Urteilskopf

138 I 484

42. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Gemeinderat Arth, Amt für Raumentwicklung und Regierungsrat des Kantons Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_142/2012 vom 18. Dezember 2012

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Sachverhalt ab Seite 484

BGE 138 I 484 S. 484

A. Das Bausekretariat der Gemeinde Arth stellte am 28. Juni 2010 fest, dass im Gewerbegebäude an der Gotthardstrasse "..." in Goldau/SZ (KTN 3040) unbewilligte Nutzungsänderungen bzw. Umbauarbeiten vorgenommen wurden. Am 25. Oktober 2010 ersuchte die X. AG um deren nachträgliche Bewilligung. Mit Beschluss vom 16. Mai 2011 erteilte der Gemeinderat Arth die Baubewilligung im Wesentlichen. Abgewiesen wurde dagegen das Gesuch um Einbau
BGE 138 I 484 S. 485

eines Wohnateliers: Dieses sei innert einer Frist von vier Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses aufzuheben und dürfe nicht weiter zum Wohnen benützt werden.
B. Die X. AG focht den Beschluss des Gemeinderates Arth beim Regierungsrat des Kantons Schwyz an, welcher die Beschwerde am 2. November 2011 abwies, soweit er darauf eintrat. Das von der X. AG hierauf angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Beschwerde mit Entscheid vom 18. Januar 2012 ab, soweit es darauf eintrat.
C. Dagegen führt die X. AG beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Gestützt auf Art. 23 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 23 Praxisänderung und Präjudiz - 1 Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
1    Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
2    Hat eine Abteilung eine Rechtsfrage zu entscheiden, die mehrere Abteilungen betrifft, so holt sie die Zustimmung der Vereinigung aller betroffenen Abteilungen ein, sofern sie dies für die Rechtsfortbildung oder die Einheit der Rechtsprechung für angezeigt hält.
3    Beschlüsse der Vereinigung der betroffenen Abteilungen sind gültig, wenn an der Sitzung oder am Zirkulationsverfahren mindestens zwei Drittel der ordentlichen Richter und Richterinnen jeder betroffenen Abteilung teilnehmen. Der Beschluss wird ohne Parteiverhandlung und öffentliche Beratung gefasst; er ist für die Antrag stellende Abteilung bei der Beurteilung des Streitfalles verbindlich.
BGG hat die Vereinigung sämtlicher Abteilungen des Bundesgerichts am 30. November 2012 über die Rechtsfrage entschieden, ob es im schriftlichen gerichtlichen Verfahren grundsätzlich geboten sei, Eingaben den Parteien, die durch einen Anwalt vertreten sind, unter Ansetzung einer Frist zur allfälligen Stellungnahme zuzustellen. Die Frage wurde im Sinne der nachstehenden Erwägungen (E. 2) entschieden. (Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil ihr das Verwaltungsgericht die Vernehmlassungen des Sicherheitsdepartements und des Gemeinderates Arth lediglich zur Kenntnis zugestellt habe, ohne ihr eine Frist zur Stellungnahme anzusetzen. Die Vorinstanz habe sodann rasch entschieden, so dass die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit mehr gehabt habe, sich zu den falschen bzw. unvollständigen Äusserungen des Departements und des Gemeinderates zu äussern, welche für den vorliegenden Entscheid wesentlich gewesen seien.
2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
und 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV sowie Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK (in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen und strafrechtliche Anklagen) haben die Parteien eines Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Gerichtsverfahren, unter Beachtung des Grundsatzes der Waffengleichheit. Diese Garantien umfassen das Recht, von allen bei Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können, unabhängig davon, ob die Eingaben neue und/oder
BGE 138 I 484 S. 486

wesentliche Vorbringen enthalten (BGE 137 I 195 E. 2.3.1 S. 197; BGE 133 I 100 E. 4.3-4.7 S. 102 ff.). Es ist Sache der Parteien zu beurteilen, ob eine Entgegnung erforderlich ist oder nicht (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [EGMR] Nideröst-Huber gegen Schweiz vom 18. Februar 1997, Recueil CourEDH 1997-I S. 101 § 29).
2.2 Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht dieses Replikrecht unabhängig davon, ob ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet, eine Frist zur Stellungnahme angesetzt oder die Eingabe lediglich zur Kenntnisnahme oder zur Orientierung zugestellt worden ist (BGE 132 I 42 E. 3.3.3 und 3.3.4 S. 47; BGE 133 I 98 E. 2.2 S. 99). Dabei wird erwartet, dass eine Partei, die eine Eingabe ohne Fristansetzung erhält und dazu Stellung nehmen will, dies umgehend tut oder zumindest beantragt; ansonsten wird angenommen, sie habe auf eine weitere Eingabe verzichtet (BGE 133 I 100 E. 4.8 S. 105 mit Hinweisen; vgl. zuletzt Urteil 5A_42/2011 vom 21. März 2011 E. 2.2.2 mit Hinweisen, in: Pra 2011 Nr. 92 S. 657).
2.3 Die Beschwerdeführerin ist allerdings der Auffassung, die Vernehmlassungen hätten ihr mit einer Frist zur Stellungnahme und nicht lediglich mit dem Vermerk "zur Kenntnisnahme" zugestellt werden dürfen. Sie beruft sich hierfür auf das Urteil des EGMR i.S. Schaller-Bossert gegen Schweiz vom 28. Oktober 2010 § 42 (in: AJP 2011 S. 554). In diesem Urteil bejahte der EGMR eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, weil die Beschwerdeführerin nicht effektiv in der Lage gewesen sei, auf die ihr zur Kenntnisnahme zugestellte Vernehmlassung spontan zu replizieren. Ausschlaggebend war der Umstand, dass der bundesgerichtliche Entscheid i.S. Schaller-Bossert gefällt worden war, bevor die neue bundesgerichtliche Praxis zum unbedingten Replikrecht der Parteien amtlich publiziert wurde. Zudem war die Beschwerdeführerin weder rechtskundig noch wurde sie im bundesgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertreten.
Dagegen verneinte der EGMR eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK im Urteil Joos gegen Schweiz vom 15. November 2012 (insb. §§ 30-32). Er betonte, dass es Aufgabe der nationalen Gerichte sei sicherzustellen, dass die "minimal standards" i.S. von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK in jedem Einzelfall respektiert werden. Im konkreten Fall sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer Anwalt sei und von ihm erwartet werden könne, die publizierte bundesgerichtliche
BGE 138 I 484 S. 487

Praxis zum unbedingten Replikrecht zu kennen und sich entsprechend zu verhalten. Der Gerichtshof räumte ein, dass die Zustellung neuer Eingaben zur Kenntnisnahme, ohne Ansetzung einer Frist, zu Unsicherheit führen könne, weil die Partei nicht wisse, wie viel Zeit ihr für eine allfällige Eingabe zur Verfügung stehe. Diese Unsicherheit werde jedoch durch die Möglichkeit aufgewogen, eine Stellungnahme (mit Fristansetzung) zu beantragen. Das Bundesgericht habe nach Zustellung der zweiseitigen Vernehmlassung mehr als drei Wochen zugewartet. Der Beschwerdeführer habe somit genug Zeit gehabt, um den Inhalt der Vernehmlassung zu prüfen, zu entscheiden, ob er dazu Stellung nehmen wolle, und - wenn ja - eine Stellungnahme (mit Fristansetzung) zu beantragen.
2.4 Die zitierten Urteile des EGMR zu Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, wie auch die oben referierte bundesgerichtliche Praxis zu Art. 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV, gehen somit davon aus, dass es Aufgabe des Gerichts ist, in jedem Einzelfall ein effektives Replikrecht der Parteien zu gewährleisten (vgl. auch MARKUS LANTER, Formeller Charakter des Replikrechts - Herkunft und Folgen, ZBl 113/2012 S. 167 ff., insb. S. 175 f.). Hierzu kann das Gericht einen zweiten Schriftenwechsel anordnen oder den Parteien Frist für eine allfällige Stellungnahme ansetzen (so grundsätzlich die Praxis des Bundesgericht; vgl. Urteil 5A_779/2010 vom 1. April 2011 E. 2.2, in: Pra 2012 Nr. 1 S. 1). Es kann Eingaben aber auch lediglich zur Kenntnisnahme zustellen, wenn von den Parteien erwartet werden kann, dass sie umgehend unaufgefordert Stellung nehmen oder eine Stellungnahme beantragen.
2.5 Vorliegend war die Beschwerdeführerin vor Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten. Ihr Rechtsvertreter musste die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Replikrecht kennen und somit wissen, dass ihm auch bei der blossen Zustellung zur Kenntnisnahme ein Replikrecht zustand, das er innert angemessener Frist einzufordern hatte, ansonsten Verzicht angenommen würde. Das Verwaltungsgericht stellte die dreiseitige Vernehmlassung des Sicherheitsdepartements und die zweiseitige Vernehmlassung der Gemeinde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 zur Kenntnisnahme zu. Das vorinstanzliche Urteil erging am 18. Januar 2012. Insofern stand der Beschwerdeführerin rund ein Monat zur Verfügung, um eine Stellungnahme einzureichen oder zumindest um die Ansetzung einer Frist zur Stellungnahme zu ersuchen.
BGE 138 I 484 S. 488

In ihrer Replik behauptet die Beschwerdeführerin zwar, dass dieser Zeitraum durch die Weihnachtsgerichtsferien verkürzt worden sei. Sie belegt dies aber nicht anhand des kantonalen Rechts (gemäss § 157 Abs. 2 der Justizverordnung des Kantons Schwyz vom 18. November 2009 gelten die Gerichtsferien bei Rechtsmittelverfahren in Planungs- und Bausachen nicht). Im Übrigen hätten die Gerichtsferien am 7. Januar 2012 geendet, d.h. der Beschwerdeführerin hätten noch 11 Tage bis zur Urteilsfällung am 18. Januar 2012 zur Verfügung gestanden. Schliesslich erfolgte auch im Zeitraum bis zum Versand des Urteils am 2. Februar 2012 keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz den Schluss ziehen, die Beschwerdeführerin habe auf ihr Replikrecht verzichtet.
2.6 Die Rüge der Verletzung des Replikrechts erweist sich daher als nicht stichhaltig.