Urteilskopf

134 I 286

33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT und Erwin Kessler gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_302/2007 vom 2. April 2008

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Sachverhalt ab Seite 287

BGE 134 I 286 S. 287

Am 18. August 2006 ersuchten Erwin Kessler und der Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau um Einsicht in die in den letzten fünf Jahren vom Bezirksamt Arbon erlassenen Strafentscheide, inklusive Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen, betreffend X. bzw. Y. Mit Verfügung vom 5. Februar 2007 wies die Staatsanwaltschaft das Begehren ab. Gegen die Verfügung vom 5. Februar 2007 erhoben Erwin Kessler und der VgT Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Thurgau hiess diese mit Beschluss vom 14. Mai 2007 teilweise gut. Das Begehren um Einsicht in die materiellen Strafentscheide wurde zuständigkeitshalber an das Bezirksamt Arbon überwiesen. Soweit Einsicht in Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen beantragt worden war, überwies das Obergericht die Beschwerde zuständigkeitshalber an die Anklagekammer des Kantons Thurgau. Mit Beschluss vom 3. Juli 2007 hob die Anklagekammer des Kantons Thurgau die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 5. Februar 2007 im Beschwerdeverfahren auf. Gleichzeitig wies sie das Gesuch um Einsicht in die fraglichen Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen des Bezirksamtes Arbon ab. Gegen den Beschluss der Anklagekammer vom 3. Juli 2007 gelangten Erwin Kessler und der VgT mit Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses heisst die Beschwerde gut.
BGE 134 I 286 S. 288

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

5. In BGE 124
IV 234
hatte das Bundesgericht den Fall eines Strafanzeigers zu beurteilen, dem die Einsicht in einen rechtskräftigen Strafbescheid verweigert worden war.
5.1 Die Strafverfügung war im abgekürzten Verfahren nach VStrR (SR 313.0) erlassen worden. Das Bundesgericht erwog zunächst, dass der Anzeiger keine Parteirechte ausgeübt habe, weshalb ihm die Strafverfügung nicht förmlich eröffnet werden musste (BGE 124 IV 234 E. 2a-c S. 237). Es erwog weiter, dass unter dem Gesichtspunkt des Öffentlichkeitsgrundsatzes (Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, Art. 14 Abs. 1
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft.
a  Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten;
b  er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;
c  es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen;
d  er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
e  er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken;
f  er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht;
g  er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.
UNO-Pakt II [SR 0.103.2], Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV) zwischen der förmlichen Eröffnung an die Parteien und der öffentlichen Verkündung des Straferkenntnisses zu unterscheiden ist: Der Anspruch auf öffentliche Urteilsverkündung bedeutet eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Die Kontrolle durch die Öffentlichkeit soll nicht nur eine korrekte und gesetzmässige Behandlung der Verfahrensbeteiligten durch die Strafjustiz gewährleisten. Die allgemeine Öffentlichkeit soll darüber hinaus Kenntnis erhalten können, wie das Recht verwaltet und wie die Rechtspflege ausgeübt wird. Der Öffentlichkeitsgrundsatz sorgt damit auch für Transparenz in der Rechtspflege, die eine demokratische Kontrolle durch das Volk erst ermöglicht und als wesentliches Element des Rechts auf ein faires Verfahren zu den Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates gehört (BGE 124 IV 234 E. 3b S. 238; s. auch BGE 133 I 106 E. 8.1-8.2 S. 107 f.; BGE 121 II 22 E. 4c S. 27 f.; BGE 119 Ia 99 E. 4a S. 104, je mit Hinweisen). Der entsprechende Informationsanspruch steht daher nicht nur den Parteien des Strafverfahrens zu, sondern grundsätzlich auch der interessierten Öffentlichkeit (BGE 124 IV 234 E. 3c S. 239 mit Hinweis). Zwar verlangt das Bundesgericht, dass die Person, welche Einsicht in Strafverfügungen verlangt, eine berechtigtes Interesse darlegt. Für behördliche Einschränkungen des Einsichtsrechtes sind jedoch strenge Massstäbe anzulegen. Es genügt deshalb, wenn der Gesuchsteller ein ernsthaftes Interesse an der Kenntnisnahme glaubhaft macht. Ein solches Interesse ist insbesondere für den Anzeiger im Verwaltungsstrafverfahren zu bejahen (BGE 124 IV 234 E. 3d S. 239 f. mit Hinweisen).
5.2 Das Bundesgerichtsurteil 1P.298/2006 vom 1. September 2006 betraf den VgT. Dieser hatte einen Aargauer Landwirt wegen tierschutzgesetzwidriger Haltung von Schweinen und Kaninchen
BGE 134 I 286 S. 289

angezeigt. Der Tierhalter wurde in der Folge vom Bezirksamt Baden mit Fr. 500.- gebüsst. Der VgT verlangte eine Kopie des betreffenden Strafbefehls. Die ablehnenden Entscheide der kantonalen Behörden zog er ans Bundesgericht weiter. Dieses hiess die staatsrechtliche Beschwerde teilweise gut. Das Bundesgericht erwog, es bestehe gestützt auf den Öffentlichkeitsgrundsatz zwar kein Anspruch auf amtliche Zustellung von Entscheidkopien. Der VgT habe als Anzeigeerstatter jedoch das Recht, auf der Kanzlei der Untersuchungsbehörde Einsicht in den Strafbefehl zu nehmen und sich dabei (allenfalls gegen eine Gebühr) eine Kopie der Verfügung erstellen zu lassen.

6. Die Vorinstanz vertritt die Ansicht, bei Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen sei eine Einsichtnahme durch Dritte (auch durch Anzeigeerstatter) von vornherein ausgeschlossen, da solche Verfügungen keine oder nur eine beschränkte materielle Rechtskraft nach sich zögen. Diese Auffassung erscheint im Lichte der dargelegten Rechtsprechung zu formalistisch. Sie trägt weder dem rechtsstaatlichen Öffentlichkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung noch den individuellen Grundrechten von Privaten mit schutzwürdigen Informationsinteressen.

6.1 Zwar betraf BGE 124 IV 234 den Fall eines Strafbescheides (der im abgekürzten Verfahren nach VStrR erlassen worden war). Das Bundesgericht hat dort jedoch nicht entschieden, dass bei Verfahrensabschlüssen ohne Straffolgen der Öffentlichkeitsgrundsatz schlechterdings unbeachtlich wäre. Diesem und den daraus abgeleiteten Informationsrechten wird vielmehr eine allgemeine und zentrale rechtsstaatliche Bedeutung zugeschrieben: Das Öffentlichkeitsprinzip gehöre zu den elementaren Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates und bedeute eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Die interessierte Öffentlichkeit müsse erfahren können, wie das Recht verwaltet und wie die Rechtspflege ausgeübt wird. Der Öffentlichkeitsgrundsatz sorge für Transparenz in der Rechtspflege, die eine demokratische Kontrolle durch das Volk erst ermögliche (BGE 124 IV 234 E. 3b S. 238; s. auch BGE 133 I 106 E. 8.1 S. 107 mit Hinweisen).
6.2 Eine Verfahrenserledigung durch Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen erfolgt grundsätzlich, wenn im Hinblick auf eine gerichtliche Beurteilung des beanzeigten Falles mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Freispruch (mangels Beweisen oder mangels Strafbarkeit) erfolgen würde bzw. eine Verfahrenseinstellung
BGE 134 I 286 S. 290

aufgrund eines Prozesshindernisses (§§ 20, 73 Abs. 4 und 137-141 StPO/TG; vgl. auch ROBERT HAUSER/ERHARD SCHWERI/KARL HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, § 78 Rz. 2-17). Soweit in Nichteintretens- und Einstellungsverfügungen die Tatverantwortung des Beanzeigten verneint wird, sind auch diese zu den strafprozessualen Sachentscheiden zu zählen (vgl. NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 2004, § 37 Rz. 573 und Fn. 65). In den übrigen Fällen stellen sie verfahrenserledigende Prozessentscheide dar (vgl. SCHMID, a.a.O., Rz. 580).

6.3 In begründeten Fällen kann die Öffentlichkeit und können interessierte Private durchaus ein legitimes Interesse an der Klärung der Frage haben, weshalb es zu nichtgerichtlichen Verfahrenserledigungen ohne Straffolgen durch Sach- und Prozessentscheide kommt. Ein solches Informationsbedürfnis kann sich insbesondere bei systematischen bzw. auffällig häufigen Verfahrenserledigungen dieser Art durch Ermittlungs- und Untersuchungsbehörden bzw. Staatsanwaltschaften aufdrängen, gerade in Bereichen, die auf ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit stossen. Bei nicht verfahrensbeteiligten Dritten erscheint es allerdings geboten, ein schutzwürdiges Informationsinteresse zu verlangen (vgl. BGE 124 IV 234 E. 3d S. 239 f.). Ein solches Interesse ist ausserdem (im Lichte des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes) gegen allfällige besondere Geheimhaltungsinteressen der Justizbehörden oder von mitbetroffenen Dritten abzuwägen (vgl. BGE 133 I 106 E. 8.1 S. 107 f.). Einsichtsgesuche dürfen insbesondere das gute Funktionieren der Strafjustiz nicht gefährden und finden eine Schranke auch am Rechtsmissbrauchsverbot. Bei entgegenstehenden privaten oder öffentlichen Interessen ist allerdings zu prüfen, ob diesen durch Kürzung oder Anonymisierung ausreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. BGE 124 IV 234 E. 3c S. 239). Jegliche Information aus diesem Bereich der Justiztätigkeit von vornherein völlig auszuschliessen, hiesse demgegenüber, rechtsstaatlich unzulässige Reservate möglicher behördlicher Willkür oder intransparenter "Geheimjustiz" zu öffnen.
6.4 Zwar wird in der Lehre teilweise die Ansicht vertreten, der Öffentlichkeitsgrundsatz beschränke sich in der Regel auf materielle Straferkenntnisse bzw. Strafverfügungen (vgl. HANS WIPRÄCHTIGER, Kontrolle der Strafjustiz durch Medien und Öffentlichkeit - eine Illusion?, Medialex 2004 S. 38 ff., 44). Eine allzu rigide formale Unterscheidung trüge jedoch der dargelegten rechtsstaatlichen Funktion des Öffentlichkeitsprinzips nicht ausreichend Rechnung.
BGE 134 I 286 S. 291

Ausserdem übersähe sie, dass in gewissen Fällen (nämlich soweit darin die Tatverantwortung des Beanzeigten verneint wird) auch Einstellungsverfügungen den strafprozessualen Sachentscheiden zuzurechnen sind.
6.5 Nach der dargelegten Praxis ergibt sich aus Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK kein pauschaler und unbeschränkter Anspruch von nicht verfahrensbeteiligten Dritten, in Straferkenntnisse bzw. Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen Einsicht zu nehmen. Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV bezeichnet als Grundrechtsträger jene Personen, "deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss". Auch Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK schützt primär den Angeklagten und die übrigen Parteien des Strafverfahrens (insbesondere allfällige Geschädigte mit Parteistellung). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist der rechtsstaatlichen Funktion und dem Schutzbereich des Öffentlichkeitsgrundsatzes jedoch ausreichend Rechnung zu tragen. Insbesondere hat der demokratische Rechtsstaat sicherzustellen, dass sich Medien, aber auch interessierte Institutionen und Private mit schutzwürdigen Informationsinteressen über wichtige Bereiche der Justiztätigkeit ausreichend informieren können. Der betreffende Anspruch steht nicht nur den Parteien des Strafverfahrens zu, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit (BGE 124 IV 234 E. 3c S. 239). Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass nicht nur Geschädigte bzw. Strafkläger mit Parteistellung grundsätzlich das Recht haben, in sie tangierende verfahrensabschliessende Verfügungen Einsicht zu erhalten, sondern auch blosse Strafanzeiger (BGE 124 IV 234 E. 3d S. 240). Wie dargelegt, wäre angesichts der zentralen rechtsstaatlichen Funktion des Öffentlichkeitsprinzips kein überzeugender Grund ersichtlich, diese Praxis ausnahmslos auf materielle Straferkenntnisse zu beschränken.
6.6 Nach dem Gesagten kann aus dem grundrechtlich verankerten rechtsstaatlichen Öffentlichkeitsprinzip (Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV, Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK) ein Informationsanspruch und Einsichtsrecht fliessen, sofern der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Informationsinteresse nachweisen kann und keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen der beantragten Einsichtnahme entgegenstehen.
6.7 Unbestrittenermassen handelt es sich beim VgT um einen Verein, der sich gemäss seinen Statuten für die Durchsetzung der einschlägigen Tierschutzvorschriften zugunsten von Nutztieren
BGE 134 I 286 S. 292

einsetzt. Erwin Kessler nimmt als Vereinspräsident die Interessen des VgT wahr. Eine nach Ansicht der Beschwerdeführer tierschutzgesetzwidrige Haltung von 80 Pferden durch zwei im Kanton Thurgau ansässige Pferdehändler habe in den vergangenen 6-7 Jahren zu verschiedenen Anzeigen sowie zu Verzeigungen seitens des kantonalen Veterinäramtes geführt. Diese Verfahren seien auf dubiose Weise allesamt im Sand verlaufen bzw. vom zuständigen Untersuchungsrichter systematisch eingestellt worden. Die kantonalen Behörden nehmen zu diesen Darlegungen keine Stellung. Ebenso wenig machen sie überwiegende öffentliche oder private Interessen geltend, die der beantragten Einsicht in die fraglichen Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen entgegenstehen könnten.
6.8 Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde als begründet. Der angefochtene Entscheid ist zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die kantonalen Behörden haben eine Interessenabwägung im Sinne der obigen Erwägungen zu treffen. Fällt diese zugunsten der Beschwerdeführer aus, ist ihr Einsichtnahmegesuch zu bewilligen.