Urteilskopf

131 III 467

61. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. und Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau gegen A. AG (Berufung) 4C.423/2004 vom 14. April 2005

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Sachverhalt ab Seite 468

BGE 131 III 467 S. 468

Mit Arbeitsvertrag vom 20. April 2000 stellte die A. AG X. als Vertriebsdirektor an. Nachdem der Arbeitnehmer die Stelle vereinbarungsgemäss am 15. Mai 2000 angetreten hatte, fertigten die Parteien am 19. Juni 2000 einen detaillierten Arbeitsvertrag aus. Dieser sah insbesondere Folgendes vor: Am 17. August 2000 kündigte die Arbeitgeberin den Arbeitsvertrag auf den 24. August 2000, stellte den Arbeitnehmer vom 21. August 2000 an frei und forderte ihn auf, am 24. August 2000 zur Übergabe sämtlicher Unterlagen bei ihr zu erscheinen. Mit Schreiben vom 21. August 2000 teilte der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin mit, dass ihm die Kündigung nach Ablauf der Probezeit zugegangen sei und das Arbeitsverhältnis deshalb erst auf den 28. Februar 2001 aufgelöst werden könne. Trotz sofortiger Freistellung stünden ihm grundsätzlich sämtliche Lohnansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu. Nachdem die Arbeitgeberin zuerst an der Kündigung auf den 24. August 2000 festgehalten hatte, forderte sie den Arbeitnehmer am 5. September 2000 schriftlich auf, die Arbeit am übernächsten Tag wieder aufzunehmen, und verwies für den Säumnisfall auf Art. 337d
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 337d - 1 Tritt der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund die Arbeitsstelle nicht an oder verlässt er sie fristlos, so hat der Arbeitgeber Anspruch auf eine Entschädigung, die einem Viertel des Lohnes für einen Monat entspricht; ausserdem hat er Anspruch auf Ersatz weiteren Schadens.
1    Tritt der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund die Arbeitsstelle nicht an oder verlässt er sie fristlos, so hat der Arbeitgeber Anspruch auf eine Entschädigung, die einem Viertel des Lohnes für einen Monat entspricht; ausserdem hat er Anspruch auf Ersatz weiteren Schadens.
2    Ist dem Arbeitgeber kein Schaden oder ein geringerer Schaden erwachsen, als der Entschädigung gemäss dem vorstehenden Absatz entspricht, so kann sie der Richter nach seinem Ermessen herabsetzen.
3    Erlischt der Anspruch auf Entschädigung nicht durch Verrechnung, so ist er durch Klage oder Betreibung innert 30 Tagen seit dem Nichtantritt oder Verlassen der Arbeitsstelle geltend zu machen; andernfalls ist der Anspruch verwirkt.209
4    ...210
OR. Als der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erschien, sprach die Arbeitgeberin am 8. September 2000 die fristlose Kündigung aus. X. (nachfolgend: Kläger 1), der nach der fristlosen Kündigung arbeitslos war, erhielt von der öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau (nachfolgend: Klägerin 2) im September 2000 Fr. 525.10, im Oktober 2000 Fr. 5'776.10, im November 2000 Fr. 5'776.10 und im Dezember 2000 Fr. 5'513.55 ausbezahlt. Am 19. Januar 2001 reichten X. und die Arbeitslosenkasse gegen die A. AG Klage ein mit den Rechtsbegehren, die Beklagte zur Zahlung von Fr. 95'543.- brutto nebst 5 % Zins seit 8. September 2000 zu verpflichten unter gleichzeitiger Verpflichtung von X. zur Herausgabe des Geschäftsfahrzeugs. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf Herausgabe des Geschäftsfahrzeugs und Zahlung von Schadenersatz wegen Vorenthaltens des Fahrzeugs. Das Fahrzeug wurde im Laufe des Verfahrens zurückgegeben.
BGE 131 III 467 S. 469

Mit Urteil vom 2. Dezember 2002 verpflichtete der Einzelrichter des Bezirksgerichts March die Beklagte zur Zahlung von Fr. 12'421.05 netto an den Kläger 1 und von Fr. 525.10 netto an die Klägerin 2. Die Widerklage wurde abgewiesen. Auf Berufung der Kläger und Anschlussberufung der Beklagten verpflichtete das Kantonsgericht Schwyz die Beklagte mit Urteil vom 31. August 2004 zur Zahlung von Fr. 15'209.80 netto nebst 5 % Zins auf Fr. 2'463.70 seit 8. September 2000, auf Fr. 8'996.10 seit 1. Oktober 2000 und auf Fr. 3'750.- seit 1. Januar 2001 an den Kläger 1 sowie zur Weiterleitung der entsprechenden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge an die zuständigen Sozialversicherungskassen und zur Zahlung von Fr. 525.10 netto nebst 5 % Zins seit 1. Oktober 2000 an die Klägerin 2. Die Kläger haben das Urteil des Kantonsgerichts mit Berufung angefochten. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Vor Bundesgericht ist einzig noch die Frage streitig, ob für die am 17. August 2000 ausgesprochene Kündigung die einmonatige Kündigungsfrist gemäss der gesetzlichen Regel von Art. 335c Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335c - 1 Das Arbeitsverhältnis kann im ersten Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von einem Monat, im zweiten bis und mit dem neunten Dienstjahr mit einer Frist von zwei Monaten und nachher mit einer Frist von drei Monaten je auf das Ende eines Monats gekündigt werden.
1    Das Arbeitsverhältnis kann im ersten Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von einem Monat, im zweiten bis und mit dem neunten Dienstjahr mit einer Frist von zwei Monaten und nachher mit einer Frist von drei Monaten je auf das Ende eines Monats gekündigt werden.
2    Diese Fristen dürfen durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag abgeändert werden; unter einen Monat dürfen sie jedoch nur durch Gesamtarbeitsvertrag und nur für das erste Dienstjahr herabgesetzt werden.
3    Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vor Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf den Urlaub des andern Elternteils nach Artikel 329g, so wird die Kündigungsfrist um die noch nicht bezogenen Urlaubstage verlängert.182
OR gilt, wie das Kantonsgericht annimmt, oder die sechsmonatige Kündigungsfrist, wie sie vertraglich für die Zeit ab 1. September 2000 vereinbart worden ist. Letzteres wird von den Klägern in den Verfahren vor dem Bundesgericht vertreten. Nicht mehr streitig ist dagegen, dass die am 8. September 2000 von der Beklagten ausgesprochene fristlose Entlassung ungültig ist, weil kein wichtiger Grund im Sinne von Art. 337
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 337 - 1 Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen; er muss die fristlose Vertragsauflösung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.207
1    Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen; er muss die fristlose Vertragsauflösung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.207
2    Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.
3    Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet der Richter nach seinem Ermessen, darf aber in keinem Fall die unverschuldete Verhinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung als wichtigen Grund anerkennen.
OR gegeben war.
1.1 Der Inhalt eines Vertrages bestimmt sich in erster Linie durch subjektive Auslegung, das heisst nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR). Nur wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Während das Bundesgericht die objektivierte Vertragsauslegung als Rechtsfrage prüfen kann, beruht die subjektive Vertragsauslegung auf Beweiswürdigung, die vorbehaltlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
und Art. 64
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OG der bundesgerichtlichen Überprüfung im
BGE 131 III 467 S. 470

Berufungsverfahren entzogen ist. Der Vorrang der subjektiven vor der objektivierten Vertragsauslegung ergibt sich aus Art. 18
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR als Auslegungsregel. Die Verletzung dieses Grundsatzes kann deshalb mit der Berufung gerügt werden (BGE 121 III 118 E. 4b/aa S. 123 mit Hinweisen).
1.2 Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Wille der Parteien zwar klar, aber insoweit gesetzeswidrig ist, als vertraglich eine mehr als drei Monate dauernde Probezeit vereinbart wurde. Es ist deshalb danach zu fragen, ob die Parteien für diesen Fall einen subsidiären Parteiwillen hatten oder ob an die Stelle des gewollten, aber nicht zulässigen Vertragsinhaltes die subsidiäre gesetzliche Regelung tritt. Auch diese Frage ist grundsätzlich nach dem Vertrauensprinzip zu beantworten, indem der mutmassliche bzw. hypothetische Parteiwille ermittelt wird, sofern nicht ein diesbezüglicher tatsächlicher Parteiwille nachgewiesen werden kann.
1.3 Das Kantonsgericht ist nach der geschilderten Methode vorgegangen. Dabei ist es zum Ergebnis gelangt, dass die Parteien mutmasslich für die Zeit zwischen Mitte und Ende August 2000 die gesetzliche Kündigungsfrist gewollt haben und nicht die für die Zeit ab September vereinbarte längere Frist. Dafür kann sich das Kantonsgericht auf die Überlegung stützen, dass die Parteien bis Ende August offenbar eine sehr kurze Kündigungsfrist haben wollten. Es ist folglich nicht anzunehmen, dass sie für den Fall, dass sich die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat als rechtswidrig erweist, eine längere, nämlich die für die Zeit nach August 2000 vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Monaten wollten. Diese Überlegung entspricht auch der Wertung, die Art. 20 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR zugrunde liegt. Erweist sich eine vertragliche Vereinbarung nur teilweise als rechtlich unzulässig, ist nur der entsprechende Teil des Vertrages nichtig, sofern nicht anzunehmen ist, dass die Parteien den Vertrag ohne den nichtigen Teil nicht geschlossen hätten. Es ist somit von einer blossen Teilnichtigkeit auszugehen und der Vertrag ist in abgeänderter Form so nahe am Willen der Parteien aufrecht zu erhalten wie möglich. Lehre und Rechtsprechung gehen deshalb davon aus, dass eine von den Parteien für mehr als drei Monate vereinbarte Probezeit auf das erlaubte Mass zu reduzieren ist (BGE 129 III 124 E. 3.1; REHBINDER, Berner Kommentar, N. 2 zu Art. 335b
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335b - 1 Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
1    Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
2    Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens drei Monate verlängert werden.
3    Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.
OR; STREIFF/VON KAENEL, Leitfaden zum
BGE 131 III 467 S. 471

Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl., Zürich 1992, N. 5 zu Art. 335b
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335b - 1 Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
1    Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
2    Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens drei Monate verlängert werden.
3    Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.
OR; BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., Bern 1996, N. 5a zu Art. 335b
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335b - 1 Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
1    Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
2    Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens drei Monate verlängert werden.
3    Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.
OR). Wenn die Parteien für die Zeit bis Ende August 2000 eine möglichst kurze Kündigungsfrist wollten und sich die von ihnen vereinbarte als unzulässig erweist, liegt es auf der Hand, die etwas längere gesetzliche anzuwenden und nicht die noch längere, die für die Zeit danach vereinbart worden ist. Der hier zu beurteilende Fall lässt sich nicht mit jenem vergleichen, welchen das Bundesgericht in BGE 109 II 449 ff. entschieden hat. Dort ging es um einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer Probezeit. Nach deren Ablauf lag ein befristeter Arbeitsvertrag vor. Die Teilnichtigkeit hatte deshalb zur Folge, dass der Vertrag nicht mehr kündbar war. Die Anwendung einer gesetzlichen Kündigungsfrist anstelle der vertraglich vereinbarten festen Vertragsdauer stand nicht zur Diskussion. Im vorliegend zu beurteilenden Fall liegt demgegenüber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor, bei dem die subsidiäre gesetzliche Kündigungsfrist die ungültige Vereinbarung ersetzen kann. Aus diesen Gründen erweist sich die Vertragsauslegung der Vorinstanz als bundesrechtskonform.
2. Nicht geprüft hat das Kantonsgericht allerdings die Frage, ab wann die Kündigungsfrist zu laufen begann. Diese Frage ist rechtlich erheblich, weil gemäss der vertraglichen Vereinbarung ab dem 1. September 2000 die Kündigungsfrist sechs Monate betrug und bei Anwendung der Regel von Art. 335c Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335c - 1 Das Arbeitsverhältnis kann im ersten Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von einem Monat, im zweiten bis und mit dem neunten Dienstjahr mit einer Frist von zwei Monaten und nachher mit einer Frist von drei Monaten je auf das Ende eines Monats gekündigt werden.
1    Das Arbeitsverhältnis kann im ersten Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von einem Monat, im zweiten bis und mit dem neunten Dienstjahr mit einer Frist von zwei Monaten und nachher mit einer Frist von drei Monaten je auf das Ende eines Monats gekündigt werden.
2    Diese Fristen dürfen durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag abgeändert werden; unter einen Monat dürfen sie jedoch nur durch Gesamtarbeitsvertrag und nur für das erste Dienstjahr herabgesetzt werden.
3    Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vor Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf den Urlaub des andern Elternteils nach Artikel 329g, so wird die Kündigungsfrist um die noch nicht bezogenen Urlaubstage verlängert.182
OR die im August ausgesprochene Kündigung erst auf Ende September 2000 wirksam wurde. Gelten je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses unterschiedliche Kündigungsfristen, kommt jene zur Anwendung, die im Zeitpunkt des Beginns der Kündigungsfrist gilt. Es ist nicht darauf abzustellen, wann diese endet (Arbeitsgericht Zürich, Urteil vom 12. Oktober 1984, publ. in: Jahrbuch des Schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 1985 S. 226 f.).
2.1 Fraglich erscheint aber, ob die Kündigungsfrist mit dem Zugang der Erklärung zu laufen beginnt oder die Frist vom Zeitpunkt an zurückzurechnen ist, auf den die Erklärung das Arbeitsverhältnis beenden soll (FAVRE/MUNOZ/TOBLER, Le contrat de travail, Lausanne 2001, N. 2.4 ff. zu Art. 336c
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336c - 1 Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen:
1    Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen:
a  während die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet, sowie, sofern die Dienstleistung mehr als elf201 Tage dauert, während vier Wochen vorher und nachher;
b  während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 90 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen;
c  während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft einer Arbeitnehmerin;
cbis  vor dem Ende des verlängerten Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 329f Absatz 2;
cquater  solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub nach Artikel 329i besteht, längstens aber während sechs Monaten ab dem Tag, an dem die Rahmenfrist zu laufen beginnt;
cquinquies  während des Urlaubs nach Artikel 329gbis;
cter  zwischen dem Beginn des Urlaubs nach Artikel 329f Absatz 3 und dem letzten bezogenen Urlaubstag, längstens aber während drei Monaten ab dem Ende der Sperrfrist nach Buchstabe c;
d  während der Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers an einer von der zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teilnimmt.
2    Die Kündigung, die während einer der in Absatz 1 festgesetzten Sperrfristen erklärt wird, ist nichtig; ist dagegen die Kündigung vor Beginn einer solchen Frist erfolgt, aber die Kündigungsfrist bis dahin noch nicht abgelaufen, so wird deren Ablauf unterbrochen und erst nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt.
3    Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Ende eines Monats oder einer Arbeitswoche, und fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist zusammen, so verlängert sich diese bis zum nächstfolgenden Endtermin.
OR). Diese beiden Zeitpunkte unterscheiden sich erheblich, wenn die Kündigung während eines
BGE 131 III 467 S. 472

laufenden Monats ausgesprochen wird, aber bloss auf Ende eines Monats das Arbeitsverhältnis beenden kann. Wäre die Kündigungsfrist vom Endtermin rückwärts zu berechnen, hätte sie im vorliegenden Fall erst am 1. September 2000 zu laufen begonnen und würde zeitlich in den Bereich fallen, für den vertraglich eine sechsmonatige Kündigungsfrist vereinbart worden ist. Begänne die Frist dagegen bereits mit der Zustellung der Kündigungserklärung zu laufen und würde das Arbeitsverhältnis bloss wegen des Endtermins der Kündigung bis zum Ende des Monats verlängert, hätte sie im vorliegenden Fall Mitte August 2000 zu laufen begonnen und wäre Ende September 2000 unbeeinflusst von der Vereinbarung der Parteien betreffend sechsmonatiger Kündigungsfrist abgelaufen. Soweit ersichtlich hat das Bundesgericht bis jetzt noch nie ausdrücklich zu dieser Frage Stellung genommen. In Bezug auf Kündigungen in der Probezeit stellt sie sich in der Regel nicht, weil nach Art. 335b Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335b - 1 Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
1    Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.
2    Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens drei Monate verlängert werden.
3    Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.
OR die Kündigung auf jeden beliebigen Zeitpunkt möglich ist. Demgegenüber spielt die Frage beim zeitlichen Kündigungsschutz eine Rolle, weil dort die Regel gilt, dass eine Arbeitsunfähigkeit die Kündigung nur dann nichtig macht bzw. die Kündigungsfrist verlängert, wenn sie in die Kündigungsfrist fällt (BGE 109 II 330 ff.; BGE 121 III 107 E. 2; BGE 124 III 474 E. 2 mit Literaturzitaten). Diese Rechtsprechung wurde zwar im Zusammenhang mit der Verlängerung der Kündigungsfrist nach einer Sperrfrist entwickelt. Es sind indessen keine Gründe ersichtlich, weshalb sie nicht allgemein für die Berechnung der Kündigungsfrist gelten soll. Daraus folgt, dass die Kündigungsfrist stets mit der Zustellung der Kündigung bzw. am darauf folgenden Tag zu laufen beginnt und am entsprechenden Tag des der Dauer der Frist entsprechenden Monats endet. Das Arbeitsverhältnis verlängert sich indessen wegen des Kündigungstermins über die Dauer der Kündigungsfrist hinaus bis zum Ende des Monats. Arbeitsverhinderungen, die in die Zeit zwischen der Zustellung der Kündigungserklärung und dem Beginn des darauf folgenden Monats fallen, sind somit beim zeitlichen Kündigungsschutz zu berücksichtigen (a.M. HANS-PETER EGLI, in: Kren Kostkiewicz/Bertschinger/ Breitschmied/Schwander [Hrsg.], Handkommentar OR, Zürich 2002, N. 14 zu Art. 336c
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336c - 1 Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen:
1    Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen:
a  während die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet, sowie, sofern die Dienstleistung mehr als elf201 Tage dauert, während vier Wochen vorher und nachher;
b  während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 90 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen;
c  während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft einer Arbeitnehmerin;
cbis  vor dem Ende des verlängerten Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 329f Absatz 2;
cquater  solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub nach Artikel 329i besteht, längstens aber während sechs Monaten ab dem Tag, an dem die Rahmenfrist zu laufen beginnt;
cquinquies  während des Urlaubs nach Artikel 329gbis;
cter  zwischen dem Beginn des Urlaubs nach Artikel 329f Absatz 3 und dem letzten bezogenen Urlaubstag, längstens aber während drei Monaten ab dem Ende der Sperrfrist nach Buchstabe c;
d  während der Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers an einer von der zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teilnimmt.
2    Die Kündigung, die während einer der in Absatz 1 festgesetzten Sperrfristen erklärt wird, ist nichtig; ist dagegen die Kündigung vor Beginn einer solchen Frist erfolgt, aber die Kündigungsfrist bis dahin noch nicht abgelaufen, so wird deren Ablauf unterbrochen und erst nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt.
3    Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Ende eines Monats oder einer Arbeitswoche, und fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist zusammen, so verlängert sich diese bis zum nächstfolgenden Endtermin.
in Verb. mit N. 1 zu Art. 335a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335a - 1 Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen keine verschiedenen Kündigungsfristen festgesetzt werden; bei widersprechender Abrede gilt für beide die längere Frist.
1    Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen keine verschiedenen Kündigungsfristen festgesetzt werden; bei widersprechender Abrede gilt für beide die längere Frist.
2    Hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt oder eine entsprechende Absicht kundgetan, so dürfen jedoch durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag für den Arbeitnehmer kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden.
OR). Arbeitsverhinderungen, die in die Zeit der blossen Verlängerung des Arbeitsverhältnisses fallen, bleiben dagegen ausser Betracht.
BGE 131 III 467 S. 473

2.2 Die Anwendung dieser Regeln auf den vorliegenden Fall führt zum Ergebnis, dass die Kündigungsfrist am 17. bzw. 18. August 2000 zu laufen begonnen hat und einen Monat später unbeeinflusst von der vertraglichen Vereinbarung der Parteien betreffend sechsmonatige Kündigungsfrist abgelaufen ist. Da die Kündigung auf Ende September 2000 terminiert war, endete das Arbeitsverhältnis in diesem Zeitpunkt. Das angefochtene Urteil, das zum gleichen Ergebnis gelangt ist, verletzt demnach kein Bundesrecht.