Urteilskopf

123 III 395

61. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. August 1997 i.S. Betriebsaktiengesellschaft Vereinsdruckerei Bern gegen Einwohnergemeinde der Stadt Bern (Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 396

BGE 123 III 395 S. 396

Aufgrund einer in das Jahr 1890 zurückreichenden vertraglichen Bindung mit der Einwohnergemeinde der Stadt Bern (nachstehend: Einwohnergemeinde) war die Betriebsaktiengesellschaft Vereinsdruckerei Bern (nachstehend: Vereinsdruckerei) Herstellerin und Herausgeberin des Gratisanzeigers "Stadtanzeiger Bern" bzw. - nach der früheren Bezeichnung - "Anzeiger für die Stadt Bern", der namentlich die amtlichen Mitteilungen der Stadt Bern enthielt. Am 15. Dezember 1994 kündigte sie den Vertrag mit der Einwohnergemeinde, offenbar in der Absicht, einen neuen Vertragsabschluss auszuhandeln. Die Einwohnergemeinde schrieb daraufhin den Anzeigervertrag unter mehreren Berner Verlagshäusern aus und entschied sich für die Offerte der "Der Bund Verlag AG, Bern". In der Folge entstand zwischen der Vereinsdruckerei und der Einwohnergemeinde Streit darüber, wer das Recht zur Verwendung der Kennzeichen "Stadtanzeiger Bern" und "Anzeiger für die Stadt Bern" habe. Die Vereinsdruckerei hinterlegte am 30. September 1994 die Bildmarke "Stadtanzeiger Bern" und am 23. März 1995 die Wortmarke "Anzeiger für die Stadt Bern". Am 2. Mai 1995 beschloss ihre Generalversammlung, die Firma der Gesellschaft in "Stadtanzeiger Bern AG" zu ändern. Die geänderte Firma konnte allerdings nicht im Handelsregister eingetragen werden, weil die Einwohnergemeinde eine vorsorgliche Verfügung erwirkte, die dem Handelsregisteramt die Eintragung untersagte. Am 29. November 1995 reichte die Einwohnergemeinde beim Handelsgericht des Kantons Bern Klage gegen die Vereinsdruckerei ein. Sie stellte in erster Linie das Begehren, der Beklagten sei unter Strafandrohung zu verbieten, im Geschäftsverkehr Kennzeichen zu gebrauchen, in welchen die Bestandteile "Stadt Bern", "Bern Stadt", "stadtbernisch" oder "städtisch" (letzteres zusammen mit dem Ortsnamen "Bern") oder Kombinationen hiervon mit dem Begriff "Anzeiger" verbunden sind. Eventualiter beantragte sie ein an die Beklagte gerichtetes Verbot, die Zeichen "Stadtanzeiger Bern" und "Anzeiger für die Stadt Bern" im Geschäftsverkehr zu gebrauchen. Im weiteren verlangte sie die Verpflichtung der Beklagten, die Bildmarke "Stadtanzeiger Bern" und die Wortmarke "Anzeiger für die Stadt Bern" innert 30 Tagen seit Rechtskraft des Urteils auf sie zu übertragen. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und verlangte widerklageweise, der Klägerin sei unter Strafandrohung zu verbieten, einen Gratisanzeiger mit dem Titel "Stadtanzeiger Bern" oder "Anzeiger für die Stadt Bern" herauszugeben oder durch Dritte herausgeben zu lassen. Weiter sei der Handelsregisterführer von Bern
BGE 123 III 395 S. 397

anzuweisen, die Statutenrevision betreffend Änderung des Firmennamens der Beklagten einzutragen. Mit Urteil vom 20. August 1996 hiess das Handelsgericht die Klage teilweise gut und verbot der Beklagten unter Androhung der Straffolgen von Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
StGB im Widerhandlungsfall, das Zeichen "Stadtanzeiger Bern" oder "Anzeiger für die Stadt Bern" im Gschäftsverkehr, namentlich als Firmenbezeichnung oder Titel von Presseerzeugnissen oder Gratisanzeigern, als Marke zur Kennzeichnung von Druckerzeugnissen bzw. der Inseratenakquisition sowie in der Werbung oder sonstwie zu gebrauchen. Soweit weitergehend, wies es die Klage ab. Abgewiesen wurde ebenfalls die Widerklage.
Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab, soweit es darauf eintritt, und bestätigt das Urteil des Handelsgerichts
Erwägungen

aus folgenden Erwägungen:

1. Das Handelsgericht ist in Auslegung der von den Parteien getroffenen vertraglichen Regelung zum Ergebnis gelangt, die Beklagte könne daraus keinen Anspruch auf Rechte am Titel des Gratisanzeigers ableiten, weil alle Auslegungselemente dafür sprächen, dass die Klägerin die Grundstruktur des Anzeigers beherrscht habe, während die Beklagte nur in der Vermarktung weitgehende Freiheit genossen habe. Nach Ansicht der Beklagten verstösst dieser Schluss gegen Bundesrecht. Sie wirft der Vorinstanz vor, zu einer bundesrechtswidrigen Vertragsergänzung geschritten zu sein. Auf ihr abweichendes Verständnis des Vertrages, wonach sich aus dem Vertrag ergebe, dass die Rechte an den Zeichen "Stadtanzeiger Bern" und "Anzeiger für die Stadt Bern", nicht der Klägerin, sondern ihr zustünden, stützt die Beklagte insbesondere ihre Widerklagebegehren. a) Die Vorinstanz hat (gestützt namentlich auf Paul Schaffroth, Sturm und Drang, Aus der Vergangenheit der stadtbernischen Presse, Bern 1991) dargestellt, dass erste Anstösse zur Herausgabe eines allgemeinen öffentlichen Anzeigeblattes für die Gemeinde Bern aus dem Jahre 1879 belegt sind. Zu dieser Zeit erschienen in Bern verschiedene Wochenblätter und Tageszeitungen, die mehrheitlich versuchten, sich am immer grösser werdenden Werbeaufkommen der Wirtschaft zu beteiligen. Bei den Verlegern der Lokalpresse stiess die Idee der Herausgabe eines öffentlichen Anzeigeblattes auf wenig Sympathie, weil sie eine Konkurrenzierung im Inserategeschäft befürchteten. Einige Verleger boten daher dem Gemeinderat der Stadt Bern an, die amtlichen Verlautbarungen in
BGE 123 III 395 S. 398

ihren Presseerzeugnissen gratis aufzunehmen, wobei in der Folge insbesondere der Verleger des "Intelligenzblatts", Bernhard Friedrich Haller, einen Sonntags- und einen Mittwochsanzeiger herausgab, in die er die Gemeindepublikationen aufnahm und die er an sämtliche Haushalte unentgeltlich verteilte. Nachdem der Mittwochsanzeiger Ende 1883 eingegangen war, schrieb der Gemeinderat die amtlichen Publikationen zur Konkurrenz aus, worauf drei Offerten eingingen. Der Stadtrat sprach sich für das Angebot des Verlegers Haller aus, worauf die Gemeindeversammlung den Gemeinderat am 19. Oktober 1884 zur Ratifizierung des bereits ausgehandelten Vertrages mit Verleger Haller ermächtigte. Nachdem auch der Regierungsrat des Kantons Bern die Herausgabe eines stadtbernischen Anzeigers genehmigt hatte, trat der auf sechs Jahre befristete Vertrag in Kraft. In diesem Vertrag wurden die Verwaltungsstellen der Stadt Bern verpflichtet, sämtliche Bekanntmachungen direkt dem Verleger des "Anzeigers für die Stadt Bern" einzusenden, und es wurde ihnen verboten, die Texte an andere Zeitungen zu verschicken. Neben dem genau normierten amtlichen Teil enthielt der "Anzeiger für die Stadt Bern" bereits damals auch Inseratenseiten.
Der Vertrag mit Verleger Haller wurde Ende 1890 nicht erneuert, worauf die Stadt Bern die Herausgabe des Anzeigers erneut ausschrieb und zwar weitgehend zu denselben Bedingungen. Den Zuschlag erhielt ein Kollektiv aus acht Druckereien, und im Dezember 1890 wurde der Vertrag betreffend die Herstellung und Herausgabe des "Anzeigers für die Stadt Bern" unterzeichnet. Nach der Ratifizierung des Vertrags durch die Gemeindeversammlung beschlossen die Konsortialen, die "Genossenschaft Vereinsdruckerei in Bern" zu gründen, die in der Folge auch formell Vertragspartnerin der Stadt Bern wurde. Die Gemeinde verpflichtete sich in diesem Vertrag, ihre Bekanntmachungen exklusiv dem Verleger des Anzeigers zuzustellen und sie vor Erscheinen im Anzeiger keiner anderen Zeitung zu übermitteln. Die Vereinsdruckerei verpflichtete sich ihrerseits, diese Mitteilungen im ersten Teil des Anzeigers unter der Überschrift "Amtlicher Teil" unverändert, kostenlos und getrennt vom übrigen Inhalt abzudrucken. Der Vertrag regelte das Erscheinungsbild, die Erscheinungshäufigkeit und die Verteilung des Anzeigers sowie die Konzessionsgebühr und die Insertionspreise für nichtamtliche Verlautbarungen der Stadt Bern im nichtamtlichen Teil des Anzeigers. Ausserdem wurde vorgeschrieben, der Anzeiger habe politisch neutral zu sein. Der Regelungsgehalt der Abmachungen blieb trotz Anpassungen grundsätzlich bis zur Kündigung des Vertrages auf
BGE 123 III 395 S. 399

Ende 1995 derselbe. Eine letzte eigentliche Vertragserneuerung wurde im Jahre 1979 auf der Grundlage der kantonalen Anzeigerverordnung vom 6. Dezember 1978 vorgenommen. b) Das Handelsgericht geht zutreffend von einem öffentlichrechtlichen Vertrag aus. Wie auch die Beklagte in anderem Zusammenhang selbst festhält, bestand zwischen den Parteien nicht eine privatrechtliche, sondern eine öffentlichrechtliche Vertragsbeziehung. Die Beklagte ist durch Verleihung einer Konzession des öffentlichen Dienstes mit der Herausgabe des Anzeigers für die Stadt Bern betraut worden (MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern vom 23. Mai 1989, Bern 1997, N. 16 zu Art. 2, unter Hinweis auf BVR 1996, S. 342). Die Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen, die gesetzlich vorgeschrieben ist und der Publizitätswirkung eignet, ist eine hoheitliche, nicht eine private Aufgabe. Der Konzessionsvertrag der Parteien beruhte auf kantonalem öffentlichem Recht. Nach kantonalem öffentlichem Recht hat sich daher auch seine Auslegung zu richten. Welcher Vertragswille sich dem Vertrag durch Auslegung oder Ergänzung entnehmen lässt, ist somit nicht eine bundes-, sondern eine kantonalrechtliche Frage. Die Anwendung von kantonalem Recht kann das Bundesgericht im Berufungsverfahren jedoch nicht überprüfen (vgl. Art. 43 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
und Art. 55 Abs. 1 lit. c
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
OG). Auf die Berufungsvorbringen zur Vertragsauslegung und -ergänzung kann deshalb nicht eingetreten werden. Damit ist der Berufung zum vornherein insoweit die Grundlage entzogen, als die Beklagte die Gutheissung ihrer Widerklagebegehren beantragt.
2. Zu prüfen bleibt der Berufungsantrag auf Abweisung der Klage. Mit der teilweisen Gutheissung der Klage hat das Handelsgericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus Wettbewerbsrecht anerkannt. Die Beklagte stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass die Klägerin gar nicht legitimiert sei, ihr gegenüber wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche geltend zu machen. Ihrer Ansicht nach hat das Handelsgericht der Klägerin zu Unrecht lauterkeitsrechtliche Aktivlegitimation zuerkannt.
a) Nach Art. 9 Abs. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 9 - 1 Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann dem Richter beantragen:
1    Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann dem Richter beantragen:
a  eine drohende Verletzung zu verbieten;
b  eine bestehende Verletzung zu beseitigen;
c  die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.
2    Er kann insbesondere verlangen, dass eine Berichtigung oder das Urteil Dritten mitgeteilt oder veröffentlicht wird.
3    Er kann ausserdem nach Massgabe des Obligationenrechts28 auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinnes entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag klagen.
UWG (SR 241) ist klageberechtigt, wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird. Zentrale Voraussetzung der Klageberechtigung ist somit eine Beeinträchtigung in eigenen wirtschaftlichen Interessen. Daran fehlte es im Sachverhalt, den das Bundesgericht in BGE 112 II 369 noch unter
BGE 123 III 395 S. 400

der Herrschaft des früheren UWG zu beurteilen hatte: Der Kanton Appenzell I.Rh., das Innere Land des Kantons Appenzell I.Rh., der Bezirk Appenzell und die Feuerschaugemeinde Appenzell beriefen sich zur Begründung ihrer Klage gegen den Inhaber des "Café und Hotel Appenzell" vergeblich auf das Wettbewerbsrecht, konnten doch allfällige mit dem Geschäftsnamen "Appenzell" verbundene Wettbewerbsvorteile des beklagten Gasthaus- und Hotelbesitzers höchstens wirtschaftliche Interessen anderer Gastwirtschaftsbetriebe berühren, nicht aber rechtlich geschützte Interessen des Kantons Appenzell I.Rh. und der übrigen klagenden Körperschaften verletzen (a.a.O., E. 5a S. 375 f.). Daraus lässt sich indessen entgegen dem, was die Beklagte anzunehmen scheint, nicht ableiten, dass staatlichen Körperschaften im Bereich des Wettbewerbsrechts grundsätzlich keine Klageberechtigung zustünde. Entscheidend war in jenem Urteil vielmehr, dass die klagenden öffentlichrechtlichen Körperschaften am wirtschaftlichen Wettbewerb nicht selbst beteiligt waren und deshalb auch keine eigenen wirtschaftlichen Interessen geltend machen konnten, die durch den vom beklagten Gasthaus- und Hotelbesitzer gewählten Geschäftsnamen betroffen gewesen wären. Wenn in der Literatur unter Verweis auf BGE 112 II 369 bemerkt wird, öffentlichrechtliche Körperschaften seien grundsätzlich auch nach dem neuen UWG nicht aktivlegitimiert (PEDRAZZINI, Unlauterer Wettbewerb, S. 226 f.; vgl. ferner auch DAVID, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Basel, Bd. I/2, S. 64), so kann dies nur insoweit gelten, als Bereiche in Frage stehen, in denen öffentlichrechtliche Körperschaften sich ausserhalb des wirtschaftlichen Wettbewerbs bewegen, weil sie rein amtlich handeln (vgl. MÜLLER, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Basel, Bd. V/1, S. 10) oder Aufgaben erfüllen, die ihnen im Sinne von Monopolen unter Ausschluss der Privaten übertragen sind (vgl. KRÄHENMANN, Privatwirtschaftliche Tätigkeit des Gemeinwesens, Diss. Basel 1987, S. 25 und 120 ff.). Sobald öffentlichrechtliche Körperschaften jedoch direkt oder indirekt am freiwilligen Austausch marktfähiger Güter teilnehmen, können sie für die damit verbundenen wirtschaftlichen Interessen denselben wettbewerbsrechtlichen Schutz wie Private beanspruchen und sind sie deshalb auch wie diese berechtigt, gegen wettbewerbswidriges Verhalten anderer klageweise vorzugehen. b) Die Publikation amtlicher Mitteilungen, zu der die Klägerin gesetzlich verpflichtet ist, stellt eine hoheitliche Aufgabe dar. Soweit
BGE 123 III 395 S. 401

die Klägerin diese Publikationsaufgabe erfüllt, nimmt sie nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb teil, sondern übt sie eine rein amtliche Tätigkeit aus. Am rein amtlichen Charakter dieser Tätigkeit ändert nichts, dass die Klägerin die Herstellung und Herausgabe des Amtsanzeigers mit einem Konzessionsvertrag auf ein privates Verlagsunternehmen überträgt. Die Klägerin beschränkt sich jedoch nicht darauf, ihre amtlichen Mitteilungen veröffentlichen zu lassen. Vielmehr lässt sie den Amtsanzeiger zusätzlich mit einem nichtamtlichen Teil versehen, der namentlich für die Aufnahme von Inseraten bestimmt ist. Mit der Veröffentlichung von Inseraten gegen Entgelt übt der Konzessionär aber eine privatwirtschaftliche Tätigkeit aus. Diese Tätigkeit ist der Klägerin zuzurechnen. Denn die Klägerin schafft mit der Konzessionierung des Anzeigerwesens nicht nur die Voraussetzung für die Vermarktung ihres - für die Werbung interessanten - Anzeigers durch den Konzessionär, sondern sie partizipiert nach den Feststellungen der Vorinstanz auch selbst an den Einnahmen aus dem Inseratengeschäft. Mit dem nichtamtlichen Teil ihres Anzeigers beteiligt sich die Klägerin somit am wirtschaftlichen Wettbewerb um Inserate in Presseerzeugnissen. Für ihr wirtschaftliches Interesse daran, dass ihr Anzeiger nicht mit anderen Presseerzeugnissen verwechselt wird, kann sie deshalb wettbewerbsrechtlichen Schutz beanspruchen, und zwar unabhängig davon, ob sie den Anzeiger selbst herausgibt oder die Herausgabe einem Konzessionär überträgt (vgl. BGE 75 IV 21 E. 2 S. 24 f.). Dass die Klägerin der Beklagten den Gebrauch der Titel "Stadtanzeiger Bern" und "Anzeiger für die Stadt Bern" wegen des amtlichen Teils ihres Anzeigers unter Umständen auch mit öffentlichrechtlichen Rechtsbehelfen hätte verbieten können (vgl. BVR 1996, S. 346), schliesst im übrigen nicht aus, dass sie mit Blick auf das im nichtamtlichen Teil betriebene Inseratengeschäft auch befugt ist, das gleiche Ziel mit einer wettbewerbsrechtlichen Klage zu verfolgen. Die Auffassung des Handelsgerichts, dass die Klägerin nach Art. 9 Abs. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 9 - 1 Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann dem Richter beantragen:
1    Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann dem Richter beantragen:
a  eine drohende Verletzung zu verbieten;
b  eine bestehende Verletzung zu beseitigen;
c  die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.
2    Er kann insbesondere verlangen, dass eine Berichtigung oder das Urteil Dritten mitgeteilt oder veröffentlicht wird.
3    Er kann ausserdem nach Massgabe des Obligationenrechts28 auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinnes entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag klagen.
UWG klageberechtigt ist, erweist sich als zutreffend. c) Gegen die Erwägungen des angefochtenen Entscheids zu den übrigen Anspruchsvoraussetzungen wendet die Beklagte nichts ein. Eine Verletzung von Bundesrecht ist in diesem Zusammenhang denn auch nicht ersichtlich. Das Handelsgericht hat zu Recht gestützt auf Art. 2
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.
und Art. 3 lit. c
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 3 - 1 Unlauter handelt insbesondere, wer:
1    Unlauter handelt insbesondere, wer:
a  andere, ihre Waren, Werke, Leistungen, deren Preise oder ihre Geschäftsverhältnisse durch unrichtige, irreführende oder unnötig verletzende Äusserungen herabsetzt;
b  über sich, seine Firma, seine Geschäftsbezeichnung, seine Waren, Werke oder Leistungen, deren Preise, die vorrätige Menge, die Art der Verkaufsveranstaltung oder über seine Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht oder in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb begünstigt;
c  unzutreffende Titel oder Berufsbezeichnungen verwendet, die geeignet sind, den Anschein besonderer Auszeichnungen oder Fähigkeiten zu erwecken;
d  Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen;
e  sich, seine Waren, Werke, Leistungen oder deren Preise in unrichtiger, irreführender, unnötig herabsetzender oder anlehnender Weise mit anderen, ihren Waren, Werken, Leistungen oder deren Preisen vergleicht oder in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb begünstigt;
f  ausgewählte Waren, Werke oder Leistungen wiederholt unter Einstandspreisen anbietet, diese Angebote in der Werbung besonders hervorhebt und damit den Kunden über die eigene oder die Leistungsfähigkeit von Mitbewerbern täuscht; Täuschung wird vermutet, wenn der Verkaufspreis unter dem Einstandspreis vergleichbarer Bezüge gleichartiger Waren, Werke oder Leistungen liegt; weist der Beklagte den tatsächlichen Einstandspreis nach, so ist dieser für die Beurteilung massgebend;
g  den Kunden durch Zugaben über den tatsächlichen Wert des Angebots täuscht;
h  den Kunden durch besonders aggressive Verkaufsmethoden in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt;
i  die Beschaffenheit, die Menge, den Verwendungszweck, den Nutzen oder die Gefährlichkeit von Waren, Werken oder Leistungen verschleiert und dadurch den Kunden täuscht;
k  es bei öffentlichen Auskündigungen über einen Konsumkredit unterlässt, seine Firma eindeutig zu bezeichnen oder den Nettobetrag des Kredits, die Gesamtkosten des Kredits und den effektiven Jahreszins deutlich anzugeben;
l  es bei öffentlichen Auskündigungen über einen Konsumkredit zur Finanzierung von Waren oder Dienstleistungen unterlässt, seine Firma eindeutig zu bezeichnen oder den Barzahlungspreis, den Preis, der im Rahmen des Kreditvertrags zu bezahlen ist, und den effektiven Jahreszins deutlich anzugeben;
m  im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit einen Konsumkreditvertrag anbietet oder abschliesst und dabei Vertragsformulare verwendet, die unvollständige oder unrichtige Angaben über den Gegenstand des Vertrags, den Preis, die Zahlungsbedingungen, die Vertragsdauer, das Widerrufs- oder Kündigungsrecht des Kunden oder über sein Recht zu vorzeitiger Bezahlung der Restschuld enthalten;
n  es bei öffentlichen Auskündigungen über einen Konsumkredit (Bst. k) oder über einen Konsumkredit zur Finanzierung von Waren oder Dienstleistungen (Bst. l) unterlässt, darauf hinzuweisen, dass die Kreditvergabe verboten ist, falls sie zur Überschuldung der Konsumentin oder des Konsumenten führt;
o  Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlässt, vorher die Einwilligung der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit hinzuweisen; wer beim Verkauf von Waren, Werken oder Leistungen Kontaktinformationen von Kunden erhält und dabei auf die Ablehnungsmöglichkeit hinweist, handelt nicht unlauter, wenn er diesen Kunden ohne deren Einwilligung Massenwerbung für eigene ähnliche Waren, Werke oder Leistungen sendet;
p  mittels Offertformularen, Korrekturangeboten oder Ähnlichem für Eintragungen in Verzeichnisse jeglicher Art oder für Anzeigenaufträge wirbt oder solche Eintragungen oder Anzeigenaufträge unmittelbar anbietet, ohne in grosser Schrift, an gut sichtbarer Stelle und in verständlicher Sprache auf Folgendes hinzuweisen:
p1  die Entgeltlichkeit und den privaten Charakter des Angebots,
p2  die Laufzeit des Vertrags,
p3  den Gesamtpreis entsprechend der Laufzeit, und
p4  die geografische Verbreitung, die Form, die Mindestauflage und den spätesten Zeitpunkt der Publikation;
q  für Eintragungen in Verzeichnisse jeglicher Art oder für Anzeigenaufträge Rechnungen verschickt, ohne vorgängig einen entsprechenden Auftrag erhalten zu haben;
r  jemandem die Lieferung von Waren, die Ausrichtung von Prämien oder andere Leistungen zu Bedingungen in Aussicht stellt, die für diesen hauptsächlich durch die Anwerbung weiterer Personen einen Vorteil bedeuten und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Waren oder Leistungen (Schneeball-, Lawinen- oder Pyramidensystem);
s  Waren, Werke oder Leistungen im elektronischen Geschäftsverkehr anbietet und es dabei unterlässt:
s1  klare und vollständige Angaben über seine Identität und seine Kontaktadresse einschliesslich derjenigen der elektronischen Post zu machen,
s2  auf die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsabschluss führen, hinzuweisen,
s3  angemessene technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen Eingabefehler vor Abgabe der Bestellung erkannt und korrigiert werden können,
s4  die Bestellung des Kunden unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen;
t  im Rahmen eines Wettbewerbs oder einer Verlosung einen Gewinn verspricht, dessen Einlösung an die Inanspruchnahme einer kostenpflichtigen Mehrwertdienstnummer, die Leistung einer Aufwandsentschädigung, den Kauf einer Ware oder Dienstleistung oder an die Teilnahme an einer Verkaufsveranstaltung, Werbefahrt oder einer weiteren Verlosung gebunden ist;
u  den Vermerk im Telefonverzeichnis nicht beachtet, dass ein Kunde keine Werbemitteilungen von Personen erhalten möchte, mit denen er in keiner Geschäftsbeziehung steht, und dass seine Daten zu Zwecken der Direktwerbung nicht weitergegeben werden dürfen; Kunden ohne Verzeichniseintrag sind den Kunden mit Verzeichniseintrag und Vermerk gleichgestellt;
v  Werbeanrufe tätigt, ohne dass eine Rufnummer angezeigt wird, die im Telefonverzeichnis eingetragen ist und zu deren Nutzung er berechtigt ist;
w  sich auf Informationen stützt, von denen sie oder er aufgrund eines Verstosses gegen die Buchstaben u oder v Kenntnis erhalten hat.
2    Absatz 1 Buchstabe s findet keine Anwendung auf die Sprachtelefonie und auf Verträge, die ausschliesslich durch den Austausch von elektronischer Post oder durch vergleichbare individuelle Kommunikation geschlossen werden.18
UWG einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch der Klägerin darauf anerkannt, dass die Beklagte es unterlässt, die Zeichen "Stadtanzeiger Bern" und "Anzeiger für die Stadt Bern" im Geschäftsverkehr zu gebrauchen.