Urteilskopf

129 V 67

8. Auszug aus dem Urteil i.S. S. gegen IV-Stelle des Kantons Aargau und Versicherungsgericht des Kantons Aargau I 90/02 vom 30. Dezember 2002

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Erwägungen ab Seite 68

BGE 129 V 67 S. 68

Aus den Erwägungen:

1.1.1 Nach Art. 21 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 21 Anspruch - 1 Der Versicherte hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf.150 Kosten für Zahnprothesen, Brillen und Schuheinlagen werden nur übernommen, wenn diese Hilfsmittel eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmassnahmen bilden.
1    Der Versicherte hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf.150 Kosten für Zahnprothesen, Brillen und Schuheinlagen werden nur übernommen, wenn diese Hilfsmittel eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmassnahmen bilden.
2    Der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel.
3    Die Versicherung gibt die Hilfsmittel zu Eigentum oder leihweise in einfacher und zweckmässiger Ausführung ab. Ersetzt ein Hilfsmittel Gegenstände, die der Versicherte auch ohne Invalidität anschaffen müsste, so hat er sich an den Kosten zu beteiligen.151
4    Der Bundesrat kann vorsehen, dass der Versicherte ein leihweise abgegebenes Hilfsmittel nach Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen weiter verwenden darf.152
Satz 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er unter anderem für die Ausübung der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich bedarf. In Art. 21 Abs. 4
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 21 Anspruch - 1 Der Versicherte hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf.150 Kosten für Zahnprothesen, Brillen und Schuheinlagen werden nur übernommen, wenn diese Hilfsmittel eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmassnahmen bilden.
1    Der Versicherte hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf.150 Kosten für Zahnprothesen, Brillen und Schuheinlagen werden nur übernommen, wenn diese Hilfsmittel eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmassnahmen bilden.
2    Der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel.
3    Die Versicherung gibt die Hilfsmittel zu Eigentum oder leihweise in einfacher und zweckmässiger Ausführung ab. Ersetzt ein Hilfsmittel Gegenstände, die der Versicherte auch ohne Invalidität anschaffen müsste, so hat er sich an den Kosten zu beteiligen.151
4    Der Bundesrat kann vorsehen, dass der Versicherte ein leihweise abgegebenes Hilfsmittel nach Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen weiter verwenden darf.152
IVG wird der Bundesrat ermächtigt, nähere Vorschriften zu erlassen. Diese Befugnis zur Rechtssetzung ist in Art. 14
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 14 Liste der Hilfsmittel - 1 Die Liste der im Rahmen von Artikel 21 IVG abzugebenden Hilfsmittel bildet Gegenstand einer Verordnung des EDI73, welches auch nähere Bestimmungen erlässt über:74
1    Die Liste der im Rahmen von Artikel 21 IVG abzugebenden Hilfsmittel bildet Gegenstand einer Verordnung des EDI73, welches auch nähere Bestimmungen erlässt über:74
a  die Abgabe oder Vergütung der Hilfsmittel;
b  Beiträge an die Kosten von invaliditätsbedingten Anpassungen von Geräten und Immobilien;
c  Beiträge an die Kosten für Dienstleistungen Dritter, welche anstelle eines Hilfsmittels benötigt werden;
d  Amortisationsbeiträge an Versicherte, die ein Hilfsmittel, auf das sie Anspruch besitzen, auf eigene Kosten angeschafft haben;
e  die Darlehenssumme bei selbstamortisierenden Darlehen an Versicherte, die für die Erwerbstätigkeit in einem Landwirtschafts- oder Gewerbebetrieb Anspruch auf ein kostspieliges Hilfsmittel haben, das von der Versicherung nicht zurückgenommen oder nur schwer wieder abgegeben werden kann.
2    Das EDI kann das BSV78 ermächtigen:
a  die Härtefälle zu bestimmen, in denen die in Anwendung von Absatz 1 Buchstabe a festgesetzten Beträge überschritten werden können;
b  Vergütungslimiten der Versicherung für spezifische Hilfsmittel festzulegen;
c  eine Liste der Hilfsmittel-Modelle zu erstellen, die den Anforderungen der Versicherung entsprechen.79
IVV an das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) subdelegiert worden. Das EDI hat in Ziff. 13.05* HVI Anhang angeordnet, dass der Treppenlift als Hilfsmittel für die Tätigkeit im Aufgabenbereich notwendig sein muss (Art. 2 Abs. 2
SR 831.232.51 Verordnung des EDI vom 29. November 1976 über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI)
HVI Art. 2 Anspruch auf Hilfsmittel - 1 Im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste besteht Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind.
1    Im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste besteht Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind.
2    Anspruch auf die in dieser Liste mit (*) bezeichneten Hilfsmittel besteht nur, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die in der zutreffenden Ziffer des Anhangs ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind.7
3    Der Anspruch erstreckt sich auch auf das invaliditätsbedingt notwendige Zubehör und die invaliditätsbedingten Anpassungen.
4    Es besteht nur Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher, zweckmässiger und wirtschaftlicher Ausführung. Durch eine andere Ausführung bedingte zusätzliche Kosten hat der Versicherte selbst zu tragen. Nennt die Liste im Anhang für ein Hilfsmittel keines der Instrumente, die in Artikel 21quater IVG8 vorgesehen sind, so werden die effektiven Kosten vergütet.9
5    ...10
HVI). Des Weitern unterliegt eine Hilfsmittelversorgung den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 8
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 8 Grundsatz - 1 Invalide oder von einer Invalidität (Art. 8 ATSG79) bedrohte Versicherte haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit:
1    Invalide oder von einer Invalidität (Art. 8 ATSG79) bedrohte Versicherte haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit:
a  diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten oder zu verbessern; und
b  die Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen Massnahmen erfüllt sind.80
1bis    Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen besteht unabhängig von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor Eintritt der Invalidität. Bei der Festlegung der Massnahmen sind insbesondere zu berücksichtigen:
a  das Alter;
b  der Entwicklungsstand;
c  die Fähigkeiten der versicherten Person; und
d  die zu erwartende Dauer des Erwerbslebens.81
1ter    Bei Abbruch einer Eingliederungsmassnahme wird nach Massgabe der Absätze 1 und 1bis eine wiederholte Zusprache derselben oder einer anderen Eingliederungsmassnahme geprüft.82
2    Nach Massgabe der Artikel 13 und 21 besteht der Anspruch auf Leistungen unabhängig von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich.83
2bis    Nach Massgabe von Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe b besteht der Anspruch auf Leistungen unabhängig davon, ob die Eingliederungsmassnahmen notwendig sind oder nicht, um die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, zu erhalten oder zu verbessern.84
3    Die Eingliederungsmassnahmen bestehen in:
a  medizinischen Massnahmen;
abis  Beratung und Begleitung;
ater  Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung;
b  Massnahmen beruflicher Art;
c  ...88
d  der Abgabe von Hilfsmitteln;
e  ...89
4    ...90
IVG (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Eingliederungswirksamkeit; SVR 1999 IV Nr. 27 S. 84 Erw. 3c in fine; vgl. BGE 122 V 214 Erw. 2c). Diese unbestimmten Rechtsbegriffe hat die Verwaltung durch Weisungen konkretisiert (vgl. BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweis). Dabei ist zu beachten, dass Verwaltungsverordnungen eine - für das Gericht nicht verbindliche - Auslegungshilfe sind (BGE 127 V 61 Erw. 3a, BGE 126 V 68 Erw. 4b, 427 Erw. 5a, BGE 125 V 379 Erw. 1c, je mit Hinweisen) und als solche keine genügende Grundlage abgeben, um zusätzliche einschränkende materiellrechtliche Anspruchserfordernisse aufzustellen, die im Gesetz nicht enthalten sind (BGE 126 V 427 Erw. 5a mit Hinweis; SVR 1999 IV Nr. 15 S. 44 Erw. 3b).

1.1.2 Das Bundesamt für Sozialversicherung hat die Anspruchsvoraussetzungen für einen Treppenlift gemäss Ziff. 13.05* HVI Anhang unter anderem dahin gehend konkretisiert, dass durch das Hilfsmittel mindestens eine Leistungssteigerung um 10% ermöglicht werden muss (Ziff. 13.05.5* des Kreisschreibens über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung [KHMI], gültig ab 1. Februar 2000). Diese Ziffer verweist im Zusammenhang mit der Eingliederungswirksamkeit auf Rz 1019 KHMI, wonach kostspielige Hilfsmittel für Tätigkeiten im Aufgabenbereich nur abgegeben werden können, wenn die Arbeitsfähigkeit beachtlich gesteigert oder erhalten werden kann (in der Regel mindestens 10% gemäss Haushaltsabklärung).
BGE 129 V 67 S. 69

2.

2.1 Die Vorinstanz hat die ablehnende Verfügung der IV-Stelle geschützt, da diese aufgrund des Abklärungsberichts vom 15. Mai 2001 davon habe ausgehen können, dass der Einbau eines Treppenliftes zu einer Leistungssteigerung von 9% führe, womit die gemäss Ziff. 13.05.5* KHMI vorausgesetzte minimale Eingliederungswirksamkeit von 10% nicht erreicht sei. Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Ansicht, dass eine Steigerung von mindestens 11% - eher sogar deutlich mehr - zu erwarten sei (...)

2.2 Vorinstanz und Verwaltung haben sich für ihren Entscheid primär auf das KHMI - eine Verwaltungsweisung - abgestützt. Somit ist zunächst die Rechtmässigkeit der Voraussetzung einer minimalen Steigerung der Eingliederungswirksamkeit um 10% gemäss Ziff. 13.05.5* KHMI zu prüfen. Die in der - unter anderem speziell für Treppenlifte konzipierten - Ziff. 13.05.5* KHMI statuierte quantitative Eingliederungswirksamkeit ist infolge des darin enthaltenen Verweises im Zusammenhang mit der allgemeinen Regelung in Rz 1019 KHMI auszulegen. Sie ist nicht als absolutes Minimum zu verstehen, sondern hat vielmehr als Richtmass zur Beurteilung der Beachtlichkeit zu gelten, das Abweichungen im Einzelfall zugänglich ist. Die weisungsmässig verlangte Verbesserung um mindestens 10% ist eine für Hebebühnen, Treppenlifte sowie Beseitigung oder Abänderung von baulichen Hindernissen (Ziff. 13.05* HVI Anhang) als in der Regel kostspielige Vorkehren zulässige Konkretisierung der in Art. 8 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 8 Grundsatz - 1 Invalide oder von einer Invalidität (Art. 8 ATSG79) bedrohte Versicherte haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit:
1    Invalide oder von einer Invalidität (Art. 8 ATSG79) bedrohte Versicherte haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit:
a  diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten oder zu verbessern; und
b  die Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen Massnahmen erfüllt sind.80
1bis    Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen besteht unabhängig von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor Eintritt der Invalidität. Bei der Festlegung der Massnahmen sind insbesondere zu berücksichtigen:
a  das Alter;
b  der Entwicklungsstand;
c  die Fähigkeiten der versicherten Person; und
d  die zu erwartende Dauer des Erwerbslebens.81
1ter    Bei Abbruch einer Eingliederungsmassnahme wird nach Massgabe der Absätze 1 und 1bis eine wiederholte Zusprache derselben oder einer anderen Eingliederungsmassnahme geprüft.82
2    Nach Massgabe der Artikel 13 und 21 besteht der Anspruch auf Leistungen unabhängig von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich.83
2bis    Nach Massgabe von Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe b besteht der Anspruch auf Leistungen unabhängig davon, ob die Eingliederungsmassnahmen notwendig sind oder nicht, um die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, zu erhalten oder zu verbessern.84
3    Die Eingliederungsmassnahmen bestehen in:
a  medizinischen Massnahmen;
abis  Beratung und Begleitung;
ater  Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung;
b  Massnahmen beruflicher Art;
c  ...88
d  der Abgabe von Hilfsmitteln;
e  ...89
4    ...90
IVG für alle Massnahmen der Invalidenversicherung vorgesehenen Eingliederungswirksamkeit, die leistungsspezifisch unterschiedlich ist (vgl. MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 84).