Urteilskopf

120 IV 297

49. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 4. Oktober 1994 i.S. G. gegen Bundesamt für Kommunikation
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 297

BGE 120 IV 297 S. 297

Mit einem Urteil vom 11. August 1994 entschied die Anklagekammer des Bundesgerichts auf ein Ausstandsbegehren hin, dass das Bundesamt für Kommunikation mit der Untersuchung gegen Konkurrenten der PTT-Betriebe keine PTT-Beamte beauftragen dürfe, da deren Befangenheit zu vermuten sei; die von diesen durchgeführten Untersuchungshandlungen seien zwar nicht nichtig, aber anfechtbar und daher bei Gutheissung des Ausstandsbegehrens aufzuheben (BGE 120 IV 226). Unter Hinweis auf dieses Urteil stellte das Bundesamt für Kommunikation in einem Schreiben vom 31. August 1994 an den Vertreter von G. bzw. der S. AG fest, die bisher durch einen PTT-Beamten durchgeführten Untersuchungen müssten formell durch einen Beamten des Bundesamtes für Kommunikation wiederholt werden; er erhalte deshalb eine neue Eröffnungsverfügung sowie neue Beschlagnahmeprotokolle, die jene vom 1. Oktober 1993 ersetzten.
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Gleichzeitig wurde G. die Möglichkeit eingeräumt, die durchgeführte Einvernahme wiederholen zu lassen. Mit Beschwerde vom 5. September 1994 beantragt G. der Anklagekammer des Bundesgerichts, die Beschlagnahme sämtlicher in den Beschlagnahmeprotokollen aufgeführten Gegenstände aufzuheben und ihm die beim Bundesamt für Kommunikation noch verwahrten Gegenstände unverzüglich auszuhändigen. Das Bundesamt für Kommunikation beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. a) Der Beschwerdeführer begründet seine Begehren zur Hauptsache mit dem Argument, die (ursprünglichen) Beschlagnahmen seien ungültig, weshalb die Geräte zurückzugeben seien. b) Er verkennt damit, dass die Mitwirkung von PTT-Beamten an Untersuchungshandlungen gegen Konkurrenten der PTT-Betriebe die entsprechenden Amtshandlungen zwar anfechtbar, nicht aber nichtig werden lassen. Solange eine Anfechtung nicht erfolgt, sind sie daher als gültig zu erachten. c) Die ursprünglichen Beschlagnahmen, die gestützt auf einen Durchsuchungsbefehl des Direktors des Bundesamtes für Kommunikation vom 23. September 1993 durch PTT-Beamte im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation erfolgten, wurden inzwischen durch die angefochtenen Beschlagnahmen ersetzt. Die Anklagekammer hat daher nur zu prüfen, ob diese rechtmässig sind. d) Der Gesuchsgegner ersetzte auch die Eröffnung der Strafuntersuchung vom 28. Juli 1993, die ebenfalls durch einen im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation handelnden PTT-Beamten erfolgte, durch eine neue Verfügung vom 30. August 1994. Nicht ersetzt wurde der Durchsuchungsbefehl des Direktors, obwohl sich die angefochtenen Beschlagnahmeprotokolle ausdrücklich nur auf die am 30. August 1994 eröffnete Strafuntersuchung stützen. Damit stellt sich die Frage, ob die neuerlichen Beschlagnahmen im Durchsuchungsbefehl vom 23. September 1993 über eine hinreichende rechtliche Grundlage verfügen.
Die Frage ist zu bejahen, denn eine rein formelle Wiederholung der Eröffnung war im vorliegenden Fall nicht notwendig, weil von Gesetzes wegen kein förmlicher Beschluss über die Eröffnung eines Verwaltungsstrafverfahrens erforderlich ist (vgl. BGE 106 IV 417, E. 2); es genügt, wenn sich aus dem Durchsuchungsbefehl ergibt, dass gegen den
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Beschuldigten ein Verwaltungsstrafverfahren geführt wird und aus welchen Gründen dies der Fall ist. Dies ist hier gegeben. Damit liegen den beanstandeten Beschlagnahmen nach wie vor die Durchsuchungsbefehle des Direktors des Bundesamtes für Kommunikation vom 23. September 1993 zu Grunde. Entsprechend ist die Eröffnung der Untersuchung entgegen den Angaben in den angefochtenen Beschlagnahmeprotokollen richtigerweise nicht auf den 30. August 1994, sondern ebenfalls auf den 23. September 1993 anzusetzen. e) Da PTT-Beamte in Verwaltungsstrafverfahren gegen Konkurrenten nicht als untersuchende Beamte eingesetzt werden dürfen, erweist sich die durch diese durchgeführte Beschlagnahme in formeller Hinsicht als ursprünglich fehlerhaft. Es entspricht der Eigenart des öffentlichen Rechts - zu dem auch das Strafprozessrecht zählt - und der Natur des öffentlichen Interesses, dass ein Verwaltungsakt, der dem Gesetz nicht entspricht, nicht unabänderlich ist (vgl. BGE 94 I 336 E. 4). Die Beschlagnahme ist eine provisorische prozessuale Massnahme zur vorläufigen Beweissicherung, die nicht ausführlich begründet werden muss und die aufgehoben wird, wenn sich der bestehende Verdacht im Laufe der Untersuchung als unbegründet erweist und die Gegenstände nicht eingezogen werden müssen (BGE 119 IV 326 E. 7e). Als vorläufige Massnahme stellt sie noch keinen materiellen Eingriff in die Vermögensrechte des Betroffenen dar und greift auch einem späteren Entscheid über die Einziehung in keiner Weise vor. Wie die übrigen Zwangsmassnahmen kann sie daher auch jederzeit aufgehoben oder abgeändert werden (SCHMID, Strafprozessrecht, Zürich 1993, N. 750). Leidet daher eine Beschlagnahme lediglich an einem formellen Fehler, so kann dieser jedenfalls so lange noch geheilt werden, als keine Anfechtung erfolgt ist. Es ist denn auch grundsätzlich anerkannt, dass fehlerhafte Verfahrensvorgänge dadurch geheilt werden können, dass sie in einwandfreier Form wiederholt werden (vgl. MEYER, StPO-Kommentar, 23. Auflage, § 337 N. 211; vgl. auch BGE 120 Ia 48 E. 2e; vgl. SCHMID, a.a.O., N. 572; vgl. GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 306; KNAPP, Lehrgang zum Verwaltungsrecht, Basel 1994, N. 1220; KNAPP, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Basel 1992, N. 578; RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Basel 1990, S. 119). Die Möglichkeit der Behebung formeller Mängel der Durchsuchung und Beschlagnahme hat die Anklagekammer bereits in einem unveröffentlichten Urteil vom 21. Oktober 1993 i.S. W. gegen Bundesamt für Kommunikation erwähnt (E. 2d). Anstatt die bereits beschlagnahmten Gegenstände zunächst freizugeben und sie unmittelbar nach der Freigabe durch Beamte des
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Gesuchsgegners und damit in einwandfreier Form wieder zu beschlagnahmen - was nicht zu beanstanden gewesen wäre (vgl. HANS WALDER, Rechtswidrig erlangte Beweismittel im Strafprozess, ZStrR 82 [1966] S. 57) -, konnte der Gesuchsgegner ohne weiteres auch die bereits in seinem Gewahrsam befindlichen Gegenstände erneut förmlich beschlagnahmen. f) Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage der Verwertbarkeit der beschlagnahmten Gegenstände für das weitere Strafverfahren steht dem Sachrichter zu (vgl. OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, Bern 1994, S. 247); sie ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.