Urteilskopf

124 III 41

8. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 10. Dezember 1997 i.S. P. S. (Beschwerde)
Regeste (de):

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 41

BGE 124 III 41 S. 41

Am 9. Juli 1997 stellte das Betreibungsamt Basel-Stadt dem Schuldner P. S. einen Zahlungsbefehl für die ordentliche Betreibung auf Pfändung oder Konkurs zu. Es wurden damit rückständige Mietzinse der Monate Mai und Juni 1997 für Ladenlokalitäten geltend gemacht. P. S., über den am 24. Februar 1997 zufolge Insolvenzerklärung der Konkurs eröffnet worden ist, beschwerte sich über die Zustellung des Zahlungsbefehls bei der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt. Er verlangte die Aufhebung der erwähnten Betreibung mit der Begründung, dass die Forderung vor Konkurseröffnung entstanden sei und dass deshalb während des noch laufenden Konkursverfahrens nicht Betreibung dafür eingeleitet werden könne. Während die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde abwies, hiess die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts sie gut und erklärte den Zahlungsbefehl als aufgehoben.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden (Art. 206 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 206 - 1 Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
1    Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
2    Betreibungen für Forderungen, die nach der Konkurseröffnung entstanden sind, werden während des Konkursverfahrens durch Pfändung oder Pfandverwertung fortgesetzt.
3    Während des Konkursverfahrens kann der Schuldner keine weitere Konkurseröffnung wegen Zahlungsunfähigkeit beantragen (Art. 191).
SchKG). Betreibungen für
BGE 124 III 41 S. 42

Forderungen, die nach der Konkurseröffnung entstanden sind, werden während des Konkursverfahrens durch Pfändung oder Pfandverwertung fortgesetzt (Art. 206 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 206 - 1 Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
1    Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
2    Betreibungen für Forderungen, die nach der Konkurseröffnung entstanden sind, werden während des Konkursverfahrens durch Pfändung oder Pfandverwertung fortgesetzt.
3    Während des Konkursverfahrens kann der Schuldner keine weitere Konkurseröffnung wegen Zahlungsunfähigkeit beantragen (Art. 191).
SchKG). a) Als vor Konkurseröffnung entstandene Mietzinsforderungen haben die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits verfallenen Mietzinse, mit denen der Mieter im Rückstand ist, zu gelten. Sie werden zu Konkursforderungen (HIGI, Zürcher Kommentar, N. 25 zu Art. 266h
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 266h - 1 Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
1    Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
2    Erhält der Vermieter innert dieser Frist keine Sicherheit, so kann er fristlos kündigen.
OR; SVIT-Kommentar, N. 22 zu Art. 266h
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 266h - 1 Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
1    Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
2    Erhält der Vermieter innert dieser Frist keine Sicherheit, so kann er fristlos kündigen.
OR). b) Als nach Konkurseröffnung entstandene Mietzinsforderungen haben demgegenüber die künftigen Mietzinsforderungen zu gelten, das heisst jene, die aus der Fortführung des Mietverhältnisses mit dem Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung geschuldet werden. Sie richten sich, wenn der konkursite Mieter eine natürliche Person ist, grundsätzlich gegen diesen persönlich. Nur bei der Miete von Geschäftsräumen können künftige Mietzinse auch als Konkursforderung eingegeben werden, und zwar - entsprechend dem Umfang des Retentionsrechts gemäss Art. 268 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 268 - 1 Der Vermieter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.
1    Der Vermieter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.
2    Das Retentionsrecht des Vermieters umfasst die vom Untermieter eingebrachten Gegenstände insoweit, als dieser seinen Mietzins nicht bezahlt hat.
3    Ausgeschlossen ist das Retentionsrecht an Sachen, die durch die Gläubiger des Mieters nicht gepfändet werden könnten.
OR - bis zur Beendigung des Mietverhältnisses, aber längstens für die Dauer von sechs Monaten ab der Konkurseröffnung (LORANDI, Dauerschuldverhältnisse [Miet- und Arbeitsverträge] im Konkurs, in: Ausgewählte Fragen des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Tagung vom 3. Oktober 1997 des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse, S. 6 und 9). HIGI (Zürcher Kommentar, N. 37f. zu Art. 266h
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 266h - 1 Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
1    Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
2    Erhält der Vermieter innert dieser Frist keine Sicherheit, so kann er fristlos kündigen.
OR) grenzt anders ab, indem er generell dafürhält, dass nach der Konkurseröffnung entstehende Mietzinsforderungen gegenüber dem Gemeinschuldner geltend zu machen seien, wenn dieser eine natürliche Person ist, dass sie aber Konkursforderungen seien, wenn der Gemeinschuldner eine juristische Person ist. Diese Unterscheidung leuchtet indessen nicht ohne weiteres ein; denn es ist ein Charakteristikum der Vermietung von Geschäftsräumen, dass sie - aus den Umständen heraus - nicht immer abrupt abgebrochen werden kann und daher auch nach der über den Mieter ausgesprochenen Konkurseröffnung fortgesetzt wird. Das geschieht unabhängig davon, ob der Gemeinschuldner eine natürliche oder eine juristische Person ist. Es rechtfertigt sich daher - entsprechend BGE 104 III 84 E. 4 -, in jedem Fall, wo es um einen Mietvertrag über Geschäftsräume geht, die Mietzinsforderung im Umfang des gesetzlichen Retentionsrechts als Konkursforderung zu behandeln. Dass der Umfang der Mietzinsforderung nach dem Retentionsrecht bemessen wird, kritisiert HIGI (Zürcher Kommentar, N. 38 zu Art. 266h
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 266h - 1 Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
1    Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.
2    Erhält der Vermieter innert dieser Frist keine Sicherheit, so kann er fristlos kündigen.
OR) allerdings
BGE 124 III 41 S. 43

auch; er möchte ihn analog zu Art. 264
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 264 - 1 Gibt der Mieter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter nur befreit, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.
1    Gibt der Mieter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter nur befreit, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.
2    Andernfalls muss er den Mietzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann.
3    Der Vermieter muss sich anrechnen lassen, was er:
a  an Auslagen erspart und
b  durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt oder absichtlich zu gewinnen unterlassen hat.
OR festgestellt wissen. Dieser Ansatz schafft jedoch mehr Unsicherheit als die Bemessung entsprechend dem gesetzlichen Retentionsrecht. c) Im angefochtenen Entscheid ist auch noch darauf hingewiesen worden, dass der Gesetzgeber bei der Gesetzesänderung vom 16. Dezember 1994 die Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen den aufschiebend bedingten Forderungen in Art. 210 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 210 - 1 Forderungen unter aufschiebender Bedingung werden im Konkurs zum vollen Betrag zugelassen; der Gläubiger ist jedoch zum Bezug des auf ihn entfallenden Anteils an der Konkursmasse nicht berechtigt, solange die Bedingung nicht erfüllt ist.
1    Forderungen unter aufschiebender Bedingung werden im Konkurs zum vollen Betrag zugelassen; der Gläubiger ist jedoch zum Bezug des auf ihn entfallenden Anteils an der Konkursmasse nicht berechtigt, solange die Bedingung nicht erfüllt ist.
2    Für Leibrentenforderungen gilt Artikel 518 Absatz 3 OR375.
SchKG nicht gleichgestellt habe. Das vermag indessen die Rechtsprechung nicht daran zu hindern, die Mietzinsforderungen für Geschäftsräume analog der zitierten Bestimmung zu behandeln, wie dies schon unter der Herrschaft des alten Rechts in BGE 104 III 84 E. 4 geschehen ist. Dieser Entscheid soll auch für den hier zu entscheidenden Fall wegleitend bleiben.
3. Der Konkurs über den Beschwerdeführer ist am 24. Februar 1997 eröffnet worden. Die von der Gläubigerin geltend gemachten Mietzinse werden für Geschäftsräume geschuldet. Sie betreffen die Monate Mai und Juni 1997 und fallen damit klarerweise in die Frist von sechs Monaten nach Konkurseröffnung, für welche das Retentionsrecht gemäss Art. 268 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 268 - 1 Der Vermieter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.
1    Der Vermieter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.
2    Das Retentionsrecht des Vermieters umfasst die vom Untermieter eingebrachten Gegenstände insoweit, als dieser seinen Mietzins nicht bezahlt hat.
3    Ausgeschlossen ist das Retentionsrecht an Sachen, die durch die Gläubiger des Mieters nicht gepfändet werden könnten.
OR beansprucht werden kann. Nach dem Gesagten handelt es sich um eine Konkursforderung. Der Beschwerdeführer kann für die geltend gemachte Forderung nicht auf Pfändung betrieben werden.