Urteilskopf

142 V 380

42. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_86/2016 vom 6. Juli 2016

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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 380

BGE 142 V 380 S. 380

A. Der 1962 geborene A. war seit 1. Oktober 2003 als Lagerist bei der B. AG tätig. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen auf den 31. Oktober 2014. Der Versicherte meldete sich am 28. August 2014 bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug ab 1. November 2014 an. Die Unia Arbeitslosenkasse leistete Taggelder auf der Grundlage eines versicherten Verdienstes von Fr. 6'549.- und eines beabsichtigten Beschäftigungsgrades von 100 %. Die IV-Stelle des Kantons Zürich stellte A. mit Vorbescheid vom 6. Februar 2015 ab 1. Oktober 2014 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze sowie ab 1. März 2015 bei einem solchen von 58 % eine halbe Invalidenrente in Aussicht und verneinte ab 1. April 2015 bei einem Invaliditätsgrad von
BGE 142 V 380 S. 381

36 % einen Rentenanspruch. Hierauf teilte ihm die Arbeitslosenkasse mit Schreiben vom 5. März 2015 mit, dass der versicherte Verdienst an den von der Invalidenversicherung festgesetzten Invaliditätsgrad anzupassen sei. Damit habe er bis Ende Februar 2015 keinen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder mehr; ab März 2015 bestehe ein Leistungsanspruch bei einem 42%igen "Vermittlungsgrad" und einem versicherten Verdienst von Fr. 2'751.- sowie ab April 2015 bei einem "Vermittlungsgrad" von 64 % und einem versicherten Verdienst von Fr. 4'191.-. Eine Rückforderung oder eine Verrechnung von Leistungen werde nach Erhalt des Verrechnungsantrages der Invalidenversicherung geprüft. Dies bestätigte die Arbeitslosenkasse mit Verfügung vom 23. März 2015 und Einspracheentscheid vom 12. Juni 2015.
B. Die dagegen geführte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 10. Dezember 2015 gut und bejahte in der Hauptsache einen einstweiligen Anspruch des Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung über den 31. Januar 2015 hinaus auf der Basis eines ungekürzten versicherten Verdienstes in der Höhe von Fr. 6'549.-.
C. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei der Einspracheentscheid der Unia Arbeitslosenkasse vollumfänglich zu bestätigen. Die Unia Arbeitslosenkasse schliesst auf Gutheissung der Beschwerde, A. lässt deren Abweisung beantragen und um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Die versicherte Person hat gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. f
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 8 Anspruchsvoraussetzungen - 1 Die versicherte Person hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:34
1    Die versicherte Person hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:34
a  ganz oder teilweise arbeitslos ist (Art. 10);
b  einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (Art. 11);
c  in der Schweiz wohnt (Art. 12);
d  die obligatorische Schulzeit zurückgelegt und das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG36 noch nicht erreicht hat;
e  die Beitragszeit erfüllt hat oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist (Art. 13 und 14);
f  vermittlungsfähig ist (Art. 15) und
g  die Kontrollvorschriften erfüllt (Art. 17).
2    Der Bundesrat regelt die Anspruchsvoraussetzungen für Personen, die vor der Arbeitslosigkeit als Heimarbeitnehmer tätig waren. Er darf dabei von der allgemeinen Regelung in diesem Kapitel nur soweit abweichen, als die Besonderheiten der Heimarbeit dies gebieten.
AVIG (SR 837.0) in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 15 Vermittlungsfähigkeit - 1 Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
1    Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
2    Der körperlich oder geistig Behinderte gilt als vermittlungsfähig, wenn ihm bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung seiner Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Der Bundesrat regelt die Koordination mit der Invalidenversicherung.
3    Bestehen erhebliche Zweifel an der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen, so kann die kantonale Amtsstelle eine vertrauensärztliche Untersuchung auf Kosten der Versicherung anordnen.
4    Der Versicherte, der mit der Bewilligung der kantonalen Amtsstelle eine freiwillige Tätigkeit im Rahmen von Projekten für Arbeitslose ausübt, gilt als vermittlungsfähig.67
AVIG Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie vermittlungsfähig ist, d. h., wenn sie bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Der Begriff der Vermittlungsfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung schliesst graduelle Abstufungen aus. Nach Art. 15 Abs. 2
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 15 Vermittlungsfähigkeit - 1 Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
1    Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
2    Der körperlich oder geistig Behinderte gilt als vermittlungsfähig, wenn ihm bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung seiner Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Der Bundesrat regelt die Koordination mit der Invalidenversicherung.
3    Bestehen erhebliche Zweifel an der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen, so kann die kantonale Amtsstelle eine vertrauensärztliche Untersuchung auf Kosten der Versicherung anordnen.
4    Der Versicherte, der mit der Bewilligung der kantonalen Amtsstelle eine freiwillige Tätigkeit im Rahmen von Projekten für Arbeitslose ausübt, gilt als vermittlungsfähig.67
Satz 1 AVIG gilt der körperlich oder geistig Behinderte als vermittlungsfähig, wenn ihm bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung
BGE 142 V 380 S. 382

seiner Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Die Kompetenz zur Regelung der Koordination mit der Invalidenversicherung ist in Art. 15 Abs. 2
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 15 Vermittlungsfähigkeit - 1 Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
1    Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
2    Der körperlich oder geistig Behinderte gilt als vermittlungsfähig, wenn ihm bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung seiner Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Der Bundesrat regelt die Koordination mit der Invalidenversicherung.
3    Bestehen erhebliche Zweifel an der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen, so kann die kantonale Amtsstelle eine vertrauensärztliche Untersuchung auf Kosten der Versicherung anordnen.
4    Der Versicherte, der mit der Bewilligung der kantonalen Amtsstelle eine freiwillige Tätigkeit im Rahmen von Projekten für Arbeitslose ausübt, gilt als vermittlungsfähig.67
Satz 2 AVIG dem Bundesrat übertragen worden. Dieser hat in Art. 15 Abs. 3
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 15 - (Art. 32 Abs. 2 ATSG, Art. 15 Abs. 2 und 96b AVIG)53
1    Bei der Abklärung der Vermittlungsfähigkeit von Behinderten wirken die kantonalen Amtsstellen und die Kassen mit den zuständigen Organen der Invalidenversicherung zusammen. Einzelheiten regelt das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)54 im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Departement des Innern.55
2    Absatz 1 gilt ebenfalls, wenn Stellen der obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung, der Militärversicherung oder der beruflichen Vorsorge bei der Abklärung der Anspruchsberechtigung oder bei der Vermittlung von Behinderten beteiligt sind.
3    Ist ein Behinderter, unter der Annahme einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage, nicht offensichtlich vermittlungsunfähig und hat er sich bei der Invalidenversicherung oder bei einer anderen Versicherung nach Absatz 2 angemeldet, so gilt er bis zum Entscheid der anderen Versicherung als vermittlungsfähig. Die Beurteilung seiner Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit durch die anderen Versicherungen wird dadurch nicht berührt.
AVIV (SR 837.02) festgelegt, dass ein Behinderter, der unter der Annahme einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage nicht offensichtlich vermittlungsunfähig ist, und der sich bei der Invalidenversicherung (oder einer anderen Versicherung nach Art. 15 Abs. 2
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 15 - (Art. 32 Abs. 2 ATSG, Art. 15 Abs. 2 und 96b AVIG)53
1    Bei der Abklärung der Vermittlungsfähigkeit von Behinderten wirken die kantonalen Amtsstellen und die Kassen mit den zuständigen Organen der Invalidenversicherung zusammen. Einzelheiten regelt das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)54 im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Departement des Innern.55
2    Absatz 1 gilt ebenfalls, wenn Stellen der obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung, der Militärversicherung oder der beruflichen Vorsorge bei der Abklärung der Anspruchsberechtigung oder bei der Vermittlung von Behinderten beteiligt sind.
3    Ist ein Behinderter, unter der Annahme einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage, nicht offensichtlich vermittlungsunfähig und hat er sich bei der Invalidenversicherung oder bei einer anderen Versicherung nach Absatz 2 angemeldet, so gilt er bis zum Entscheid der anderen Versicherung als vermittlungsfähig. Die Beurteilung seiner Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit durch die anderen Versicherungen wird dadurch nicht berührt.
AVIV) angemeldet hat, bis zum Entscheid der anderen Versicherung als vermittlungsfähig gilt. In diesem Sinn sieht Art. 70 Abs. 2 lit. b
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 70 Vorleistung - 1 Begründet ein Versicherungsfall einen Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen, bestehen aber Zweifel darüber, welche Sozialversicherung die Leistungen zu erbringen hat, so kann die berechtigte Person Vorleistung verlangen.
1    Begründet ein Versicherungsfall einen Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen, bestehen aber Zweifel darüber, welche Sozialversicherung die Leistungen zu erbringen hat, so kann die berechtigte Person Vorleistung verlangen.
2    Vorleistungspflichtig sind:
a  die Krankenversicherung für Sachleistungen und Taggelder, deren Übernahme durch die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Militärversicherung oder die Invalidenversicherung umstritten ist;
b  die Arbeitslosenversicherung für Leistungen, deren Übernahme durch die Arbeitslosenversicherung, die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Militärversicherung oder die Invalidenversicherung umstritten ist;
c  die Unfallversicherung für Leistungen, deren Übernahme durch die Unfallversicherung oder die Militärversicherung umstritten ist;
d  die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge nach BVG54 für Renten, deren Übernahme durch die Unfall- beziehungsweise Militärversicherung oder die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge nach BVG umstritten ist.
3    Die berechtigte Person hat sich bei den in Frage kommenden Sozialversicherungen anzumelden.
ATSG (SR 830.1) vor, dass die Arbeitslosenversicherung für Leistungen, deren Übernahme durch die Arbeitslosenversicherung, die Krankenversicherung, die Unfallversicherung oder die Invalidenversicherung umstritten ist, vorleistungspflichtig ist.
3.2 Aufgrund dieser Bestimmungen hat die Arbeitslosenversicherung arbeitslose, bei einer anderen Versicherung angemeldete Personen zu entschädigen, falls ihre Vermittlungsunfähigkeit nicht offensichtlich ist. Dieser Anspruch auf eine ungekürzte Arbeitslosenentschädigung besteht namentlich, wenn die ganz arbeitslose Person aus gesundheitlichen Gründen lediglich noch teilzeitlich arbeiten könnte, solange sie im Umfang der ihr ärztlicherseits attestierten Arbeitsfähigkeit eine Beschäftigung sucht und bereit ist, eine neue Anstellung mit entsprechendem Pensum anzutreten (BGE 136 V 95 E. 7.1 S. 101). Die Vermutungsregel der grundsätzlich gegebenen Vermittlungsfähigkeit von Behinderten (Art. 70 Abs. 2 lit. b
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 70 Vorleistung - 1 Begründet ein Versicherungsfall einen Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen, bestehen aber Zweifel darüber, welche Sozialversicherung die Leistungen zu erbringen hat, so kann die berechtigte Person Vorleistung verlangen.
1    Begründet ein Versicherungsfall einen Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen, bestehen aber Zweifel darüber, welche Sozialversicherung die Leistungen zu erbringen hat, so kann die berechtigte Person Vorleistung verlangen.
2    Vorleistungspflichtig sind:
a  die Krankenversicherung für Sachleistungen und Taggelder, deren Übernahme durch die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Militärversicherung oder die Invalidenversicherung umstritten ist;
b  die Arbeitslosenversicherung für Leistungen, deren Übernahme durch die Arbeitslosenversicherung, die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Militärversicherung oder die Invalidenversicherung umstritten ist;
c  die Unfallversicherung für Leistungen, deren Übernahme durch die Unfallversicherung oder die Militärversicherung umstritten ist;
d  die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge nach BVG54 für Renten, deren Übernahme durch die Unfall- beziehungsweise Militärversicherung oder die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge nach BVG umstritten ist.
3    Die berechtigte Person hat sich bei den in Frage kommenden Sozialversicherungen anzumelden.
ATSG und Art. 15 Abs. 2
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 15 Vermittlungsfähigkeit - 1 Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
1    Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66
2    Der körperlich oder geistig Behinderte gilt als vermittlungsfähig, wenn ihm bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung seiner Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Der Bundesrat regelt die Koordination mit der Invalidenversicherung.
3    Bestehen erhebliche Zweifel an der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen, so kann die kantonale Amtsstelle eine vertrauensärztliche Untersuchung auf Kosten der Versicherung anordnen.
4    Der Versicherte, der mit der Bewilligung der kantonalen Amtsstelle eine freiwillige Tätigkeit im Rahmen von Projekten für Arbeitslose ausübt, gilt als vermittlungsfähig.67
AVIG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 3
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 15 - (Art. 32 Abs. 2 ATSG, Art. 15 Abs. 2 und 96b AVIG)53
1    Bei der Abklärung der Vermittlungsfähigkeit von Behinderten wirken die kantonalen Amtsstellen und die Kassen mit den zuständigen Organen der Invalidenversicherung zusammen. Einzelheiten regelt das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)54 im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Departement des Innern.55
2    Absatz 1 gilt ebenfalls, wenn Stellen der obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung, der Militärversicherung oder der beruflichen Vorsorge bei der Abklärung der Anspruchsberechtigung oder bei der Vermittlung von Behinderten beteiligt sind.
3    Ist ein Behinderter, unter der Annahme einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage, nicht offensichtlich vermittlungsunfähig und hat er sich bei der Invalidenversicherung oder bei einer anderen Versicherung nach Absatz 2 angemeldet, so gilt er bis zum Entscheid der anderen Versicherung als vermittlungsfähig. Die Beurteilung seiner Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit durch die anderen Versicherungen wird dadurch nicht berührt.
AVIV) gilt lediglich für die Zeit, in welcher der Anspruch auf Leistungen einer anderen Versicherung abgeklärt wird und somit noch nicht feststeht. Damit sollen Lücken im Erwerbsersatz vermieden werden. Die Vorleistungspflicht ist daher auf die Dauer des Schwebezustandes begrenzt, weshalb sie endet, sobald das Ausmass der Erwerbsunfähigkeit feststeht (vgl. BGE 136 V 195 E. 7.4 S. 205; ARV 2011 S. 55, 8C_651/2009).
3.3

3.3.1 Nebst der Frage der Vermittlungsfähigkeit stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der Leistungshöhe der Arbeitslosenversicherung und damit nach dem versicherten Verdienst. Bei Versicherten, die unmittelbar vor oder während der Arbeitslosigkeit eine gesundheitsbedingte Beeinträchtigung ihrer Erwerbsfähigkeit erleiden, ist gemäss Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV der Verdienst massgebend, welcher der verbleibenden Erwerbsfähigkeit entspricht.
BGE 142 V 380 S. 383

3.3.2 Die ratio legis des Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV besteht darin, über die Korrektur des versicherten Verdienstes die Koordination zur Eidgenössischen Invalidenversicherung zu bewerkstelligen, um eine Überentschädigung durch das Zusammenfallen einer Invalidenrente mit Arbeitslosentaggeldern zu verhindern (BGE 140 V 89 E. 3 S. 90 f. mit Hinweis). Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV betrifft allerdings, wie in BGE 133 V 524 präzisiert wurde, nicht allein die Leistungskoordination zwischen Arbeitslosen- und Invalidenversicherung, sondern - in allgemeinerer Weise - die Abgrenzung der Zuständigkeit der Arbeitslosenversicherung gegenüber anderen Versicherungsträgern nach Massgabe der Erwerbsfähigkeit. Nach Sinn und Zweck der Verordnungsbestimmung soll die Leistungspflicht der Arbeitslosenversicherung auf einen Umfang beschränkt werden, welcher sich nach der verbleibenden Erwerbsfähigkeit der versicherten Person während der Dauer der Arbeitslosigkeit auszurichten hat. Da die Arbeitslosenversicherung nur für den Lohnausfall einzustehen hat, welcher sich aus der Arbeitslosigkeit ergibt, kann für die Berechnung der Arbeitslosenentschädigung keine Rolle spielen, ob ein anderer Versicherungsträger Invalidenleistungen erbringt. Durch das Abstellen auf die verbleibende Erwerbsfähigkeit soll verhindert werden, dass die Arbeitslosenentschädigung auf einem Verdienst ermittelt wird, den der Versicherte nicht mehr erzielen könnte (BGE 140 V 89 E. 5.1 S. 91 f. mit Hinweisen; SVR 2014 ALV Nr. 13 S. 40, 8C_824/2013 E. 3.2). Hinsichtlich der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit ist der durch die Invalidenversicherung ermittelte Invaliditätsgrad massgeblich (ARV 2015 S. 165, 8C_746/2014 E. 3.3 mit Hinweis).
4.

4.1 Einig sind sich die Parteien darüber, dass eine Anpassung des versicherten Verdienstes nach Massgabe von Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV vorzunehmen ist. Streitig und zu prüfen ist, ob trotz weiter bestehender Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung der dem Taggeldanspruch zugrunde gelegte versicherte Verdienst bereits gestützt auf den Vorbescheid der Invalidenversicherung an die Resterwerbsfähigkeit anzupassen ist.
4.2 Die Vorinstanz erwog, aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gehe nicht hervor, dass der Schwebezustand stets mit Erlass des invalidenversicherungsrechtlichen Vorbescheides ende. Indem die IV-Stelle mit Vorbescheid vom 6. Februar 2015 die Zusprache einer Rente angekündigt habe, wogegen der Beschwerdegegner am 30. April 2015 Einwände erhoben und u.a. die Einholung eines
BGE 142 V 380 S. 384

psychiatrischen Gutachtens beantragt habe, sei im Zeitpunkt der Verfügung vom 23. März 2015 und des Einspracheentscheides vom 12. Juni 2015 noch unklar gewesen, ob die Invalidenversicherung weitere Abklärungen tätige oder nicht. Da das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren damit im Einsprachezeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen sei - ähnlich wie im Urteil SVR 2015 ALV Nr. 16 S. 47, 8C_403/2015 -, habe der Schwebezustand angedauert. Dies gelte für den gesamten Umfang der Erwerbsunfähigkeit, da keine Teilrechtskraft für die von der Invalidenversicherung im Vorbescheid anerkannte Teilinvalidität gelte. Die seit Januar 2015 gültige Vorgabe des SECO (AVIG-Praxis ALE, Rz. C29), wonach generell eine Anpassung des versicherten Verdienstes bei Erlass des IV-Vorbescheides zu erfolgen habe, sei nicht rechtsprechungskonform. Es bestehe deshalb ein Anspruch auf Arbeitslosentaggelder auf der Basis eines ungekürzten versicherten Verdienstes von Fr. 6'549.-.
4.3 Das Beschwerde führende SECO stellt sich dagegen auf den Standpunkt, bereits aufgrund eines Vorbescheides der Invalidenversicherung habe eine allfällige Anpassung des versicherten Verdienstes zu erfolgen, auch wenn der Schwebezustand noch andauere. In Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, in Einklang mit Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV sowie aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung habe es die für die Verwaltung verbindlichen Vorgaben entsprechend angepasst. Die vorinstanzliche Beurteilung verletze Bundesrecht und stehe in Widerspruch zum Normzweck von Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV. Die Möglichkeit, den versicherten Verdienst im Zeitpunkt des IV-Vorbescheides entsprechend dem darin ermittelten Invaliditätsgrad anzupassen, müsse grundsätzlich für alle Fälle gelten und nicht nur dort, wo bereits aufgrund einer im Vorbescheid in Aussicht gestellten ganzen Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100 % die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung ende (ARV 2014 S. 210, 8C_53/2014 E. 4.2). Mit dem Vorbescheid stehe das Ausmass der Erwerbsunfähigkeit fest, was eine Anpassung des versicherten Verdienstes rechtfertige. Die Dauer der Vorleistung falle daher grundsätzlich nicht mit dem Zeitpunkt der Anpassung des versicherten Verdienstes zusammen. Es sei nicht zu erwarten, dass die versicherte Person im Invalidenversicherungsverfahren einen geringeren Invaliditätsgrad beantrage, als ihr im Vorbescheid mitgeteilt worden sei. Auch im Sinne der Rechtssicherheit dürfe der Zeitpunkt der Anpassung des versicherten Verdienstes nicht derart unbestimmt bleiben, wie dies die Vorinstanz formuliert habe, wonach "der

BGE 142 V 380 S. 385

Beschwerdeführer auch über den 31. Januar 2015 hinaus einstweilen Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung aufgrund eines ungekürzten versicherten Verdienstes von Fr. 6'549.- hat". In zeitlicher wie in masslicher Hinsicht sei für die Anwendung von Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV der mit Vorbescheid im Invalidenversicherungsverfahren festgesetzte Invaliditätsgrad massgebend.
4.4 Der Beschwerdegegner bringt dagegen vor, weder Rechtssicherheit noch Rechtsgleichheit würden gebieten, dass die Anpassung des versicherten Verdienstes nach Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV bereits auf den Zeitpunkt des Erlasses des IV-Vorbescheides vorzunehmen sei. Beiden Anliegen könne ebenso gut bei Abstellen auf einen späteren Zeitpunkt entsprochen werden. Die Auffassung des SECO, der versicherte Verdienst könne bereits in allen Fällen im Zeitpunkt des Erlasses des Vorbescheides der Invalidenversicherung entsprechend dem Invaliditätsgrad angepasst werden, widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichts. Ausser im Urteil 8C_212/2010 vom 31. Mai 2010 sei die Kürzungsmöglichkeit des versicherten Verdienstes erst aufgrund einer Verfügung und des darin festgestellten Erwerbsunfähigkeitsgrades und nicht bereits im Rahmen des Vorbescheidverfahrens zugelassen worden. Die seit Januar 2015 geltende Fassung von Rz. C29 der AVIG-Praxis ALE des SECO verstosse daher gegen Bundesrecht. Der Normzweck der Regelung über die Vorleistungspflicht und derjenige der Anpassung des versicherten Verdienstes seien ausgewogen zu gewichten. Der "Gesamtnormzweck" werde verfehlt, wenn der Zweck von Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV weitaus stärker gewichtet werde und eine Anpassung bereits auf den frühest denkbaren Zeitpunkt, jenem des Erlasses des Vorbescheides, zugelassen werde. Dass die Anpassung des versicherten Verdienstes nicht in jedem Fall bereits anhand des Vorbescheides erfolgen dürfe, entspreche schliesslich dem vom SECO geäusserten Anliegen der Praktikabilität mehr, da damit der versicherte Verdienst einmal weniger angeglichen werden müsse, nämlich allenfalls nach Erlass der Verfügung der IV-Stelle sowie nach rechtskräftiger Erledigung des Invalidenversicherungsverfahrens und nicht auch noch nach Vorliegen des Vorbescheides.
5.

5.1 In sachverhaltlicher Hinsicht steht fest, dass der Versicherte im Invalidenversicherungsverfahren gegen den Vorbescheid vom 6. Februar 2015 Einwendungen erhob und unter anderem weitere medizinische Abklärungen in Form einer neuen fachärztlichen
BGE 142 V 380 S. 386

Begutachtung beantragte. Bis zum Erlass des Einspracheentscheides der Arbeitslosenkasse am 12. Juni 2015 standen die weiteren Schritte der zuständigen IV-Stelle noch nicht fest und damit ebenso wenig das Ausmass der Erwerbsunfähigkeit, weshalb die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung weiterbesteht, was unbestritten ist.
5.2

5.2.1 In dem vom Beschwerdegegner erwähnten Urteil 8C_212/2010 vom 31. Mai 2010 zugrunde liegenden Sachverhalt erhob der Versicherte gegen den Vorbescheid (vom 23. April 2009) keinen Einwand (vgl. lit. A des Sachverhalts), weshalb der darin festgehaltene Invaliditätsgrad von 20 % bereits Grundlage bilden konnte, um den versicherten Verdienst an die veränderten Verhältnisse anzupassen (E. 5.3 des soeben zitierten Urteils). Werden keine Einwände gegen den Vorbescheid erhoben oder bleibt die Verfügung unbestritten, endet der Schwebezustand, da damit der Erwerbsunfähigkeitsgrad feststeht. Daher kann zum selben Zeitpunkt die (rückwirkende) Anpassung des versicherten Verdienstes an die verbleibende Erwerbsfähigkeit erfolgen (vgl. THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 2352 Rz. 283; BORIS RUBIN, Commentaire de la loi sur l'assurance-chômage, 2014, N. 31 zu Art. 23
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 23 Versicherter Verdienst - 1 Als versicherter Verdienst gilt der im Sinne der AHV-Gesetzgebung massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraumes aus einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde; eingeschlossen sind die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellen. Der Höchstbetrag des versicherten Verdienstes (Art. 18 ATSG102) entspricht demjenigen der obligatorischen Unfallversicherung.103 Der Verdienst gilt nicht als versichert, wenn er eine Mindestgrenze nicht erreicht. Der Bundesrat bestimmt den Bemessungszeitraum und die Mindestgrenze.104
1    Als versicherter Verdienst gilt der im Sinne der AHV-Gesetzgebung massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraumes aus einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde; eingeschlossen sind die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellen. Der Höchstbetrag des versicherten Verdienstes (Art. 18 ATSG102) entspricht demjenigen der obligatorischen Unfallversicherung.103 Der Verdienst gilt nicht als versichert, wenn er eine Mindestgrenze nicht erreicht. Der Bundesrat bestimmt den Bemessungszeitraum und die Mindestgrenze.104
2    Für Versicherte, die im Anschluss an eine Berufslehre Arbeitslosenentschädigung beziehen, sowie für Personen, die von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind, setzt der Bundesrat Pauschalansätze als versicherten Verdienst fest. Er berücksichtigt dabei insbesondere das Alter, den Ausbildungsstand sowie die Umstände, die zur Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit geführt haben (Art. 14).105
2bis    Haben Personen, die von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind, innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt, so bestimmt sich der versicherte Verdienst auf Grund des erzielten Lohnes und des um den Beschäftigungsgrad gekürzten Pauschalansatzes.106
3    Nicht versichert ist ein Nebenverdienst. Als solcher gilt jeder Verdienst, den ein Versicherter ausserhalb seiner normalen Arbeitszeit als Arbeitnehmer oder ausserhalb des ordentlichen Rahmens seiner selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt.
3bis    Nicht versichert ist auch ein Verdienst, den eine Person durch Teilnahme an einer von der öffentlichen Hand finanzierten arbeitsmarktlichen Massnahme erzielt. Ausgenommen sind Massnahmen nach den Artikeln 65 und 66a.107
4    ...108
5    ...109
AVIG). Mit Blick auf das Ende des Schwebezustandes besteht weiter dann kein Anlass, eine Verfügung über den Rentenanspruch abzuwarten, wenn bereits vor oder mit dem Vorbescheid eine vollständige Erwerbsunfähigkeit mit offensichtlicher Vermittlungsunfähigkeit feststeht (ARV 2014 S. 210, 8C_53/2014 E. 4.2). Wegen der fehlenden Vermittlungsfähigkeit besteht in diesem Fall kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mehr, womit die versicherte Person (innerhalb der Grenzen des Art. 95 Abs. 1bis
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 95 Rückforderung von Leistungen - 1 Die Rückforderung richtet sich nach Artikel 25 ATSG385 ausser in den Fällen nach den Artikeln 55 und 59cbis Absatz 4.386
1    Die Rückforderung richtet sich nach Artikel 25 ATSG385 ausser in den Fällen nach den Artikeln 55 und 59cbis Absatz 4.386
1bis    Eine versicherte Person, die Arbeitslosenentschädigung bezogen hat und später für denselben Zeitraum Renten oder Taggelder der Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge, aufgrund des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952387, der Militärversicherung, der obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung oder gesetzliche Familienzulagen erhält, ist zur Rückerstattung der in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosentaggelder verpflichtet.388 In Abweichung von Artikel 25 Absatz 1 ATSG beschränkt sich die Rückforderungssumme auf die Höhe der von den obgenannten Institutionen für denselben Zeitraum ausgerichteten Leistungen.389
1ter    Hat eine Kasse für Umschulungen, Weiterbildungen oder Eingliederungen finanzielle Leistungen erbracht, für die ein anderer Sozialversicherer hätte aufkommen müssen, so fordert sie ihre Leistungen von diesem zurück.390
2    Zu Unrecht ausbezahlte Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigungen fordert die Kasse vom Arbeitgeber zurück. Hat der Arbeitgeber die unrechtmässige Auszahlung zu verantworten, so ist für ihn jede Rückforderung gegenüber den Arbeitnehmern ausgeschlossen.
3    Die Kasse unterbreitet ein Erlassgesuch der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid.
Satz 2 AVIG) allenfalls rückerstattungspflichtig wird. Eine Korrektur des versicherten Verdienstes ist hinfällig. Wird mit Vorbescheid (für die massgebliche Zeitspanne) eine ganze Rente der Invalidenversicherung auf der Basis eines Invaliditätsgrades von mindestens 70 % angekündigt, endet der Schwebezustand ebenfalls zu diesem Zeitpunkt. Bei hinreichender Resterwerbsfähigkeit ist diesfalls hingegen eine Anpassung des versicherten Verdienstes nicht obsolet.
5.2.2 Es ist jedoch möglich, dass das Ende des Schwebezustandes und der Zeitpunkt der Anpassung des versicherten Verdienstes auseinanderfallen. Vor Beendigung des Schwebezustandes kann eine Anpassung des versicherten Verdienstes aber nur dann erfolgen,
BGE 142 V 380 S. 387

wenn - wie im Urteil ARV 2015 S. 157, 8C_401/2014 E. 2-4 - das exakte Ausmass der Erwerbsunfähigkeit noch nicht geklärt ist und daher der Schwebezustand bis zum rechtskräftigen Entscheid hierüber im Invalidenversicherungsverfahren anhält, die Arbeitslosenkasse und die versicherte Person sich indes bereits über ein Mindestmass des Invaliditätsgrades einig sind. In diesem Umfang des von der Sozialversicherung ermittelten Invaliditätsgrades kann der versicherte Verdienst bereits korrigiert werden, um so einen Ausgleich zur weiter andauernden Vorleistungspflicht zu schaffen.
5.3 Nach dem Gesagten geht die Annahme fehl, in jedem Fall stünde mit dem IV-Vorbescheid das Ausmass der Erwerbsunfähigkeit fest, weshalb bereits aufgrund dieses Entscheides eine allfällige Anpassung des versicherten Verdienstes zu erfolgen habe, wie dies das SECO postuliert und in seiner Verwaltungsweisung in Rz. C29 der AVIG-Praxis ALE in der Version vom Januar 2015 festschreibt. Entgegen dieser Ansicht steht im Zeitpunkt des Vorbescheides eine solche Mindesthöhe des Invaliditätsgrades gerade dann noch nicht fest, wenn die versicherte Person - wie hier - gegen den Vorbescheid Einwände erhebt und weitere medizinische Abklärungen fordert. Der Ausgang des Verfahrens ist aufgrund der möglicherweise durchzuführenden weiteren Beweismassnahmen ungewiss und kann durchaus auch zu Ungunsten des Versicherten ausfallen. Die Einwände im Vorbescheidverfahren sind kein Rechtsmittel, das zurückgezogen werden könnte mit der Konsequenz, dass der Vorbescheid rechtskräftig würde. Diese stellen vielmehr eine Möglichkeit zur Äusserung im Rahmen des Gehörsanspruchs dar. Das Vorbescheidverfahren geht insoweit über den verfassungsrechtlichen Mindestanspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV) hinaus, als die versicherte Person Gelegenheit erhält, sich nicht nur zur Sache, sondern auch zum vorgesehenen Endentscheid zu äussern (Art. 57a Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 57a Vorbescheid - 1 Die IV-Stelle teilt der versicherten Person den vorgesehenen Endentscheid über ein Leistungsbegehren, den Entzug oder die Herabsetzung einer bisher gewährten Leistung sowie den vorgesehenen Entscheid über die vorsorgliche Einstellung von Leistungen mittels Vorbescheid mit.326 Die versicherte Person hat Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Artikel 42 ATSG327.
1    Die IV-Stelle teilt der versicherten Person den vorgesehenen Endentscheid über ein Leistungsbegehren, den Entzug oder die Herabsetzung einer bisher gewährten Leistung sowie den vorgesehenen Entscheid über die vorsorgliche Einstellung von Leistungen mittels Vorbescheid mit.326 Die versicherte Person hat Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Artikel 42 ATSG327.
2    Berührt der vorgesehene Entscheid die Leistungspflicht eines anderen Versicherungsträgers, so hört die IV-Stelle diesen vor Erlass der Verfügung an.
3    Die Parteien können innerhalb einer Frist von 30 Tagen Einwände zum Vorbescheid vorbringen.328
IVG und Art. 73ter Abs. 1
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 73ter Vorbescheidverfahren - 1 ...313
1    ...313
2    Die versicherte Person kann ihre Einwände schriftlich oder mündlich bei der IV-Stelle vorbringen. Bei mündlich vorgetragenen Einwänden, erstellt die IV-Stelle ein summarisches von der versicherten Person zu unterzeichnendes Protokoll.
3    Die anderen Parteien haben ihre Einwände der IV-Stelle schriftlich vorzubringen.
4    Für die Anhörung werden weder ein Taggeld ausgerichtet noch Reisekosten vergütet.
IVV [SR 831.201]; BGE 134 V 97 E. 2.8.2 S. 107 mit Hinweisen; Urteil 9C_617/2009 vom 15. Januar 2010 E. 2.1). Die Verwaltung ist aber nicht verpflichtet, gemäss dem Vorbescheid zu verfügen, weshalb in der Verfügung auch ein tieferer Invaliditätsgrad als der im Vorbescheid angezeigte festgestellt werden darf.
5.4 Im Lichte der Sach- und Rechtslage ist die in Rz. C29 der AVIG-Praxis ALE festgehaltene Verwaltungsweisung insoweit verordnungs- und bundesrechtswidrig, als darin der Vorbescheid in jedem Fall, ohne Würdigung der Einzelfallkonstellationen, als hinreichende
BGE 142 V 380 S. 388

Grundlage für die Anwendung von Art. 40b
SR 837.02 Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung, AVIV) - Arbeitslosenversicherungsverordnung
AVIV Art. 40b Versicherter Verdienst von Behinderten - (Art. 23 Abs. 1 AVIG)
AVIV angesehen wird. Sie lässt eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren Bestimmungen nicht zu. Das vorinstanzliche Gericht hat damit diese zu Recht nicht berücksichtigt (BGE 138 V 346 E. 6.2 S. 362; BGE 137 V 1 E. 5.2.3 S. 8; BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258 mit Hinweisen; vgl. BGE 133 II 305 E. 8.1 S. 315).
5.5 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass grundsätzlich erst die (noch nicht rechtskräftige) Verfügung der Invalidenversicherung oder einer anderen Sozialversicherung hinreichende Grundlage für die Anpassung des versicherten Verdienstes an den damit erkannten Grad der Erwerbsunfähigkeit oder zumindest an den nicht umstrittenen Prozentsatz des errechneten Invaliditätsgrades bildet. Vorbehalten bleiben die zuvor skizzierten Konstellationen, in denen bereits vor Verfügungserlass der Invalidenversicherung mit deren Vorbescheid der Grad der Erwerbsunfähigkeit absehbar feststeht. Dies betrifft Fälle, wo keine Einwände gegen den Vorbescheid zu erwarten sind bzw. erfolgen; oder wenn eine ganze Invalidenrente bei verbleibender Restarbeitsfähigkeit in Aussicht gestellt wird. Diese Sichtweise steht in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung (BGE 133 V 524 E. 5 S. 526 ff.; SVR 2014 ALV Nr. 13 S. 40, 8C_824/2013 E. 5; vgl. auch Urteile 8C_918/2012 vom 29. Januar 2013 E. 3 und 8C_40/2011 vom 4. März 2011 E. 4.1), woran festzuhalten ist. Diese läuft einer rechtsgleichen und praktikablen Verwaltungspraxis nicht zuwider, zumal damit - wie der Beschwerdegegner zu Recht festhält - allenfalls weniger Nachkorrekturen vorzunehmen sind, als wenn stets auf den im Vorbescheid angegebenen Erwerbsunfähigkeitsgrad abgestellt würde.
5.6 Der Beschwerdegegner wendet schliesslich zutreffend ein, dass bis zum Erlass des Einspracheentscheides nicht feststand, wie sich der Sachverhalt bezüglich der Resterwerbsfähigkeit bis zum Verfügungszeitpunkt der IV-Stelle entwickeln wird. Daher ist hier die offene Formulierung des kantonalen Gerichts hinsichtlich des über den 31. Januar 2015 einstweilen andauernden Anspruchs auf Taggelder der Arbeitslosenentschädigung auf der Basis eines ungekürzten versicherten Verdienstes von Fr. 6'549.- nicht zu beanstanden. Das SECO dringt mit seiner Beschwerde nicht durch. (...)