Schweizer Wappen oder ein wappenähnliches Zeichen bereits seit vielen Jahren benutzen und deren Zeichen sich beim Publikum als Kennzeichen durchgesetzt haben (Botschaft Swissness, BBl 2009 8651 Ziff. 2.3.7). Das in diesen Fällen eingeräumte (bewilligte) Weiterbenützungsrecht schliesst das Recht ein, das Zeichen als Marke einzutragen. Mit dieser Regelung sollte insbesondere auch der Schutz der entsprechenden Zeichen im Ausland verbessert werden (Botschaft Swissness, BBl 2009 8637 Ziff. 2.3.2.3). Ob aber im Anwendungsbereich des NZSchG die Annahme der Beschwerdeführerin zutrifft, eine zulässige (Weiter-)Benützung lasse
BGE 145 III 85 S. 90

stets auf die Zulässigkeit der Eintragung schliessen, kann dahingestellt bleiben: Wie sich aus ihren Ausführungen ergibt, beantragt die Beschwerdeführerin (im Hauptbegehren) die Eintragung eines im Vergleich zum bisherigen Gebrauch "modernisierten", "grafisch neu gestalteten" Zeichens, das eine "Darstellungsvariante" des vorbenützten Zeichens sei. Das NZSchG gewährleistet indes einen weitgehenden Schutz der Kennzeichen der Vereinten Nationen sowie der betreffenden zwischenstaatlichen Organisationen und will unter anderem verhindern, dass durch einen (unautorisierten) Gebrauch der geschützten Kennzeichen deren Ansehen beeinträchtigt wird oder die internationalen Beziehungen der Schweiz gestört werden könnten (vgl. BGE 135 III 648 E. 2.3). Die öffentlichen Interessen am Schutz der Kennzeichen zwischenstaatlicher Organisationen überwiegen grundsätzlich das private Interesse des Zeicheninhabers (BGE 105 II 135 E. 4c). Art. 5 NZSchG schafft einzig insofern ein Korrektiv, als wohlerworbene Rechte gewahrt werden sollen (Botschaft vom 5. Juni 1961 zum Entwurf eines Bundesgesetzes zum Schutz von Namen und Zeichen der Organisation der Vereinigten Nationen und anderer zwischenstaatlicher Organisationen, BBl 1961 l 1337 Ziff. II). Dies legt es nahe, dass zumindest Zeichen, die sich von der bisher benützten Version unterscheiden, nach Art. 6 NZSchG (sowohl in der vor dem 1. Januar 2017 geltenden als auch in der revidierten Fassung) nicht als Marke eingetragen werden dürfen. Diese Auslegung rechtfertigt sich auch mit Blick auf den Wortlaut der relevanten Bestimmungen: Die Art. 5 und Art. 6 NZSchG wurden (in umgekehrter Reihenfolge) von Art. 3 und Art. 4 des in der Folge aufgehobenen Bundesgesetzes vom 25. März 1954 zum Schutz des Zeichens und des Namens der Weltgesundheitsorganisation (AS 1954 1293) übernommen (vgl. BGE 105 II 135 E. 2b S. 138). Art. 5 NZSchG und Art. 4 des erwähnten Vorgängererlasses zufolge darf "diese Benützung" - also die Benützung, wie sie vor der Veröffentlichung nach Art. 4 NZSchG begonnen wurde - fortgesetzt werden. Die französisch- und italienischsprachigen Gesetzesfassungen bringen zum Ausdruck, dass der Benützer "le même usage" beziehungsweise "lo stesso uso" fortsetzen kann (eine Formulierung, die sich in allen Sprachfassungen vom Wortlaut der Art. 14 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG und Art. 35
SR 232.21 Bundesgesetz vom 21. Juni 2013 über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz, WSchG) - Wappenschutzgesetz
WSchG Art. 35 Weiterbenützungsrecht - 1 In Abweichung von Artikel 8 dürfen nach bisherigem Recht gebrauchte Wappen und damit verwechselbare Zeichen noch längstens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes weiter gebraucht werden.
1    In Abweichung von Artikel 8 dürfen nach bisherigem Recht gebrauchte Wappen und damit verwechselbare Zeichen noch längstens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes weiter gebraucht werden.
2    Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann auf begründeten Antrag hin die Weiterbenützung des Schweizerwappens oder des mit diesem verwechselbare Zeichens gestatten, wenn besondere Umstände vorliegen. Der Antrag muss spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gestellt werden.
3    Besondere Umstände liegen vor, wenn nachgewiesen wird, dass:
a  das Schweizerwappen oder ein damit verwechselbares Zeichen seit mindestens 30 Jahren durch dieselbe Person oder ihre Rechtsnachfolgerin ununterbrochen und unangefochten für die Kennzeichnung der von ihr hergestellten Waren oder angebotenen Dienstleistungen verwendet worden ist; und
b  an der Weiterbenützung ein schutzwürdiges Interesse besteht.
4    Bei Dienstleistungsmarken liegen besondere Umstände vor, wenn nachgewiesen wird, dass:
a  das Schweizerwappen oder ein damit verwechselbares Zeichen Bestandteil einer vor dem 18. November 2009 eingetragenen oder hinterlegten Marke ist; und
b  an der Weiterbenützung ein schutzwürdiges Interesse besteht.
5    Die zuständige kantonale Behörde kann auf Antrag hin die Weiterbenützung des Wappens der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden gestatten. Das kantonale Recht regelt die entsprechenden Voraussetzungen.
6    Die Weiterbenützung darf nicht zu einer Täuschung über die geografische Herkunft im Sinne der Artikel 47-50 MSchG16, über die Nationalität der Benutzerin oder des Benutzers, des Geschäfts, der Firma, des Vereins, der Stiftung oder über geschäftliche Verhältnisse der benutzenden Person, wie namentlich über angebliche amtliche Beziehungen zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton, führen. Das Weiterbenutzungsrecht kann nur mit dem Geschäftsbetrieb oder dem Teil des Geschäftsbetriebes, zu dem das Zeichen gehört, vererbt oder veräussert werden.
WSchG unterscheidet). Es ginge vor diesem Hintergrund zu weit, eine durch Eintragung im Markenregister zu schützende "Weiterentwicklung und Modernisierung" des bis anhin benützten Zeichens zuzulassen und gegen eine Eintragung erst dann einzuschrei

BGE 145 III 85 S. 91

ten, wenn der betroffenen zwischenstaatlichen Organisation daraus ein Nachteil erwüchse. Dies hat die Vorinstanz zu Recht erkannt.
3.3 Einer Eintragung der hinterlegten Marke steht demnach ein absoluter Ausschlussgrund entgegen (Art. 2 lit. d
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
MSchG i.V.m. Art. 6 NZSchG). Der Gesetzgeber hat den Interessen des Inhabers eines vorbenützten Zeichens mit Art. 5 NZSchG Rechnung getragen. Diese Regelung des NZSchG ist für das Bundesgericht massgebend (vgl. Art. 190
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 190 Massgebendes Recht - Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend.
BV). Für die von der Beschwerdeführerin erhobene Rüge, sie stelle einen unverhältnismässigen Eingriff in die Eigentumsgarantie (Art. 26
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 26 Eigentumsgarantie - 1 Das Eigentum ist gewährleistet.
1    Das Eigentum ist gewährleistet.
2    Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll entschädigt.
BV) dar, bleibt kein Raum (siehe auch BGE 140 III 297 E. 5.3 S. 307).