Urteilskopf

127 III 160

27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Januar 2001 i.S. Securitas AG Schweizerische Bewachungsgesellschaft und Mitbeteiligte gegen Swiss Securicall AG (vormals Securicall AG) (Berufung)
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Sachverhalt ab Seite 160

BGE 127 III 160 S. 160

Die Securitas AG Schweizerische Bewachungsgesellschaft (Klägerin 1) wurde 1907 mit Sitz in Bern gegründet. Sie ist Inhaberin mehrerer Wortmarken sowie Wort-/Bildmarken, darunter der im Oktober 1977 hinterlegten Marke "Securitas" für Schlüsselhalter
BGE 127 III 160 S. 161

mit Fundmarken, Signale, Kontrollapparate und -geräte sowie Zeitschriften. Am 1. April 1993 liess sie die Dienstleistungsmarke "Securitas" eintragen, die bestimmt ist für Bewachungsdienste, Sicherheitsbegleitung, Hausbetreuung, Ordnungsdienste, Vermietung von Sicherheitsapparaten, Sicherheitsausbildung und -beratung, Hinterlegung und Aufbewahrung von Schlüsseln, Fundservice für Zutrittskontrollmarken, Übernahme von Aufgaben des Gemeinwesens, telefonischer Auftragsdienst, Betrieb einer Alarmzentrale und "Ausrückdienste". Die Securitas Direct AG (Klägerin 2) wurde 1992 als Tochtergesellschaft der Klägerin 1 gegründet. Zweck der Gesellschaft ist "Beratung, Vertrieb, Installation und Wartung von technischen Sicherheitssystemen, wie Einbruch-, Brandmelde-, Überwachungs- und Fernwirkanlagen usw.". Sie ist Inhaberin der am 18. Februar 1992 hinterlegten Wort-/Bildmarke "Securitas Direct", die für Waren der Klasse 9 bestimmt ist. Die ebenfalls zur Securitas-Gruppe gehörende Securiton AG (Klägerin 3) wurde 1948 gegründet. Die Gesellschaft hat folgenden Zweck: Entwicklung, Herstellung, Verkauf, Vermietung oder Unterhalt von Produkten und Systemen der Sicherheitstechnik sowie Erbringung damit verbundener Dienstleistungen. Sie ist seit 40 Jahren auf die Entwicklung und Herstellung von Alarm- und Sicherheitssystemen spezialisiert. Die Klägerin 3 ist Inhaberin zweier 1977 hinterlegter Wort-/Bildmarken "Securiton" für wissenschaftliche Geräte der internationalen Klasse 9. Ferner hat sie 1993 eine Wort-/Bildmarke "Securiton" für Waren und/oder Dienstleistungen für Wertschutzanlagen, Personenschutzanlagen, Zutrittskontrollanlagen, elektronische Fahndungshilfsmittel, elektronische Übermittlungsanlagen und dazugehörende Ausrüstungen, Brandmeldeanlagen, Informations- und Leitsysteme eintragen lassen. Sie ist zudem Inhaberin folgender Marken: "Securitel" seit 1985 für Alarmsysteme, "Securipro" seit 1995 für Überfallmeldesysteme, "Securistar" seit 1995 für Brandmeldesysteme, "Securilan", "Securiline" und "Securilink" sowie "Securiloop" seit 1990 bzw. 1986 und 1970 für elektronische Übermittlungsanlagen und dazugehörende Ausrüstungen (internationale Klasse 9) und schliesslich "Securiras" sowie "Securisens" seit 1997 für Rauchansaugsysteme und Spezialdetektoren. Zur Securitas-Gruppe gehört schliesslich auch die 1988 gegründete Securisoft AG (Klägerin 4). Sie hat folgenden Zweck: Entwicklung, Herstellung, Vertrieb und Unterhalt von Software für
BGE 127 III 160 S. 162

Informations- und Leitsysteme auf dem Gebiete der Sicherheits- und Gefahrenmeldetechnik, Planung, Engineering, Vertrieb, Anpassung und Unterhalt von Informations- und Leitsystemen. Die Securicall AG (Beklagte) wurde am 18. Oktober 1996 mit Sitz in Wangen-Brüttisellen (Kanton Zürich) ins Handelsregister eingetragen. Der Zweck der Gesellschaft wird wie folgt umschrieben: "Entgegennahme von Alarmen und Meldungen sowie Veranlassen der entsprechenden Interventionen; [die Gesellschaft] kann sich an anderen Unternehmen beteiligen sowie Grundeigentum erwerben, verwalten und veräussern". Die Beklagte hat am 24. Januar 1997 vier Marken hinterlegt, welche für die internationalen Klassen 9 (Datenverarbeitungsgeräte), 38 (Telekommunikation, Alarmübertragung und Empfang) und 42 (Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, technische Beratung, Be- und Überwachung von Personen, Gebäuden und Wertobjekten, einschliesslich Netz- und Anschlussüberwachung, Alarmbearbeitung, Pikettdienstleistungen) bestimmt sind. Es handelt sich um die Wortmarken "Securibasic", "Securidata", "Securitop" und "Securiisdn". Die Klägerin 1, die von der bevorstehenden Gründung der Beklagten wusste, hatte am 27. September 1996 die für die Klassen 9, 38 und 42 bestimmte Marke "Securicall" hinterlegt. Mit Klage vom 10. April 1997 stellten die Klägerinnen beim Handelsgericht des Kantons Zürich die Anträge, der Beklagten zu verbieten, die Bezeichnung SECURICALL im geschäftlichen Verkehr einschliesslich Korrespondenz und Werbung zur Kennzeichnung von Dienstleistungen im Alarmwesen aller Art zu verwenden, und der Beklagten zu befehlen, innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft ihren Firmennamen derart abzuändern, dass darin der Bestandteil "Securicall" nicht mehr aufscheint. An der Hauptverhandlung vom 10. März 1998 stellten die Klägerinnen folgendes zusätzliches Rechtsbegehren: "Der Beklagten sei ebenso zu verbieten, die Bezeichnungen SECURI-BASIC, SECURIDATA, SECURITOP und SECURIISDN zur Kennzeichnung von Alarmanlagen, Alarmempfangs- und Übertragungsanlagen sowie von Dienstleistungen im Alarmwesen aller Art zu verwenden, unter der Androhung der Überweisung ihrer Organe an den Strafrichter zur Bestrafung mit Haft oder Busse wegen Ungehorsams i.S.v. Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
StGB im Falle der Zuwiderhandlung." Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage mit den Begehren, die Klägerin 1 zum Rückzug ihrer Markenanmeldung 7069/1996 "Securicall" zu verpflichten (Widerklagebegehren
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Ziffer 1), eventuell diese Marke für nichtig zu erklären und die Widerklägerin gemäss Art. 35 Abs. 2
SR 232.111 Verordnung vom 23. Dezember 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (MSchV)
MSchV Art. 35 - Die vollständige oder teilweise Löschung der Markeneintragung ist gebührenfrei. Nicht gebührenfrei ist die Löschung wegen Nichtgebrauchs einer Marke.
MSchV als berechtigt zu erklären, deren Löschung zu beantragen (Widerklagebegehren Ziffer 2), und den Klägerinnen zu verbieten, das Zeichen "Securicall" im geschäftlichen Verkehr einschliesslich Korrespondenz und Werbung zur Kennzeichnung von Dienstleistungen im Alarmwesen aller Art zu verwenden (Widerklagebegehren Ziffer 3); alles unter Androhung der Bestrafung wegen Ungehorsams im Sinne von Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
StGB im Widerhandlungsfall. Mit Urteil vom 15. Februar 1999 wies das Handelsgericht die Klage ab und erklärte in teilweiser Gutheissung des Widerklagebegehrens Ziffer 2 die von der Klägerin 1 hinterlegte Marke 444 676 "SECURICALL" für nichtig. Auf kantonale Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerinnen hinstrich das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 21. August 2000 einen Satz aus der Urteilsbegründung des Handelsgerichts und wies im Übrigen die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat. Die Klägerinnen haben Berufung eingereicht mit den Anträgen, das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben, die Klage gutzuheissen und die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Sie hat am 22. Juni 1999 ihre Firma in "Swiss Securicall AG" geändert und ihren Sitz nach Zürich verlegt. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Die Vorinstanz hat die Hinterlegung der Marke "Securicall" als rechtsmissbräuchlich erachtet und sie deshalb in teilweiser Gutheissung der Widerklage für nichtig erklärt. Mit der Berufung wird gerügt, die Vorinstanz habe die Marke zu Unrecht als unzulässige Defensivmarke qualifiziert und deshalb mit deren Nichtigerklärung die Bestimmungen des Markenschutzgesetzes verletzt. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Markenschutzgesetz wurde einer eingetragenen Marke der Schutz versagt, wenn sie nicht wirklich zum Gebrauch bestimmt war und deren Inhaber nicht ernsthaft beabsichtigte, den Gebrauch innert der Karenzfrist aufzunehmen. Dies wurde hauptsächlich damit begründet, dass der Gebrauchszwang keine systemwidrigen Ausnahmen für Defensivmarken oder blosse Vorratszeichen zulasse (BGE 57 II 603 E. 12; BGE 62 II 60 E. 2 S. 62; BGE 98 Ib 180 E. 3 S. 185).
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Das geltende Markenschutzgesetz vom 28. August 1992 (MSchG; SR 232.11) hat die Bedeutung des Gebrauchs der Marke abgeschwächt. Statt der altrechtlichen Gebrauchspriorität gilt nun die Hinterlegungspriorität (Art. 6
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 6 Hinterlegungspriorität - Das Markenrecht steht demjenigen zu, der die Marke zuerst hinterlegt.
MSchG; vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 21. November 1990, BBl 1991 I 23). Zudem ist die Frist, innerhalb welcher die Marke gebraucht werden muss (Karenzfrist), von drei auf fünf Jahre verlängert worden (Art. 12 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 12 Folgen des Nichtgebrauchs
1    Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen.
2    Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, sofern vor dem Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauchs niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Absatz 1 geltend gemacht hat.
3    Wer den Nichtgebrauch der Marke geltend macht, hat ihn glaubhaft zu machen; der Beweis des Gebrauchs obliegt sodann dem Markeninhaber.
MSchG gegenüber Art. 9
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 9 Prioritätserklärung
1    Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9
2    Der Anspruch ist verwirkt, wenn die in der Verordnung festgelegten Fristen und Formerfordernisse nicht beachtet werden.
3    Die Eintragung einer Priorität begründet lediglich eine Vermutung zugunsten des Markeninhabers.
aMSchG), wobei der Nichtgebrauch während dieser Zeit nicht in jedem Fall den Verlust des Markenrechts zur Folge hat (Art. 12 Abs. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 12 Folgen des Nichtgebrauchs
1    Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen.
2    Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, sofern vor dem Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauchs niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Absatz 1 geltend gemacht hat.
3    Wer den Nichtgebrauch der Marke geltend macht, hat ihn glaubhaft zu machen; der Beweis des Gebrauchs obliegt sodann dem Markeninhaber.
MSchG; vgl. Botschaft, BBl 1991 I 25 f.; DESSEMONTET, Droit à la marque, in: AJP 1993 S. 523). Am Grundsatz des Gebrauchszwangs hat sich jedoch nichts geändert, denn die Gültigkeit der Marke erlischt auch neurechtlich in der Regel (Art. 12 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 12 Folgen des Nichtgebrauchs
1    Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen.
2    Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, sofern vor dem Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauchs niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Absatz 1 geltend gemacht hat.
3    Wer den Nichtgebrauch der Marke geltend macht, hat ihn glaubhaft zu machen; der Beweis des Gebrauchs obliegt sodann dem Markeninhaber.
MSchG) nach einem fünfjährigen ununterbrochenen Nichtgebrauch. Dazu kommt, dass die Verkürzung der Gültigkeitsdauer von zwanzig auf zehn Jahre (Art. 10 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 10 Gültigkeitsdauer und Verlängerung der Eintragung
1    Die Eintragung ist während zehn Jahren vom Hinterlegungsdatum an gültig.
2    Die Eintragung wird jeweils um zehn Jahre verlängert, wenn ein Verlängerungsantrag vorliegt und die in der Verordnung dafür vorgesehenen Gebühren bezahlt sind.10
3    Der Verlängerungsantrag muss innerhalb der letzten zwölf Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer, spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Ablauf beim IGE eingereicht werden.11
4    ...12
MSchG) mit dem Anliegen begründet worden ist, einer Überfüllung des Registers mit eingetragenen, aber nicht oder nicht mehr gebrauchten Marken entgegenzutreten (Botschaft, BBl 1991 I 24). Die Vorinstanz hat daher zutreffend erkannt, dass auch nach neuem Recht für registrierte Marken kein Schutz beansprucht werden kann, wenn diese nicht zum Zweck des Gebrauchs hinterlegt worden sind, sondern die Eintragung entsprechender Zeichen durch Dritte verhindern oder den Schutzumfang tatsächlich gebrauchter Marken vergrössern sollen. Defensivmarken sind auch nach geltendem Recht als nichtig zu betrachten. Daran ändert nichts, dass der Beweis für die fehlende Gebrauchsabsicht unter Umständen schwierig zu erbringen ist (vgl. zum Ganzen DAVID, Basler Kommentar, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., N. 4 zu Art. 12
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 12 Folgen des Nichtgebrauchs
1    Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen.
2    Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, sofern vor dem Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauchs niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Absatz 1 geltend gemacht hat.
3    Wer den Nichtgebrauch der Marke geltend macht, hat ihn glaubhaft zu machen; der Beweis des Gebrauchs obliegt sodann dem Markeninhaber.
MSchG; MARBACH, SIWR, Bd. III, Kennzeichenrecht, S. 145 und 176). b) Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat die Klägerin 1 die Marke "Securicall" zum Schutz ihrer im Verkehr eingeführten Zeichen hinterlegt, nachdem sie von der bevorstehenden Gründung der Beklagten erfahren hatte und eine Verwechslung mit ihren Serienzeichen befürchtete. Die Vorinstanz hat aus der zeitlichen Nähe zwischen der Gründung der Beklagten und der Hinterlegung der Marke durch die Klägerin 1 auf den defensiven Charakter der Markeneintragung geschlossen. Sie hat damit in Würdigung der Beweislage die Absicht der Klägerin 1 verneint, die Marke "Securicall" tatsächlich als Zeichen für Waren oder Dienstleistungen der benannten Klassen zu gebrauchen. An diese tatsächliche Feststellung
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ist das Bundesgericht gebunden (Art. 63 Abs. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 12 Folgen des Nichtgebrauchs
1    Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen.
2    Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, sofern vor dem Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauchs niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Absatz 1 geltend gemacht hat.
3    Wer den Nichtgebrauch der Marke geltend macht, hat ihn glaubhaft zu machen; der Beweis des Gebrauchs obliegt sodann dem Markeninhaber.
OG). Soweit mit der Berufung gerügt wird, die Vorinstanz habe den Sachverhalt falsch gewürdigt, wenn sie davon ausgehe, dass die Marke "Securicall" lediglich in der Absicht hinterlegt worden sei, den Schutzbereich der schon vorher eingetragenen Marken der Klägerin 1 zu erweitern, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die Feststellungen der Vorinstanz. Die Vorbringen der Klägerinnen sind deshalb unbeachtlich. Wie bereits festgehalten worden ist, hat die Vorinstanz im Übrigen zu Recht erkannt, dass eine Defensivmarke wie "Securicall" auch nach neuem Markenrecht keinen Schutz beanspruchen kann und für nichtig erklärt werden muss. Die Berufung erweist sich damit als unbegründet, soweit sie gegen die Nichtigerklärung der Marke "Securicall" und die teilweise Gutheissung des Widerklagebegehrens 2 durch die Vorinstanz gerichtet ist. Das hat zur Folge, dass bei der nachfolgenden Beurteilung der Rechtsbegehren der Klägerinnen der Umstand ausser Betracht zu bleiben hat, dass die Klägerin 1 die Marke "Securicall" hat hinterlegen und eintragen lassen.
2. Die Klägerinnen verlangen unter Berufung auf ihre prioritären Firmen und Marken, es sei der Beklagten der Gebrauch ihrer Firma "Securicall AG" sowie der Marken "Securibasic", "Securidata", "Securitop" und "Securiisdn" zu verbieten, weil eine Verwechslungsgefahr bestehe. Prioritär sind nach den Erwägungen der Vorinstanz die Firmen der vier Klägerinnen und deren Marken "Securitas", "Securitas Direct", "Securiton", "Securitel", "Securipro", "Securistar", "Securilan" und "Securiline". Die bessere Berechtigung der Klägerinnen aufgrund der zeitlichen Priorität wird von der Beklagten grundsätzlich nicht bestritten. Zu beachten ist allerdings der unterschiedliche Schutzumfang, den das Firmenrecht einerseits und das Markenrecht anderseits verleiht. So geniesst die Firma branchenübergreifenden Schutz (BGE 100 II 224 E. 2), aber nur gegenüber dem firmenmässigen Gebrauch (BGE 107 II 356 E. 3), während die Marke - mit Ausnahme der berühmten Marke - nur für die eingetragenen Warenklassen oder Dienstleistungen geschützt ist (Art. 13 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 13 Ausschliessliches Recht
1    Das Markenrecht verleiht dem Inhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen und darüber zu verfügen.
2    Der Markeninhaber kann anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das nach Artikel 3 Absatz 1 vom Markenschutz ausgeschlossen ist, so insbesondere:
a  das Zeichen auf Waren oder deren Verpackung anzubringen;
b  unter dem Zeichen Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu lagern;
c  unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;
d  unter dem Zeichen Waren ein-, aus- oder durchzuführen;13
e  das Zeichen auf Geschäftspapieren, in der Werbung oder sonst wie im geschäftlichen Verkehr zu gebrauchen.
2bis    Die Ansprüche nach Absatz 2 Buchstabe d stehen dem Markeninhaber auch dann zu, wenn die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von gewerblich hergestellten Waren zu privaten Zwecken erfolgt.14
3    Die Ansprüche nach diesem Artikel stehen dem Markeninhaber auch gegenüber Nutzungsberechtigten nach Artikel 4 zu.15
und 15
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MSchG Art. 15 Berühmte Marke
1    Der Inhaber einer berühmten Marke kann anderen deren Gebrauch für jede Art von Waren oder Dienstleistungen verbieten, wenn ein solcher Gebrauch die Unterscheidungskraft der Marke gefährdet oder deren Ruf ausnützt oder beeinträchtigt.
2    Rechte, die erworben wurden, bevor die Marke Berühmtheit erlangt hat, bleiben unberührt.
MSchG).
a) Der Begriff der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts für das gesamte Kennzeichenrecht einheitlich zu umschreiben (BGE 126 III 239 E. 3a mit Hinweisen). Die Gefahr der Verwechslung bedeutet, dass ein Kennzeichen im Schutzbereich, den ihm das Firmen-, Namens-, Marken- oder Wettbewerbsrecht verleiht, durch gleiche oder ähnliche Zeichen in seiner
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Funktion der Individualisierung bestimmter Personen oder Gegenstände gefährdet wird. Dabei können schlechter berechtigte, gleiche oder ähnliche Zeichen Fehlzurechnungen derart verursachen, dass die Adressaten die mit ihnen gekennzeichneten Personen oder Gegenstände für jene halten, die mit den besser berechtigten Zeichen individualisiert werden (unmittelbare Verwechslungsgefahr), oder die schlechter berechtigten Zeichen können eine mittelbare Verwechslungsgefahr schaffen, indem die Adressaten zwar die Unterschiede der Zeichen wahrnehmen, aber aufgrund der Ähnlichkeit falsche Zusammenhänge vermuten (BGE 118 II 322 E. 1 S. 323 f.; BGE 116 II 463 E. 2d/bb S. 468; MARBACH, a.a.O., S. 112; DAVID, a.a.O., N. 6 zu Art. 3
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 3 Relative Ausschlussgründe
1    Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
a  mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese;
b  mit einer älteren Marke identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt;
c  einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
2    Als ältere Marken gelten:
a  hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach diesem Gesetz (Art. 6-8) geniessen;
b  Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Absatz 1 fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 18834 zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Verbandsübereinkunft) in der Schweiz notorisch bekannt sind.
3    Auf die Ausschlussgründe nach diesem Artikel kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen.
MSchG; HILTI, SIWR, Bd. III, Kennzeichenrecht, S. 308). Die Zeichenverwechselbarkeit - das heisst die Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen hinsichtlich Wortlaut, Form oder Bild - ist als Voraussetzung für die Verwechslungsgefahr stets erforderlich, aber nicht ausreichend. Denn massgebend ist, ob aufgrund der Ähnlichkeit Fehlzurechnungen zu befürchten sind, welche die besser berechtigten Zeichen in ihrer Individualisierungsfunktion gefährden. Dabei hängt die Gefahr von Fehlzurechnungen von den Umständen ab, unter denen die Adressaten die Zeichen wahrnehmen, und von der Art, wie sie die Zeichen verstehen und in der Erinnerung behalten.
b) Die Klägerinnen befürchten, dass das Unternehmen der Beklagten aufgrund der gewählten Firma vom Publikum als mit ihnen wirtschaftlich verbunden aufgefasst wird und die mit den Marken der Beklagten versehenen Waren und Dienstleistungen ihnen zugeschrieben werden. Sie weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ihre Firmen sowie acht ihrer Marken den Bestandteil "Securi" am Zeichenanfang aufweisen, und machen geltend, die Verwendung dieser Serienzeichen führe dazu, dass jedes andere Zeichen mit dem Bestandteil "Securi" ihrer Unternehmensgruppe zugerechnet werde. aa) Gemäss Art. 2 lit. a
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
MSchG sind Zeichen, die Gemeingut sind, vom Markenschutz ausgeschlossen, sofern sie sich nicht im Verkehr als Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben. Als Gemeingut gelten nach ständiger Praxis Hinweise auf Eigenschaften, die Beschaffenheit, die Zusammensetzung, die Zweckbestimmung oder die Wirkung der Ware oder Dienstleistung, welche die Marke kennzeichnet. Dass die Marke Gedankenassoziationen weckt oder Anspielungen enthält, die nur entfernt auf die Ware oder Dienstleistung hindeuten, reicht freilich nicht aus, sie zur Beschaffenheitsangabe werden zu lassen. Der gedankliche Zusammenhang
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mit der Ware oder Dienstleistung muss vielmehr derart sein, dass der beschreibende Charakter der Marke ohne besonderen Aufwand an Fantasie zu erkennen ist (BGE 116 II 609 E. 1; BGE 114 II 371 E. 1 S. 373). Dabei genügt, dass das Zeichen in einem einzigen Sprachgebiet der Schweiz als beschreibend verstanden wird (BGE 56 II 222 E. 2 S. 232).
bb) Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, ist der Markenbestandteil "Securi" für Waren und Dienstleistungen von Unternehmen der Sicherheitsbranche beschreibend, weil er in diesem Zusammenhang ohne weiteres mit den französischen oder englischen Wörtern für Sicherheit ("sécurité" und "security") in Verbindung gebracht wird. Daran ändert nichts, dass es sich um Serienmarken handelt, denn auch für solche Marken gilt der Grundsatz, dass gemeinfreie Bestandteile dem Gemeingebrauch freizuhalten sind (ALOIS TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. I, 3. Aufl., S. 242). Markenschutz könnte das Element "Securi" in den Serienmarken der Klägerinnen somit nur durch Verkehrsdurchsetzung erhalten haben. Dem steht indessen die für das Bundesgericht verbindliche Feststellung der Vorinstanz entgegen, wonach sich zwar der Firmen- oder Markenbestandteil "Securitas", nicht jedoch der Bestandteil "Securi" im Verkehr durchgesetzt hat. Dabei geht die Vorinstanz zutreffend davon aus, dass das Wort "Securitas" von den Adressaten nicht gedanklich in die Teile "Securi" und "tas" aufgespalten wird. Der Begriff wird als Einheit verstanden, und zwar unabhängig davon, ob ihn die Adressaten als das lateinische Wort mit der Bedeutung "Sicherheit" verstehen oder nicht. Die Vorinstanz hat deshalb zu Recht abgelehnt, aus der Verkehrsdurchsetzung des Bestandteils "Securitas" auf eine entsprechende Verkehrsdurchsetzung des Elements "Securi" zu schliessen. cc) Daraus darf allerdings nicht gefolgert werden, dass das Element "Securi" ohne Rücksicht auf die übrigen Bestandteile des jeweiligen Zeichens in jedem Fall für andere Unternehmen der Sicherheitsbranche frei verwendbar bleiben muss. Denn auch Zeichen, die einen gemeinfreien Bestandteil aufweisen, können sowohl nach Firmen- wie nach Markenrecht schützbar sein (BGE 122 III 369 E. 1 S. 371, 382 E. 2a S. 385). Zudem sind an sich gemeinfreie Bestandteile markenrechtlich geschützt, wenn sie sich im Verkehr durchgesetzt haben.
Im Firmenrecht gilt der Grundsatz, dass sich die Firma einer Aktiengesellschaft von jeder in der Schweiz bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheiden muss, ansonsten der Inhaber der
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älteren Firma wegen Verwechslungsgefahr auf Unterlassung des Gebrauchs der jüngeren Firma klagen kann (Art. 951 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 951 - Die Firma einer Handelsgesellschaft oder einer Genossenschaft muss sich von allen in der Schweiz bereits eingetragenen Firmen von Handelsgesellschaften und Genossenschaften deutlich unterscheiden.
und 956 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 956 - 1 Die im Handelsregister eingetragene und im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlichte Firma eines einzelnen Geschäftsinhabers oder einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft steht dem Berechtigten zu ausschliesslichem Gebrauche zu.
1    Die im Handelsregister eingetragene und im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlichte Firma eines einzelnen Geschäftsinhabers oder einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft steht dem Berechtigten zu ausschliesslichem Gebrauche zu.
2    Wer durch den unbefugten Gebrauch einer Firma beeinträchtigt wird, kann auf Unterlassung der weitern Führung der Firma und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.
OR). Ob zwei Firmen sich hinreichend deutlich unterscheiden, ist aufgrund des Gesamteindrucks zu prüfen, den sie beim Publikum hinterlassen. Die Firmen müssen nicht nur bei gleichzeitigem, aufmerksamem Vergleich unterscheidbar sein, sondern auch in der Erinnerung auseinander gehalten werden können. Im Gedächtnis bleiben namentlich Firmenbestandteile haften, die durch ihren Klang oder Sinn hervorstechen; solchen Bestandteilen kommt daher für die Beurteilung des Gesamteindrucks einer Firma erhöhte Bedeutung zu. Bei gemeinfreien Bestandteilen ist jedoch zu beachten, dass diese als kennzeichnungsschwach gelten (BGE 122 III 369 E. 1 mit Hinweisen). Anders verhält es sich dagegen für an sich gemeinfreie Elemente, die sich im Verkehr durchgesetzt haben und damit kennzeichnungsstark geworden sind.
Im Markenrecht wird ebenfalls auf den Gesamteindruck abgestellt, wie er in der Erinnerung der Adressaten haften bleibt. Der Gesamteindruck wird bei Wortmarken durch den Klang, das Schriftbild und den Sinngehalt bestimmt (BGE 121 III 377 E. 2b S. 379). Den Klang prägen das Silbenmass, die Aussprachekadenz und die Aufeinanderfolge der Vokale, während das Schriftbild vor allem durch die Wortlänge und die Eigenheiten der verwendeten Buchstaben gekennzeichnet wird (BGE 119 II 473 E. 2c S. 475 f.). Schliesslich ist zu beachten, dass der Wortanfang bzw. Wortstamm und die Endung in der Regel grössere Beachtung finden als dazwischen geschobene, unbetonte weitere Silben (BGE 122 III 382 E. 5a S. 388). Diese Regeln kommen entsprechend auch im Firmenrecht bei der Prüfung der hinreichenden Unterscheidbarkeit zweier Firmen zur Anwendung.
c) Die Firmen der Klägerinnen 1 und 2 werden geprägt vom durchgesetzten Bestandteil "Securitas", während die Angabe der Gesellschaftsform ("AG") von ebenso schwacher Wirkung ist wie die als Beschreibung des Tätigkeitsbereiches erscheinenden Elemente "Direct" bzw. "Schweizerische Bewachungsgesellschaft". Die Firma der Beklagten besteht neben der kennzeichnungsschwachen Angabe der Gesellschaftsform am Ende ("AG"; das seit dem 22. Juni 1999 vorangestellte "Swiss" ist in diesem Verfahren unbeachtlich) aus dem im Gedächtnis des Publikums haften bleibenden Bestandteil "Securicall". Werden die jeweils charakteristischen Bestandteile der Firmen ("Securitas" und "Securicall") miteinander verglichen, ergibt sich eine unbestreitbare Zeichenähnlichkeit. Beim viersilbigen
BGE 127 III 160 S. 169

Wort "Se-cu-ri-tas" prägt sich zunächst keine der Silben besonders im Gedächtnis ein. Der Gesamteindruck wird vielmehr durch die vier je gleichmässigen Silben bestimmt, deren erste drei aus zwei und deren vierte aus drei Buchstaben bestehen, wobei in der deutschen Aussprache die zweite betont wird; als prägend erscheint sodann allenfalls die Folge der Vokale: e-u-i-a. Der prägende Bestandteil der Firma der Beklagten ist in den drei ersten Silben identisch mit jenem der Firmen der Klägerinnen 1 und 2. Die vierte und letzte Silbe unterscheidet sich zwar durch die Anzahl der Buchstaben. Zudem kann der Buchstabe "a" von "call" bei englischer Aussprache als "o" verstanden werden, was zur abweichenden Vokalfolge e-u-i-o führt. Diese Unterschiede in der vierten Silbe reichen jedoch entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht aus, um eine Verwechslung der Firmen in der Erinnerung des Publikums generell auszuschliessen. Die Unterschiede der Firmen, welche trotz bestehender Zeichenähnlichkeit vom Publikum wahrgenommen werden, vermögen zwar allenfalls eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verhindern. Die Zeichenähnlichkeit in Verbindung mit dem Umstand, dass sich der Zeichenbestandteil "Securitas" in der ganzen Schweiz im Verkehr durchgesetzt hat, führt dagegen dazu, dass das Publikum eine Gesellschaft mit der Firma der Beklagten als zur Securitas-Gruppe gehörend vermutet, womit eine mittelbare Verwechslungsgefahr besteht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die betroffenen Aktiengesellschaften nach ihrem statutarischen Zweck in der gleichen Branche tätig sind, womit grundsätzlich strengere Anforderungen an die Unterscheidbarkeit der Firmen zu stellen sind (BGE 97 II 234 E. 1 S. 235). Die Vorinstanz hat demnach die Verwechslungsgefahr zwischen den Firmen der Klägerinnen 1 und 2 und der Firma der Beklagten zu Unrecht verneint.
d) Die Klägerinnen beantragen sodann, der Beklagten zu verbieten, die Bezeichnungen "SECURICALL", "SECURIBASIC", "SECURIDATA", "SECURITOP" und "SECURIISDN" zur Kennzeichnung von Alarmanlagen, Alarmempfangs- und Übertragungsanlagen sowie von Dienstleistungen aller Art im Alarmwesen zu verwenden. aa) Sämtliche Marken der Beklagten wie auch die Bezeichnung "Securicall" sind aus je zwei beschreibenden Bestandteilen zusammengesetzt. Wie bereits festgehalten worden ist (vorn E. 2b/bb), wird das Element "Securi" im gegebenen Zusammenhang mit den Begriffen "sécurité" oder "security" in Verbindung gebracht. Zudem ist
BGE 127 III 160 S. 170

davon auszugehen, dass die Bedeutung der englischen Wörter "call", "basic", "top" und "data" sowie die Abkürzung "isdn" (für integrated services digital network) dem einschlägigen schweizerischen Publikum bekannt sind. Die Verbindung dieser gemeinfreien Elemente ist bei keiner der Marken derart originell, dass sie deswegen als schutzfähig betrachtet werden könnten. Da im Übrigen nicht behauptet wird, sie hätten sich im Verkehr als Marken durchgesetzt, können sie gemäss Art. 2 lit. a
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 2 Absolute Ausschlussgründe - Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:
a  Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;
b  Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;
c  irreführende Zeichen;
d  Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.
MSchG keinen Markenschutz beanspruchen. Entsprechendes gilt freilich auch für die Serienmarken der Klägerinnen ("Securistar", "Securipro", "Securiline", "Securiton", und "Securitel"), deren Bestandteil "securi" sich nach dem angefochtenen Urteil ebenfalls nicht im Verkehr durchgesetzt hat. Die Klägerinnen können sich daher nicht auf diese Marken berufen, um der Beklagten den Gebrauch ihrer Zeichen verbieten zu lassen. Zu prüfen bleibt damit, ob ihnen das gestützt auf die durchgesetzte Marke "Securitas" möglich ist. bb) Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist zwar davon auszugehen, dass die durchgesetzte Marke "Securitas" von den Adressaten nicht gedanklich in die Teile "Securi" und "tas" aufgespalten, sondern als Einheit verstanden wird (vgl. vorn E. 2b/bb). Das heisst indessen nicht, dass den drei ersten Silben in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zukommt. Da das Wort "Securitas" - jedenfalls nach deutscher und französischer Aussprache - auf der ersten oder zweiten Silbe betont wird und die ersten drei Silben drei Viertel des Wortes ausmachen, erscheinen schon vom Aufbau her solche viersilbigen Wortzeichen als ähnlich, die in den drei ersten Silben damit übereinstimmen und ebenfalls auf der ersten oder zweiten Silbe betont werden. So verhält es sich mit "Securicall" und "Securitop", wogegen die fünfsilbigen "Securibasic", "Securidata" und "Securiisdn" unter diesem Gesichtspunkt nurmehr eine entfernte Ähnlichkeit mit "Securitas" aufweisen. Da die Endung in jedem der Zeichen der Beklagten aus einem kurzen, in seinem Sinngehalt sofort verständlichen Begriff besteht, stellt sich indessen die Frage, ob die Adressaten solche Gegenstände oder Dienstleistungen, welche mit den Zeichen der Beklagten versehen sind, nicht wegen des identischen dreisilbigen Wortanfangs der Securitas-Gruppe zuordnen. Eine derartige mittelbare Verwechslungsgefahr ist aus den folgenden Gründen zu bejahen. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass sich die Marke "Securitas" für Sicherheits- und Bewachungsdienste nicht nur im Verkehr durchgesetzt hat, sondern dass sie in der ganzen Schweiz über einen grossen Bekanntheitsgrad verfügt. In diesem
BGE 127 III 160 S. 171

Zusammenhang ist den Klägerinnen beizustimmen, wenn sie vorbringen, dass ein Zeichen mit dem Wortanfang "Securi" im Bereich von Sicherheits- und Bewachungsangeboten vom grössten Teil der schweizerischen Bevölkerung als Hinweis auf die Leistungen ihrer Gruppe verstanden wird. Obschon der Bestandteil "Securi" nicht als solcher zur Kennzeichnung der Klägerinnen oder ihrer Produkte durchgesetzt ist, ordnet das schweizerische Publikum doch Leistungen im Bereich der Sicherheit der Securitas-Gruppe zu, wenn diese mit Zeichen versehen sind, welche in den drei ersten Silben mit "Securitas" übereinstimmen und deren Wortende aus einem kurzen, leicht verständlichen Begriff besteht. Diese Erwägungen führen zum Ergebnis, dass die Vorinstanz die Verwechselbarkeit der von der Beklagten eingetragenen Marken mit der durchgesetzten Marke "Securitas" zu Unrecht verneint hat.